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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Souveränität eigensinnig festhaltenden deutschen Staaten bildeten zusammen keinen
deutschen Staat, sondern einen Verein von Staaten. Die Nation war und blieb zer¬
splittert. Die den Bundesvertrag feststellende Wiener Kongreßakte vom 10. Juni 1815
ließ ausdrücklich den Verbündeten ihre Unabhängigkeit: I,s dut as sstts von-
tsäsratiou sse 1s miMtisn as sürsts sxtsrisurs se intürisurs as l'^UsingAns,
as 1'iiulsxsuäauos se as l'inviolabilits ass ütats oonksäsrss ^rtiols 54).

Das deutsche Schwert kämpfte am 18. Juni auf den Feldern von Waterloo
siegreich für die deutsche Nationalehre. Politisch hatte man auf diese schon am
10. Juni verzichtet.

Ein ebenfalls von Preußen 1348 und 1849 ins Werk gesetzter großer
Versuch, ein zentralisiertes Deutschland zu schaffen, fand den Widerstand Bayerns
und Württembergs. Friedrich Wilhelm der Vierte von Preußen lehnte demzufolge
die ihm angebotne Kaiserkrone ab. Aber unfruchtbar war das Unternehmen, die
staatsrechtlich wie politisch meisterhaft konstruierte Verfassung von 1849 ins Leben
zu rufen, nicht geblieben, denn auf dem Wahlgesetz von 1849 baute sich das
Wahlgesetz von 1867 für den konstituierenden Reichstag des Norddeutschen Bundes
auf. Und in dessen Erflehung erfüllte sich der Traum von einem geeinten deutschen
Reiche, denn die Verfassung des Norddeutschen Bundes, der Zollvereinsvertrag und
die Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 sind Gebilde desselben Geblüts.
Die deutschen Staaten sind zu einem Staate vereint, ihre Gewalten bilden zusammen
eine Reichsgewalt. Ihrer Souveränität sind sie dabei aber nicht verlustig gegangen.
Es besteht also wohl ein einheitlich organisiertes Deutschland, aber mit teilweise
aufrecht erhaltnen Partikularismus.

Nun herrscht aber verfassungsgemäß die Möglichkeit, daß das Reich den
Einzelstaaten die ihnen verbliebne Machtsphäre in Form der Verfassungsänderung
einseitig, d. h. ohne Zustimmung der Staaten entzieht, also sich in einen Einheits¬
staat im strengen Sinne des Wortes verwandelt und die Einzelstaaten zu bloßen
Verwaltungsbezirken gestaltet. Sie wird auch von Rechtslehrern wie Professor
Binding in Leipzig und Professor Labend in Straßburg ausdrücklich anerkannt.
Diese Möglichkeit besteht, wie gesagt, juristisch nicht, aber ist sie vom politischen
oder besser vom historischen Standpunkt aus denkbar. Die Zukunft ruht auf der
Vergangenheit; und das durch die deutsche Verfassungsgeschichte gebotne Fundament
verneint grundsätzlich eine derartige verfassungsgemäße Vereinheitlichung.

Deutschland ist nie ein Einheitsstaat in dem Sinne gewesen wie Rom. Auch
bis zu seinem Untergang 1806 war das Reich nur eine gewohnheitsmäßig zusammen-
gehaltne Staatengemeinschaft. Nicht eine Zufälligkeit ist dies, sondern eine dem
ganzen germanischen Rechtsleben überhaupt entsprechende Tatsache.

Der romanische Einheitsstaat saugt die Existenz der verbundnen Gemeinwesen
auf. Der deutsche Bundesstaat mag noch so sehr zentralisiert sein, er wird immer
den historisch begründeten Partikularismus fordern.

Dem ist von Bismarck Rechnung getragen worden (Gedanken und Er¬
innerungen II, S. 309):

"Ich hatte bei Herstellung der Reichsverfassung befürchtet, daß die Gefährdung
unsrer nationalen Einheit in erster Linie von dynastischen Sonderbestrebungen zu
befürchten sei, und hatte mir daher zur Aufgabe gestellt, das Vertrauen der Dynastien
durch ehrliche und wohlwollende Wahrung ihrer verfassungsmäßigen Rechte im Reiche
zu gewinnen, habe auch die Genugtuung gehabt, daß insbesondre die hervor¬
ragenden Fürstenhäuser eine gleichzeitige Befriedigung ihres nationalen Sinnes und
ihrer partikulären Ansprüche fanden."

