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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

geschehen sollte, so mußte es bald geschehen und jede günstige Gelegenheit ergriffen
werden. In Konstantinopel wurde nun der Fehler begangen, eben jetzt den bul¬
garischen Wünschen entgegenzukommen, indem man durch das türkische Selbstgefühl
die Bulgaren reizte. Man verweigerte dem bulgarischen Vertreter Geschow einen
Platz unter den Diplomaten der fremden Mächte. Die dadurch geschaffne Konflikt-
stimmung beschloß die bulgarische Regierung durch einen kühnen Schritt auszunutzen,
der wohl als Versuchsballon für die geplante Unabhängigkeitserklärung gedacht
war. Am 23. September, an demselben Tage, wo Fürst Ferdinand und Kaiser
Franz Joseph in Budapest herzliche Trinksprüche austauschten, besetzte die bulgarische
Regierung die uuter türkischer Verwaltung stehende ostrumelische Strecke der Orient¬
bahnen militärisch und belegte sie mit Beschlag. Den Anlaß dazu bot der auf der
Bahnstrecke ausgebrochne Streik. Die Wirkung dieses Streichs, der natürlich bei
allen Mächten Mißbilligung hervorrief, zeigte doch den Bulgaren deutlich, daß sie
ein schnelles und energisches Einschreiten weder von den europäischen Großmächten
noch von der Türkei zu befürchten hatten. Am peinlichsten berührt durch den
bulgarisch-türkischen Konflikt mußte sich Österreich-Ungarn fühlen, das wohl gehofft hatte,
sich mit der Türkei verhältnismäßig glatt über Bosnien und die Herzegowina zu
verständigen, und nun sah, daß die Lage durch die gleichzeitige Unternehmungslust
der Bulgaren verwickelter wurde. Mußten doch nun vor der Welt Österreich-
Ungarn und Bulgarien als zwei im Einverständnis handelnde Angreifer gegen die
Türkei erscheinen. Fürst Ferdinand mochte wohl in Budapest durchschaut haben,
daß die keck zugreifende Politik Bulgariens gegenüber der Türkei in der Eisenbahn¬
frage bei den österreichisch-ungarischen Staatsmännern eine Verlegenheit erzeugt
hatte, die durch das Zusammentreffen des bulgarischen Gewaltstreichs mit dem
ehrenvollen Empfang des Fürsten durch Kaiser Franz Joseph allein nicht erklärt
wurde. Auf diesem Wege scheint er wohl hinter das Geheimnis der Pläne
hinsichtlich Bosniens gekommen zu sein. Jedenfalls wurde nun der Entschluß ge¬
faßt, die Unabhängigkeitscrklärung mit aller Beschleunigung auszuführen, denn jetzt
oder nie war der Augenblick gekommen. Noch ehe Österreich-Ungarn mit seiner
Erklärung über die Annexion der besetzten türkischen Provinzen hervortrat, war
Fürst Ferdinand nach Tirnowa geeilt und verblüffte die Welt durch die Kund¬
gebung, daß er sich zum Zaren des unabhängigen Königreichs Bulgarien er¬
klärt habe.

Die Entschlossenheit und Klugheit, mit der Fürst Ferdinand den Augenblick
erfaßte, wo Österreich-Ungarn im Begriffe stand, die Vorteile der Lage einzu¬
heimsen, verdient gewiß vom Standpunkt der Interessen, die er zu vertreten hatte,
alle Bewunderung, aber sie hat im ganzen auch die Lage gefährlicher und ver¬
wickelter gemacht. Die Türkei hat bis jetzt eine ruhige und maßvolle Haltung
bewahrt, obwohl es nicht an Versuchen gefehlt hat, das osmanische National¬
bewußtsein und den religiösen Fanatismus aufzustacheln. Vor allem gibt es natürlich
alttürkische Kreise, die jetzt den Augenblick gekommen glauben, zu beweisen, daß
auch die Jungtürken nicht imstande sind, den Staat vor Demütigungen zu be¬
wahren. Aber die Mehrzahl der türkischen Staatsmänner, die die Lage zu be¬
urteilen imstande sind, weiß sehr wohl, daß ein Krieg auch ini günstigsten Falle
der Türkei nicht die Genugtuung bringen würde, die sie erwarten müßte, wenn
sie den Gesichtspunkt der verletzten Nationalehre in den Vordergrund stellte. Wenn
es aber einen Zeitpunkt gibt, wo die Türkei diesen Gesichtspunkt noch am ersten
zurückstellen kann, so ist es der jetzige. Die Kränkung, die die Türkei jetzt emp¬
fangen hat, ist gewissermaßen der Abschluß der Rechnung, die noch das alte Regime
aufgemacht hat. Niemand kann die neuen Männer dafür verantwortlich machen,


