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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Hsterreich - Ungarn und die ZVehrreform

Vorbereitungszeit auf drei bis vier Jahre, und die für dieses Übergangsstadium
notwendigen Maßnahmen umfassen, nach dem Gesetzentwurf, soweit er bis jetzt
bekannt geworden ist, vor allem folgende Punkte: Aufstellung weiterer vier
bisher nur als Kadres vorhandnen schweren Haubitzbattericn (Ur. g bis 9),
Vermehrung der Einheiten der Festungsartillerie, Standeserhöhung bei sämt¬
lichen Batterien und Kompagnien der Feld-, Gebirgs- und Festuugsartillcrie,
Reorganisation und Vermehrung der technischen Truppen, Trennung der Pioniere
in Feld- und Festungspioniere, Aufstellung eines selbständigen Telegraphcn-
bataillons und Formierung eines Luftschifferbataillons sowie einer selbständigen
Automobilabteiluug, Errichtung einer Brigade der Verkehrstruppen, Erhöhung
des Rckrutenkontingents der Pioniere und des Eisenbahnregiments, Aufstellung
von Kadres besondrer technischer Formationen und Ausstattung der Infanterie
und Kavallerie mit Maschinengcwehrabteilungen. (Ein Teil dieser in Aussicht
genominnen Neuformationen ist schon eingeleitet oder durchgeführt worden,
jedoch nur mit Hilfe von Abkommandierungen und Versetzungen andrer Mann¬
schaften, während sie nun ihr eignes Rekrutenkoutingent erhalten sollen.)

Ferner wird die Entlastung der Truppen von Abkommandierungen durch¬
geführt werden, sodaß der Mannschaftsstaich ganz der dienstlichen Ausbildung
erhalten bleibt. Für die bisher notwendigen Abgaben und Abkommandierungen
sollen die bisher für leichten Dienst eingestellten Mindertauglichen verwandt
werden, die innerhalb eines jeden Armeekorps in besondern Arbeiterabteilungen
formiert werden, die den Truppenteilen anzugliedern sind. (Man erkennt hier
deutlich die Nachahmung der französischen Organisation des servioe auxilig-ire.)

Die Jnfanteriekompagnien (bisher nominell 97. in Wirklichkeit meist nur
rund 70 Mann stark) sollen auf 120 Mann erhöht werden, auch bei der
österreichischen Landwehr, wo sie zurzeit nur 58, und bei der ungarischen Land¬
wehr, wo sie nur 51 Mann zählen. Die Eskadrons sollen einen Stand von
143 Kombattanten bei dem gemeinsamen Heere und von 63 Reitern bei den
beiden Landwehren erhalten.

Eine Vermehrung der Übungsplätze, Schießstände, eine Erhöhung der
Übungsmunition für die Truppen sowie sonstige Vermehrung der Ausbildungs¬
mittel für das Heer wird eintreten. Schließlich soll die Zahl der Kapitulanten¬
unteroffiziere, die jetzt beim gemeinsamen Heere 33750, bei der österreichischen
Landwehr 6500 und bei der ungarischen 6000 beträgt, durch Schaffung eines
Versorgungsgesetzes so weit erhöht werden, daß nicht bloß alle Feldwebel- und
Zugführer (Sergeanten) -stellen, sondern auch ein genügend großer Teil der
Korporalsstellen mit länger dienenden Unteroffizieren besetzt werden kann. (Bis
jetzt wurden zur Ausfüllung dieser Stellen vielfach beförderte Mannschaften des
zweiten und dritten Dienstjahrs verwandt.)

Während dieser Vorbereitungszeit, die in der Wehrgcsetzvorlage vorgesehen
ist, soll bereits durch vorzeitige Beurlaubuugeu eine Erleichterung der Dienst¬
pflicht geschaffen werden, sodaß ein großer Teil der Mannschaften schon während


Hsterreich - Ungarn und die ZVehrreform

Vorbereitungszeit auf drei bis vier Jahre, und die für dieses Übergangsstadium
notwendigen Maßnahmen umfassen, nach dem Gesetzentwurf, soweit er bis jetzt
bekannt geworden ist, vor allem folgende Punkte: Aufstellung weiterer vier
bisher nur als Kadres vorhandnen schweren Haubitzbattericn (Ur. g bis 9),
Vermehrung der Einheiten der Festungsartillerie, Standeserhöhung bei sämt¬
lichen Batterien und Kompagnien der Feld-, Gebirgs- und Festuugsartillcrie,
Reorganisation und Vermehrung der technischen Truppen, Trennung der Pioniere
in Feld- und Festungspioniere, Aufstellung eines selbständigen Telegraphcn-
bataillons und Formierung eines Luftschifferbataillons sowie einer selbständigen
Automobilabteiluug, Errichtung einer Brigade der Verkehrstruppen, Erhöhung
des Rckrutenkontingents der Pioniere und des Eisenbahnregiments, Aufstellung
von Kadres besondrer technischer Formationen und Ausstattung der Infanterie
und Kavallerie mit Maschinengcwehrabteilungen. (Ein Teil dieser in Aussicht
genominnen Neuformationen ist schon eingeleitet oder durchgeführt worden,
jedoch nur mit Hilfe von Abkommandierungen und Versetzungen andrer Mann¬
schaften, während sie nun ihr eignes Rekrutenkoutingent erhalten sollen.)

Ferner wird die Entlastung der Truppen von Abkommandierungen durch¬
geführt werden, sodaß der Mannschaftsstaich ganz der dienstlichen Ausbildung
erhalten bleibt. Für die bisher notwendigen Abgaben und Abkommandierungen
sollen die bisher für leichten Dienst eingestellten Mindertauglichen verwandt
werden, die innerhalb eines jeden Armeekorps in besondern Arbeiterabteilungen
formiert werden, die den Truppenteilen anzugliedern sind. (Man erkennt hier
deutlich die Nachahmung der französischen Organisation des servioe auxilig-ire.)