Dieser gesunde, echt deutsche Partikularismus duldet jedoch das denkbar größte
reichsdeutsche Nationalbewußtsein; jedenfalls aber ein größeres, als es im all¬
gemeinen gegenwärtig besteht. Noch andre Elemente gibt es, mit denen sich jener


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Souveränität eigensinnig festhaltenden deutschen Staaten bildeten zusammen keinen
deutschen Staat, sondern einen Verein von Staaten. Die Nation war und blieb zer¬
splittert. Die den Bundesvertrag feststellende Wiener Kongreßakte vom 10. Juni 1815
ließ ausdrücklich den Verbündeten ihre Unabhängigkeit: I,s dut as sstts von-
tsäsratiou sse 1s miMtisn as sürsts sxtsrisurs se intürisurs as l'^UsingAns,
as 1'iiulsxsuäauos se as l'inviolabilits ass ütats oonksäsrss ^rtiols 54).

Das deutsche Schwert kämpfte am 18. Juni auf den Feldern von Waterloo
siegreich für die deutsche Nationalehre. Politisch hatte man auf diese schon am
10. Juni verzichtet.

Ein ebenfalls von Preußen 1348 und 1849 ins Werk gesetzter großer
Versuch, ein zentralisiertes Deutschland zu schaffen, fand den Widerstand Bayerns
und Württembergs. Friedrich Wilhelm der Vierte von Preußen lehnte demzufolge
die ihm angebotne Kaiserkrone ab. Aber unfruchtbar war das Unternehmen, die
staatsrechtlich wie politisch meisterhaft konstruierte Verfassung von 1849 ins Leben
zu rufen, nicht geblieben, denn auf dem Wahlgesetz von 1849 baute sich das
Wahlgesetz von 1867 für den konstituierenden Reichstag des Norddeutschen Bundes
auf. Und in dessen Erflehung erfüllte sich der Traum von einem geeinten deutschen
Reiche, denn die Verfassung des Norddeutschen Bundes, der Zollvereinsvertrag und
die Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 sind Gebilde desselben Geblüts.
Die deutschen Staaten sind zu einem Staate vereint, ihre Gewalten bilden zusammen
eine Reichsgewalt. Ihrer Souveränität sind sie dabei aber nicht verlustig gegangen.
Es besteht also wohl ein einheitlich organisiertes Deutschland, aber mit teilweise
aufrecht erhaltnen Partikularismus.

Nun herrscht aber verfassungsgemäß die Möglichkeit, daß das Reich den
Einzelstaaten die ihnen verbliebne Machtsphäre in Form der Verfassungsänderung
einseitig, d. h. ohne Zustimmung der Staaten entzieht, also sich in einen Einheits¬
staat im strengen Sinne des Wortes verwandelt und die Einzelstaaten zu bloßen
Verwaltungsbezirken gestaltet. Sie wird auch von Rechtslehrern wie Professor
Binding in Leipzig und Professor Labend in Straßburg ausdrücklich anerkannt.
Diese Möglichkeit besteht, wie gesagt, juristisch nicht, aber ist sie vom politischen
oder besser vom historischen Standpunkt aus denkbar. Die Zukunft ruht auf der
Vergangenheit; und das durch die deutsche Verfassungsgeschichte gebotne Fundament
verneint grundsätzlich eine derartige verfassungsgemäße Vereinheitlichung.

Deutschland ist nie ein Einheitsstaat in dem Sinne gewesen wie Rom. Auch
bis zu seinem Untergang 1806 war das Reich nur eine gewohnheitsmäßig zusammen-
gehaltne Staatengemeinschaft. Nicht eine Zufälligkeit ist dies, sondern eine dem
ganzen germanischen Rechtsleben überhaupt entsprechende Tatsache.

Der romanische Einheitsstaat saugt die Existenz der verbundnen Gemeinwesen
auf. Der deutsche Bundesstaat mag noch so sehr zentralisiert sein, er wird immer
den historisch begründeten Partikularismus fordern.

Dem ist von Bismarck Rechnung getragen worden (Gedanken und Er¬
innerungen II, S. 309):

„Ich hatte bei Herstellung der Reichsverfassung befürchtet, daß die Gefährdung
unsrer nationalen Einheit in erster Linie von dynastischen Sonderbestrebungen zu
befürchten sei, und hatte mir daher zur Aufgabe gestellt, das Vertrauen der Dynastien
durch ehrliche und wohlwollende Wahrung ihrer verfassungsmäßigen Rechte im Reiche
zu gewinnen, habe auch die Genugtuung gehabt, daß insbesondre die hervor¬
ragenden Fürstenhäuser eine gleichzeitige Befriedigung ihres nationalen Sinnes und
ihrer partikulären Ansprüche fanden."

