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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Betrachtungen zu den deutschen Aaisermanövern

ihre Aufträge so schnell wie möglich zu erfüllen wußten und dann ihre Meldungen
an die ihnen bezeichnete Meldesammelstelle überbrachten. Hier standen Motor¬
fahrer bereit und sorgten dafür, daß die eingetroffnen Nachrichten ohne Aufenthalt
an ihren Bestimmungsort gelangten. Große Kavallerieattacken in der Dar¬
stellung früherer Paradebilder waren nicht mehr zu sehn. Dafür war der
Reiterangriff der Kavalleriedivision Wagener gegen die 3. bayrische Division
eine örtlich und zeitlich gut abgemessene Tat. Bei der Feldartillerie sind
ihre große Beweglichkeit und Gewandtheit in der Ausnutzung des Geländes
hervorzuheben. Flott und geschickt fuhr sie in die Stellungen ein und verstand
es dabei, die möglichste Deckung gegen Sicht bei guter Beherrschung des Vor¬
feldes zu gewinnen. Auch die Haubitzbatterien haben sich wiederholt sehr
nützlich erwiesen und würden im Ernstfall bei einem Angriff, wie er unter anderm
am letzten Übungstage von der 30. Division unternommen wurde, mit geradezu
vernichtenden Erfolge gewirkt haben können. Noch erwähnenswert an dieser
Stelle ist das dem Feldartillerieregiment Ur. 34 zugeteilt gewesene Leuchtgerät,
durch dessen auf 4000 Meter Entfernung noch 18 Meter breiten Lichtkegel der
angeblendeten Truppe bemerkbar gemacht wird, daß sie unter Artilleriefeuer
steht. Große Dienste haben wiederum die Maschinengewehrabteilungen
und die Maschinengewehrkompagnien geleistet. Von jenen waren je eine
den beiden Kavalleriedivisionen und der 30. und 33. Division zugeteilt, während
sich von den Maschinengewehrkompagnien zwei bei der blauen und eine bei der
roten befände"!. Diese beiden Maschinengewehrformationen werden vielfach mit¬
einander verwechselt oder für identisch gehalten, was irrtümlich ist. Zunächst
sind die Maschinengewehrabteilungen, von denen die deutsche Armee zurzeit
sechzehn hat, eine schon gesetzlich festgelegte Organisation, während die Maschinen-
gewehrkompagnien vorläufig nur ein provisorisch auf den Etat von einzelnen
Truppenteilen geschaffner Verband sind. Bis zum 1. Oktober d. I. waren
zwölf derartige Kompagnien vorhanden, seitdem sind noch mehrere dazu er¬
richtet worden. Zahlen können wir aus Rücksichten der Landesverteidigung
nicht geben. Aber die Angaben einer Korrespondenz, daß jedes Armeekorps
im Durchschnitt bereits drei bis vier Maschinengewehrkompagnien habe, sind
falsch. Übereinstimmend gliedern sich jede Abteilung und jede Kompagnie in
drei Züge zu je zwei Gewehren. Ein äußerer Unterschied zwischen beiden
Formationen ist nun zunächst darin vorhanden, daß während die Maschinen¬
gewehrabteilung aus dem mit vier Pferden bespannten Gewehr besteht, das
sich aus Protze und Lafette zusammensetzt und vom Sattel aus gefahren
wird, die Maschinengewehrkompagnien ein zweispünniges Maschinengewehr
führen, das vom Bock ans gefahren wird und nicht zum Abprotzen einge¬
richtet ist. Auch marschiert hier die Bedienungsmannschaft zu Fuß, während
sie bei den Abteilungen beritten ist. Nicht weniger wesentlich sind die Unter¬
schiede beider Gewehrarten, wenn man sie nach dem Gefechtszweck beurteilt.
