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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Wird, des besondern Vertrauens des Fürsten Bülow auf Grund der Verdienste, die
er sich in Kopenhagen und Petersburg erworben hat. Wie er im Reichstag seinen
Mann stehn wird, das kann freilich erst die Zukunft lehren.

Das Freiwerden des Wiener Botschafterpostens wurde durch die Ernennung
des Grafen von Wedel zum Statthalter von Elsaß-Lothringen an Stelle des in den
Ruhestand tretenden Fürsten Hermann zu Hohenlohe-Langenburg veranlaßt. Von
diesem Wechsel in der Statthalterschaft der Reichslande ist in der letzten Zeit schon oft
die Rede gewesen, da Fürst Hohenlohe allmählich die Last der Jahre zu fühlen
begann und ihm der Gedanke, sich von den Geschäften zurückzuziehen, wohl häufig
näher trat. Aber diese Stimmungen mochten wohl wechseln, auch gab es bei der
Wahl des Zeitpunktes für den Rücktritt allerlei Rücksichten zu nehmen, sodaß es
fraglich blieb, wann der Fürst sein Amt niederlegen werde. Vielleicht hat auch
der Tod des Großherzogs von Baden, an den ihn nahe persönliche und verwandt¬
schaftliche Beziehungen knüpften -- der Großherzog war ein rechter Vetter seiner
verstorbnen Gemahlin --, dazu beigetragen, seine Entschlüsse zu beschleunigen. Fürst
Hohenlohe war während seiner Statthalterschaft und besonders in den letzten Jahren
wenig persönlich hervorgetreten. Er liebte es, seinen Einfluß mehr in der Stille
geltend zu machen, und ist deshalb in seinem nationalen Wirken häufig unterschätzt
worden. Er hatte auch in mehr als einer Beziehung eine schwierigere Aufgabe zu
lösen als seine Vorgänger. In den ersten Jahrzehnten nach der Wiedervereinigung
von Elsaß und Lothringen mit dem Deutschen Reich hatte das persönliche Auftreten
des Statthalters eine große Bedeutung für die Überwindung der ausgesprochnen
Proteststimmung der einheimischen Bevölkerung der Reichslande. Inzwischen ist die
Lage doch einigermaßen anders geworden. An die wirkliche politische Wiederver¬
einigung mit Frankreich denken ernsthaft wohl nur noch wenige Elsaß-Lothringer,
wenn sie sich auch als ein Übergangsland betrachten und ihre Oppositionslust gegen
alles, was ihnen nicht gefällt, in das Gewand "französischer Sympathien" kleiden.
Aber die einheimische Bevölkerung hat sich unter deutscher Herrschaft mehr zu einer
bestimmten Eigenart entwickelt, die sie berücksichtigt sehen will, und die in dieser
neuen Gestalt fortdauernde Absonderung von den eingewanderten "Altdeutschen"
stellt die Verwaltung noch immer vor die schwierigsten Aufgaben, bei denen die
persönliche Klugheit des Statthalters sehr hänfig nur eine indirekte Wirkung aus¬
üben kaun. Der neue Statthalter, Graf Wedel, ist nicht wie seine beiden Vor¬
gänger ein Mann fürstlichen Ranges, und schon dadurch tritt der rein repräsentative
Charakter, den dieses Amt allmählich angenommen hat, etwas zurück, wenngleich
natürlich Graf Wedel die notwendigen repräsentativen Pflichten in Straßburg gewiß
ebenso vortrefflich erfüllen wird, wie er es als Botschafter in Wien bisher verstanden
hat. Er hat sich in seiner Vergangenheit, in der ihn militärische und diplomatische
Vertrauensstellungen abwechselnd in Anspruch nahmen, durch Geschicklichkeit und
praktischen Blick mannigfach bewährt; freilich ist er in vielen staatsmännischen Auf¬
gaben, die ihn in Straßburg erwarten, zunächst auch noch ein Neuling.

In der Erwartung der in einigen Wochen bevorstehenden Reichstagsverhand¬
lungen werden die Fragen der Blockpolitik mit immer noch zunehmendem Eifer er¬
örtert. Man glaubt dabei zu erkennen, daß auch das Verständnis für die Not¬
wendigkeit der Blockpolitik in erfreulicher Zunahme begriffen ist. Wie schon vor
acht Tagen erwähnt wurde, ist das besonders auf dem Parteitag der national¬
liberalen Partei zu Wiesbaden hervorgetreten. Freilich beziehen sich die Zweifel,
wie weit sich die Politik der konservativ-liberalen Paarung durchführen lassen wird,
weniger auf die Mitwirkung der nationalen Mittelparteien als vielmehr des Frei¬
sinns. Indessen solche Ansichten, wie sie der Reichstagsabgeordnete Pachnicke in
seiner kürzlich erschienenen Schrift "Liberalismus als Kulturpolitik" entwickelt,
können mit Recht als ein bemerkenswertes Zeugnis für die Stärke einer Strömung


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Wird, des besondern Vertrauens des Fürsten Bülow auf Grund der Verdienste, die
er sich in Kopenhagen und Petersburg erworben hat. Wie er im Reichstag seinen
Mann stehn wird, das kann freilich erst die Zukunft lehren.

