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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Bulgarien und die Türkei

Krieges mit Griechenland zwei auf den Kaps Karaburun und Mikrapoint ge¬
legne Küstenbatterien neu hergerichtet und mit 24 Zentimeter Kruppschen Ge¬
schützen armiert. Sie hatten die Bestimmung, die von Karaburun quer über
die sechs Kilometer breite Einfahrt zur Vardarmündung gelegte Minenlinie zu
verteidigen, und werden durch Feldbatterien und einige zur Abwehr von
Landungsversuchen errichtete Schanzen ergänzt. Beide Batterien liegen auf
dem hohen Steilufer, sind offen, bestehn aus Erde und Stein und bieten
sehr große Ziele. Die Stadt wird auf der Landseite von einer hohen, zwei
Meter dicken Ringmauer mit Zinnen und Flankierungstürmen umschlossen, die
größtenteils verfallen und zum Teile abgetragen ist. An der Nordoststrecke der
Ringmauer liegt auf dominierender Kuppe ein ebenfalls verfallnes Kastell.
Am besten erhalten ist am Westende der Ringmauer eine armierte Batterie.

Die Befestigungen des Hafens Kavala bestehn aus einer ziemlich ver-
fallnen Stadtmauer und einem schlecht erhaltnen Kastell.

Längs der bulgarischen und griechischen Grenze gibt es eine große Zahl
von Grenzwachhäusern. Die sonst im Lande verstreuten Knien haben den
Zweck, Verbindungen und taktisch wichtige Punkte festzuhalten und Defileen
zu sperren; sie befinden sich meist in schlechtem Bauzustande.

Die Befestigungen in Albanien sind alte, zum Teil verfcillne Stadt-
umwallungen, Kastelle und Defensionskasernen, Sperren und Küstenbatterien.
Die wichtigsten sind:

Skutari; es hat als Kommunikationsknotenpunkt, als materielles, poli¬
tisches, religiöses und militärisches Zentrum Nord-Albaniens große Bedeutung;
es ist der wichtigste Punkt für die Beherrschung dieses Landes. In Skutari
münden von der Metoja und den Zentralbecken her zwar nur einige Saum¬
wege über schwieriges, nur durch sieben bis acht Monate im Jahre leichter
gangbares Gebirge. Immerhin sind dieses die einzigen Wege, auf denen die
Türkei zu Lande Kräfte und Mittel für die Verteidigung Nord-Albaniens
vorwärts bringen kann. Auf demselben Wege spielt sich auch der Verkehr zwischen
den Bergstämmen und der Hauptstadt ab, und infolge öfterer Benutzung sind
dieses auch die besten Wege, die in und über das Gebirge führen. In
Skutari münden auch die besten Wege von Montenegro nach Nord-Albanien:
der Schiffahrtsweg über den See und je ein Saumweg über Tuzi und von
Dulzigno her. Die beiden größten Flüsse des Landes -- Bojcma und
Drinjascha -- haben nur bei Skutari Brücken. In Skutari ist der Sitz der
Provinzialregierung und der Vermittlungsorgane zwischen dieser und den
selbständigen Vergstümmen. der Sitz eines römisch-katholischen Erzbischofs.
Die Stadt hat etwa 32000 Einwohner, große Kasernen, reiche Hilfsquellen,
gute Depoträume und Transportmittel. Während man in der Küstenebene
und im Gebirge für größere Truppen nirgends die bei dem Klima und den
sanitären Verhältnissen des Landes nötige Unterkunft findet, können in
Skutari etwa 20000 Mann und 5000 Pferde untergebracht werdeu (Kranken-


Bulgarien und die Türkei

Krieges mit Griechenland zwei auf den Kaps Karaburun und Mikrapoint ge¬
legne Küstenbatterien neu hergerichtet und mit 24 Zentimeter Kruppschen Ge¬
schützen armiert. Sie hatten die Bestimmung, die von Karaburun quer über
die sechs Kilometer breite Einfahrt zur Vardarmündung gelegte Minenlinie zu
verteidigen, und werden durch Feldbatterien und einige zur Abwehr von
Landungsversuchen errichtete Schanzen ergänzt. Beide Batterien liegen auf
dem hohen Steilufer, sind offen, bestehn aus Erde und Stein und bieten
sehr große Ziele. Die Stadt wird auf der Landseite von einer hohen, zwei
Meter dicken Ringmauer mit Zinnen und Flankierungstürmen umschlossen, die
größtenteils verfallen und zum Teile abgetragen ist. An der Nordoststrecke der
Ringmauer liegt auf dominierender Kuppe ein ebenfalls verfallnes Kastell.
Am besten erhalten ist am Westende der Ringmauer eine armierte Batterie.

Die Befestigungen des Hafens Kavala bestehn aus einer ziemlich ver-
fallnen Stadtmauer und einem schlecht erhaltnen Kastell.

Längs der bulgarischen und griechischen Grenze gibt es eine große Zahl
von Grenzwachhäusern. Die sonst im Lande verstreuten Knien haben den
Zweck, Verbindungen und taktisch wichtige Punkte festzuhalten und Defileen
zu sperren; sie befinden sich meist in schlechtem Bauzustande.

