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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.

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Die christlichen Gewerkschaften in den Jahren und ^9^?

Verbände haben drei-, viermal und noch mehr Mitglieder aufzuweisen. Etwas
verspätet kommt der Entschluß, den Ursachen nachzuspüren. Das hätte schon
längst geschehen müssen, da doch dieser Mitgliederwechsel schon seit Jahren
anhält!

Stark zurückgegangen ist die Mitgliederzahl der deutschen Eisenbahnhand¬
werker von 48903 auf 41436, was also einem Verlust von 7467 Mitgliedern
gleichkommt. Dieser Rückgang soll mit dem "Allgemeinen Verband der Eisen-
bahnvereine der preußisch-hessischen Staatsbahnen und der Reichsbahnen" zu¬
sammenhängen, nach dessen Gründung es mit dem Trierschen Verbände immer
mehr rückwärts geht.

Trotzdem hält aber in den andern Verbänden das Wachstum der Mit¬
glieder stetig an, sodaß natürlich den sozialdemokratischen Gewerkschaften der
Aufschwung der christlichen unbequem wird. Dies illustrierte auch der General¬
sekretär Stegerwald in Köln, der auf dem sechsten christlichen Gewerkschaftskongreß
im vorigen Jahre an der Hand statistischer Ziffern nachwies, daß zum Beispiel
in der Textilindustrie und im Bergbau schon jetzt die sozialdemokratischen Ge¬
werkschaften für Lohnkämpfe auf Verständigungen mit den christlichen Organi¬
sationen angewiesen sind, wenn sie sich nicht von vornherein der Gefahr eines
erfolglosen Kampfes aussetzen wollen.

Gleichen Schritt mit der Mitgliederzunahme halten auch die finanziellen
Kräfte. Die Einnahmen betrugen insgesamt 3644865 Mark, die Aus¬
gaben 2977 733, der Kassenbestand 2613961 Mark. Auch hier haben die
Kassenverhältnisse eine wesentliche Steigerung erfahren, was die folgende Auf¬
stellung zeigt:

EinnahmenAusgabenKassenbestand
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Unter den Einnahmen ist die höchste Summe die der Beiträge, was nur
freudig zu begrüßen ist, denn vor nicht langer Zeit wurden noch von den
einzelnen Verbänden so minimale Beiträge erhoben, daß die Unkosten mitunter
kaum gedeckt werden konnten. Beispielweise betrugen die Einnahmen der Bei¬
träge im Jahre 1904 nur 799147 Mark, während sie im Jahre 1906 auf
3033217 Mark gestiegen sind. Von den einzelnen Verbänden erreichten die
höchsten Einnahmen an Aufnahmegebühren die Bauhandwerker mit 15069 Mark,
die Metallarbeiter mit 10522 Mark, die Hilfs- und Transportarbeiter mit
7004 Mark; an Beitrügen die Bergarbeiter mit 741445 Mark, die Vauhcmd-
werker mit 553644 Mark, die Metallarbeiter mit 460 996 Mark; an Extra¬
beiträgen die Metallarbeiter mit 33253 Mark, die Textilarbeiter mit 25652 Mark,
die Bauhandwerker mit 23377 Mark; an sonstigen Einnahmen die Bergarbeiter


Die christlichen Gewerkschaften in den Jahren und ^9^?

Verbände haben drei-, viermal und noch mehr Mitglieder aufzuweisen. Etwas
verspätet kommt der Entschluß, den Ursachen nachzuspüren. Das hätte schon
längst geschehen müssen, da doch dieser Mitgliederwechsel schon seit Jahren
anhält!

Stark zurückgegangen ist die Mitgliederzahl der deutschen Eisenbahnhand¬
werker von 48903 auf 41436, was also einem Verlust von 7467 Mitgliedern
gleichkommt. Dieser Rückgang soll mit dem „Allgemeinen Verband der Eisen-
bahnvereine der preußisch-hessischen Staatsbahnen und der Reichsbahnen" zu¬
sammenhängen, nach dessen Gründung es mit dem Trierschen Verbände immer
mehr rückwärts geht.

Trotzdem hält aber in den andern Verbänden das Wachstum der Mit¬
glieder stetig an, sodaß natürlich den sozialdemokratischen Gewerkschaften der
Aufschwung der christlichen unbequem wird. Dies illustrierte auch der General¬
sekretär Stegerwald in Köln, der auf dem sechsten christlichen Gewerkschaftskongreß
im vorigen Jahre an der Hand statistischer Ziffern nachwies, daß zum Beispiel
in der Textilindustrie und im Bergbau schon jetzt die sozialdemokratischen Ge¬
werkschaften für Lohnkämpfe auf Verständigungen mit den christlichen Organi¬
sationen angewiesen sind, wenn sie sich nicht von vornherein der Gefahr eines
erfolglosen Kampfes aussetzen wollen.

Gleichen Schritt mit der Mitgliederzunahme halten auch die finanziellen
Kräfte. Die Einnahmen betrugen insgesamt 3644865 Mark, die Aus¬
gaben 2977 733, der Kassenbestand 2613961 Mark. Auch hier haben die
Kassenverhältnisse eine wesentliche Steigerung erfahren, was die folgende Auf¬
stellung zeigt:

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Unter den Einnahmen ist die höchste Summe die der Beiträge, was nur
freudig zu begrüßen ist, denn vor nicht langer Zeit wurden noch von den
einzelnen Verbänden so minimale Beiträge erhoben, daß die Unkosten mitunter
kaum gedeckt werden konnten. Beispielweise betrugen die Einnahmen der Bei¬
träge im Jahre 1904 nur 799147 Mark, während sie im Jahre 1906 auf
3033217 Mark gestiegen sind. Von den einzelnen Verbänden erreichten die
höchsten Einnahmen an Aufnahmegebühren die Bauhandwerker mit 15069 Mark,
die Metallarbeiter mit 10522 Mark, die Hilfs- und Transportarbeiter mit
7004 Mark; an Beitrügen die Bergarbeiter mit 741445 Mark, die Vauhcmd-
werker mit 553644 Mark, die Metallarbeiter mit 460 996 Mark; an Extra¬
beiträgen die Metallarbeiter mit 33253 Mark, die Textilarbeiter mit 25652 Mark,
die Bauhandwerker mit 23377 Mark; an sonstigen Einnahmen die Bergarbeiter


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/335>, abgerufen am 12.12.2024.