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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

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Der gegenwärtige Stand der Unterwasserbootfrage

220 Tonnen. Aufgetaucht soll es eine Schnelligkeit von 15 Knoten auf die
Dauer von 175 Seemeilen erreichen, unter Wasser mit 9 Knoten fahren können;
sein Aktionsradius wird mit 600 Meilen angegeben, und nur fünf Minuten soll
das Verfahren zum Untertauchen dauern. Der Antrieb über und unter Wasser
wird wie bei den andern Unterseebooten durch Petroleum- oder Elektromotors
erfolgen, doch sollen diese nach einen, ganz neuen Prinzip angeordnet sein. Als
Ausrüstung erhält das Boot zwei Torpedolanzierrohre von 45 Zentimeter Kaliber,
und außerdem wird es mit zwei Kleptoskops versehen werden.

Was endlich die Flotte der Vereinigten Staaten anlangt, so schien es,
als ob sie mit dem Entstehen der Hollandboote um die Mitte der neun¬
ziger Jahre in der Entwicklung der unterseeischen Fahrzeuge eine führende Rolle
übernehmen werde. Diese Annahme hat sich nicht bestätigt, im Gegenteil hat
sich das offizielle Amerika bisher in dieser Frage ziemlich reserviert Verhalten
und nur im Jahre 1898 den Plunger, 168 Tonnen Wasserverdrängung, und
im Jahre 1901 sieben Boote von 120 Tonnen nach einem verbesserten Holland¬
typ in Bau gegeben. Im Jahre 1905 nahm dann allerdings der damalige
Marineminister Morton einen weitern Anlauf und beauftragte die Forceriver
Company in Quincey mit der Herstellung von vier Booten vom Holland¬
typ nach neuen, auch heute noch nicht ganz genau bekannt gewordnen Plänen.
Die Fertigstellung dieser vier Boote Viper, Cuttlefish, Tarantula von je
170 Tonnen und Octopus von 273 Tonnen hat sich aus verschiednen Gründen
sehr in die Länge gezogen. Nachdem sie aber jetzt alle abgeliefert worden sind,
hat sie die Marineverwaltung alsbald in Tätigkeit gesetzt und scharfen Vergleichs¬
proben unterzogen. Die letzten und längsten Versuche von siebenwöchiger Dauer
haben von Anfang August bis Ende September dieses Jahres stattgefunden.
Die Schiffe wurden einzeln und zusammen in Dauerfahrten über Wasser, Tauch-
fühigkeit und Torpedoschießübungen erprobt und sollen allen Anforderungen
gut entsprochen haben. Von Einzelheiten sind besonders Berichte über die
Viper interessant. Ununterbrochne Dauerfahrten bis zu 96 Stunden sollen be¬
wiesen haben, daß das Boot nicht nur als Verteidigungswaffe für den un¬
mittelbaren Küstenschutz verwendbar sei, sondern daß es sein hoher Aktions¬
radius von 1000 Seemeilen sehr wohl auch zu offensiven Unternehmungen auf
hoher See befähige. Auch die Fahrten in untergetauchten Zustande sollen sehr
befriedigt haben; das Boot blieb sechs Stunden unter Wasser, kam dann zur
Füllung seiner Akkumulatoren an die Oberfläche, füllte sie bei voller Fahr¬
geschwindigkeit und setzte dann die Fahrt unter Wasser fort.