Die Befestigungen in Albanien sind alte, zum Teil verfcillne Stadt-
umwallungen, Kastelle und Defensionskasernen, Sperren und Küstenbatterien.
Die wichtigsten sind:

Skutari; es hat als Kommunikationsknotenpunkt, als materielles, poli¬
tisches, religiöses und militärisches Zentrum Nord-Albaniens große Bedeutung;
es ist der wichtigste Punkt für die Beherrschung dieses Landes. In Skutari
münden von der Metoja und den Zentralbecken her zwar nur einige Saum¬
wege über schwieriges, nur durch sieben bis acht Monate im Jahre leichter
gangbares Gebirge. Immerhin sind dieses die einzigen Wege, auf denen die
Türkei zu Lande Kräfte und Mittel für die Verteidigung Nord-Albaniens
vorwärts bringen kann. Auf demselben Wege spielt sich auch der Verkehr zwischen
den Bergstämmen und der Hauptstadt ab, und infolge öfterer Benutzung sind
dieses auch die besten Wege, die in und über das Gebirge führen. In
Skutari münden auch die besten Wege von Montenegro nach Nord-Albanien:
der Schiffahrtsweg über den See und je ein Saumweg über Tuzi und von
Dulzigno her. Die beiden größten Flüsse des Landes — Bojcma und
Drinjascha — haben nur bei Skutari Brücken. In Skutari ist der Sitz der
Provinzialregierung und der Vermittlungsorgane zwischen dieser und den
selbständigen Vergstümmen. der Sitz eines römisch-katholischen Erzbischofs.
Die Stadt hat etwa 32000 Einwohner, große Kasernen, reiche Hilfsquellen,
gute Depoträume und Transportmittel. Während man in der Küstenebene
und im Gebirge für größere Truppen nirgends die bei dem Klima und den
sanitären Verhältnissen des Landes nötige Unterkunft findet, können in
Skutari etwa 20000 Mann und 5000 Pferde untergebracht werdeu (Kranken-


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[0179] Bulgarien und die Türkei Krieges mit Griechenland zwei auf den Kaps Karaburun und Mikrapoint ge¬ legne Küstenbatterien neu hergerichtet und mit 24 Zentimeter Kruppschen Ge¬ schützen armiert. Sie hatten die Bestimmung, die von Karaburun quer über die sechs Kilometer breite Einfahrt zur Vardarmündung gelegte Minenlinie zu verteidigen, und werden durch Feldbatterien und einige zur Abwehr von Landungsversuchen errichtete Schanzen ergänzt. Beide Batterien liegen auf dem hohen Steilufer, sind offen, bestehn aus Erde und Stein und bieten sehr große Ziele. Die Stadt wird auf der Landseite von einer hohen, zwei Meter dicken Ringmauer mit Zinnen und Flankierungstürmen umschlossen, die größtenteils verfallen und zum Teile abgetragen ist. An der Nordoststrecke der Ringmauer liegt auf dominierender Kuppe ein ebenfalls verfallnes Kastell. Am besten erhalten ist am Westende der Ringmauer eine armierte Batterie. Die Befestigungen des Hafens Kavala bestehn aus einer ziemlich ver- fallnen Stadtmauer und einem schlecht erhaltnen Kastell. Längs der bulgarischen und griechischen Grenze gibt es eine große Zahl von Grenzwachhäusern. Die sonst im Lande verstreuten Knien haben den Zweck, Verbindungen und taktisch wichtige Punkte festzuhalten und Defileen zu sperren; sie befinden sich meist in schlechtem Bauzustande. Die Befestigungen in Albanien sind alte, zum Teil verfcillne Stadt- umwallungen, Kastelle und Defensionskasernen, Sperren und Küstenbatterien. Die wichtigsten sind: Skutari; es hat als Kommunikationsknotenpunkt, als materielles, poli¬ tisches, religiöses und militärisches Zentrum Nord-Albaniens große Bedeutung; es ist der wichtigste Punkt für die Beherrschung dieses Landes. In Skutari münden von der Metoja und den Zentralbecken her zwar nur einige Saum¬ wege über schwieriges, nur durch sieben bis acht Monate im Jahre leichter gangbares Gebirge. Immerhin sind dieses die einzigen Wege, auf denen die Türkei zu Lande Kräfte und Mittel für die Verteidigung Nord-Albaniens vorwärts bringen kann. Auf demselben Wege spielt sich auch der Verkehr zwischen den Bergstämmen und der Hauptstadt ab, und infolge öfterer Benutzung sind dieses auch die besten Wege, die in und über das Gebirge führen. In Skutari münden auch die besten Wege von Montenegro nach Nord-Albanien: der Schiffahrtsweg über den See und je ein Saumweg über Tuzi und von Dulzigno her. Die beiden größten Flüsse des Landes — Bojcma und Drinjascha — haben nur bei Skutari Brücken. In Skutari ist der Sitz der Provinzialregierung und der Vermittlungsorgane zwischen dieser und den selbständigen Vergstümmen. der Sitz eines römisch-katholischen Erzbischofs. Die Stadt hat etwa 32000 Einwohner, große Kasernen, reiche Hilfsquellen, gute Depoträume und Transportmittel. Während man in der Küstenebene und im Gebirge für größere Truppen nirgends die bei dem Klima und den sanitären Verhältnissen des Landes nötige Unterkunft findet, können in Skutari etwa 20000 Mann und 5000 Pferde untergebracht werdeu (Kranken-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/179>, abgerufen am 22.07.2024.