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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

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Die Aaffeefrage in Brasilien

als annähernd richtig an, so ist die statistische Lage des Artikels ungefähr

folgende:

Sichtbare Weltvorräte, 1. Juli 1906 , 9 700000 Sack
Weltcrnte im Jahre 1906/07 .... 24000000 "
Zusammen 33 700000 Sack
Weltverbrauch im Jahre 1900/07 . . 17 300000 "
^
Weltvorräte, 1. Juli 1907 .....16Ä000(sSack
Ernteschätzungen für 1907/08:
Santos....... 7 500 000
Rio........ 3800000 ^
Die übrige Welt. . . . 40000001 15300000 "
Zusammen 81700000 Sack
Weltverbrauch im Jahre 1907/08 . . 17 500000 "
^
Weltvorräte, I. Juli 1908 .....14200000 Sack

Die Stocks würden sich damit also im Laufe des Jahres 1907/08 um
etwa 2^ Millionen Sack vermindern. Wenn von ihrer Gesamtmenge von
annähernd 14^ Millionen gegen 8 Millionen in Händen der paulistciner
Regierung bleiben, so wird am 1. Juli 1908 auf dem Markte ein disponibler
Stock von etiva 6^ Millionen Sack vorhanden sein, der bis zum Erscheinen
der nächsten Ernte (1908/09) für die Wcltkonsnmbedürfnisse ausreichen dürfte,
da erfahrungsgemäß der für diese am 1. Juli notwendige Stock kaum ein
Drittel des Jahresverbrauchs auszumachen braucht. Pflegt doch jede neue
Ernte schon vom August an in zunehmenden Mengen auf die Konsummürkte
zu kommen.

Der Handel ist also weder gegenwärtig noch bis Juli nächsten Jahres
darauf angewiesen, dem Staate Sav Paulo etwas abzunehmen. Erst wenn
1908/09 eine zweite schlechte Ernte in Erscheinung träte, würde sich mit
weiterer Abnahme der dispouibeln Weltvorräte die Sachlage ändern. Aber
heute schon Schätzungen der Ernte von 1903/09 aufzustellen, dürfte verfrüht
sein. Man wird im besten Falle eine baldige Bestätigung der Nachrichten
über mangelhafte Blüte und entsprechend schwachen Fruchtansatz erwarten dürfen,
um daraus ungefähre Schlüsse auf den mutmaßlichen Ertrag zu ziehen.

Überreiche Ernten pflegen übrigens nur in Zwischenräumen von etwa fünf
bis sechs Jahren einzutreten. Ans die Überproduktion des Jahres 1901/02
folgten Jahre mit fast beständig abnehmenden Ernten, bis das Jahr 1906/07
wieder eine Überproduktion brachte. Daraus läßt sich jedoch keine Regel ab¬
leiten, da gute Ernten hauptsächlich von dem Zusammentreffen einer Reihe
günstiger Umstände, besonders günstiger Witterung, abhängen, und diese Gunst
der Umstände ebensogut in kurz aufeinander folgenden Perioden wie in Zeit¬
räumen von einem Jahrzehnt und mehr sich wiederholen kann.

Das Hauptverdienst an dem gegenwärtigen Anziehen der Kaffeepreise ist
jedenfalls der Zurückhaltung des Staates zuzuschreiben, der trotz zeitweiliger
großer Geldverlegenheit nicht an einen Verkauf der aufgestapelten Kaffcemeugen


Die Aaffeefrage in Brasilien

als annähernd richtig an, so ist die statistische Lage des Artikels ungefähr

folgende:

Sichtbare Weltvorräte, 1. Juli 1906 , 9 700000 Sack
Weltcrnte im Jahre 1906/07 .... 24000000 „
Zusammen 33 700000 Sack
Weltverbrauch im Jahre 1900/07 . . 17 300000 „
^
Weltvorräte, 1. Juli 1907 .....16Ä000(sSack
Ernteschätzungen für 1907/08:
Santos....... 7 500 000
Rio........ 3800000 ^
Die übrige Welt. . . . 40000001 15300000 „
Zusammen 81700000 Sack
Weltverbrauch im Jahre 1907/08 . . 17 500000 „
^
Weltvorräte, I. Juli 1908 .....14200000 Sack

Die Stocks würden sich damit also im Laufe des Jahres 1907/08 um
etwa 2^ Millionen Sack vermindern. Wenn von ihrer Gesamtmenge von
annähernd 14^ Millionen gegen 8 Millionen in Händen der paulistciner
Regierung bleiben, so wird am 1. Juli 1908 auf dem Markte ein disponibler
Stock von etiva 6^ Millionen Sack vorhanden sein, der bis zum Erscheinen
der nächsten Ernte (1908/09) für die Wcltkonsnmbedürfnisse ausreichen dürfte,
da erfahrungsgemäß der für diese am 1. Juli notwendige Stock kaum ein
Drittel des Jahresverbrauchs auszumachen braucht. Pflegt doch jede neue
Ernte schon vom August an in zunehmenden Mengen auf die Konsummürkte
zu kommen.

