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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Bulgarien und die Türkei

von Kanonen, den Zwischenwall entlang, versehen ist. Der Graben hat
6 Meter Tiefe und 6 bis 7 Meter Breite. Die innere und äußere Graben¬
böschung bestehn aus Mauerwerk. Die Ost- und die Südfront nach der See-
seite zu sind in Mauerwerk mit Schießscharten von 4 bis 6 Metern Höhe und
1 bis 2 Metern Dicke ausgeführt, und eine Ringstraße umgibt die gesamten
fortifikatorischer Anlagen. Die Mauern sind in sehr schlechtem Zustande.
Am Eingang des Sees Devno liegt an der Brücke ein Rückhaltwerk mit sechs
Fronten, das mit einem Wassergraben von 4 Metern Breite umgeben ist; an
der Südfront im Innern der Stadt liegt eine alte Zitadelle, die jetzt als
Magazin dient. Die Nordfront hat als äußere Befestigung fünf Werke: das
permanente Fort Buiuk-Jrango-Tabia, das die Form einer Brillenschanze
hat, und vier andre Forts, die als Rückhaltwerke gebaut sind, und von denen
eins, Keiner-Dere-Tabia, ein Pulvermagazin in Mauerwerk hat. Diese
Werke sind miteinander durch Schanzen mit Brustwehren von geringer Stärke
verbunden. Der Südfront entlang zieht sich das Fort Galata hin, das aus
in Felsen gehauenen Mauerwerk besteht. Es sind hier mich einige Zwischen¬
batterien in provisorischer Bauanlage vorhanden. Die Garnison umfaßt 8000
bis 10000 Mann, die Armierung 150 bis 170 Geschütze.

Nach neuern Mitteilungen sind bei Varna vor kurzem zwei Batterien
erbaut worden, von denen die eine einen halben Kilometer südlich vom fürst¬
lichen Schloß Euxnograd, die andre zwischen dem Fort und dem Dorfe Galata
liegen soll.

Befestigungen an der serbischen Grenze. Die Befestigungen an
der serbischen Grenze sichern den Armeeversammlungsraum bei Sofia durch
Absperrung der wichtigsten Einbruchslinien aus Serbien und bestehn aus der
Lagerfestung Sofia und den Sperrbefestigungen bei Belogradcik, Dragomanpaß,
Trön, Vrabca Ol.

Die wichtigste Einbruchslinie der Westgrenze führt über die zwischen
1100 bis 1800 Meter hohen Alpengebirgszügen (Westbalkan und serbisch¬
bulgarisches Grenzgebirge) liegende Niederung von Zaribrod (446 Meter), den
Dragomanpaß, Slivnica auf Sofia. Jenseits der Grenze kann Serbien in
den befestigten Sammelräumen von Risch und Pirol in kurzer Zeit beträchtliche
Streitkräfte ansammeln (zwei Bahnen und zahlreiche Straßen) und über die
genannte Niederung, die von einer Bahn und drei Straßen durchzogen wird,
auf Sofia in Marsch setzen. Diese Einbruchsstraßen werden deshalb durch
die verschanzten Lager von Slivnica (Dragomaupaß) und Trön gesperrt. Die
über das Grenzgebirge führenden Umgehungswege sind durch die verschanzten
Lager von Kuka und Belogradcik gesperrt; diese Befestigungen bestehn zum
Teil aus gemauerten Defensionskasernen, zum Teil aus Feldschanzen und
provisorischen Artillerieemplacements.

Sofia ist ein verschanztes Lager, bestehend aus einem die Stadt südlich
umschließenden Gürtel von etwa 30 Kilometern Umfang; die Werke sind zum


Bulgarien und die Türkei

von Kanonen, den Zwischenwall entlang, versehen ist. Der Graben hat
6 Meter Tiefe und 6 bis 7 Meter Breite. Die innere und äußere Graben¬
böschung bestehn aus Mauerwerk. Die Ost- und die Südfront nach der See-
seite zu sind in Mauerwerk mit Schießscharten von 4 bis 6 Metern Höhe und
1 bis 2 Metern Dicke ausgeführt, und eine Ringstraße umgibt die gesamten
fortifikatorischer Anlagen. Die Mauern sind in sehr schlechtem Zustande.
Am Eingang des Sees Devno liegt an der Brücke ein Rückhaltwerk mit sechs
Fronten, das mit einem Wassergraben von 4 Metern Breite umgeben ist; an
der Südfront im Innern der Stadt liegt eine alte Zitadelle, die jetzt als
Magazin dient. Die Nordfront hat als äußere Befestigung fünf Werke: das
permanente Fort Buiuk-Jrango-Tabia, das die Form einer Brillenschanze
hat, und vier andre Forts, die als Rückhaltwerke gebaut sind, und von denen
eins, Keiner-Dere-Tabia, ein Pulvermagazin in Mauerwerk hat. Diese
Werke sind miteinander durch Schanzen mit Brustwehren von geringer Stärke
verbunden. Der Südfront entlang zieht sich das Fort Galata hin, das aus
in Felsen gehauenen Mauerwerk besteht. Es sind hier mich einige Zwischen¬
batterien in provisorischer Bauanlage vorhanden. Die Garnison umfaßt 8000
bis 10000 Mann, die Armierung 150 bis 170 Geschütze.

