Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.Goethe und die Boisseree Themistokles, um mich am Herd des britischen Volkes niederzulassen. Ich Goethe und die Boisseree i in 3. Mai 1811 erschien bei Goethe in Weimar ein junger Mann, Goethe und die Boisseree Themistokles, um mich am Herd des britischen Volkes niederzulassen. Ich Goethe und die Boisseree i in 3. Mai 1811 erschien bei Goethe in Weimar ein junger Mann, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0042" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/303458"/> <fw type="header" place="top"> Goethe und die Boisseree</fw><lb/> <p xml:id="ID_114" prev="#ID_113"> Themistokles, um mich am Herd des britischen Volkes niederzulassen. Ich<lb/> stelle mich unter den Schutz seiner Gesetze, den ich von Ew. Königlichen<lb/> Hoheit als dem mächtigsten, bestündigsten und edelmütigsten meiner Feinde in<lb/> Anspruch nehme. Napoleon." Es war wohl einer von Bonapartes größten<lb/> Rechenfehlern, daß er — in einem Zeitpunkt allerdings, wo es für ihn kaum<lb/> mehr ein Entrinnen gab — an die Großmut Englands appellierte. Aber vom<lb/> Bord des Bellerophon, an den sich der Themistokles begeben hatte, mußte<lb/> er weg auf den des Northumberland. Und dieser nahm alsbald den Kurs<lb/> gegen Se. Helena.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Goethe und die Boisseree<lb/> i</head><lb/> <p xml:id="ID_115" next="#ID_116"> in 3. Mai 1811 erschien bei Goethe in Weimar ein junger Mann,<lb/> um dem berühmten Dichter seine Aufwartung zu machen. Er kam<lb/> nicht ohne einige Schüchternheit, ungewiß über die Aufnahme, die<lb/> er finden würde, obwohl sein Besuch durch einen sehr geschätzten<lb/> I Freund vorbereitet war. Auch kam der junge Fremde nicht mit<lb/> leeren Händen, sondern brachte etwas mit, was wohl des Anschauens wert war.<lb/> Der junge Mann war Sulpiz Boisseree aus Köln, der Freund, der ihn empfohlen<lb/> hatte, der ehemalige schwäbische Pfarrerssohn und derzeitige französische Gesandte<lb/> am westfälischen Hofe, Reinhard, und das, was Boisseree Goethe vorlegen<lb/> wollte, waren seine Entwürfe und Pläne für die Wiederherstellung eines der<lb/> großartigsten Baudenkmäler der Vorzeit, des Kölner Domes. Trotz alledem<lb/> war es erklärlich, daß der Jüngling vor dem Greise nicht ohne Schüchternheit<lb/> erschien. Denn hier trafen nicht nur zwei Lebensalter, es stießen auch zwei<lb/> Perioden aufeinander. Boissere'e gehörte mit allen seinen Neigungen, seiner<lb/> ganzen Weltanschauung der Romantik an, und er wußte, daß er bei dem Haupte<lb/> der klassischen Kunst- und Lebensauffassung anklopfe. Wie würde sich das Alte<lb/> zum Neuen stellen, das Alte zum Neuen, das keineswegs geneigt war, ein<lb/> friedliches Einvernehmen zu suchen, sondern mit der ganzen freudigen Unter¬<lb/> nehmungslust, dem ganzen fromm-frisch-fröhlichen Übermute, den man getrost<lb/> das schönste, beneidenswerteste Vorrecht der Jugend nennen darf, auf nichts<lb/> geringeres ausging, als sich an den Platz zu stellen, den die Alten solange<lb/> behauptet hatten? Man weiß, daß die romantische Schule die Formulierung<lb/> ihrer Grundsätze von den Gebrüdern Schlegel erhalten hatte und in ausge-<lb/> sprochnen Gegensatze zu den Klassikern gegründet worden war. Allerdings mehr<lb/> im Widerspruche zu Schiller als zu Goethe. Aber auch gegen diesen hatte man<lb/> viel auf dem Herzen. Dorothea Schlegel nennt ihn mit Vorliebe den alten<lb/> Götz oder den großen Heiden. Und gerade in dieser letzten Bezeichnung kommt</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0042]
Goethe und die Boisseree
Themistokles, um mich am Herd des britischen Volkes niederzulassen. Ich
stelle mich unter den Schutz seiner Gesetze, den ich von Ew. Königlichen
Hoheit als dem mächtigsten, bestündigsten und edelmütigsten meiner Feinde in
Anspruch nehme. Napoleon." Es war wohl einer von Bonapartes größten
Rechenfehlern, daß er — in einem Zeitpunkt allerdings, wo es für ihn kaum
mehr ein Entrinnen gab — an die Großmut Englands appellierte. Aber vom
Bord des Bellerophon, an den sich der Themistokles begeben hatte, mußte
er weg auf den des Northumberland. Und dieser nahm alsbald den Kurs
gegen Se. Helena.
Goethe und die Boisseree
i
in 3. Mai 1811 erschien bei Goethe in Weimar ein junger Mann,
um dem berühmten Dichter seine Aufwartung zu machen. Er kam
nicht ohne einige Schüchternheit, ungewiß über die Aufnahme, die
er finden würde, obwohl sein Besuch durch einen sehr geschätzten
I Freund vorbereitet war. Auch kam der junge Fremde nicht mit
leeren Händen, sondern brachte etwas mit, was wohl des Anschauens wert war.
Der junge Mann war Sulpiz Boisseree aus Köln, der Freund, der ihn empfohlen
hatte, der ehemalige schwäbische Pfarrerssohn und derzeitige französische Gesandte
am westfälischen Hofe, Reinhard, und das, was Boisseree Goethe vorlegen
wollte, waren seine Entwürfe und Pläne für die Wiederherstellung eines der
großartigsten Baudenkmäler der Vorzeit, des Kölner Domes. Trotz alledem
war es erklärlich, daß der Jüngling vor dem Greise nicht ohne Schüchternheit
erschien. Denn hier trafen nicht nur zwei Lebensalter, es stießen auch zwei
Perioden aufeinander. Boissere'e gehörte mit allen seinen Neigungen, seiner
ganzen Weltanschauung der Romantik an, und er wußte, daß er bei dem Haupte
der klassischen Kunst- und Lebensauffassung anklopfe. Wie würde sich das Alte
zum Neuen stellen, das Alte zum Neuen, das keineswegs geneigt war, ein
friedliches Einvernehmen zu suchen, sondern mit der ganzen freudigen Unter¬
nehmungslust, dem ganzen fromm-frisch-fröhlichen Übermute, den man getrost
das schönste, beneidenswerteste Vorrecht der Jugend nennen darf, auf nichts
geringeres ausging, als sich an den Platz zu stellen, den die Alten solange
behauptet hatten? Man weiß, daß die romantische Schule die Formulierung
ihrer Grundsätze von den Gebrüdern Schlegel erhalten hatte und in ausge-
sprochnen Gegensatze zu den Klassikern gegründet worden war. Allerdings mehr
im Widerspruche zu Schiller als zu Goethe. Aber auch gegen diesen hatte man
viel auf dem Herzen. Dorothea Schlegel nennt ihn mit Vorliebe den alten
Götz oder den großen Heiden. Und gerade in dieser letzten Bezeichnung kommt
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