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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

berief. Ob die folgende Amtstätigkeit des Staatssekretärs den Reichskanzler be¬
friedigt oder enttäuscht hat, entzieht sich ebenfalls der öffentlichen Beurteilung.
Konflikte hat es jedenfalls nicht gegeben, wenn auch unbefangne Beobachter den
Eindruck gewinnen konnten, daß die Übereinstimmung der beiden Staatsmänner
mehr auf sachlichen Gründen und allgemeiner Wertschätzung als auf besondrer
Harmonie der beiden Persönlichkeiten beruhte. Das parlamentarische Versagen des
Staatssekretärs war eine Unzuträglichkeit, die dieser selbst am stärksten empfand;
das Vertrauen des Reichskanzlers in seine diplomatischen Fähigkeiten wurde dadurch
nicht berührt. So wurde Herrn von Tschirschky der wichtige und ehrenvolle Bot-
schafterpoften in Wien übertragen.

Es war uotiveudig, auf die vielerörterte Frage der persönlichen Stellung des
Herrn von Tschirschky zum Fürsten Bülow und die Umstände seines Eintritts in
sein bisheriges Amt noch einmal zurückzukommen, weil die darüber verbreiteten
Auffassungen im Auslande Schlußfolgerungen herbeigeführt haben, die geradezu eine
Gefährdung der deutschen Interessen bedeuten. In Frankreich und in England hat
man den Rücktritt Tschirschlys von der Leitung des Auswärtigen Amts mit der
bekannten Persönlichkeit des Wirklichen Geheimen Rats vou Holstein in Verbindung
gebracht. Herr vou Holstein, der bis zum Tode des Staatssekretärs von Nichthofen
im Auswärtigen Amt durch sein Dienstalter und seine reiche Erfahrung in allen
politischen Geschäften eine bedeutende Wirksamkeit ausübte, die über die Stellung
eines Vortragenden Rats, in der er nach eignem Wunsch und Willen verblieben
war, je länger je mehr weit hinausging, fühlte sich durch die Auffassungen des
neuen Staatssekretärs in seinen Amtsgeschäften eingeengt und erbat damals sehr
bald seinen Abschied. Man sagt, er habe darauf gerechnet, daß sein Gesuch nicht
genehmigt würde. Wie dem auch sein mochte, jedenfalls blieb der Eindruck zurück,
daß Herr von Holstein mit starkem Groll aus dem Amte schied und Lust zum
Frondieren zu haben schien. So kam es, daß in der öffentlichen Meinung eine
Reihe von Angriffen gegen Herrn von Tschirschky auf Herrn von Holstein als
Quelle zurückgeführt wurden. Man glaubte nicht daran, daß der Gegensatz zwischen
den beiden Herren nur geschäftlicher und persönlicher Natur sei, sondern suchte eifrig
nach politischen Differenzen und schob ihnen alles zu, was man in der auswärtigen
Politik nur irgend an "Unstimmigkeiten" zu finden meinte. Einen gewissen Anlaß gab
dazu scheinbar die Marokkopolitik, in der Herr von Holstein während der Konferenz
von Algeciras ein schrofferes Festhalten an den zu Anfang aufgestellten Forderungen
der deutschen Politik geraten hatte. Seitdem hielt man in Frankreich und in England
Herrn vou Holstein für einen Mann, der zum Kriege treibe und einen Konflikt mit
Frankreich herbeiführen wolle, und als man nun gar erfuhr, daß die persönlichen
Beziehungen zwischen dem Fürsten Bülow und Herrn von Holstein wiederhergestellt
seien, da war man überzeugt, daß zwischen dem Reichskanzler und dem ihm angeblich
vom Kaiser aufgedrängten Staatssekretär des Auswärtigen Amts nicht alles in
Ordnung sei. Die neuesten Personalveränderungen schienen dieser Auffassung Recht
zu geben, und nun lebte die Erinnerung an die Ernennung Tschirschkys zum Staats¬
sekretär und die damit verknüpften Geschichten wieder auf. Französische Blätter ergehn
sich in düstern Prophezeiungen über eine von Herrn von Holstein inspirierte Politik
die gegen Frankreich gerichtet und im Grunde nichts andres sei als eine Fortsetzung
der "Gewaltpolitik" Bismarcks. Haben diese Phantasien auch durchaus keinen ernst-
haften Hintergrund, so können sie doch nicht ganz unbeachtet bleiben. Sie zeigen überdies
wie der politische Klatsch, den Eitelkeit und Neugier meist ziemlich gedankenlos weiter
tragen, im Auslande aufgegriffen und begierig gegen uns ausgebeutet wird.

