Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Die Militärlnftschiffahrt in ihrer gegenwärtigen Bedeutung ist die Rede davon, der Graf werde bei seinen Probefahrten mit dem neuen Das zweite System, das unstarre Luftschiff des Majors vou Parseval, Der Parsevalsche Ballon hat eine von der Zigarrenform abweichende Form, Eine sehr wichtige Frage, die weiteste Kreise im unmittelbarsten Zusammen¬ Die Militärlnftschiffahrt in ihrer gegenwärtigen Bedeutung ist die Rede davon, der Graf werde bei seinen Probefahrten mit dem neuen Das zweite System, das unstarre Luftschiff des Majors vou Parseval, Der Parsevalsche Ballon hat eine von der Zigarrenform abweichende Form, Eine sehr wichtige Frage, die weiteste Kreise im unmittelbarsten Zusammen¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0600" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302588"/> <fw type="header" place="top"> Die Militärlnftschiffahrt in ihrer gegenwärtigen Bedeutung</fw><lb/> <p xml:id="ID_2578" prev="#ID_2577"> ist die Rede davon, der Graf werde bei seinen Probefahrten mit dem neuen<lb/> Ballon unter anderm auch Versuche mit „Empfangsapparaten" für drahtlose<lb/> Telegraphie vornehmen, um dann später solche mit „Gebcapparaten" folgen<lb/> zu lassen. Ein Erfolg nach dieser Richtung würde von weittragender Be¬<lb/> deutung sein, denn bis jetzt ist noch kein sicheres Mittel gefunden oder zu¬<lb/> verlässig erprobt, wie Befehle, Fragen und sonstige Mitteilungen von der<lb/> Kommandostelle aus an das hoch und weit entfernt in den Lüften schwebende<lb/> Motorlnftschiff befördert werden können. Ebenso fehlt noch jede sichere Ver¬<lb/> bindung, mit der vom lenkbarem Ballon aus das Erkundete dem sich vielleicht<lb/> mehrere hundert Kilometer rückwärts befindenden Oberkommando gemeldet werden<lb/> kann. Brieftauben, die dafür heute noch in Frage kommen, versagen zu oft<lb/> und dürfen nur als Notbehelf angesehen werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_2579"> Das zweite System, das unstarre Luftschiff des Majors vou Parseval,<lb/> des Miterfinders des schon erwähnten Drachenballons, ist nach seiner ganzen<lb/> Art das absolute Gegenteil des Zeppelinschen Schiffes. Herr von Parseval<lb/> hatte sich zur Aufgabe gemacht, ein Motorluftschiff herzustellen, das grund¬<lb/> sätzlich mit Ausnahme der Gondel und des in ihr untergebrachten maschinellen<lb/> Teils jedes starre Stück, jede Versteifung und Verstrahlung durch Holz- oder<lb/> Metallteile vermeidet. Und in der Tat ist es ihm auch gelungen, wie einer<lb/> unsrer ersten Militüraeronauten, der Kommandeur des preußischen Luftschiffer¬<lb/> bataillons, Major Groß, berichtet, ein Luftschiff zu erbauen, das in ungefülltem<lb/> Zustande zusammengerollt, samt seiner Gondel und Maschine in einem einzigen<lb/> Eisenbahnwaggon oder in zwei Landfuhrwcrken transportiert und an einer be¬<lb/> liebigen Stelle ohne besondre Montagearbeiten gefüllt und zum Ausstiege gebracht<lb/> werden kann. Hiermit wächst natürlich der Wert eines solchen Luftschiffes ganz<lb/> ungemein einem andern gegenüber, das, wie das Zeppelinsche, überhaupt nicht<lb/> ungefüllt transportiert werden kann, oder einem solchen, das zu seiner Montage<lb/> besondre Werkstätten, eine besondre Halle und mehrere Tage Zeit bedarf.</p><lb/> <p xml:id="ID_2580"> Der Parsevalsche Ballon hat eine von der Zigarrenform abweichende Form,<lb/> deren langgestreckte Gestalt mehr dem Drachenballon ähnelt. Das verhältnis¬<lb/> mäßig kleine Schiff von 3900 Kubikmetern Inhalt hat eine Länge von 48 Metern<lb/> und einen Durchmesser von 8,57 Metern, trägt aber einen sehr kräftigen Mcreedes-<lb/> motor von neunzig Pferdestärken und vier Personen Bemannung.</p><lb/> <p xml:id="ID_2581" next="#ID_2582"> Eine sehr wichtige Frage, die weiteste Kreise im unmittelbarsten Zusammen¬<lb/> hange mit der Konstruktion des Majors von Parseval interessiert, ist nun<lb/> die, ob es gelingt, solche gänzlich unstarre Luftschiffe in größern Maßenver-<lb/> hültnissen herzustellen, wodurch ihre Tragfähigkeit und ihr Aktionsradius er¬<lb/> höht, mithin ihre militärische Benutzbarkeit bedeutend erweitert werden würde.