Der Handel ist also weder gegenwärtig noch bis Juli nächsten Jahres
darauf angewiesen, dem Staate Sav Paulo etwas abzunehmen. Erst wenn
1908/09 eine zweite schlechte Ernte in Erscheinung träte, würde sich mit
weiterer Abnahme der dispouibeln Weltvorräte die Sachlage ändern. Aber
heute schon Schätzungen der Ernte von 1903/09 aufzustellen, dürfte verfrüht
sein. Man wird im besten Falle eine baldige Bestätigung der Nachrichten
über mangelhafte Blüte und entsprechend schwachen Fruchtansatz erwarten dürfen,
um daraus ungefähre Schlüsse auf den mutmaßlichen Ertrag zu ziehen.

Überreiche Ernten pflegen übrigens nur in Zwischenräumen von etwa fünf
bis sechs Jahren einzutreten. Ans die Überproduktion des Jahres 1901/02
folgten Jahre mit fast beständig abnehmenden Ernten, bis das Jahr 1906/07
wieder eine Überproduktion brachte. Daraus läßt sich jedoch keine Regel ab¬
leiten, da gute Ernten hauptsächlich von dem Zusammentreffen einer Reihe
günstiger Umstände, besonders günstiger Witterung, abhängen, und diese Gunst
der Umstände ebensogut in kurz aufeinander folgenden Perioden wie in Zeit¬
räumen von einem Jahrzehnt und mehr sich wiederholen kann.

Das Hauptverdienst an dem gegenwärtigen Anziehen der Kaffeepreise ist
jedenfalls der Zurückhaltung des Staates zuzuschreiben, der trotz zeitweiliger
großer Geldverlegenheit nicht an einen Verkauf der aufgestapelten Kaffcemeugen


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[0346] Die Aaffeefrage in Brasilien als annähernd richtig an, so ist die statistische Lage des Artikels ungefähr folgende: Sichtbare Weltvorräte, 1. Juli 1906 , 9 700000 Sack Weltcrnte im Jahre 1906/07 .... 24000000 „ Zusammen 33 700000 Sack Weltverbrauch im Jahre 1900/07 . . 17 300000 „ ^ Weltvorräte, 1. Juli 1907 .....16Ä000(sSack Ernteschätzungen für 1907/08: Santos....... 7 500 000 Rio........ 3800000 ^ Die übrige Welt. . . . 40000001 15300000 „ Zusammen 81700000 Sack Weltverbrauch im Jahre 1907/08 . . 17 500000 „ ^ Weltvorräte, I. Juli 1908 .....14200000 Sack Die Stocks würden sich damit also im Laufe des Jahres 1907/08 um etwa 2^ Millionen Sack vermindern. Wenn von ihrer Gesamtmenge von annähernd 14^ Millionen gegen 8 Millionen in Händen der paulistciner Regierung bleiben, so wird am 1. Juli 1908 auf dem Markte ein disponibler Stock von etiva 6^ Millionen Sack vorhanden sein, der bis zum Erscheinen der nächsten Ernte (1908/09) für die Wcltkonsnmbedürfnisse ausreichen dürfte, da erfahrungsgemäß der für diese am 1. Juli notwendige Stock kaum ein Drittel des Jahresverbrauchs auszumachen braucht. Pflegt doch jede neue Ernte schon vom August an in zunehmenden Mengen auf die Konsummürkte zu kommen. Der Handel ist also weder gegenwärtig noch bis Juli nächsten Jahres darauf angewiesen, dem Staate Sav Paulo etwas abzunehmen. Erst wenn 1908/09 eine zweite schlechte Ernte in Erscheinung träte, würde sich mit weiterer Abnahme der dispouibeln Weltvorräte die Sachlage ändern. Aber heute schon Schätzungen der Ernte von 1903/09 aufzustellen, dürfte verfrüht sein. Man wird im besten Falle eine baldige Bestätigung der Nachrichten über mangelhafte Blüte und entsprechend schwachen Fruchtansatz erwarten dürfen, um daraus ungefähre Schlüsse auf den mutmaßlichen Ertrag zu ziehen. Überreiche Ernten pflegen übrigens nur in Zwischenräumen von etwa fünf bis sechs Jahren einzutreten. Ans die Überproduktion des Jahres 1901/02 folgten Jahre mit fast beständig abnehmenden Ernten, bis das Jahr 1906/07 wieder eine Überproduktion brachte. Daraus läßt sich jedoch keine Regel ab¬ leiten, da gute Ernten hauptsächlich von dem Zusammentreffen einer Reihe günstiger Umstände, besonders günstiger Witterung, abhängen, und diese Gunst der Umstände ebensogut in kurz aufeinander folgenden Perioden wie in Zeit¬ räumen von einem Jahrzehnt und mehr sich wiederholen kann. Das Hauptverdienst an dem gegenwärtigen Anziehen der Kaffeepreise ist jedenfalls der Zurückhaltung des Staates zuzuschreiben, der trotz zeitweiliger großer Geldverlegenheit nicht an einen Verkauf der aufgestapelten Kaffcemeugen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/346>, abgerufen am 23.07.2024.