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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.

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Nochmals der höhere Verwaltungsdienst in Preußen

Entwürfe von 1903 und 1905 hören ließen, auf diesem Standpunkte. Da der
Einfluß der Juristen in den Parlamenten sehr groß ist, so kann diesen Be¬
strebungen nunmehr, wo für sie durch das neue Gesetz ein so günstiger Boden
bereitet ist, der Erfolg gar nicht fehlen. Ich sehe jedenfalls sehr schwarz, wenn
es nicht gelingen sollte, den drohenden Schlag rechtzeitig abzuwehren.

Wer wissen will, wie alles dieses auf einen Verwaltungsbeamten einwirken
muß, lese einmal in dem zweiten Abschnitt dieses Artikels (Seite 336) nach,
was die Regierung schon Mitte der siebziger Jahre gegen die Besetzung der
höhern Verwaltungsbehörden mit Juristen alles einzuwenden hatte. Der er¬
innere sich der kräftigen Worte, die die Begründung des Entwurfs von 1903
gegen die Verwendung einseitiger Juristen in der Verwaltung zu sagen wußte.*)
Der berücksichtige, daß die Verhandlungen über den Entwurf von 1905 in
allen Abschnitten auf denselben Ton gestimmt waren: die Begründung des
Entwurfs führt in dreizehn Zeilen aus. daß die einseitige juristische Ausbildung
der Juristen unter den gegenwärtigen Verhältnissen ihre Übernahme in die
Verwaltung nicht mehr ratsam mache. Dasselbe klang aus den Erklärungen
der Regierungsvertreter in den Plenar- und Kommissionsberatungen und aus
den Ausführungen fast aller Redner aus dem Landtag heraus. Besonders
lebhaft betonte der frühere Oberlandesgerichtspräsident Hamm die Unzuläng¬
lichkeit der juristischen Vorbildung für die Verwaltungstätigkeit. Der Landes¬
hauptmann von Dziembowski brachte aus seinen Erfahrungen als Leiter der
Kommunalverwaltung der Provinz Posen Belege dafür bei, wie schwer es
sogar ausgesucht tüchtigen Juristen falle, sich in dem beschränkten Kreise der Ver¬
waltung eines Provinzialverbandes nur einigermaßen zurechtzufinden. Ein Mit¬
glied des Abgeordnetenhauses erzählte, daß sich nach den Mitteilungen berufner
Männer, von denen er den verstorbnen Minister Herrfurth nannte, die Leistungen
der Regierungen nach der Wiedereinführung einer besondern Verwaltungsaus¬
bildung wesentlich gebessert Hütten. Kurz, man war auch jetzt wieder darin
einig, daß der Jurist für die Verwaltung unbrauchbar sei, und dennoch machte
man ihm wieder so und so viele neue Türen dorthin auf. Soll man da weinen
oder lachen?

Die Vorschriften des Gesetzes vom 10. August 1906 über die Ausbildung
der eigentlichen Verwaltungsbeamten und die Ausführungsbestimmungen dazu
leiden an dem großen Mangel, daß sie die Studienzeit und das erste Examen
gar nicht berühren. Man hat dies damit begründet, daß einer solchen Reform
zurzett zu große Schwierigkeiten entgegenstünden; wir werden später sehen,
welcher Art diese Schwierigkeiten sind.

"5M übrigen sollen die neuen Vorschriften hauptsächlich eine bessere wissen¬
schaftliche Durchbildung der zukünftigen Verwaltungsbeamten sichern, und
zwar dadurch, daß die Ausbildung des Regierungsreferendars während seiner



Grenzboten 1903, Heft 4, S. 208.
Nochmals der höhere Verwaltungsdienst in Preußen

Entwürfe von 1903 und 1905 hören ließen, auf diesem Standpunkte. Da der
Einfluß der Juristen in den Parlamenten sehr groß ist, so kann diesen Be¬
strebungen nunmehr, wo für sie durch das neue Gesetz ein so günstiger Boden
bereitet ist, der Erfolg gar nicht fehlen. Ich sehe jedenfalls sehr schwarz, wenn
es nicht gelingen sollte, den drohenden Schlag rechtzeitig abzuwehren.

Wer wissen will, wie alles dieses auf einen Verwaltungsbeamten einwirken
muß, lese einmal in dem zweiten Abschnitt dieses Artikels (Seite 336) nach,
was die Regierung schon Mitte der siebziger Jahre gegen die Besetzung der
höhern Verwaltungsbehörden mit Juristen alles einzuwenden hatte. Der er¬
innere sich der kräftigen Worte, die die Begründung des Entwurfs von 1903
gegen die Verwendung einseitiger Juristen in der Verwaltung zu sagen wußte.*)
Der berücksichtige, daß die Verhandlungen über den Entwurf von 1905 in
allen Abschnitten auf denselben Ton gestimmt waren: die Begründung des
Entwurfs führt in dreizehn Zeilen aus. daß die einseitige juristische Ausbildung
der Juristen unter den gegenwärtigen Verhältnissen ihre Übernahme in die
Verwaltung nicht mehr ratsam mache. Dasselbe klang aus den Erklärungen
der Regierungsvertreter in den Plenar- und Kommissionsberatungen und aus
den Ausführungen fast aller Redner aus dem Landtag heraus. Besonders
lebhaft betonte der frühere Oberlandesgerichtspräsident Hamm die Unzuläng¬
lichkeit der juristischen Vorbildung für die Verwaltungstätigkeit. Der Landes¬
hauptmann von Dziembowski brachte aus seinen Erfahrungen als Leiter der
Kommunalverwaltung der Provinz Posen Belege dafür bei, wie schwer es
sogar ausgesucht tüchtigen Juristen falle, sich in dem beschränkten Kreise der Ver¬
waltung eines Provinzialverbandes nur einigermaßen zurechtzufinden. Ein Mit¬
glied des Abgeordnetenhauses erzählte, daß sich nach den Mitteilungen berufner
Männer, von denen er den verstorbnen Minister Herrfurth nannte, die Leistungen
der Regierungen nach der Wiedereinführung einer besondern Verwaltungsaus¬
bildung wesentlich gebessert Hütten. Kurz, man war auch jetzt wieder darin
einig, daß der Jurist für die Verwaltung unbrauchbar sei, und dennoch machte
man ihm wieder so und so viele neue Türen dorthin auf. Soll man da weinen
oder lachen?

Die Vorschriften des Gesetzes vom 10. August 1906 über die Ausbildung
der eigentlichen Verwaltungsbeamten und die Ausführungsbestimmungen dazu
leiden an dem großen Mangel, daß sie die Studienzeit und das erste Examen
gar nicht berühren. Man hat dies damit begründet, daß einer solchen Reform
zurzett zu große Schwierigkeiten entgegenstünden; wir werden später sehen,
welcher Art diese Schwierigkeiten sind.

"5M übrigen sollen die neuen Vorschriften hauptsächlich eine bessere wissen¬
schaftliche Durchbildung der zukünftigen Verwaltungsbeamten sichern, und
zwar dadurch, daß die Ausbildung des Regierungsreferendars während seiner



Grenzboten 1903, Heft 4, S. 208.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/175>, abgerufen am 12.12.2024.