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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Die Ziele und Aussichten der Gartenstadtbeivegung

die, weil der Markt mit Verbrauchsgüteru gesättigt wäre, zur Herstellung
solcher nicht mehr verwandt werden könnten, Bahnen baute, auf denen niemand
fahren würde, so wäre das Wahnsinn; diese Art Arbeit würde sich nicht
wesentlich von der Tretmühle des englischen Zuchthauses unterscheiden.

Eben darum, weil Wolfs "exakte" Nationalökonomie vielfach zum Wider¬
spruch herausfordert, hierdurch das Nachdenken weckt und den Leser zu tieferen
Eindringen in den Gegenstand zwingt, fördert sie die Klärung und den Fort¬
schritt der Wissenschaft und ist demnach willkommen zu heißen.

Nicht Neues zu enthüllen, sondern Altbewährtes, wenn auch um die
neuen und neusten Erfahrungen sich stetig Bereicherndes, in mustergiltiger
Weise vorzutragen ist der Zweck von I. Conrads Grundriß zum Studium
der politischen Ökonomie. Vom zweiten Teile (Volkswirtschaftspolitik) ist
in diesem Jahre die fünfte Auflage erschienen. (Bei Gustav Fischer in Jena.)
"Auch diese Auflage, kündet das Vorwort an, hat außer den Ergänzungen
noch einige Erweiterungen erfahren. Besondre Paragraphen sind über die
Tarifverträge und die Fürsorge für die geistige und sittliche Hebung des
Volkes hinzugekommen." Von Conrads "Leitfaden zum Studium der National¬
ökonomie" ist in demselben Verlag die vierte ergänzte Auflage erschienen.
Wnnderlicherweise wird im Paragraphen 74 von englischer Literatur über
Adam Smith nur das wertlose Büchlein von Haldcme angeführt, nicht aber
die einzige Biographie Smiths, die, wie auch der Smithforscher E. Leser an¬
erkennt, heute überhaupt noch in Betracht kommt: I^its ok ^äiun Limnei b^
^ Carl Ientsch vim Kaf.




Die Ziele und Aussichten der Gartenstadtbewegung
Hans Uampffmeyer vonin

as neunzehnte Jahrhundert hat einen nie dagewesnen Aufschwung
der Technik und im Zusammenhang damit eine vollständige Um¬
wälzung der wirtschaftlichen und der sozialen Verhältnisse ge¬
bracht. Deutschland hat sich ans einem Agrarstaat zum Industrie¬
staat entwickelt. Ju gewaltigen! Siegeszuge ist die Dampfmaschine
durch die Lande gedrungen. Vor ihr hat sich ein Netz von Eisenschienen ge¬
breitet, überall, wo sie arbeitet, sind die schlanken Fabrikschlote wie gigantische
Spargelpfeifen aus dem Boden gewachsen, und ans ihren schrillen Pfiff
strömen die Menschen von weit und breit zusammen. Das flache Land ist
entvölkert worden, und immer dichter drängen sich die Menschen in den
Industrieorten aneinander. Noch im Jahre 1850 gab es nur fünf Städte
vou mehr als 100000 Einwohnern, 1905 gab es deren einundvierzig. Im


Die Ziele und Aussichten der Gartenstadtbeivegung

die, weil der Markt mit Verbrauchsgüteru gesättigt wäre, zur Herstellung
solcher nicht mehr verwandt werden könnten, Bahnen baute, auf denen niemand
fahren würde, so wäre das Wahnsinn; diese Art Arbeit würde sich nicht
wesentlich von der Tretmühle des englischen Zuchthauses unterscheiden.

Eben darum, weil Wolfs „exakte" Nationalökonomie vielfach zum Wider¬
spruch herausfordert, hierdurch das Nachdenken weckt und den Leser zu tieferen
Eindringen in den Gegenstand zwingt, fördert sie die Klärung und den Fort¬
schritt der Wissenschaft und ist demnach willkommen zu heißen.

Nicht Neues zu enthüllen, sondern Altbewährtes, wenn auch um die
neuen und neusten Erfahrungen sich stetig Bereicherndes, in mustergiltiger
Weise vorzutragen ist der Zweck von I. Conrads Grundriß zum Studium
der politischen Ökonomie. Vom zweiten Teile (Volkswirtschaftspolitik) ist
in diesem Jahre die fünfte Auflage erschienen. (Bei Gustav Fischer in Jena.)
„Auch diese Auflage, kündet das Vorwort an, hat außer den Ergänzungen
noch einige Erweiterungen erfahren. Besondre Paragraphen sind über die
Tarifverträge und die Fürsorge für die geistige und sittliche Hebung des
Volkes hinzugekommen." Von Conrads „Leitfaden zum Studium der National¬
ökonomie" ist in demselben Verlag die vierte ergänzte Auflage erschienen.
Wnnderlicherweise wird im Paragraphen 74 von englischer Literatur über
Adam Smith nur das wertlose Büchlein von Haldcme angeführt, nicht aber
die einzige Biographie Smiths, die, wie auch der Smithforscher E. Leser an¬
erkennt, heute überhaupt noch in Betracht kommt: I^its ok ^äiun Limnei b^
^ Carl Ientsch vim Kaf.




Die Ziele und Aussichten der Gartenstadtbewegung
Hans Uampffmeyer vonin

as neunzehnte Jahrhundert hat einen nie dagewesnen Aufschwung
der Technik und im Zusammenhang damit eine vollständige Um¬
wälzung der wirtschaftlichen und der sozialen Verhältnisse ge¬
bracht. Deutschland hat sich ans einem Agrarstaat zum Industrie¬
staat entwickelt. Ju gewaltigen! Siegeszuge ist die Dampfmaschine
durch die Lande gedrungen. Vor ihr hat sich ein Netz von Eisenschienen ge¬
breitet, überall, wo sie arbeitet, sind die schlanken Fabrikschlote wie gigantische
Spargelpfeifen aus dem Boden gewachsen, und ans ihren schrillen Pfiff
strömen die Menschen von weit und breit zusammen. Das flache Land ist
entvölkert worden, und immer dichter drängen sich die Menschen in den
Industrieorten aneinander. Noch im Jahre 1850 gab es nur fünf Städte
vou mehr als 100000 Einwohnern, 1905 gab es deren einundvierzig. Im


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/240>, abgerufen am 22.07.2024.