Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.Goethe und die Boisseree Hardenberg und ein Künstler wie Rauch dafür ins Zeug legten. So wurden Nach zwei Seiten hin hat Sulpiz dem alten Freunde sogar nicht unbe¬ Im August 1819 erschien der damals auf der Höhe seines Ruhmes Goethe und die Boisseree Hardenberg und ein Künstler wie Rauch dafür ins Zeug legten. So wurden Nach zwei Seiten hin hat Sulpiz dem alten Freunde sogar nicht unbe¬ Im August 1819 erschien der damals auf der Höhe seines Ruhmes <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0155" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/303571"/> <fw type="header" place="top"> Goethe und die Boisseree</fw><lb/> <p xml:id="ID_578" prev="#ID_577"> Hardenberg und ein Künstler wie Rauch dafür ins Zeug legten. So wurden<lb/> sie schließlich mit dem König Ludwig von Bayern, diesem bedeutendsten und<lb/> tatkräftigsten aller fürstlichen Mäcene, die Deutschland bis auf unsre Zeit gehabt<lb/> hat, einig, der die ganze Sammlung um 225000 Gulden für München über¬<lb/> nahm. Seitdem lebten die drei Getreuen dort. Daß ihnen der Verkauf sehr<lb/> schwer wurde, bedarf keiner Versicherung, und wie ihnen ihr Schatz als Ganzes<lb/> am Herzen lag, beweist ihre lebhafte Trauer, als der neue Herr sechzig Bilder<lb/> von dem ganzen Bestände abtrennen und in die Moritzkapelle nach Nürnberg<lb/> überführen ließ, in der man auch schon begonnen hatte, altdeutsche Kunstsachen<lb/> zusammenzuhüufen- Diesem wichtigen Erlebnis war aber der dritte und letzte<lb/> Besuch, den Sulpiz bei Goethe in Weimar abstattete, vorausgegangen. Er füllt<lb/> in die Zeit vom 17. Mai bis zum 3. Juni 1826 und bietet dasselbe herzer¬<lb/> freuende Bild freundschaftlichsten Einvernehmens und vertrauten Gedankenaus¬<lb/> tausches. Die alten Streitpunkte blieben ruhen. Ein völliger, dauerhafter und<lb/> für beide Seiten ehrenvoller Friede war hergestellt. Das Gebiet der gemein¬<lb/> samen Interessen war auch groß genug, um ihren Gesprächen Inhalt und Wert<lb/> zu verleihen.</p><lb/> <p xml:id="ID_579"> Nach zwei Seiten hin hat Sulpiz dem alten Freunde sogar nicht unbe¬<lb/> deutende Dienste leisten können, und wenn in dem einen Falle allerdings ohne<lb/> den gehofften vollen Erfolg, so doch in dem andern mit um so mehr Glück.</p><lb/> <p xml:id="ID_580" next="#ID_581"> Im August 1819 erschien der damals auf der Höhe seines Ruhmes<lb/> stehende Thorwaldsen in Stuttgart bei den Boisseree zur Besichtigung der<lb/> Bilder. Sulpiz befand sich zur Zeit in Frankfurt. Bertram berichtet am 27.,<lb/> Melchior am 29. von der Freude, die ihnen der Besuch, und der, die ihm die<lb/> Sammlung gemacht habe. Inzwischen aber war der große Künstler schon<lb/> persönlich in Frankfurt eingetroffen und stand mit Sulpiz in nahem Verkehr.<lb/> Am 28., also an Goethes Geburtstage, waren sie den ganzen Tag bei dem<lb/> mit Sulpiz nahe befreundeten Bürgermeister Thomas, wo Sulpiz Wohnung<lb/> genommen hatte, zusammen. Er schreibt darüber an Goethe, daß sie die Feier<lb/> des Geburtstages in großem Kreise mitgemacht hätten. „Wir saßen in der<lb/> zahlreichen Gesellschaft unter Ihren nächsten Freunden Willemer, Niese usw.<lb/> Da reihte sich Erinnerung an Erinnerung und Wunsch an Wunsch. Ja, dies<lb/> war noch viel mehr der Fall, als wir am andern Tage Abends bei den Frauen<lb/> auf der Gerbermühle in dem kleinen Gartensaale versammelt waren." Bei<lb/> dieser Gelegenheit muß nun der erste ernsthafte Gedanke an ein dem großen<lb/> Dichter in seiner Vaterstadt zu errichtendes Denkmal aufgetaucht sein. Am<lb/> 9. Dezember d. I. schreibt Thomas an Sulpiz: „Gestern war die erste Ver¬<lb/> sammlung bei Bethmann wegen des Monuments für Goethe. Man vereinigte<lb/> sich allgemein und lobend für Deinen Plan und bildete ein Komitee (zu dessen<lb/> Präsidenten Sulpiz gewählt wurde). Platz: auf der Mühlschanze am ehe¬<lb/> maligen Schneiderwall. Diese Insel wird zur Promenade eingerichtet, eine<lb/> schöne Brücke wird dazu führen. Mir scheint dieser Plan vortrefflich. Gualla</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0155]
