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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.

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Nochmals der höhere Verwaltungsdienst in Preußen

Soll er daneben noch etwas andres treiben, dann wird er sich zersplittern. Und
dann kann die Tätigkeit beim Landrat den Referendar gar nicht in dem wünschens¬
werten Maße mit dem praktischen Leben in Berührung bringen, wie ich schon
in meinem ersten Artikel behauptet habe und nun auch das Herrenhausmitglied
Dr. von Burgsdorf mit Zustimmung des Ministers des Innern bestätigt hat.*)
Dr. von Burgsdorf verlangte deshalb, daß die Referendare während der
Landratszeit auch bei Amts- und Gomeindevorstehern beschäftigt würden. Aber
dagegen spricht neben dem eben erwähnten grundsätzlichen Bedenken das praktische,
daß dadurch die Beschäftigung beim Landrat selbst wiederum verkürzt werden
muß, wenn die Tätigkeit bei den untern Behörden Nutzen bringen soll.

Erfreulich ist, daß die Ausbildung der Regierungsreferendare in Zukunft
unter der Oberaufsicht, und soweit sie sich bei der Negierung selbst vollzieht,
auch uyter der unmittelbaren Leitung eines ein für allemal bestimmten Re¬
gierungsmitglieds stehen soll, dessen Aufgabe ist, "die Tätigkeit der Referendare
zu überwachen und durch regelmäßige Abhaltung von Übungen und Kursen ihre
praktische Schulung und wissenschaftliche Fortbildung auf dem Gebiete des
Staats- und Verwaltungsrechts sowie der Volks- und Staatswirtschaftslehre
zu fördern". Diese Maßnahme ist ein bedeutender Fortschritt, der einen wesent¬
lichen Mangel des bisherigen Zustands beseitigt und eine Forderung in meinem
ersten Artikel erfüllt. Gegen einzelnes habe ich allerdings verschiedne Bedenken.

Die Kurse und Übungen, die der Mentor unsrer Referendare abzuhalten
hat, sollen die wissenschaftliche Fortbildung auf Gebieten fördern, mit denen
sich der Durchschnittsstudent entweder überhaupt nicht oder nur ganz oberflächlich
beschäftigt. In Wirklichkeit wird es sich bei jenen Kursen und Übungen also
nicht um eine Fortbildung, sondern um die erste Beschäftigung mit jenen
Gegenständen, also um Ausbildung handeln.

Der Leiter der Kurse tritt so an die Stelle des Universitätslehrers,
oder richtiger zweier solcher Lehrer, des Staats- und Verwaltungsrechtlers
und des Nationalökonomen. Das steht nun aber wieder in einem für mich
wenigstens unentwirrbaren Widerspruch mit dem Ausgangspunkt der ganzen
Reform. Diese soll, wie ich schon erwähnt habe, namentlich auch eine bessere
wissenschaftliche Ausbildung sichern. Nach den Ausführungen der Vertreter der
Königlichen Staatsregierung bei den Verhandlungen im Landtag haben sich
die Verwaltungsbeamten bisher nach Abschluß der praktischen Tätigkeit bei
einem gewerbsmäßigen Repetitor in Berlin rein gedächtnismäßig das für die
Schlußprüfung nötige Wissen "eingepaukt". Das soll nun anders werden, das
^"^en soll ersetzt werden durch planmäßige wissenschaftliche Arbeit. In
Wirklichkeit hat nun von den beiden Männern, denen die meisten der nach dem
Gesetz von 1879 ausgebildeten höhern Verwaltungsbeamten ihre Vorbereitung
auf die zweite Prüfung zu danken haben, der eine überhaupt nicht, der andre



*) Stenographische Berichte des Herrenhauses 1906/06, S. 57.
Grenzboten III 190723
Nochmals der höhere Verwaltungsdienst in Preußen

Soll er daneben noch etwas andres treiben, dann wird er sich zersplittern. Und
dann kann die Tätigkeit beim Landrat den Referendar gar nicht in dem wünschens¬
werten Maße mit dem praktischen Leben in Berührung bringen, wie ich schon
in meinem ersten Artikel behauptet habe und nun auch das Herrenhausmitglied
Dr. von Burgsdorf mit Zustimmung des Ministers des Innern bestätigt hat.*)
Dr. von Burgsdorf verlangte deshalb, daß die Referendare während der
Landratszeit auch bei Amts- und Gomeindevorstehern beschäftigt würden. Aber
dagegen spricht neben dem eben erwähnten grundsätzlichen Bedenken das praktische,
daß dadurch die Beschäftigung beim Landrat selbst wiederum verkürzt werden
muß, wenn die Tätigkeit bei den untern Behörden Nutzen bringen soll.

Erfreulich ist, daß die Ausbildung der Regierungsreferendare in Zukunft
unter der Oberaufsicht, und soweit sie sich bei der Negierung selbst vollzieht,
auch uyter der unmittelbaren Leitung eines ein für allemal bestimmten Re¬
gierungsmitglieds stehen soll, dessen Aufgabe ist, „die Tätigkeit der Referendare
zu überwachen und durch regelmäßige Abhaltung von Übungen und Kursen ihre
praktische Schulung und wissenschaftliche Fortbildung auf dem Gebiete des
Staats- und Verwaltungsrechts sowie der Volks- und Staatswirtschaftslehre
zu fördern". Diese Maßnahme ist ein bedeutender Fortschritt, der einen wesent¬
lichen Mangel des bisherigen Zustands beseitigt und eine Forderung in meinem
ersten Artikel erfüllt. Gegen einzelnes habe ich allerdings verschiedne Bedenken.

Die Kurse und Übungen, die der Mentor unsrer Referendare abzuhalten
hat, sollen die wissenschaftliche Fortbildung auf Gebieten fördern, mit denen
sich der Durchschnittsstudent entweder überhaupt nicht oder nur ganz oberflächlich
beschäftigt. In Wirklichkeit wird es sich bei jenen Kursen und Übungen also
nicht um eine Fortbildung, sondern um die erste Beschäftigung mit jenen
Gegenständen, also um Ausbildung handeln.

Der Leiter der Kurse tritt so an die Stelle des Universitätslehrers,
oder richtiger zweier solcher Lehrer, des Staats- und Verwaltungsrechtlers
und des Nationalökonomen. Das steht nun aber wieder in einem für mich
wenigstens unentwirrbaren Widerspruch mit dem Ausgangspunkt der ganzen
Reform. Diese soll, wie ich schon erwähnt habe, namentlich auch eine bessere
wissenschaftliche Ausbildung sichern. Nach den Ausführungen der Vertreter der
Königlichen Staatsregierung bei den Verhandlungen im Landtag haben sich
die Verwaltungsbeamten bisher nach Abschluß der praktischen Tätigkeit bei
einem gewerbsmäßigen Repetitor in Berlin rein gedächtnismäßig das für die
Schlußprüfung nötige Wissen „eingepaukt". Das soll nun anders werden, das
^"^en soll ersetzt werden durch planmäßige wissenschaftliche Arbeit. In
Wirklichkeit hat nun von den beiden Männern, denen die meisten der nach dem
Gesetz von 1879 ausgebildeten höhern Verwaltungsbeamten ihre Vorbereitung
auf die zweite Prüfung zu danken haben, der eine überhaupt nicht, der andre



*) Stenographische Berichte des Herrenhauses 1906/06, S. 57.
Grenzboten III 190723
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/177>, abgerufen am 12.12.2024.