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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

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Die Beziehungen des Deutschen Reiches zu den vereinigten Staaten von Amerika

infolge der britischen Entstellungen in Amerika bisher Unklarheit herrschte. Er
hat mit Nachdruck und im offenbaren Einvernehmen mit der Regierung erklärt,
daß die Diederichs-Episode von Manila it' Ä1 ol tue Ku-tL vvers äisolosecl, von
Deutschland mit dem skrupulösesten Taktgefühl behandelt worden wäre und
nicht den geringsten Anlaß zur Beschwerde geliefert Hütte, und daß bei der
Friedenskonferenz in Portsmouth wiederum das Bestreben Deutschlands, alle
berechtigten Wünsche der Vereinigten Staaten zu erfüllen, klar hervorgetreten
wäre, denn im Laufe der ganzen Verhandlungen, die auf die Beilegung der
russisch-japanischen Differenzen zielten, hätte der Deutsche Kaiser eine viel
größere Rolle gespielt und mehr zur Sache des Friedens beigetragen, als
bisher bekannt geworden wäre.

Botschafter Charlemagne Tower sprach auf demselben Bankett über die
Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Amerika und setzte seinen Zuhörern
den deutschen Standpunkt auseinander. Die Deutschen argumentierten: "Wir
haben euch die Vorteile unsrer Vertragszöllc für eure in Deutschland importierten
Waren gewährt, und ihr habt uus nichts dafür als Gegenleistung gegeben, denn
unsre nach Amerika gesandten Waren werden den Sätzen euers Genemltarifs
unterworfen, die in einigen Fällen zehnmal so hoch sind als die Zölle, die wir
auf dieselben Artikel in Deutschland erheben. Dies können wir nicht länger
fortsetzen und uns auch nicht damit einverstanden erklären, auch die Tarif-
vergüustigungcn zu gewähren, die wir den europäischen Staaten eingeräumt
haben, mit denen vor kurzem neue Handelsverträge abgeschlossen worden sind,
weil alle diese zugestandnen Konzessionen gekauft und bezahlt worden sind mit
Konzessionen der vertragschließenden Gegenseite. Wir sind durchaus bereit und
gewillt, einen Vertrag mit euch abzuschließen, der auf einem beide Länder
befriedigenden Kompromiß basiert sein soll. Was wollt ihr also tun? Es ist
doch sonderbar. daß während wir mit andern Staaten Neziprozitütsvertrage
abgeschlossen haben, die Union die einzige Nation ist. die Konzessionen von
uus verlangt, ohne Geneigtheit zu zeigen, uns entsprechende gleichwertige Kon-
Zessionen zu gewähren." ^ <

Auf deu ersten Blick scheint unsre Lage bei den Handelsvertragsverhand-
luugen mit Amerika ja auch sehr günstig zu sein. Wir haben deu starken
Trumpf in der Hand, daß wir, abgesehen vielleicht von Baumwolle, Maw und
Schmalz, fast alle Produkte von andern Ländern als von der Amor beziehen
könnten, und daß wir den Amerikanern jetzt doppelt so viel Waren abnehmen
als wir ihnen liefern. Diese Beweisführung ist auch auf d:e Amerckaner meh
ohne Wirkung geblieben, aber die tatsächlichen Verhältnisse sind leider zurzeit
so gestaltet, daß unsre Argumente nicht zur vollen Wirkung kon können

Die answürtige Politik "nterscheidet sich von der innern P°l t '.es o
Parteileben darin daß man bei ihr ausschließlich um den gegebnen Großen
rechnen muß. und darum in.r das Erreichbare zu erstreben such . wahrend man
sonst die ursprünglichen Bedingungen in einen, für sich günstigen Sinne zu


Die Beziehungen des Deutschen Reiches zu den vereinigten Staaten von Amerika

infolge der britischen Entstellungen in Amerika bisher Unklarheit herrschte. Er
hat mit Nachdruck und im offenbaren Einvernehmen mit der Regierung erklärt,
daß die Diederichs-Episode von Manila it' Ä1 ol tue Ku-tL vvers äisolosecl, von
Deutschland mit dem skrupulösesten Taktgefühl behandelt worden wäre und
nicht den geringsten Anlaß zur Beschwerde geliefert Hütte, und daß bei der
Friedenskonferenz in Portsmouth wiederum das Bestreben Deutschlands, alle
berechtigten Wünsche der Vereinigten Staaten zu erfüllen, klar hervorgetreten
wäre, denn im Laufe der ganzen Verhandlungen, die auf die Beilegung der
russisch-japanischen Differenzen zielten, hätte der Deutsche Kaiser eine viel
größere Rolle gespielt und mehr zur Sache des Friedens beigetragen, als
bisher bekannt geworden wäre.

Botschafter Charlemagne Tower sprach auf demselben Bankett über die
Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Amerika und setzte seinen Zuhörern
den deutschen Standpunkt auseinander. Die Deutschen argumentierten: „Wir
haben euch die Vorteile unsrer Vertragszöllc für eure in Deutschland importierten
Waren gewährt, und ihr habt uus nichts dafür als Gegenleistung gegeben, denn
unsre nach Amerika gesandten Waren werden den Sätzen euers Genemltarifs
unterworfen, die in einigen Fällen zehnmal so hoch sind als die Zölle, die wir
auf dieselben Artikel in Deutschland erheben. Dies können wir nicht länger
fortsetzen und uns auch nicht damit einverstanden erklären, auch die Tarif-
vergüustigungcn zu gewähren, die wir den europäischen Staaten eingeräumt
haben, mit denen vor kurzem neue Handelsverträge abgeschlossen worden sind,
weil alle diese zugestandnen Konzessionen gekauft und bezahlt worden sind mit
Konzessionen der vertragschließenden Gegenseite. Wir sind durchaus bereit und
gewillt, einen Vertrag mit euch abzuschließen, der auf einem beide Länder
befriedigenden Kompromiß basiert sein soll. Was wollt ihr also tun? Es ist
doch sonderbar. daß während wir mit andern Staaten Neziprozitütsvertrage
abgeschlossen haben, die Union die einzige Nation ist. die Konzessionen von
uus verlangt, ohne Geneigtheit zu zeigen, uns entsprechende gleichwertige Kon-
Zessionen zu gewähren." ^ <

Auf deu ersten Blick scheint unsre Lage bei den Handelsvertragsverhand-
luugen mit Amerika ja auch sehr günstig zu sein. Wir haben deu starken
Trumpf in der Hand, daß wir, abgesehen vielleicht von Baumwolle, Maw und
Schmalz, fast alle Produkte von andern Ländern als von der Amor beziehen
könnten, und daß wir den Amerikanern jetzt doppelt so viel Waren abnehmen
als wir ihnen liefern. Diese Beweisführung ist auch auf d:e Amerckaner meh
ohne Wirkung geblieben, aber die tatsächlichen Verhältnisse sind leider zurzeit
so gestaltet, daß unsre Argumente nicht zur vollen Wirkung kon können

Die answürtige Politik «nterscheidet sich von der innern P°l t '.es o
Parteileben darin daß man bei ihr ausschließlich um den gegebnen Großen
rechnen muß. und darum in.r das Erreichbare zu erstreben such . wahrend man
sonst die ursprünglichen Bedingungen in einen, für sich günstigen Sinne zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/549>, abgerufen am 06.02.2025.