Ein ganz besondres Interesse aber für die Lösung des für jeden Fall
zweckmäßigsten Unterseebootmodells hat das amerikanische Marineamt dadurch
bewiesen, daß es sich an den von der Privatindustrie cmgebotnen Vergleichs¬
proben von Unterseebooten beteiligt hat. Die Kriegsflotte stellte dazu ihr
neuestes Boot, den Octopus, bereit, während von den Unternehmern ein auf
der Newport News-Werft erbautes Lakeboot gestellt wurde. Dieses Boot ist


Grenzboten IV 1907 5S
Der gegenwärtige Stand der Unterwasserbootfrage

220 Tonnen. Aufgetaucht soll es eine Schnelligkeit von 15 Knoten auf die
Dauer von 175 Seemeilen erreichen, unter Wasser mit 9 Knoten fahren können;
sein Aktionsradius wird mit 600 Meilen angegeben, und nur fünf Minuten soll
das Verfahren zum Untertauchen dauern. Der Antrieb über und unter Wasser
wird wie bei den andern Unterseebooten durch Petroleum- oder Elektromotors
erfolgen, doch sollen diese nach einen, ganz neuen Prinzip angeordnet sein. Als
Ausrüstung erhält das Boot zwei Torpedolanzierrohre von 45 Zentimeter Kaliber,
und außerdem wird es mit zwei Kleptoskops versehen werden.

Was endlich die Flotte der Vereinigten Staaten anlangt, so schien es,
als ob sie mit dem Entstehen der Hollandboote um die Mitte der neun¬
ziger Jahre in der Entwicklung der unterseeischen Fahrzeuge eine führende Rolle
übernehmen werde. Diese Annahme hat sich nicht bestätigt, im Gegenteil hat
sich das offizielle Amerika bisher in dieser Frage ziemlich reserviert Verhalten
und nur im Jahre 1898 den Plunger, 168 Tonnen Wasserverdrängung, und
im Jahre 1901 sieben Boote von 120 Tonnen nach einem verbesserten Holland¬
typ in Bau gegeben. Im Jahre 1905 nahm dann allerdings der damalige
Marineminister Morton einen weitern Anlauf und beauftragte die Forceriver
Company in Quincey mit der Herstellung von vier Booten vom Holland¬
typ nach neuen, auch heute noch nicht ganz genau bekannt gewordnen Plänen.
Die Fertigstellung dieser vier Boote Viper, Cuttlefish, Tarantula von je
170 Tonnen und Octopus von 273 Tonnen hat sich aus verschiednen Gründen
sehr in die Länge gezogen. Nachdem sie aber jetzt alle abgeliefert worden sind,
hat sie die Marineverwaltung alsbald in Tätigkeit gesetzt und scharfen Vergleichs¬
proben unterzogen. Die letzten und längsten Versuche von siebenwöchiger Dauer
haben von Anfang August bis Ende September dieses Jahres stattgefunden.
Die Schiffe wurden einzeln und zusammen in Dauerfahrten über Wasser, Tauch-
fühigkeit und Torpedoschießübungen erprobt und sollen allen Anforderungen
gut entsprochen haben. Von Einzelheiten sind besonders Berichte über die
Viper interessant. Ununterbrochne Dauerfahrten bis zu 96 Stunden sollen be¬
wiesen haben, daß das Boot nicht nur als Verteidigungswaffe für den un¬
mittelbaren Küstenschutz verwendbar sei, sondern daß es sein hoher Aktions¬
radius von 1000 Seemeilen sehr wohl auch zu offensiven Unternehmungen auf
hoher See befähige. Auch die Fahrten in untergetauchten Zustande sollen sehr
befriedigt haben; das Boot blieb sechs Stunden unter Wasser, kam dann zur
Füllung seiner Akkumulatoren an die Oberfläche, füllte sie bei voller Fahr¬
geschwindigkeit und setzte dann die Fahrt unter Wasser fort.

