Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Nun galt es die zweite der beiden Aufgaben zu lösen, die für den Reichs¬
kanzler nach unsrer Meinung eine Notwendigkeit waren. Dies um so mehr, als
das Zentrum nach seiner Niederlage sehr richtig erkannt hatte, daß die ganze Reichs¬
tagsauflösung vergeblich bleiben werde, so lange er nicht auch den andern Teil
seines Plans verwirklicht hatte, das heißt den Beweis geliefert hatte, daß er der
wirkliche und alleinige Führer auf dem angekündigten Wege sei und die Zustim¬
mung des Kaisers für sich habe. Für den Fürsten Bülow gestaltete sich die Lage
geradezu gefährlich, wenn er auf halbem Wege stehn blieb. Denn die erbitterten
Gegner hatten mit Scharfblick die beiden schwachen Punkte erkannt, gegen die sie
ihr Geschütz richten konnten. Der eine schwache Punkt war die Schwierigkeit, den
bisherigen Kurs in der Sozialpolitik ohne das Zentrum beizubehalten, der andre
lag in dem Verhältnis der Reichspolitik zur preußischen. Hier waren allerdings
Schwierigkeiten zu überwinden, die aber keine unübersteiglichen Hindernisse waren,
sobald nur der Reichskanzler einen entschiednen Beweis seiner vollen Entschlossen¬
heit in dieser Richtung lieferte. Das Zentrum jedoch benutzte jedes kleine Symptom,
um Zweifel an dieser Entschlossenheit zu erregen und zu befestigen.

Unter solchen Umständen geschah es, daß der Hauptträger der Sozialpolitik
des Reichs, Graf Posadowsky, leider bei verschiednen Gelegenheiten allzu deutlich
merken ließ, daß er der neuen Parteikonstellation in kritischer Stimmung gegenüber¬
stand, wie es denn bekannt genug war, daß er die Reichstagsauflösung uicht
gebilligt und von den Neuwahlen nichts erwartet hatte. Nun hätte sich Graf
Posadowsky, der über die Grundsätze seiner Sozialpolitik mit dem Reichskanzler
nach wie vor einig war, gewiß trotz mancher Bedenken in die Lage gefunden, aber
er wurde bei der Eigentümlichkeit der Umstände, ohne es zu wollen und zum Teil
wohl auch ohne es zu wissen, das Werkzeug und die Hoffnung einer Fronde gegen
die neue Blockpolitik. Sorgfältig wurden in den Zeitungen alle kleinen Ab¬
weichungen seiner Anschauungen registriert, um daraus zu beweisen, daß Fürst
Bülow seine Politik gar nicht durchführen könne, weil sich Graf Posadowsky doch
stets auf das Zentrum stützen müsse. Wie weit Gegner des Fürsten Bülow außer¬
dem noch in der Stille und hinter den Kulissen geschäftig waren, den Gegensatz
der beiden Staatsmänner größer erscheinen zu lassen, als er wirklich war, und
politische Kreise glauben zu machen, Graf Posadowsky könne vielleicht den Fürsten
Bülow ersetzen, entzieht sich der öffentlichen Beurteilung und Nachprüfung. Tat¬
sache ist nur, daß sich dem Fürsten Bülow allmählich die Überzeugung aufdrängen
mußte, daß der Rücktritt des Grafen Posadowsky eine der Voraussetzungen sei,
wenn er der Welt beweisen wollte, daß er die Zügel wirklich in der Hand habe.

Dazu kam der Mißklang zwischen Reichspolitik und preußischer Politik, den
die Liberalen mit wachsender Unruhe, die Klerikalen mit Spott und Hohn ver¬
merkten. Hier lag die schwerste Gefahr für die Blockpolitik, und im preußischen
Ministerium saß ein Mann, der für diese Gefahr völlig unempfindlich schien. Das
Auftreten des Herrn von Stube im Abgeordnetenhause wurde von den Liberalen,
-- wenn auch wohl nicht ganz mit Recht -- dahin gedeutet, als wolle er sie in
einem Sinne provozieren, der die Blockpolitik direkt durchkreuzen, ihre Festigkeit
mindestens stark in Frage stellen mußte. So galt der Minister als Träger einer
Politik, die mit der im Reich eingeschlagnen Richtung schlechterdings unvereinbar
war. Es war überdies allgemein bekannt, daß sich gerade Herr von Stube der
besondern persönlichen Wertschätzung des Monarchen erfreute.