Dieser gesunde, echt deutsche Partikularismus duldet jedoch das denkbar größte
reichsdeutsche Nationalbewußtsein; jedenfalls aber ein größeres, als es im all¬
gemeinen gegenwärtig besteht. Noch andre Elemente gibt es, mit denen sich jener


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[0170] Maßgebliches und Unmaßgebliches Souveränität eigensinnig festhaltenden deutschen Staaten bildeten zusammen keinen deutschen Staat, sondern einen Verein von Staaten. Die Nation war und blieb zer¬ splittert. Die den Bundesvertrag feststellende Wiener Kongreßakte vom 10. Juni 1815 ließ ausdrücklich den Verbündeten ihre Unabhängigkeit: I,s dut as sstts von- tsäsratiou sse 1s miMtisn as sürsts sxtsrisurs se intürisurs as l'^UsingAns, as 1'iiulsxsuäauos se as l'inviolabilits ass ütats oonksäsrss ^rtiols 54). Das deutsche Schwert kämpfte am 18. Juni auf den Feldern von Waterloo siegreich für die deutsche Nationalehre. Politisch hatte man auf diese schon am 10. Juni verzichtet. Ein ebenfalls von Preußen 1348 und 1849 ins Werk gesetzter großer Versuch, ein zentralisiertes Deutschland zu schaffen, fand den Widerstand Bayerns und Württembergs. Friedrich Wilhelm der Vierte von Preußen lehnte demzufolge die ihm angebotne Kaiserkrone ab. Aber unfruchtbar war das Unternehmen, die staatsrechtlich wie politisch meisterhaft konstruierte Verfassung von 1849 ins Leben zu rufen, nicht geblieben, denn auf dem Wahlgesetz von 1849 baute sich das Wahlgesetz von 1867 für den konstituierenden Reichstag des Norddeutschen Bundes auf. Und in dessen Erflehung erfüllte sich der Traum von einem geeinten deutschen Reiche, denn die Verfassung des Norddeutschen Bundes, der Zollvereinsvertrag und die Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 sind Gebilde desselben Geblüts. Die deutschen Staaten sind zu einem Staate vereint, ihre Gewalten bilden zusammen eine Reichsgewalt. Ihrer Souveränität sind sie dabei aber nicht verlustig gegangen. Es besteht also wohl ein einheitlich organisiertes Deutschland, aber mit teilweise aufrecht erhaltnen Partikularismus. Nun herrscht aber verfassungsgemäß die Möglichkeit, daß das Reich den Einzelstaaten die ihnen verbliebne Machtsphäre in Form der Verfassungsänderung einseitig, d. h. ohne Zustimmung der Staaten entzieht, also sich in einen Einheits¬ staat im strengen Sinne des Wortes verwandelt und die Einzelstaaten zu bloßen Verwaltungsbezirken gestaltet. Sie wird auch von Rechtslehrern wie Professor Binding in Leipzig und Professor Labend in Straßburg ausdrücklich anerkannt. Diese Möglichkeit besteht, wie gesagt, juristisch nicht, aber ist sie vom politischen oder besser vom historischen Standpunkt aus denkbar. Die Zukunft ruht auf der Vergangenheit; und das durch die deutsche Verfassungsgeschichte gebotne Fundament verneint grundsätzlich eine derartige verfassungsgemäße Vereinheitlichung. Deutschland ist nie ein Einheitsstaat in dem Sinne gewesen wie Rom. Auch bis zu seinem Untergang 1806 war das Reich nur eine gewohnheitsmäßig zusammen- gehaltne Staatengemeinschaft. Nicht eine Zufälligkeit ist dies, sondern eine dem ganzen germanischen Rechtsleben überhaupt entsprechende Tatsache. Der romanische Einheitsstaat saugt die Existenz der verbundnen Gemeinwesen auf. Der deutsche Bundesstaat mag noch so sehr zentralisiert sein, er wird immer den historisch begründeten Partikularismus fordern. Dem ist von Bismarck Rechnung getragen worden (Gedanken und Er¬ innerungen II, S. 309): „Ich hatte bei Herstellung der Reichsverfassung befürchtet, daß die Gefährdung unsrer nationalen Einheit in erster Linie von dynastischen Sonderbestrebungen zu befürchten sei, und hatte mir daher zur Aufgabe gestellt, das Vertrauen der Dynastien durch ehrliche und wohlwollende Wahrung ihrer verfassungsmäßigen Rechte im Reiche zu gewinnen, habe auch die Genugtuung gehabt, daß insbesondre die hervor¬ ragenden Fürstenhäuser eine gleichzeitige Befriedigung ihres nationalen Sinnes und ihrer partikulären Ansprüche fanden." Dieser gesunde, echt deutsche Partikularismus duldet jedoch das denkbar größte reichsdeutsche Nationalbewußtsein; jedenfalls aber ein größeres, als es im all¬ gemeinen gegenwärtig besteht. Noch andre Elemente gibt es, mit denen sich jener

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/170>, abgerufen am 03.07.2024.