Hier sind die Maschinengewehrabteilungen eine selbständige Waffe in
der Hand des höhern Führers und können demgemäß beim Angriff und in der


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ihre Aufträge so schnell wie möglich zu erfüllen wußten und dann ihre Meldungen
an die ihnen bezeichnete Meldesammelstelle überbrachten. Hier standen Motor¬
fahrer bereit und sorgten dafür, daß die eingetroffnen Nachrichten ohne Aufenthalt
an ihren Bestimmungsort gelangten. Große Kavallerieattacken in der Dar¬
stellung früherer Paradebilder waren nicht mehr zu sehn. Dafür war der
Reiterangriff der Kavalleriedivision Wagener gegen die 3. bayrische Division
eine örtlich und zeitlich gut abgemessene Tat. Bei der Feldartillerie sind
ihre große Beweglichkeit und Gewandtheit in der Ausnutzung des Geländes
hervorzuheben. Flott und geschickt fuhr sie in die Stellungen ein und verstand
es dabei, die möglichste Deckung gegen Sicht bei guter Beherrschung des Vor¬
feldes zu gewinnen. Auch die Haubitzbatterien haben sich wiederholt sehr
nützlich erwiesen und würden im Ernstfall bei einem Angriff, wie er unter anderm
am letzten Übungstage von der 30. Division unternommen wurde, mit geradezu
vernichtenden Erfolge gewirkt haben können. Noch erwähnenswert an dieser
Stelle ist das dem Feldartillerieregiment Ur. 34 zugeteilt gewesene Leuchtgerät,
durch dessen auf 4000 Meter Entfernung noch 18 Meter breiten Lichtkegel der
angeblendeten Truppe bemerkbar gemacht wird, daß sie unter Artilleriefeuer
steht. Große Dienste haben wiederum die Maschinengewehrabteilungen
und die Maschinengewehrkompagnien geleistet. Von jenen waren je eine
den beiden Kavalleriedivisionen und der 30. und 33. Division zugeteilt, während
sich von den Maschinengewehrkompagnien zwei bei der blauen und eine bei der
roten befände»!. Diese beiden Maschinengewehrformationen werden vielfach mit¬
einander verwechselt oder für identisch gehalten, was irrtümlich ist. Zunächst
sind die Maschinengewehrabteilungen, von denen die deutsche Armee zurzeit
sechzehn hat, eine schon gesetzlich festgelegte Organisation, während die Maschinen-
gewehrkompagnien vorläufig nur ein provisorisch auf den Etat von einzelnen
Truppenteilen geschaffner Verband sind. Bis zum 1. Oktober d. I. waren
zwölf derartige Kompagnien vorhanden, seitdem sind noch mehrere dazu er¬
richtet worden. Zahlen können wir aus Rücksichten der Landesverteidigung
nicht geben. Aber die Angaben einer Korrespondenz, daß jedes Armeekorps
im Durchschnitt bereits drei bis vier Maschinengewehrkompagnien habe, sind
falsch. Übereinstimmend gliedern sich jede Abteilung und jede Kompagnie in
drei Züge zu je zwei Gewehren. Ein äußerer Unterschied zwischen beiden
Formationen ist nun zunächst darin vorhanden, daß während die Maschinen¬
gewehrabteilung aus dem mit vier Pferden bespannten Gewehr besteht, das
sich aus Protze und Lafette zusammensetzt und vom Sattel aus gefahren
wird, die Maschinengewehrkompagnien ein zweispünniges Maschinengewehr
führen, das vom Bock ans gefahren wird und nicht zum Abprotzen einge¬
richtet ist. Auch marschiert hier die Bedienungsmannschaft zu Fuß, während
sie bei den Abteilungen beritten ist. Nicht weniger wesentlich sind die Unter¬
schiede beider Gewehrarten, wenn man sie nach dem Gefechtszweck beurteilt.
Hier sind die Maschinengewehrabteilungen eine selbständige Waffe in
der Hand des höhern Führers und können demgemäß beim Angriff und in der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/318>, abgerufen am 22.07.2024.