Hiernach waren für den Fürsten Bülow die Erfordernisse der Lage gegeben.
Nur die Entlassung der beiden Minister konnte eine Klärung bringen, wie er sie
brauchte. Nur ein Ministerwechsel, der die persönliche Entscheidung des Königs ent¬
hielt, konnte zugleich den unumstößlichen Beweis liefern, daß die Politik des Kanzlers


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Nun galt es die zweite der beiden Aufgaben zu lösen, die für den Reichs¬
kanzler nach unsrer Meinung eine Notwendigkeit waren. Dies um so mehr, als
das Zentrum nach seiner Niederlage sehr richtig erkannt hatte, daß die ganze Reichs¬
tagsauflösung vergeblich bleiben werde, so lange er nicht auch den andern Teil
seines Plans verwirklicht hatte, das heißt den Beweis geliefert hatte, daß er der
wirkliche und alleinige Führer auf dem angekündigten Wege sei und die Zustim¬
mung des Kaisers für sich habe. Für den Fürsten Bülow gestaltete sich die Lage
geradezu gefährlich, wenn er auf halbem Wege stehn blieb. Denn die erbitterten
Gegner hatten mit Scharfblick die beiden schwachen Punkte erkannt, gegen die sie
ihr Geschütz richten konnten. Der eine schwache Punkt war die Schwierigkeit, den
bisherigen Kurs in der Sozialpolitik ohne das Zentrum beizubehalten, der andre
lag in dem Verhältnis der Reichspolitik zur preußischen. Hier waren allerdings
Schwierigkeiten zu überwinden, die aber keine unübersteiglichen Hindernisse waren,
sobald nur der Reichskanzler einen entschiednen Beweis seiner vollen Entschlossen¬
heit in dieser Richtung lieferte. Das Zentrum jedoch benutzte jedes kleine Symptom,
um Zweifel an dieser Entschlossenheit zu erregen und zu befestigen.

Unter solchen Umständen geschah es, daß der Hauptträger der Sozialpolitik
des Reichs, Graf Posadowsky, leider bei verschiednen Gelegenheiten allzu deutlich
merken ließ, daß er der neuen Parteikonstellation in kritischer Stimmung gegenüber¬
stand, wie es denn bekannt genug war, daß er die Reichstagsauflösung uicht
gebilligt und von den Neuwahlen nichts erwartet hatte. Nun hätte sich Graf
Posadowsky, der über die Grundsätze seiner Sozialpolitik mit dem Reichskanzler
nach wie vor einig war, gewiß trotz mancher Bedenken in die Lage gefunden, aber
er wurde bei der Eigentümlichkeit der Umstände, ohne es zu wollen und zum Teil
wohl auch ohne es zu wissen, das Werkzeug und die Hoffnung einer Fronde gegen
die neue Blockpolitik. Sorgfältig wurden in den Zeitungen alle kleinen Ab¬
weichungen seiner Anschauungen registriert, um daraus zu beweisen, daß Fürst
Bülow seine Politik gar nicht durchführen könne, weil sich Graf Posadowsky doch
stets auf das Zentrum stützen müsse. Wie weit Gegner des Fürsten Bülow außer¬
dem noch in der Stille und hinter den Kulissen geschäftig waren, den Gegensatz
der beiden Staatsmänner größer erscheinen zu lassen, als er wirklich war, und
politische Kreise glauben zu machen, Graf Posadowsky könne vielleicht den Fürsten
Bülow ersetzen, entzieht sich der öffentlichen Beurteilung und Nachprüfung. Tat¬
sache ist nur, daß sich dem Fürsten Bülow allmählich die Überzeugung aufdrängen
mußte, daß der Rücktritt des Grafen Posadowsky eine der Voraussetzungen sei,
wenn er der Welt beweisen wollte, daß er die Zügel wirklich in der Hand habe.