Goethe und die Boisseree
Hardenberg und ein Künstler wie Rauch dafür ins Zeug legten. So wurden
sie schließlich mit dem König Ludwig von Bayern, diesem bedeutendsten und
tatkräftigsten aller fürstlichen Mäcene, die Deutschland bis auf unsre Zeit gehabt
hat, einig, der die ganze Sammlung um 225000 Gulden für München über¬
nahm. Seitdem lebten die drei Getreuen dort. Daß ihnen der Verkauf sehr
schwer wurde, bedarf keiner Versicherung, und wie ihnen ihr Schatz als Ganzes
am Herzen lag, beweist ihre lebhafte Trauer, als der neue Herr sechzig Bilder
von dem ganzen Bestände abtrennen und in die Moritzkapelle nach Nürnberg
überführen ließ, in der man auch schon begonnen hatte, altdeutsche Kunstsachen
zusammenzuhüufen- Diesem wichtigen Erlebnis war aber der dritte und letzte
Besuch, den Sulpiz bei Goethe in Weimar abstattete, vorausgegangen. Er füllt
in die Zeit vom 17. Mai bis zum 3. Juni 1826 und bietet dasselbe herzer¬
freuende Bild freundschaftlichsten Einvernehmens und vertrauten Gedankenaus¬
tausches. Die alten Streitpunkte blieben ruhen. Ein völliger, dauerhafter und
für beide Seiten ehrenvoller Friede war hergestellt. Das Gebiet der gemein¬
samen Interessen war auch groß genug, um ihren Gesprächen Inhalt und Wert
zu verleihen.
Nach zwei Seiten hin hat Sulpiz dem alten Freunde sogar nicht unbe¬
deutende Dienste leisten können, und wenn in dem einen Falle allerdings ohne
den gehofften vollen Erfolg, so doch in dem andern mit um so mehr Glück.
Im August 1819 erschien der damals auf der Höhe seines Ruhmes
stehende Thorwaldsen in Stuttgart bei den Boisseree zur Besichtigung der
Bilder. Sulpiz befand sich zur Zeit in Frankfurt. Bertram berichtet am 27.,
Melchior am 29. von der Freude, die ihnen der Besuch, und der, die ihm die
Sammlung gemacht habe. Inzwischen aber war der große Künstler schon
persönlich in Frankfurt eingetroffen und stand mit Sulpiz in nahem Verkehr.
Am 28., also an Goethes Geburtstage, waren sie den ganzen Tag bei dem
mit Sulpiz nahe befreundeten Bürgermeister Thomas, wo Sulpiz Wohnung
genommen hatte, zusammen. Er schreibt darüber an Goethe, daß sie die Feier
des Geburtstages in großem Kreise mitgemacht hätten. „Wir saßen in der
zahlreichen Gesellschaft unter Ihren nächsten Freunden Willemer, Niese usw.
Da reihte sich Erinnerung an Erinnerung und Wunsch an Wunsch. Ja, dies
war noch viel mehr der Fall, als wir am andern Tage Abends bei den Frauen
auf der Gerbermühle in dem kleinen Gartensaale versammelt waren." Bei
dieser Gelegenheit muß nun der erste ernsthafte Gedanke an ein dem großen
Dichter in seiner Vaterstadt zu errichtendes Denkmal aufgetaucht sein. Am
9. Dezember d. I. schreibt Thomas an Sulpiz: „Gestern war die erste Ver¬
sammlung bei Bethmann wegen des Monuments für Goethe. Man vereinigte
sich allgemein und lobend für Deinen Plan und bildete ein Komitee (zu dessen
Präsidenten Sulpiz gewählt wurde). Platz: auf der Mühlschanze am ehe¬
maligen Schneiderwall. Diese Insel wird zur Promenade eingerichtet, eine
schöne Brücke wird dazu führen. Mir scheint dieser Plan vortrefflich. Gualla
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