<lb/> Das Geheimnis liegt hauptsächlich darin, daß mit zunehmender Größe die<lb/> Erhaltung der prallen Form ohne jede Versteifung immer schwieriger wird.<lb/> Vielleicht aber gelingt es der Motor-Lustschiff-Studiengesellschaft, die auf An¬<lb/> regung des Kaisers das Parsevalsche Luftschiff kürzlich angekauft hat, im<lb/> Verein mit seinem Erbauer Herr aller entgegenstehenden Schwierigkeiten zu</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0600]
Die Militärlnftschiffahrt in ihrer gegenwärtigen Bedeutung
ist die Rede davon, der Graf werde bei seinen Probefahrten mit dem neuen
Ballon unter anderm auch Versuche mit „Empfangsapparaten" für drahtlose
Telegraphie vornehmen, um dann später solche mit „Gebcapparaten" folgen
zu lassen. Ein Erfolg nach dieser Richtung würde von weittragender Be¬
deutung sein, denn bis jetzt ist noch kein sicheres Mittel gefunden oder zu¬
verlässig erprobt, wie Befehle, Fragen und sonstige Mitteilungen von der
Kommandostelle aus an das hoch und weit entfernt in den Lüften schwebende
Motorlnftschiff befördert werden können. Ebenso fehlt noch jede sichere Ver¬
bindung, mit der vom lenkbarem Ballon aus das Erkundete dem sich vielleicht
mehrere hundert Kilometer rückwärts befindenden Oberkommando gemeldet werden
kann. Brieftauben, die dafür heute noch in Frage kommen, versagen zu oft
und dürfen nur als Notbehelf angesehen werden.
Das zweite System, das unstarre Luftschiff des Majors vou Parseval,
des Miterfinders des schon erwähnten Drachenballons, ist nach seiner ganzen
Art das absolute Gegenteil des Zeppelinschen Schiffes. Herr von Parseval
hatte sich zur Aufgabe gemacht, ein Motorluftschiff herzustellen, das grund¬
sätzlich mit Ausnahme der Gondel und des in ihr untergebrachten maschinellen
Teils jedes starre Stück, jede Versteifung und Verstrahlung durch Holz- oder
Metallteile vermeidet. Und in der Tat ist es ihm auch gelungen, wie einer
unsrer ersten Militüraeronauten, der Kommandeur des preußischen Luftschiffer¬
bataillons, Major Groß, berichtet, ein Luftschiff zu erbauen, das in ungefülltem
Zustande zusammengerollt, samt seiner Gondel und Maschine in einem einzigen
Eisenbahnwaggon oder in zwei Landfuhrwcrken transportiert und an einer be¬
liebigen Stelle ohne besondre Montagearbeiten gefüllt und zum Ausstiege gebracht
werden kann. Hiermit wächst natürlich der Wert eines solchen Luftschiffes ganz
ungemein einem andern gegenüber, das, wie das Zeppelinsche, überhaupt nicht
ungefüllt transportiert werden kann, oder einem solchen, das zu seiner Montage
besondre Werkstätten, eine besondre Halle und mehrere Tage Zeit bedarf.
Der Parsevalsche Ballon hat eine von der Zigarrenform abweichende Form,
deren langgestreckte Gestalt mehr dem Drachenballon ähnelt. Das verhältnis¬
mäßig kleine Schiff von 3900 Kubikmetern Inhalt hat eine Länge von 48 Metern
und einen Durchmesser von 8,57 Metern, trägt aber einen sehr kräftigen Mcreedes-
motor von neunzig Pferdestärken und vier Personen Bemannung.
Eine sehr wichtige Frage, die weiteste Kreise im unmittelbarsten Zusammen¬
hange mit der Konstruktion des Majors von Parseval interessiert, ist nun
die, ob es gelingt, solche gänzlich unstarre Luftschiffe in größern Maßenver-
hültnissen herzustellen, wodurch ihre Tragfähigkeit und ihr Aktionsradius er¬
höht, mithin ihre militärische Benutzbarkeit bedeutend erweitert werden würde.
Das Geheimnis liegt hauptsächlich darin, daß mit zunehmender Größe die
Erhaltung der prallen Form ohne jede Versteifung immer schwieriger wird.
Vielleicht aber gelingt es der Motor-Lustschiff-Studiengesellschaft, die auf An¬
regung des Kaisers das Parsevalsche Luftschiff kürzlich angekauft hat, im
Verein mit seinem Erbauer Herr aller entgegenstehenden Schwierigkeiten zu
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