Dazu kam der Mißklang zwischen Reichspolitik und preußischer Politik, den
die Liberalen mit wachsender Unruhe, die Klerikalen mit Spott und Hohn ver¬
merkten. Hier lag die schwerste Gefahr für die Blockpolitik, und im preußischen
Ministerium saß ein Mann, der für diese Gefahr völlig unempfindlich schien. Das
Auftreten des Herrn von Stube im Abgeordnetenhause wurde von den Liberalen,
— wenn auch wohl nicht ganz mit Recht — dahin gedeutet, als wolle er sie in
einem Sinne provozieren, der die Blockpolitik direkt durchkreuzen, ihre Festigkeit
mindestens stark in Frage stellen mußte. So galt der Minister als Träger einer
Politik, die mit der im Reich eingeschlagnen Richtung schlechterdings unvereinbar
war. Es war überdies allgemein bekannt, daß sich gerade Herr von Stube der
besondern persönlichen Wertschätzung des Monarchen erfreute.

Hiernach waren für den Fürsten Bülow die Erfordernisse der Lage gegeben.
Nur die Entlassung der beiden Minister konnte eine Klärung bringen, wie er sie
brauchte. Nur ein Ministerwechsel, der die persönliche Entscheidung des Königs ent¬
hielt, konnte zugleich den unumstößlichen Beweis liefern, daß die Politik des Kanzlers