Maßgebliches und Unmaßgebliches

geschehen sollte, so mußte es bald geschehen und jede günstige Gelegenheit ergriffen
werden. In Konstantinopel wurde nun der Fehler begangen, eben jetzt den bul¬
garischen Wünschen entgegenzukommen, indem man durch das türkische Selbstgefühl
die Bulgaren reizte. Man verweigerte dem bulgarischen Vertreter Geschow einen
Platz unter den Diplomaten der fremden Mächte. Die dadurch geschaffne Konflikt-
stimmung beschloß die bulgarische Regierung durch einen kühnen Schritt auszunutzen,
der wohl als Versuchsballon für die geplante Unabhängigkeitserklärung gedacht
war. Am 23. September, an demselben Tage, wo Fürst Ferdinand und Kaiser
Franz Joseph in Budapest herzliche Trinksprüche austauschten, besetzte die bulgarische
Regierung die uuter türkischer Verwaltung stehende ostrumelische Strecke der Orient¬
bahnen militärisch und belegte sie mit Beschlag. Den Anlaß dazu bot der auf der
Bahnstrecke ausgebrochne Streik. Die Wirkung dieses Streichs, der natürlich bei
allen Mächten Mißbilligung hervorrief, zeigte doch den Bulgaren deutlich, daß sie
ein schnelles und energisches Einschreiten weder von den europäischen Großmächten
noch von der Türkei zu befürchten hatten. Am peinlichsten berührt durch den
bulgarisch-türkischen Konflikt mußte sich Österreich-Ungarn fühlen, das wohl gehofft hatte,
sich mit der Türkei verhältnismäßig glatt über Bosnien und die Herzegowina zu
verständigen, und nun sah, daß die Lage durch die gleichzeitige Unternehmungslust
der Bulgaren verwickelter wurde. Mußten doch nun vor der Welt Österreich-
Ungarn und Bulgarien als zwei im Einverständnis handelnde Angreifer gegen die
Türkei erscheinen. Fürst Ferdinand mochte wohl in Budapest durchschaut haben,
daß die keck zugreifende Politik Bulgariens gegenüber der Türkei in der Eisenbahn¬
frage bei den österreichisch-ungarischen Staatsmännern eine Verlegenheit erzeugt
hatte, die durch das Zusammentreffen des bulgarischen Gewaltstreichs mit dem
ehrenvollen Empfang des Fürsten durch Kaiser Franz Joseph allein nicht erklärt
wurde. Auf diesem Wege scheint er wohl hinter das Geheimnis der Pläne
hinsichtlich Bosniens gekommen zu sein. Jedenfalls wurde nun der Entschluß ge¬
faßt, die Unabhängigkeitscrklärung mit aller Beschleunigung auszuführen, denn jetzt
oder nie war der Augenblick gekommen. Noch ehe Österreich-Ungarn mit seiner
Erklärung über die Annexion der besetzten türkischen Provinzen hervortrat, war
Fürst Ferdinand nach Tirnowa geeilt und verblüffte die Welt durch die Kund¬
gebung, daß er sich zum Zaren des unabhängigen Königreichs Bulgarien er¬
klärt habe.

Die Entschlossenheit und Klugheit, mit der Fürst Ferdinand den Augenblick
erfaßte, wo Österreich-Ungarn im Begriffe stand, die Vorteile der Lage einzu¬
heimsen, verdient gewiß vom Standpunkt der Interessen, die er zu vertreten hatte,
alle Bewunderung, aber sie hat im ganzen auch die Lage gefährlicher und ver¬
wickelter gemacht. Die Türkei hat bis jetzt eine ruhige und maßvolle Haltung
bewahrt, obwohl es nicht an Versuchen gefehlt hat, das osmanische National¬
bewußtsein und den religiösen Fanatismus aufzustacheln. Vor allem gibt es natürlich
alttürkische Kreise, die jetzt den Augenblick gekommen glauben, zu beweisen, daß
auch die Jungtürken nicht imstande sind, den Staat vor Demütigungen zu be¬
wahren. Aber die Mehrzahl der türkischen Staatsmänner, die die Lage zu be¬
urteilen imstande sind, weiß sehr wohl, daß ein Krieg auch ini günstigsten Falle
der Türkei nicht die Genugtuung bringen würde, die sie erwarten müßte, wenn
sie den Gesichtspunkt der verletzten Nationalehre in den Vordergrund stellte. Wenn
es aber einen Zeitpunkt gibt, wo die Türkei diesen Gesichtspunkt noch am ersten
zurückstellen kann, so ist es der jetzige. Die Kränkung, die die Türkei jetzt emp¬
fangen hat, ist gewissermaßen der Abschluß der Rechnung, die noch das alte Regime
aufgemacht hat. Niemand kann die neuen Männer dafür verantwortlich machen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/160>, abgerufen am 22.07.2024.