Der neue Staatssekretär des Auswärtigen Amts. Herr von Echoen, der auf
seinem bisherigen Posten als Botschafter in Se. Petersburg durch den Grafen
Pourtales ersetzt wird, erfreut sich, wie diesmal wohl vou keiner Seite bestritten


Maßgebliches und Unmaßgebliches

berief. Ob die folgende Amtstätigkeit des Staatssekretärs den Reichskanzler be¬
friedigt oder enttäuscht hat, entzieht sich ebenfalls der öffentlichen Beurteilung.
Konflikte hat es jedenfalls nicht gegeben, wenn auch unbefangne Beobachter den
Eindruck gewinnen konnten, daß die Übereinstimmung der beiden Staatsmänner
mehr auf sachlichen Gründen und allgemeiner Wertschätzung als auf besondrer
Harmonie der beiden Persönlichkeiten beruhte. Das parlamentarische Versagen des
Staatssekretärs war eine Unzuträglichkeit, die dieser selbst am stärksten empfand;
das Vertrauen des Reichskanzlers in seine diplomatischen Fähigkeiten wurde dadurch
nicht berührt. So wurde Herrn von Tschirschky der wichtige und ehrenvolle Bot-
schafterpoften in Wien übertragen.

Es war uotiveudig, auf die vielerörterte Frage der persönlichen Stellung des
Herrn von Tschirschky zum Fürsten Bülow und die Umstände seines Eintritts in
sein bisheriges Amt noch einmal zurückzukommen, weil die darüber verbreiteten
Auffassungen im Auslande Schlußfolgerungen herbeigeführt haben, die geradezu eine
Gefährdung der deutschen Interessen bedeuten. In Frankreich und in England hat
man den Rücktritt Tschirschlys von der Leitung des Auswärtigen Amts mit der
bekannten Persönlichkeit des Wirklichen Geheimen Rats vou Holstein in Verbindung
gebracht. Herr vou Holstein, der bis zum Tode des Staatssekretärs von Nichthofen
im Auswärtigen Amt durch sein Dienstalter und seine reiche Erfahrung in allen
politischen Geschäften eine bedeutende Wirksamkeit ausübte, die über die Stellung
eines Vortragenden Rats, in der er nach eignem Wunsch und Willen verblieben
war, je länger je mehr weit hinausging, fühlte sich durch die Auffassungen des
neuen Staatssekretärs in seinen Amtsgeschäften eingeengt und erbat damals sehr
bald seinen Abschied. Man sagt, er habe darauf gerechnet, daß sein Gesuch nicht
genehmigt würde. Wie dem auch sein mochte, jedenfalls blieb der Eindruck zurück,
daß Herr von Holstein mit starkem Groll aus dem Amte schied und Lust zum
Frondieren zu haben schien. So kam es, daß in der öffentlichen Meinung eine
Reihe von Angriffen gegen Herrn von Tschirschky auf Herrn von Holstein als
Quelle zurückgeführt wurden. Man glaubte nicht daran, daß der Gegensatz zwischen
den beiden Herren nur geschäftlicher und persönlicher Natur sei, sondern suchte eifrig
nach politischen Differenzen und schob ihnen alles zu, was man in der auswärtigen
Politik nur irgend an „Unstimmigkeiten" zu finden meinte. Einen gewissen Anlaß gab
dazu scheinbar die Marokkopolitik, in der Herr von Holstein während der Konferenz
von Algeciras ein schrofferes Festhalten an den zu Anfang aufgestellten Forderungen
der deutschen Politik geraten hatte. Seitdem hielt man in Frankreich und in England
Herrn vou Holstein für einen Mann, der zum Kriege treibe und einen Konflikt mit
Frankreich herbeiführen wolle, und als man nun gar erfuhr, daß die persönlichen
Beziehungen zwischen dem Fürsten Bülow und Herrn von Holstein wiederhergestellt
seien, da war man überzeugt, daß zwischen dem Reichskanzler und dem ihm angeblich
vom Kaiser aufgedrängten Staatssekretär des Auswärtigen Amts nicht alles in
Ordnung sei. Die neuesten Personalveränderungen schienen dieser Auffassung Recht
zu geben, und nun lebte die Erinnerung an die Ernennung Tschirschkys zum Staats¬
sekretär und die damit verknüpften Geschichten wieder auf. Französische Blätter ergehn
sich in düstern Prophezeiungen über eine von Herrn von Holstein inspirierte Politik
die gegen Frankreich gerichtet und im Grunde nichts andres sei als eine Fortsetzung
der „Gewaltpolitik" Bismarcks. Haben diese Phantasien auch durchaus keinen ernst-
haften Hintergrund, so können sie doch nicht ganz unbeachtet bleiben. Sie zeigen überdies
wie der politische Klatsch, den Eitelkeit und Neugier meist ziemlich gedankenlos weiter
tragen, im Auslande aufgegriffen und begierig gegen uns ausgebeutet wird.