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0054" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302756"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_217"> Nun galt es die zweite der beiden Aufgaben zu lösen, die für den Reichs¬<lb/>
kanzler nach unsrer Meinung eine Notwendigkeit waren. Dies um so mehr, als<lb/>
das Zentrum nach seiner Niederlage sehr richtig erkannt hatte, daß die ganze Reichs¬<lb/>
tagsauflösung vergeblich bleiben werde, so lange er nicht auch den andern Teil<lb/>
seines Plans verwirklicht hatte, das heißt den Beweis geliefert hatte, daß er der<lb/>
wirkliche und alleinige Führer auf dem angekündigten Wege sei und die Zustim¬<lb/>
mung des Kaisers für sich habe. Für den Fürsten Bülow gestaltete sich die Lage<lb/>
geradezu gefährlich, wenn er auf halbem Wege stehn blieb. Denn die erbitterten<lb/>
Gegner hatten mit Scharfblick die beiden schwachen Punkte erkannt, gegen die sie<lb/>
ihr Geschütz richten konnten. Der eine schwache Punkt war die Schwierigkeit, den<lb/>
bisherigen Kurs in der Sozialpolitik ohne das Zentrum beizubehalten, der andre<lb/>
lag in dem Verhältnis der Reichspolitik zur preußischen. Hier waren allerdings<lb/>
Schwierigkeiten zu überwinden, die aber keine unübersteiglichen Hindernisse waren,<lb/>
sobald nur der Reichskanzler einen entschiednen Beweis seiner vollen Entschlossen¬<lb/>
heit in dieser Richtung lieferte. Das Zentrum jedoch benutzte jedes kleine Symptom,<lb/>
um Zweifel an dieser Entschlossenheit zu erregen und zu befestigen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_218"> Unter solchen Umständen geschah es, daß der Hauptträger der Sozialpolitik<lb/>
des Reichs, Graf Posadowsky, leider bei verschiednen Gelegenheiten allzu deutlich<lb/>
merken ließ, daß er der neuen Parteikonstellation in kritischer Stimmung gegenüber¬<lb/>
stand, wie es denn bekannt genug war, daß er die Reichstagsauflösung uicht<lb/>
gebilligt und von den Neuwahlen nichts erwartet hatte. Nun hätte sich Graf<lb/>
Posadowsky, der über die Grundsätze seiner Sozialpolitik mit dem Reichskanzler<lb/>
nach wie vor einig war, gewiß trotz mancher Bedenken in die Lage gefunden, aber<lb/>
er wurde bei der Eigentümlichkeit der Umstände, ohne es zu wollen und zum Teil<lb/>
wohl auch ohne es zu wissen, das Werkzeug und die Hoffnung einer Fronde gegen<lb/>
die neue Blockpolitik. Sorgfältig wurden in den Zeitungen alle kleinen Ab¬<lb/>
weichungen seiner Anschauungen registriert, um daraus zu beweisen, daß Fürst<lb/>
Bülow seine Politik gar nicht durchführen könne, weil sich Graf Posadowsky doch<lb/>
stets auf das Zentrum stützen müsse. Wie weit Gegner des Fürsten Bülow außer¬<lb/>
dem noch in der Stille und hinter den Kulissen geschäftig waren, den Gegensatz<lb/>
der beiden Staatsmänner größer erscheinen zu lassen, als er wirklich war, und<lb/>
politische Kreise glauben zu machen, Graf Posadowsky könne vielleicht den Fürsten<lb/>
Bülow ersetzen, entzieht sich der öffentlichen Beurteilung und Nachprüfung. Tat¬<lb/>
sache ist nur, daß sich dem Fürsten Bülow allmählich die Überzeugung aufdrängen<lb/>
mußte, daß der Rücktritt des Grafen Posadowsky eine der Voraussetzungen sei,<lb/>
wenn er der Welt beweisen wollte, daß er die Zügel wirklich in der Hand habe.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_219"> Dazu kam der Mißklang zwischen Reichspolitik und preußischer Politik, den<lb/>
die Liberalen mit wachsender Unruhe, die Klerikalen mit Spott und Hohn ver¬<lb/>
merkten. Hier lag die schwerste Gefahr für die Blockpolitik, und im preußischen<lb/>
Ministerium saß ein Mann, der für diese Gefahr völlig unempfindlich schien. Das<lb/>
Auftreten des Herrn von Stube im Abgeordnetenhause wurde von den Liberalen,<lb/>
&#x2014; wenn auch wohl nicht ganz mit Recht &#x2014; dahin gedeutet, als wolle er sie in<lb/>
einem Sinne provozieren, der die Blockpolitik direkt durchkreuzen, ihre Festigkeit<lb/>
mindestens stark in Frage stellen mußte. So galt der Minister als Träger einer<lb/>
Politik, die mit der im Reich eingeschlagnen Richtung schlechterdings unvereinbar<lb/>
war. Es war überdies allgemein bekannt, daß sich gerade Herr von Stube der<lb/>
besondern persönlichen Wertschätzung des Monarchen erfreute.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_220" next="#ID_221"> Hiernach waren für den Fürsten Bülow die Erfordernisse der Lage gegeben.<lb/>
Nur die Entlassung der beiden Minister konnte eine Klärung bringen, wie er sie<lb/>
