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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.

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Zur Vorgeschichte des Burenkrieges

nach dem die Farbigen zur Arbeit angehalten wurden. Die Engländer trieben,
um die Kaffern zur Arbeit zu nötigen, eine Hüttensteuer von einem Pfund
für jeden erwachsnen männlichen Bewohner der Hütte ein. Die Kaffern aber,
die ihre Weiber als Arbeitstiere behandelten, bürdeten auch noch die hierdurch
notwendig gewordne Mehrarbeit den Weibern auf und blieben so faul wie
vorher. Die Buren dagegen zogen die Farbigen auf dreierlei Weise zur
Arbeit heran. Die Häuptlinge mußten für das ihren Stämmen überlassene
Land jährlich eine bestimmte Anzahl männliche Arbeiter stellen. Ferner ver¬
pachteten einzelne Buren an Farbige Land und ließen sich durch Hilfe bei der
Arbeit zur Erntezeit, oder wo es sonst nötig war, bezahlen. Drittens wurden
mittellose Kaffern, Waisen und verlassene Kinder auf eine Reihe von Jahren,
unter Aufsicht der Lokalbehörden, bei Buren untergebracht. Diese "Einge¬
schriebnen" (Jngebookten) wurden nach Theal beinahe ausnahmslos gut be¬
handelt. Sie bekamen Kleidung, Kost und Wohnung und gelegentliche Ge¬
schenke in Geld oder Vieh. Wenn man das, schreibt Leyds, Zwangsarbeit
nennen will, so ist es doch keine andre als die den Insassen der englischen
Arbeitshäuser auferlegte, die über die Lebensnotdurst hinaus weder Geschenke
noch Lohn erhalten.

Die Buren ließen sich die Annexion vorläufig gefallen, weil sie ihre
Freiheit auf dem Wege der Verhandlungen mit der britischen Regierung wieder
zu gewinnen hofften. Diese Hoffnung schlug fehl; sie griffen 1880 zu den
Waffen, und da das Kapland von den Zulu bedrängt wurde, so gab ihnen
die englische Regierung in dem Vertrage vom 27. Februar 1884 ihre Unab¬
hängigkeit zurück mit der geringen Einschränkung, daß England ein Einspruchs¬
recht gegen Vertrüge Transvaals mit auswärtigen Mächten zustehen solle.
Vor der Erhebung hatten sie dem Hohen Kommissar (Sir Henry Bartle Frere)
folgenden Beschluß übersandt:

In Gegenwart des Allmächtigen, des Kenners aller Herzen, dessen gnädige
Hilfe wir erflehen, haben wir Bürger der südafrikanischen Republik feierlichst be¬
schlossen, wie wir jetzt von neuem beschließen, für uns selbst und unsre Kinder
einen geheiligten Bund zu errichten, den wir mit feierlichem Eide bekräftigen. Vor
vierzig Jahren flohen unsre Väter aus der Kapkolonie, um ein freies und unab¬
hängiges Volk zu werden. Diese vierzig Jahre waren vierzig Leidens- und
Schmerzensjahre. Wir gründeten Natal, den Orcmjefreistciat und die Südafrikanische
Republik. Dreimal hat die englische Regierung unsre Freiheit mit Füßen getreten
und die Flagge am Boden geschleift, die unsre Väter mit ihrem Blut und ihren
Tränen getauft haben. Unsre freie Republik wurde uns von einem Diebe in der
Nacht gestohlen. Das können und wollen wir nicht ertragen. Es ist Gottes Wille,
und es ist uns durch die Ehrfurcht vor unsern Vätern und die Liebe zu unsern
Kindern geboten, daß wir den Kindern das Erbe der Väter unverkürzt übergeben.
Zu diesem Zweck kommen wir hier zusammen und reichen einander die Rechte als
Männer und Brüder, mit dem feierlichen Versprechen, unserm Land und unserm
Volke treu zu bleiben und mit zu Gott gerichtetem Blicke nach Wiedererlangung
der Freiheit unsrer Republik bis zum Tode zu streben.


