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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.

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Die evangelischen Deutschen im Auslande

Schulgeld, da die Mönche keinen Gehalt beziehen, während die evangelischen
Schulen natürlich ihre Lehrer besolden und deshalb auch Schulgeld erheben
müssen. Trotzdem ist es durch eine Verkettung unglücklicher Umstände bisweilen
vorgekommen, daß an demselben Orte evangelische Schulen keinen Neichszuschuß,
dagegen Ordensschulen einen solchen erhielten. Daß auch die kirchliche Ent¬
wicklung der evangelischen Auslandsdeutschen durch den Einfluß, den die ultra¬
montanen Ordensschulen ausüben, schwer geschädigt wird, liegt auf der Hand.
Um so freudiger ist es zu begrüßen, daß jetzt die finanzielle Unterstützung der
Diasporagemeinden so viel besser sein wird als bisher.

Es ist ein großes Verdienst des Präsidenten Voigts, daß er die mannig¬
fachen und dringenden Bedürfnisse der evangelischen Auslandsgemeinden so klar
erkannt hat, wie es aus seinem Runderlaß an die Konsistorien hervorgeht.
Danach stehen etwa 150 Kirchengemeinden außerhalb Deutschlands mit der
Landeskirche in Verbindung. Von diesen haben sich 101 Gemeinden der Landes¬
kirche förmlich angeschlossen und dadurch einen Anspruch auf finanzielle Unter¬
stützung erlangt. Bei einer Reihe weiterer Gemeinden find die Anschlu߬
verhandlungen im Gange. Die Wochenschrift Das Echo, das Organ der Deutschen
im Auslande, bringt fast in jeder Nummer eine Notiz über den Anschluß einer
weitern Gemeinde.

Viele von diesen angeschlossenen Auslandsgemeinden können die not¬
wendigsten kirchlichen Einrichtungen nur mit Hilfe dauernder Unterstützung aus
der Heimat aufrecht erhalten, teils weil sie zu arm sind, teils weil sich die
reichen kaufmännischen Mitglieder ganz vom kirchlichen Leben fern halten und
ihre Zugehörigkeit fast nur dadurch bekunden, daß sie ihre Kinder taufen lassen.
Das gehört nun einmal oft zu einem modernen 8öltmg,äöwg.ii! Und evangelische
Auslandsgemeinden, die sonst sehr wohl in der Lage wären, finanzielle Opfer
zu bringen, können lediglich wegen des gänzlichen Versagens der reichen Mit¬
glieder keine eignen Gotteshäuser errichten, während die Engländer und die
Amerikaner an denselben Orten seit Jahren eigne evangelische Kirchen besitzen.
Das für den Zusammenhalt der Gemeinde gerade unter den Verhältnissen der
latino-amerikanischen Länder besonders wichtige Pfarrhaus fehlt ebenfalls in
zahlreichen Fällen. Vor allem aber ist die Verbesserung der materiellen Lage
der Geistlichen in einer großen Zahl von Diasporagemeinden ein unaufschieb¬
bares Bedürfnis geworden.

Die in einzelnen Gebieten des Auslandes, wie zum Beispiel in Rio Grande
do Sui, in den La Plata-Staaten, in Chile, in den Vereinigten Staaten von
Amerika, in Großbritannien und in Rumänien bestehenden fynodalähnlichen Ver¬
bände der deutschen evangelischen Gemeinden bedürfen kräftiger finanzieller
Unterstützung, wenn aus ihnen der erstrebte festere Zusammenhalt des evange¬
lischen Deutschtums hervorgehn soll.

Große finanzielle Anforderungen stellen ferner die vom Reiche nicht ge¬
nügend unterstützten Gemeindeschulen, die Kinderheime, die Diakonissenanstalten


Die evangelischen Deutschen im Auslande

Schulgeld, da die Mönche keinen Gehalt beziehen, während die evangelischen
Schulen natürlich ihre Lehrer besolden und deshalb auch Schulgeld erheben
müssen. Trotzdem ist es durch eine Verkettung unglücklicher Umstände bisweilen
vorgekommen, daß an demselben Orte evangelische Schulen keinen Neichszuschuß,
dagegen Ordensschulen einen solchen erhielten. Daß auch die kirchliche Ent¬
wicklung der evangelischen Auslandsdeutschen durch den Einfluß, den die ultra¬
montanen Ordensschulen ausüben, schwer geschädigt wird, liegt auf der Hand.
Um so freudiger ist es zu begrüßen, daß jetzt die finanzielle Unterstützung der
Diasporagemeinden so viel besser sein wird als bisher.

Es ist ein großes Verdienst des Präsidenten Voigts, daß er die mannig¬
fachen und dringenden Bedürfnisse der evangelischen Auslandsgemeinden so klar
erkannt hat, wie es aus seinem Runderlaß an die Konsistorien hervorgeht.
Danach stehen etwa 150 Kirchengemeinden außerhalb Deutschlands mit der
Landeskirche in Verbindung. Von diesen haben sich 101 Gemeinden der Landes¬
kirche förmlich angeschlossen und dadurch einen Anspruch auf finanzielle Unter¬
stützung erlangt. Bei einer Reihe weiterer Gemeinden find die Anschlu߬
verhandlungen im Gange. Die Wochenschrift Das Echo, das Organ der Deutschen
im Auslande, bringt fast in jeder Nummer eine Notiz über den Anschluß einer
weitern Gemeinde.