brauchte. Nur ein Ministerwechsel, der die persönliche Entscheidung des Königs ent¬<lb/>
hielt, konnte zugleich den unumstößlichen Beweis liefern, daß die Politik des Kanzlers</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0054] Maßgebliches und Unmaßgebliches Nun galt es die zweite der beiden Aufgaben zu lösen, die für den Reichs¬ kanzler nach unsrer Meinung eine Notwendigkeit waren. Dies um so mehr, als das Zentrum nach seiner Niederlage sehr richtig erkannt hatte, daß die ganze Reichs¬ tagsauflösung vergeblich bleiben werde, so lange er nicht auch den andern Teil seines Plans verwirklicht hatte, das heißt den Beweis geliefert hatte, daß er der wirkliche und alleinige Führer auf dem angekündigten Wege sei und die Zustim¬ mung des Kaisers für sich habe. Für den Fürsten Bülow gestaltete sich die Lage geradezu gefährlich, wenn er auf halbem Wege stehn blieb. Denn die erbitterten Gegner hatten mit Scharfblick die beiden schwachen Punkte erkannt, gegen die sie ihr Geschütz richten konnten. Der eine schwache Punkt war die Schwierigkeit, den bisherigen Kurs in der Sozialpolitik ohne das Zentrum beizubehalten, der andre lag in dem Verhältnis der Reichspolitik zur preußischen. Hier waren allerdings Schwierigkeiten zu überwinden, die aber keine unübersteiglichen Hindernisse waren, sobald nur der Reichskanzler einen entschiednen Beweis seiner vollen Entschlossen¬ heit in dieser Richtung lieferte. Das Zentrum jedoch benutzte jedes kleine Symptom, um Zweifel an dieser Entschlossenheit zu erregen und zu befestigen. Unter solchen Umständen geschah es, daß der Hauptträger der Sozialpolitik des Reichs, Graf Posadowsky, leider bei verschiednen Gelegenheiten allzu deutlich merken ließ, daß er der neuen Parteikonstellation in kritischer Stimmung gegenüber¬ stand, wie es denn bekannt genug war, daß er die Reichstagsauflösung uicht gebilligt und von den Neuwahlen nichts erwartet hatte. Nun hätte sich Graf Posadowsky, der über die Grundsätze seiner Sozialpolitik mit dem Reichskanzler nach wie vor einig war, gewiß trotz mancher Bedenken in die Lage gefunden, aber er wurde bei der Eigentümlichkeit der Umstände, ohne es zu wollen und zum Teil wohl auch ohne es zu wissen, das Werkzeug und die Hoffnung einer Fronde gegen die neue Blockpolitik. Sorgfältig wurden in den Zeitungen alle kleinen Ab¬ weichungen seiner Anschauungen registriert, um daraus zu beweisen, daß Fürst Bülow seine Politik gar nicht durchführen könne, weil sich Graf Posadowsky doch stets auf das Zentrum stützen müsse. Wie weit Gegner des Fürsten Bülow außer¬ dem noch in der Stille und hinter den Kulissen geschäftig waren, den Gegensatz der beiden Staatsmänner größer erscheinen zu lassen, als er wirklich war, und politische Kreise glauben zu machen, Graf Posadowsky könne vielleicht den Fürsten Bülow ersetzen, entzieht sich der öffentlichen Beurteilung und Nachprüfung. Tat¬ sache ist nur, daß sich dem Fürsten Bülow allmählich die Überzeugung aufdrängen mußte, daß der Rücktritt des Grafen Posadowsky eine der Voraussetzungen sei, wenn er der Welt beweisen wollte, daß er die Zügel wirklich in der Hand habe. Dazu kam der Mißklang zwischen Reichspolitik und preußischer Politik, den die Liberalen mit wachsender Unruhe, die Klerikalen mit Spott und Hohn ver¬ merkten. Hier lag die schwerste Gefahr für die Blockpolitik, und im preußischen Ministerium saß ein Mann, der für diese Gefahr völlig unempfindlich schien. Das Auftreten des Herrn von Stube im Abgeordnetenhause wurde von den Liberalen, — wenn auch wohl nicht ganz mit Recht — dahin gedeutet, als wolle er sie in einem Sinne provozieren, der die Blockpolitik direkt durchkreuzen, ihre Festigkeit mindestens stark in Frage stellen mußte. So galt der Minister als Träger einer Politik, die mit der im Reich eingeschlagnen Richtung schlechterdings unvereinbar war. Es war überdies allgemein bekannt, daß sich gerade Herr von Stube der besondern persönlichen Wertschätzung des Monarchen erfreute. Hiernach waren für den Fürsten Bülow die Erfordernisse der Lage gegeben. Nur die Entlassung der beiden Minister konnte eine Klärung bringen, wie er sie brauchte. Nur ein Ministerwechsel, der die persönliche Entscheidung des Königs ent¬ hielt, konnte zugleich den unumstößlichen Beweis liefern, daß die Politik des Kanzlers

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/54
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/54>, abgerufen am 01.09.2024.