Nach neuern Mitteilungen sind bei Varna vor kurzem zwei Batterien
erbaut worden, von denen die eine einen halben Kilometer südlich vom fürst¬
lichen Schloß Euxnograd, die andre zwischen dem Fort und dem Dorfe Galata
liegen soll.

Befestigungen an der serbischen Grenze. Die Befestigungen an
der serbischen Grenze sichern den Armeeversammlungsraum bei Sofia durch
Absperrung der wichtigsten Einbruchslinien aus Serbien und bestehn aus der
Lagerfestung Sofia und den Sperrbefestigungen bei Belogradcik, Dragomanpaß,
Trön, Vrabca Ol.

Die wichtigste Einbruchslinie der Westgrenze führt über die zwischen
1100 bis 1800 Meter hohen Alpengebirgszügen (Westbalkan und serbisch¬
bulgarisches Grenzgebirge) liegende Niederung von Zaribrod (446 Meter), den
Dragomanpaß, Slivnica auf Sofia. Jenseits der Grenze kann Serbien in
den befestigten Sammelräumen von Risch und Pirol in kurzer Zeit beträchtliche
Streitkräfte ansammeln (zwei Bahnen und zahlreiche Straßen) und über die
genannte Niederung, die von einer Bahn und drei Straßen durchzogen wird,
auf Sofia in Marsch setzen. Diese Einbruchsstraßen werden deshalb durch
die verschanzten Lager von Slivnica (Dragomaupaß) und Trön gesperrt. Die
über das Grenzgebirge führenden Umgehungswege sind durch die verschanzten
Lager von Kuka und Belogradcik gesperrt; diese Befestigungen bestehn zum
Teil aus gemauerten Defensionskasernen, zum Teil aus Feldschanzen und
provisorischen Artillerieemplacements.

Sofia ist ein verschanztes Lager, bestehend aus einem die Stadt südlich
umschließenden Gürtel von etwa 30 Kilometern Umfang; die Werke sind zum


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[0118] Bulgarien und die Türkei von Kanonen, den Zwischenwall entlang, versehen ist. Der Graben hat 6 Meter Tiefe und 6 bis 7 Meter Breite. Die innere und äußere Graben¬ böschung bestehn aus Mauerwerk. Die Ost- und die Südfront nach der See- seite zu sind in Mauerwerk mit Schießscharten von 4 bis 6 Metern Höhe und 1 bis 2 Metern Dicke ausgeführt, und eine Ringstraße umgibt die gesamten fortifikatorischer Anlagen. Die Mauern sind in sehr schlechtem Zustande. Am Eingang des Sees Devno liegt an der Brücke ein Rückhaltwerk mit sechs Fronten, das mit einem Wassergraben von 4 Metern Breite umgeben ist; an der Südfront im Innern der Stadt liegt eine alte Zitadelle, die jetzt als Magazin dient. Die Nordfront hat als äußere Befestigung fünf Werke: das permanente Fort Buiuk-Jrango-Tabia, das die Form einer Brillenschanze hat, und vier andre Forts, die als Rückhaltwerke gebaut sind, und von denen eins, Keiner-Dere-Tabia, ein Pulvermagazin in Mauerwerk hat. Diese Werke sind miteinander durch Schanzen mit Brustwehren von geringer Stärke verbunden. Der Südfront entlang zieht sich das Fort Galata hin, das aus in Felsen gehauenen Mauerwerk besteht. Es sind hier mich einige Zwischen¬ batterien in provisorischer Bauanlage vorhanden. Die Garnison umfaßt 8000 bis 10000 Mann, die Armierung 150 bis 170 Geschütze. Nach neuern Mitteilungen sind bei Varna vor kurzem zwei Batterien erbaut worden, von denen die eine einen halben Kilometer südlich vom fürst¬ lichen Schloß Euxnograd, die andre zwischen dem Fort und dem Dorfe Galata liegen soll. Befestigungen an der serbischen Grenze. Die Befestigungen an der serbischen Grenze sichern den Armeeversammlungsraum bei Sofia durch Absperrung der wichtigsten Einbruchslinien aus Serbien und bestehn aus der Lagerfestung Sofia und den Sperrbefestigungen bei Belogradcik, Dragomanpaß, Trön, Vrabca Ol. Die wichtigste Einbruchslinie der Westgrenze führt über die zwischen 1100 bis 1800 Meter hohen Alpengebirgszügen (Westbalkan und serbisch¬ bulgarisches Grenzgebirge) liegende Niederung von Zaribrod (446 Meter), den Dragomanpaß, Slivnica auf Sofia. Jenseits der Grenze kann Serbien in den befestigten Sammelräumen von Risch und Pirol in kurzer Zeit beträchtliche Streitkräfte ansammeln (zwei Bahnen und zahlreiche Straßen) und über die genannte Niederung, die von einer Bahn und drei Straßen durchzogen wird, auf Sofia in Marsch setzen. Diese Einbruchsstraßen werden deshalb durch die verschanzten Lager von Slivnica (Dragomaupaß) und Trön gesperrt. Die über das Grenzgebirge führenden Umgehungswege sind durch die verschanzten Lager von Kuka und Belogradcik gesperrt; diese Befestigungen bestehn zum Teil aus gemauerten Defensionskasernen, zum Teil aus Feldschanzen und provisorischen Artillerieemplacements. Sofia ist ein verschanztes Lager, bestehend aus einem die Stadt südlich umschließenden Gürtel von etwa 30 Kilometern Umfang; die Werke sind zum

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/118>, abgerufen am 22.07.2024.