Viele von diesen angeschlossenen Auslandsgemeinden können die not¬
wendigsten kirchlichen Einrichtungen nur mit Hilfe dauernder Unterstützung aus
der Heimat aufrecht erhalten, teils weil sie zu arm sind, teils weil sich die
reichen kaufmännischen Mitglieder ganz vom kirchlichen Leben fern halten und
ihre Zugehörigkeit fast nur dadurch bekunden, daß sie ihre Kinder taufen lassen.
Das gehört nun einmal oft zu einem modernen 8öltmg,äöwg.ii! Und evangelische
Auslandsgemeinden, die sonst sehr wohl in der Lage wären, finanzielle Opfer
zu bringen, können lediglich wegen des gänzlichen Versagens der reichen Mit¬
glieder keine eignen Gotteshäuser errichten, während die Engländer und die
Amerikaner an denselben Orten seit Jahren eigne evangelische Kirchen besitzen.
Das für den Zusammenhalt der Gemeinde gerade unter den Verhältnissen der
latino-amerikanischen Länder besonders wichtige Pfarrhaus fehlt ebenfalls in
zahlreichen Fällen. Vor allem aber ist die Verbesserung der materiellen Lage
der Geistlichen in einer großen Zahl von Diasporagemeinden ein unaufschieb¬
bares Bedürfnis geworden.

Die in einzelnen Gebieten des Auslandes, wie zum Beispiel in Rio Grande
do Sui, in den La Plata-Staaten, in Chile, in den Vereinigten Staaten von
Amerika, in Großbritannien und in Rumänien bestehenden fynodalähnlichen Ver¬
bände der deutschen evangelischen Gemeinden bedürfen kräftiger finanzieller
Unterstützung, wenn aus ihnen der erstrebte festere Zusammenhalt des evange¬
lischen Deutschtums hervorgehn soll.

Große finanzielle Anforderungen stellen ferner die vom Reiche nicht ge¬
nügend unterstützten Gemeindeschulen, die Kinderheime, die Diakonissenanstalten


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[0172] Die evangelischen Deutschen im Auslande Schulgeld, da die Mönche keinen Gehalt beziehen, während die evangelischen Schulen natürlich ihre Lehrer besolden und deshalb auch Schulgeld erheben müssen. Trotzdem ist es durch eine Verkettung unglücklicher Umstände bisweilen vorgekommen, daß an demselben Orte evangelische Schulen keinen Neichszuschuß, dagegen Ordensschulen einen solchen erhielten. Daß auch die kirchliche Ent¬ wicklung der evangelischen Auslandsdeutschen durch den Einfluß, den die ultra¬ montanen Ordensschulen ausüben, schwer geschädigt wird, liegt auf der Hand. Um so freudiger ist es zu begrüßen, daß jetzt die finanzielle Unterstützung der Diasporagemeinden so viel besser sein wird als bisher. Es ist ein großes Verdienst des Präsidenten Voigts, daß er die mannig¬ fachen und dringenden Bedürfnisse der evangelischen Auslandsgemeinden so klar erkannt hat, wie es aus seinem Runderlaß an die Konsistorien hervorgeht. Danach stehen etwa 150 Kirchengemeinden außerhalb Deutschlands mit der Landeskirche in Verbindung. Von diesen haben sich 101 Gemeinden der Landes¬ kirche förmlich angeschlossen und dadurch einen Anspruch auf finanzielle Unter¬ stützung erlangt. Bei einer Reihe weiterer Gemeinden find die Anschlu߬ verhandlungen im Gange. Die Wochenschrift Das Echo, das Organ der Deutschen im Auslande, bringt fast in jeder Nummer eine Notiz über den Anschluß einer weitern Gemeinde. Viele von diesen angeschlossenen Auslandsgemeinden können die not¬ wendigsten kirchlichen Einrichtungen nur mit Hilfe dauernder Unterstützung aus der Heimat aufrecht erhalten, teils weil sie zu arm sind, teils weil sich die reichen kaufmännischen Mitglieder ganz vom kirchlichen Leben fern halten und ihre Zugehörigkeit fast nur dadurch bekunden, daß sie ihre Kinder taufen lassen. Das gehört nun einmal oft zu einem modernen 8öltmg,äöwg.ii! Und evangelische Auslandsgemeinden, die sonst sehr wohl in der Lage wären, finanzielle Opfer zu bringen, können lediglich wegen des gänzlichen Versagens der reichen Mit¬ glieder keine eignen Gotteshäuser errichten, während die Engländer und die Amerikaner an denselben Orten seit Jahren eigne evangelische Kirchen besitzen. Das für den Zusammenhalt der Gemeinde gerade unter den Verhältnissen der latino-amerikanischen Länder besonders wichtige Pfarrhaus fehlt ebenfalls in zahlreichen Fällen. Vor allem aber ist die Verbesserung der materiellen Lage der Geistlichen in einer großen Zahl von Diasporagemeinden ein unaufschieb¬ bares Bedürfnis geworden. Die in einzelnen Gebieten des Auslandes, wie zum Beispiel in Rio Grande do Sui, in den La Plata-Staaten, in Chile, in den Vereinigten Staaten von Amerika, in Großbritannien und in Rumänien bestehenden fynodalähnlichen Ver¬ bände der deutschen evangelischen Gemeinden bedürfen kräftiger finanzieller Unterstützung, wenn aus ihnen der erstrebte festere Zusammenhalt des evange¬ lischen Deutschtums hervorgehn soll. Große finanzielle Anforderungen stellen ferner die vom Reiche nicht ge¬ nügend unterstützten Gemeindeschulen, die Kinderheime, die Diakonissenanstalten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/172>, abgerufen am 12.12.2024.