Der neue Staatssekretär des Auswärtigen Amts. Herr von Echoen, der auf
seinem bisherigen Posten als Botschafter in Se. Petersburg durch den Grafen
Pourtales ersetzt wird, erfreut sich, wie diesmal wohl vou keiner Seite bestritten


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[0167] Maßgebliches und Unmaßgebliches berief. Ob die folgende Amtstätigkeit des Staatssekretärs den Reichskanzler be¬ friedigt oder enttäuscht hat, entzieht sich ebenfalls der öffentlichen Beurteilung. Konflikte hat es jedenfalls nicht gegeben, wenn auch unbefangne Beobachter den Eindruck gewinnen konnten, daß die Übereinstimmung der beiden Staatsmänner mehr auf sachlichen Gründen und allgemeiner Wertschätzung als auf besondrer Harmonie der beiden Persönlichkeiten beruhte. Das parlamentarische Versagen des Staatssekretärs war eine Unzuträglichkeit, die dieser selbst am stärksten empfand; das Vertrauen des Reichskanzlers in seine diplomatischen Fähigkeiten wurde dadurch nicht berührt. So wurde Herrn von Tschirschky der wichtige und ehrenvolle Bot- schafterpoften in Wien übertragen. Es war uotiveudig, auf die vielerörterte Frage der persönlichen Stellung des Herrn von Tschirschky zum Fürsten Bülow und die Umstände seines Eintritts in sein bisheriges Amt noch einmal zurückzukommen, weil die darüber verbreiteten Auffassungen im Auslande Schlußfolgerungen herbeigeführt haben, die geradezu eine Gefährdung der deutschen Interessen bedeuten. In Frankreich und in England hat man den Rücktritt Tschirschlys von der Leitung des Auswärtigen Amts mit der bekannten Persönlichkeit des Wirklichen Geheimen Rats vou Holstein in Verbindung gebracht. Herr vou Holstein, der bis zum Tode des Staatssekretärs von Nichthofen im Auswärtigen Amt durch sein Dienstalter und seine reiche Erfahrung in allen politischen Geschäften eine bedeutende Wirksamkeit ausübte, die über die Stellung eines Vortragenden Rats, in der er nach eignem Wunsch und Willen verblieben war, je länger je mehr weit hinausging, fühlte sich durch die Auffassungen des neuen Staatssekretärs in seinen Amtsgeschäften eingeengt und erbat damals sehr bald seinen Abschied. Man sagt, er habe darauf gerechnet, daß sein Gesuch nicht genehmigt würde. Wie dem auch sein mochte, jedenfalls blieb der Eindruck zurück, daß Herr von Holstein mit starkem Groll aus dem Amte schied und Lust zum Frondieren zu haben schien. So kam es, daß in der öffentlichen Meinung eine Reihe von Angriffen gegen Herrn von Tschirschky auf Herrn von Holstein als Quelle zurückgeführt wurden. Man glaubte nicht daran, daß der Gegensatz zwischen den beiden Herren nur geschäftlicher und persönlicher Natur sei, sondern suchte eifrig nach politischen Differenzen und schob ihnen alles zu, was man in der auswärtigen Politik nur irgend an „Unstimmigkeiten" zu finden meinte. Einen gewissen Anlaß gab dazu scheinbar die Marokkopolitik, in der Herr von Holstein während der Konferenz von Algeciras ein schrofferes Festhalten an den zu Anfang aufgestellten Forderungen der deutschen Politik geraten hatte. Seitdem hielt man in Frankreich und in England Herrn vou Holstein für einen Mann, der zum Kriege treibe und einen Konflikt mit Frankreich herbeiführen wolle, und als man nun gar erfuhr, daß die persönlichen Beziehungen zwischen dem Fürsten Bülow und Herrn von Holstein wiederhergestellt seien, da war man überzeugt, daß zwischen dem Reichskanzler und dem ihm angeblich vom Kaiser aufgedrängten Staatssekretär des Auswärtigen Amts nicht alles in Ordnung sei. Die neuesten Personalveränderungen schienen dieser Auffassung Recht zu geben, und nun lebte die Erinnerung an die Ernennung Tschirschkys zum Staats¬ sekretär und die damit verknüpften Geschichten wieder auf. Französische Blätter ergehn sich in düstern Prophezeiungen über eine von Herrn von Holstein inspirierte Politik die gegen Frankreich gerichtet und im Grunde nichts andres sei als eine Fortsetzung der „Gewaltpolitik" Bismarcks. Haben diese Phantasien auch durchaus keinen ernst- haften Hintergrund, so können sie doch nicht ganz unbeachtet bleiben. Sie zeigen überdies wie der politische Klatsch, den Eitelkeit und Neugier meist ziemlich gedankenlos weiter tragen, im Auslande aufgegriffen und begierig gegen uns ausgebeutet wird. Der neue Staatssekretär des Auswärtigen Amts. Herr von Echoen, der auf seinem bisherigen Posten als Botschafter in Se. Petersburg durch den Grafen Pourtales ersetzt wird, erfreut sich, wie diesmal wohl vou keiner Seite bestritten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/167>, abgerufen am 23.07.2024.