Das Freiwerden des Wiener Botschafterpostens wurde durch die Ernennung
des Grafen von Wedel zum Statthalter von Elsaß-Lothringen an Stelle des in den
Ruhestand tretenden Fürsten Hermann zu Hohenlohe-Langenburg veranlaßt. Von
diesem Wechsel in der Statthalterschaft der Reichslande ist in der letzten Zeit schon oft
die Rede gewesen, da Fürst Hohenlohe allmählich die Last der Jahre zu fühlen
begann und ihm der Gedanke, sich von den Geschäften zurückzuziehen, wohl häufig
näher trat. Aber diese Stimmungen mochten wohl wechseln, auch gab es bei der
Wahl des Zeitpunktes für den Rücktritt allerlei Rücksichten zu nehmen, sodaß es
fraglich blieb, wann der Fürst sein Amt niederlegen werde. Vielleicht hat auch
der Tod des Großherzogs von Baden, an den ihn nahe persönliche und verwandt¬
schaftliche Beziehungen knüpften — der Großherzog war ein rechter Vetter seiner
verstorbnen Gemahlin —, dazu beigetragen, seine Entschlüsse zu beschleunigen. Fürst
Hohenlohe war während seiner Statthalterschaft und besonders in den letzten Jahren
wenig persönlich hervorgetreten. Er liebte es, seinen Einfluß mehr in der Stille
geltend zu machen, und ist deshalb in seinem nationalen Wirken häufig unterschätzt
worden. Er hatte auch in mehr als einer Beziehung eine schwierigere Aufgabe zu
lösen als seine Vorgänger. In den ersten Jahrzehnten nach der Wiedervereinigung
von Elsaß und Lothringen mit dem Deutschen Reich hatte das persönliche Auftreten
des Statthalters eine große Bedeutung für die Überwindung der ausgesprochnen
Proteststimmung der einheimischen Bevölkerung der Reichslande. Inzwischen ist die
Lage doch einigermaßen anders geworden. An die wirkliche politische Wiederver¬
einigung mit Frankreich denken ernsthaft wohl nur noch wenige Elsaß-Lothringer,
wenn sie sich auch als ein Übergangsland betrachten und ihre Oppositionslust gegen
alles, was ihnen nicht gefällt, in das Gewand „französischer Sympathien" kleiden.
Aber die einheimische Bevölkerung hat sich unter deutscher Herrschaft mehr zu einer
bestimmten Eigenart entwickelt, die sie berücksichtigt sehen will, und die in dieser
neuen Gestalt fortdauernde Absonderung von den eingewanderten „Altdeutschen"
stellt die Verwaltung noch immer vor die schwierigsten Aufgaben, bei denen die
persönliche Klugheit des Statthalters sehr hänfig nur eine indirekte Wirkung aus¬
üben kaun. Der neue Statthalter, Graf Wedel, ist nicht wie seine beiden Vor¬
gänger ein Mann fürstlichen Ranges, und schon dadurch tritt der rein repräsentative
Charakter, den dieses Amt allmählich angenommen hat, etwas zurück, wenngleich
natürlich Graf Wedel die notwendigen repräsentativen Pflichten in Straßburg gewiß
ebenso vortrefflich erfüllen wird, wie er es als Botschafter in Wien bisher verstanden
hat. Er hat sich in seiner Vergangenheit, in der ihn militärische und diplomatische
Vertrauensstellungen abwechselnd in Anspruch nahmen, durch Geschicklichkeit und
praktischen Blick mannigfach bewährt; freilich ist er in vielen staatsmännischen Auf¬
gaben, die ihn in Straßburg erwarten, zunächst auch noch ein Neuling.

In der Erwartung der in einigen Wochen bevorstehenden Reichstagsverhand¬
lungen werden die Fragen der Blockpolitik mit immer noch zunehmendem Eifer er¬
örtert. Man glaubt dabei zu erkennen, daß auch das Verständnis für die Not¬
wendigkeit der Blockpolitik in erfreulicher Zunahme begriffen ist. Wie schon vor
acht Tagen erwähnt wurde, ist das besonders auf dem Parteitag der national¬
liberalen Partei zu Wiesbaden hervorgetreten. Freilich beziehen sich die Zweifel,
wie weit sich die Politik der konservativ-liberalen Paarung durchführen lassen wird,
weniger auf die Mitwirkung der nationalen Mittelparteien als vielmehr des Frei¬
sinns. Indessen solche Ansichten, wie sie der Reichstagsabgeordnete Pachnicke in
seiner kürzlich erschienenen Schrift „Liberalismus als Kulturpolitik" entwickelt,
können mit Recht als ein bemerkenswertes Zeugnis für die Stärke einer Strömung