Zur Vorgeschichte des Burenkrieges

nach dem die Farbigen zur Arbeit angehalten wurden. Die Engländer trieben,
um die Kaffern zur Arbeit zu nötigen, eine Hüttensteuer von einem Pfund
für jeden erwachsnen männlichen Bewohner der Hütte ein. Die Kaffern aber,
die ihre Weiber als Arbeitstiere behandelten, bürdeten auch noch die hierdurch
notwendig gewordne Mehrarbeit den Weibern auf und blieben so faul wie
vorher. Die Buren dagegen zogen die Farbigen auf dreierlei Weise zur
Arbeit heran. Die Häuptlinge mußten für das ihren Stämmen überlassene
Land jährlich eine bestimmte Anzahl männliche Arbeiter stellen. Ferner ver¬
pachteten einzelne Buren an Farbige Land und ließen sich durch Hilfe bei der
Arbeit zur Erntezeit, oder wo es sonst nötig war, bezahlen. Drittens wurden
mittellose Kaffern, Waisen und verlassene Kinder auf eine Reihe von Jahren,
unter Aufsicht der Lokalbehörden, bei Buren untergebracht. Diese „Einge¬
schriebnen" (Jngebookten) wurden nach Theal beinahe ausnahmslos gut be¬
handelt. Sie bekamen Kleidung, Kost und Wohnung und gelegentliche Ge¬
schenke in Geld oder Vieh. Wenn man das, schreibt Leyds, Zwangsarbeit
nennen will, so ist es doch keine andre als die den Insassen der englischen
Arbeitshäuser auferlegte, die über die Lebensnotdurst hinaus weder Geschenke
noch Lohn erhalten.

Die Buren ließen sich die Annexion vorläufig gefallen, weil sie ihre
Freiheit auf dem Wege der Verhandlungen mit der britischen Regierung wieder
zu gewinnen hofften. Diese Hoffnung schlug fehl; sie griffen 1880 zu den
Waffen, und da das Kapland von den Zulu bedrängt wurde, so gab ihnen
die englische Regierung in dem Vertrage vom 27. Februar 1884 ihre Unab¬
hängigkeit zurück mit der geringen Einschränkung, daß England ein Einspruchs¬
recht gegen Vertrüge Transvaals mit auswärtigen Mächten zustehen solle.
Vor der Erhebung hatten sie dem Hohen Kommissar (Sir Henry Bartle Frere)
folgenden Beschluß übersandt:

In Gegenwart des Allmächtigen, des Kenners aller Herzen, dessen gnädige
Hilfe wir erflehen, haben wir Bürger der südafrikanischen Republik feierlichst be¬
schlossen, wie wir jetzt von neuem beschließen, für uns selbst und unsre Kinder
einen geheiligten Bund zu errichten, den wir mit feierlichem Eide bekräftigen. Vor
vierzig Jahren flohen unsre Väter aus der Kapkolonie, um ein freies und unab¬
hängiges Volk zu werden. Diese vierzig Jahre waren vierzig Leidens- und
Schmerzensjahre. Wir gründeten Natal, den Orcmjefreistciat und die Südafrikanische
Republik. Dreimal hat die englische Regierung unsre Freiheit mit Füßen getreten
und die Flagge am Boden geschleift, die unsre Väter mit ihrem Blut und ihren
Tränen getauft haben. Unsre freie Republik wurde uns von einem Diebe in der
Nacht gestohlen. Das können und wollen wir nicht ertragen. Es ist Gottes Wille,
und es ist uns durch die Ehrfurcht vor unsern Vätern und die Liebe zu unsern
Kindern geboten, daß wir den Kindern das Erbe der Väter unverkürzt übergeben.
Zu diesem Zweck kommen wir hier zusammen und reichen einander die Rechte als
Männer und Brüder, mit dem feierlichen Versprechen, unserm Land und unserm
Volke treu zu bleiben und mit zu Gott gerichtetem Blicke nach Wiedererlangung
der Freiheit unsrer Republik bis zum Tode zu streben.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/251>, abgerufen am 12.12.2024.