Die Jnfanteriekompagnien (bisher nominell 97. in Wirklichkeit meist nur
rund 70 Mann stark) sollen auf 120 Mann erhöht werden, auch bei der
österreichischen Landwehr, wo sie zurzeit nur 58, und bei der ungarischen Land¬
wehr, wo sie nur 51 Mann zählen. Die Eskadrons sollen einen Stand von
143 Kombattanten bei dem gemeinsamen Heere und von 63 Reitern bei den
beiden Landwehren erhalten.

Eine Vermehrung der Übungsplätze, Schießstände, eine Erhöhung der
Übungsmunition für die Truppen sowie sonstige Vermehrung der Ausbildungs¬
mittel für das Heer wird eintreten. Schließlich soll die Zahl der Kapitulanten¬
unteroffiziere, die jetzt beim gemeinsamen Heere 33750, bei der österreichischen
Landwehr 6500 und bei der ungarischen 6000 beträgt, durch Schaffung eines
Versorgungsgesetzes so weit erhöht werden, daß nicht bloß alle Feldwebel- und
Zugführer (Sergeanten) -stellen, sondern auch ein genügend großer Teil der
Korporalsstellen mit länger dienenden Unteroffizieren besetzt werden kann. (Bis
jetzt wurden zur Ausfüllung dieser Stellen vielfach beförderte Mannschaften des
zweiten und dritten Dienstjahrs verwandt.)

Während dieser Vorbereitungszeit, die in der Wehrgcsetzvorlage vorgesehen
ist, soll bereits durch vorzeitige Beurlaubuugeu eine Erleichterung der Dienst¬
pflicht geschaffen werden, sodaß ein großer Teil der Mannschaften schon während


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[0272] Hsterreich - Ungarn und die ZVehrreform Vorbereitungszeit auf drei bis vier Jahre, und die für dieses Übergangsstadium notwendigen Maßnahmen umfassen, nach dem Gesetzentwurf, soweit er bis jetzt bekannt geworden ist, vor allem folgende Punkte: Aufstellung weiterer vier bisher nur als Kadres vorhandnen schweren Haubitzbattericn (Ur. g bis 9), Vermehrung der Einheiten der Festungsartillerie, Standeserhöhung bei sämt¬ lichen Batterien und Kompagnien der Feld-, Gebirgs- und Festuugsartillcrie, Reorganisation und Vermehrung der technischen Truppen, Trennung der Pioniere in Feld- und Festungspioniere, Aufstellung eines selbständigen Telegraphcn- bataillons und Formierung eines Luftschifferbataillons sowie einer selbständigen Automobilabteiluug, Errichtung einer Brigade der Verkehrstruppen, Erhöhung des Rckrutenkontingents der Pioniere und des Eisenbahnregiments, Aufstellung von Kadres besondrer technischer Formationen und Ausstattung der Infanterie und Kavallerie mit Maschinengcwehrabteilungen. (Ein Teil dieser in Aussicht genominnen Neuformationen ist schon eingeleitet oder durchgeführt worden, jedoch nur mit Hilfe von Abkommandierungen und Versetzungen andrer Mann¬ schaften, während sie nun ihr eignes Rekrutenkoutingent erhalten sollen.) Ferner wird die Entlastung der Truppen von Abkommandierungen durch¬ geführt werden, sodaß der Mannschaftsstaich ganz der dienstlichen Ausbildung erhalten bleibt. Für die bisher notwendigen Abgaben und Abkommandierungen sollen die bisher für leichten Dienst eingestellten Mindertauglichen verwandt werden, die innerhalb eines jeden Armeekorps in besondern Arbeiterabteilungen formiert werden, die den Truppenteilen anzugliedern sind. (Man erkennt hier deutlich die Nachahmung der französischen Organisation des servioe auxilig-ire.) Die Jnfanteriekompagnien (bisher nominell 97. in Wirklichkeit meist nur rund 70 Mann stark) sollen auf 120 Mann erhöht werden, auch bei der österreichischen Landwehr, wo sie zurzeit nur 58, und bei der ungarischen Land¬ wehr, wo sie nur 51 Mann zählen. Die Eskadrons sollen einen Stand von 143 Kombattanten bei dem gemeinsamen Heere und von 63 Reitern bei den beiden Landwehren erhalten. Eine Vermehrung der Übungsplätze, Schießstände, eine Erhöhung der Übungsmunition für die Truppen sowie sonstige Vermehrung der Ausbildungs¬ mittel für das Heer wird eintreten. Schließlich soll die Zahl der Kapitulanten¬ unteroffiziere, die jetzt beim gemeinsamen Heere 33750, bei der österreichischen Landwehr 6500 und bei der ungarischen 6000 beträgt, durch Schaffung eines Versorgungsgesetzes so weit erhöht werden, daß nicht bloß alle Feldwebel- und Zugführer (Sergeanten) -stellen, sondern auch ein genügend großer Teil der Korporalsstellen mit länger dienenden Unteroffizieren besetzt werden kann. (Bis jetzt wurden zur Ausfüllung dieser Stellen vielfach beförderte Mannschaften des zweiten und dritten Dienstjahrs verwandt.) Während dieser Vorbereitungszeit, die in der Wehrgcsetzvorlage vorgesehen ist, soll bereits durch vorzeitige Beurlaubuugeu eine Erleichterung der Dienst¬ pflicht geschaffen werden, sodaß ein großer Teil der Mannschaften schon während

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/272>, abgerufen am 22.07.2024.