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[0168] Maßgebliches und Unmaßgebliches Wird, des besondern Vertrauens des Fürsten Bülow auf Grund der Verdienste, die er sich in Kopenhagen und Petersburg erworben hat. Wie er im Reichstag seinen Mann stehn wird, das kann freilich erst die Zukunft lehren. Das Freiwerden des Wiener Botschafterpostens wurde durch die Ernennung des Grafen von Wedel zum Statthalter von Elsaß-Lothringen an Stelle des in den Ruhestand tretenden Fürsten Hermann zu Hohenlohe-Langenburg veranlaßt. Von diesem Wechsel in der Statthalterschaft der Reichslande ist in der letzten Zeit schon oft die Rede gewesen, da Fürst Hohenlohe allmählich die Last der Jahre zu fühlen begann und ihm der Gedanke, sich von den Geschäften zurückzuziehen, wohl häufig näher trat. Aber diese Stimmungen mochten wohl wechseln, auch gab es bei der Wahl des Zeitpunktes für den Rücktritt allerlei Rücksichten zu nehmen, sodaß es fraglich blieb, wann der Fürst sein Amt niederlegen werde. Vielleicht hat auch der Tod des Großherzogs von Baden, an den ihn nahe persönliche und verwandt¬ schaftliche Beziehungen knüpften — der Großherzog war ein rechter Vetter seiner verstorbnen Gemahlin —, dazu beigetragen, seine Entschlüsse zu beschleunigen. Fürst Hohenlohe war während seiner Statthalterschaft und besonders in den letzten Jahren wenig persönlich hervorgetreten. Er liebte es, seinen Einfluß mehr in der Stille geltend zu machen, und ist deshalb in seinem nationalen Wirken häufig unterschätzt worden. Er hatte auch in mehr als einer Beziehung eine schwierigere Aufgabe zu lösen als seine Vorgänger. In den ersten Jahrzehnten nach der Wiedervereinigung von Elsaß und Lothringen mit dem Deutschen Reich hatte das persönliche Auftreten des Statthalters eine große Bedeutung für die Überwindung der ausgesprochnen Proteststimmung der einheimischen Bevölkerung der Reichslande. Inzwischen ist die Lage doch einigermaßen anders geworden. An die wirkliche politische Wiederver¬ einigung mit Frankreich denken ernsthaft wohl nur noch wenige Elsaß-Lothringer, wenn sie sich auch als ein Übergangsland betrachten und ihre Oppositionslust gegen alles, was ihnen nicht gefällt, in das Gewand „französischer Sympathien" kleiden. Aber die einheimische Bevölkerung hat sich unter deutscher Herrschaft mehr zu einer bestimmten Eigenart entwickelt, die sie berücksichtigt sehen will, und die in dieser neuen Gestalt fortdauernde Absonderung von den eingewanderten „Altdeutschen" stellt die Verwaltung noch immer vor die schwierigsten Aufgaben, bei denen die persönliche Klugheit des Statthalters sehr hänfig nur eine indirekte Wirkung aus¬ üben kaun. Der neue Statthalter, Graf Wedel, ist nicht wie seine beiden Vor¬ gänger ein Mann fürstlichen Ranges, und schon dadurch tritt der rein repräsentative Charakter, den dieses Amt allmählich angenommen hat, etwas zurück, wenngleich natürlich Graf Wedel die notwendigen repräsentativen Pflichten in Straßburg gewiß ebenso vortrefflich erfüllen wird, wie er es als Botschafter in Wien bisher verstanden hat. Er hat sich in seiner Vergangenheit, in der ihn militärische und diplomatische Vertrauensstellungen abwechselnd in Anspruch nahmen, durch Geschicklichkeit und praktischen Blick mannigfach bewährt; freilich ist er in vielen staatsmännischen Auf¬ gaben, die ihn in Straßburg erwarten, zunächst auch noch ein Neuling. In der Erwartung der in einigen Wochen bevorstehenden Reichstagsverhand¬ lungen werden die Fragen der Blockpolitik mit immer noch zunehmendem Eifer er¬ örtert. Man glaubt dabei zu erkennen, daß auch das Verständnis für die Not¬ wendigkeit der Blockpolitik in erfreulicher Zunahme begriffen ist. Wie schon vor acht Tagen erwähnt wurde, ist das besonders auf dem Parteitag der national¬ liberalen Partei zu Wiesbaden hervorgetreten. Freilich beziehen sich die Zweifel, wie weit sich die Politik der konservativ-liberalen Paarung durchführen lassen wird, weniger auf die Mitwirkung der nationalen Mittelparteien als vielmehr des Frei¬ sinns. Indessen solche Ansichten, wie sie der Reichstagsabgeordnete Pachnicke in seiner kürzlich erschienenen Schrift „Liberalismus als Kulturpolitik" entwickelt, können mit Recht als ein bemerkenswertes Zeugnis für die Stärke einer Strömung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/168>, abgerufen am 23.07.2024.