Ein ganz besondres Interesse aber für die Lösung des für jeden Fall
zweckmäßigsten Unterseebootmodells hat das amerikanische Marineamt dadurch
bewiesen, daß es sich an den von der Privatindustrie cmgebotnen Vergleichs¬
proben von Unterseebooten beteiligt hat. Die Kriegsflotte stellte dazu ihr
neuestes Boot, den Octopus, bereit, während von den Unternehmern ein auf
der Newport News-Werft erbautes Lakeboot gestellt wurde. Dieses Boot ist


Grenzboten IV 1907 5S
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[0461] Der gegenwärtige Stand der Unterwasserbootfrage 220 Tonnen. Aufgetaucht soll es eine Schnelligkeit von 15 Knoten auf die Dauer von 175 Seemeilen erreichen, unter Wasser mit 9 Knoten fahren können; sein Aktionsradius wird mit 600 Meilen angegeben, und nur fünf Minuten soll das Verfahren zum Untertauchen dauern. Der Antrieb über und unter Wasser wird wie bei den andern Unterseebooten durch Petroleum- oder Elektromotors erfolgen, doch sollen diese nach einen, ganz neuen Prinzip angeordnet sein. Als Ausrüstung erhält das Boot zwei Torpedolanzierrohre von 45 Zentimeter Kaliber, und außerdem wird es mit zwei Kleptoskops versehen werden. Was endlich die Flotte der Vereinigten Staaten anlangt, so schien es, als ob sie mit dem Entstehen der Hollandboote um die Mitte der neun¬ ziger Jahre in der Entwicklung der unterseeischen Fahrzeuge eine führende Rolle übernehmen werde. Diese Annahme hat sich nicht bestätigt, im Gegenteil hat sich das offizielle Amerika bisher in dieser Frage ziemlich reserviert Verhalten und nur im Jahre 1898 den Plunger, 168 Tonnen Wasserverdrängung, und im Jahre 1901 sieben Boote von 120 Tonnen nach einem verbesserten Holland¬ typ in Bau gegeben. Im Jahre 1905 nahm dann allerdings der damalige Marineminister Morton einen weitern Anlauf und beauftragte die Forceriver Company in Quincey mit der Herstellung von vier Booten vom Holland¬ typ nach neuen, auch heute noch nicht ganz genau bekannt gewordnen Plänen. Die Fertigstellung dieser vier Boote Viper, Cuttlefish, Tarantula von je 170 Tonnen und Octopus von 273 Tonnen hat sich aus verschiednen Gründen sehr in die Länge gezogen. Nachdem sie aber jetzt alle abgeliefert worden sind, hat sie die Marineverwaltung alsbald in Tätigkeit gesetzt und scharfen Vergleichs¬ proben unterzogen. Die letzten und längsten Versuche von siebenwöchiger Dauer haben von Anfang August bis Ende September dieses Jahres stattgefunden. Die Schiffe wurden einzeln und zusammen in Dauerfahrten über Wasser, Tauch- fühigkeit und Torpedoschießübungen erprobt und sollen allen Anforderungen gut entsprochen haben. Von Einzelheiten sind besonders Berichte über die Viper interessant. Ununterbrochne Dauerfahrten bis zu 96 Stunden sollen be¬ wiesen haben, daß das Boot nicht nur als Verteidigungswaffe für den un¬ mittelbaren Küstenschutz verwendbar sei, sondern daß es sein hoher Aktions¬ radius von 1000 Seemeilen sehr wohl auch zu offensiven Unternehmungen auf hoher See befähige. Auch die Fahrten in untergetauchten Zustande sollen sehr befriedigt haben; das Boot blieb sechs Stunden unter Wasser, kam dann zur Füllung seiner Akkumulatoren an die Oberfläche, füllte sie bei voller Fahr¬ geschwindigkeit und setzte dann die Fahrt unter Wasser fort. Ein ganz besondres Interesse aber für die Lösung des für jeden Fall zweckmäßigsten Unterseebootmodells hat das amerikanische Marineamt dadurch bewiesen, daß es sich an den von der Privatindustrie cmgebotnen Vergleichs¬ proben von Unterseebooten beteiligt hat. Die Kriegsflotte stellte dazu ihr neuestes Boot, den Octopus, bereit, während von den Unternehmern ein auf der Newport News-Werft erbautes Lakeboot gestellt wurde. Dieses Boot ist Grenzboten IV 1907 5S

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/461>, abgerufen am 23.07.2024.