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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Vberlehrer Hau?

dem Gedanken stellte, daß ich eines Tags -- im Laufe der Zeit, wenn Sie draußen
im Leben gereift und erprobt wären, daß ich da vor Sie hintreten dürfte, um Sie
zu bitten, mein Leben zu segnen und --

Berry wandte sich um und ging. Er folgte ihr.

Ach, hätten Sie das doch nicht gesagt, Herr Pastor!

Warum, Fräulein Berry?

Berry schüttelte nur den Kopf.

Haben Sie mir denn gar kein gutes Wort zu sagen?

Sie schüttelte den Kopf abermals schweigend. Und sie bogen in die Straße
ein und in die Stadt. Endlich blieb der Pfarrer stehn.

Ich muß hier in dieses Hans hinein und einen Kranken besuchen. Und da
möchte ich Ihnen Adieu sagen. Ich will es mir nicht leid sein lassen, daß ich mit
Ihnen geredet habe, Fräulein Berry. Ich will Sie nur bitten, meine Worte
liebevoll in Ihrem Herzen zu erwägen. Und dann will ich warten. Einmal
werden Sie mir Ihre Antwort geben!

Er grüßte und ging in das Haus der Armut hinein.

Mit fieberhaft schnellen Schritten ging Berry die Straße hinab. Dann wurde
ihr Gang langsamer.

Aber auf einmal hörte sie taktfeste Schritte auf der Hartgefrornen Straße hinter
sich und lebhafte Unterhaltung. Es waren der Seminardirektor, der Bischof, der
Amtsrichter und -- Die Herren holten sie ein, gingen an ihr vorüber.

Entschuldigen Sie -- ich habe eine Bestellung an Fräulein Haut zu machen.

Svend Bugge trennte sich von den andern und stand ihr grüßend gegenüber,
unter dem grellen Licht einer elektrischen Lampe.

Guten Abend, Fräulein Berry!

Guten Abend!

Gehn Sie nach Hause?

Ja!

Sie -- Sie sehen so traurig und elend aus!

Sie versuchte zu lächeln.

Sie wissen, ich habe Sie vor dem Gesicht gewarnt! Sie sehen aus wie
^ne alte, alte Frau, ja das tun Sie! Kommen Sie und gehn Sie eine Strecke
mit mir -- ach ja!

Seine Lustigkeit ging plötzlich in einen warmen, flehenden Ton über.

Ach, ausnahmsweise einmal! Ich bitte so herzlich darum! Ich sehe Sie ja
Mök niemals! Es ist, als seien Sie in die Erde versunken -- und die Erde ist
°de und leer ohne Sie!

Sie waren schon über den Schulberg hinaus gelangt.

Ja, einer Persephone gleichen Sie, die in den Hades hinabgeführt ist! Und
ich renne in Sturm und Regen umher und kann Sie nicht finden. Weil Sie
M in dem düstern Reiche der Schatten halten! Finden Sie, daß es dort so
schön ist -.?

Sie sagte Plötzlich heftig: Sie dürfen nicht so reden! Mir wird ganz elend!

Er lachte ausgelassen und sagte ein wenig verwundert: Nein, jetzt ist es ja
etwas ganz andres! Jetzt befindet sich Persephone wieder auf dem Wege zur Erde
hinauf -- und nun ist es Frühling, und die Vögel singen im Hain! Können
Sie sehen, wie der Himmel illuminiert hat -- zu Ehren von Persephone!

Nein bitte nicht, wenn Sie mir einen Gefallen tun wollen. Ich mag es nicht,
wirklich, ich mag es nicht! .


Vberlehrer Hau?

dem Gedanken stellte, daß ich eines Tags — im Laufe der Zeit, wenn Sie draußen
im Leben gereift und erprobt wären, daß ich da vor Sie hintreten dürfte, um Sie
zu bitten, mein Leben zu segnen und —

Berry wandte sich um und ging. Er folgte ihr.

Ach, hätten Sie das doch nicht gesagt, Herr Pastor!

Warum, Fräulein Berry?

Berry schüttelte nur den Kopf.

Haben Sie mir denn gar kein gutes Wort zu sagen?

Sie schüttelte den Kopf abermals schweigend. Und sie bogen in die Straße
ein und in die Stadt. Endlich blieb der Pfarrer stehn.

Ich muß hier in dieses Hans hinein und einen Kranken besuchen. Und da
möchte ich Ihnen Adieu sagen. Ich will es mir nicht leid sein lassen, daß ich mit
Ihnen geredet habe, Fräulein Berry. Ich will Sie nur bitten, meine Worte
liebevoll in Ihrem Herzen zu erwägen. Und dann will ich warten. Einmal
werden Sie mir Ihre Antwort geben!

Er grüßte und ging in das Haus der Armut hinein.

Mit fieberhaft schnellen Schritten ging Berry die Straße hinab. Dann wurde
ihr Gang langsamer.

Aber auf einmal hörte sie taktfeste Schritte auf der Hartgefrornen Straße hinter
sich und lebhafte Unterhaltung. Es waren der Seminardirektor, der Bischof, der
Amtsrichter und — Die Herren holten sie ein, gingen an ihr vorüber.

Entschuldigen Sie — ich habe eine Bestellung an Fräulein Haut zu machen.

Svend Bugge trennte sich von den andern und stand ihr grüßend gegenüber,
unter dem grellen Licht einer elektrischen Lampe.

Guten Abend, Fräulein Berry!

Guten Abend!

Gehn Sie nach Hause?

Ja!

Sie — Sie sehen so traurig und elend aus!

Sie versuchte zu lächeln.

Sie wissen, ich habe Sie vor dem Gesicht gewarnt! Sie sehen aus wie
^ne alte, alte Frau, ja das tun Sie! Kommen Sie und gehn Sie eine Strecke
mit mir — ach ja!

Seine Lustigkeit ging plötzlich in einen warmen, flehenden Ton über.

Ach, ausnahmsweise einmal! Ich bitte so herzlich darum! Ich sehe Sie ja
Mök niemals! Es ist, als seien Sie in die Erde versunken — und die Erde ist
°de und leer ohne Sie!

Sie waren schon über den Schulberg hinaus gelangt.

Ja, einer Persephone gleichen Sie, die in den Hades hinabgeführt ist! Und
ich renne in Sturm und Regen umher und kann Sie nicht finden. Weil Sie
M in dem düstern Reiche der Schatten halten! Finden Sie, daß es dort so
schön ist -.?

Sie sagte Plötzlich heftig: Sie dürfen nicht so reden! Mir wird ganz elend!

Er lachte ausgelassen und sagte ein wenig verwundert: Nein, jetzt ist es ja
etwas ganz andres! Jetzt befindet sich Persephone wieder auf dem Wege zur Erde
hinauf — und nun ist es Frühling, und die Vögel singen im Hain! Können
Sie sehen, wie der Himmel illuminiert hat — zu Ehren von Persephone!

Nein bitte nicht, wenn Sie mir einen Gefallen tun wollen. Ich mag es nicht,
wirklich, ich mag es nicht! .


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[0203] Vberlehrer Hau? dem Gedanken stellte, daß ich eines Tags — im Laufe der Zeit, wenn Sie draußen im Leben gereift und erprobt wären, daß ich da vor Sie hintreten dürfte, um Sie zu bitten, mein Leben zu segnen und — Berry wandte sich um und ging. Er folgte ihr. Ach, hätten Sie das doch nicht gesagt, Herr Pastor! Warum, Fräulein Berry? Berry schüttelte nur den Kopf. Haben Sie mir denn gar kein gutes Wort zu sagen? Sie schüttelte den Kopf abermals schweigend. Und sie bogen in die Straße ein und in die Stadt. Endlich blieb der Pfarrer stehn. Ich muß hier in dieses Hans hinein und einen Kranken besuchen. Und da möchte ich Ihnen Adieu sagen. Ich will es mir nicht leid sein lassen, daß ich mit Ihnen geredet habe, Fräulein Berry. Ich will Sie nur bitten, meine Worte liebevoll in Ihrem Herzen zu erwägen. Und dann will ich warten. Einmal werden Sie mir Ihre Antwort geben! Er grüßte und ging in das Haus der Armut hinein. Mit fieberhaft schnellen Schritten ging Berry die Straße hinab. Dann wurde ihr Gang langsamer. Aber auf einmal hörte sie taktfeste Schritte auf der Hartgefrornen Straße hinter sich und lebhafte Unterhaltung. Es waren der Seminardirektor, der Bischof, der Amtsrichter und — Die Herren holten sie ein, gingen an ihr vorüber. Entschuldigen Sie — ich habe eine Bestellung an Fräulein Haut zu machen. Svend Bugge trennte sich von den andern und stand ihr grüßend gegenüber, unter dem grellen Licht einer elektrischen Lampe. Guten Abend, Fräulein Berry! Guten Abend! Gehn Sie nach Hause? Ja! Sie — Sie sehen so traurig und elend aus! Sie versuchte zu lächeln. Sie wissen, ich habe Sie vor dem Gesicht gewarnt! Sie sehen aus wie ^ne alte, alte Frau, ja das tun Sie! Kommen Sie und gehn Sie eine Strecke mit mir — ach ja! Seine Lustigkeit ging plötzlich in einen warmen, flehenden Ton über. Ach, ausnahmsweise einmal! Ich bitte so herzlich darum! Ich sehe Sie ja Mök niemals! Es ist, als seien Sie in die Erde versunken — und die Erde ist °de und leer ohne Sie! Sie waren schon über den Schulberg hinaus gelangt. Ja, einer Persephone gleichen Sie, die in den Hades hinabgeführt ist! Und ich renne in Sturm und Regen umher und kann Sie nicht finden. Weil Sie M in dem düstern Reiche der Schatten halten! Finden Sie, daß es dort so schön ist -.? Sie sagte Plötzlich heftig: Sie dürfen nicht so reden! Mir wird ganz elend! Er lachte ausgelassen und sagte ein wenig verwundert: Nein, jetzt ist es ja etwas ganz andres! Jetzt befindet sich Persephone wieder auf dem Wege zur Erde hinauf — und nun ist es Frühling, und die Vögel singen im Hain! Können Sie sehen, wie der Himmel illuminiert hat — zu Ehren von Persephone! Nein bitte nicht, wenn Sie mir einen Gefallen tun wollen. Ich mag es nicht, wirklich, ich mag es nicht! .

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/203>, abgerufen am 22.07.2024.