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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

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Esperanto und Rotes Kreuz

Das erste Kapitel behandelt die Notwendigkeit einer internationalen, einer
Weltsprache in den schon obenerwähnten verschiednen Punkten sowie die
Lösung, die das Esperantosystem bietet. Dann kommt ein "Schlüssel des
Esperanto", worin sich die ganze Grammatik der Sprache mit einigen Bei¬
spielen in Gestalt von Briefen und Zwiegesprächen auf wenig Seiten zusammen¬
gedrängt findet. Ein drittes Kapitel bietet eine vollständige Sammlung aller
im Kriege üblichen Ausdrücke. Man findet da die genaue Benennung von
allem, was sich auf den menschlichen Körper, ans dessen Ernährung und Be¬
kleidung, auf den ärztlichen und auf den Verwaltungsdienst, auf Verwundungen
und Krankheiten bezieht, sowie eine Reihe von Unterredungen und endlich
sämtliche militärischen Ausdrücke. Als Anhang ist der Text der Genfer Kon¬
vention, eine Reihe vortrefflicher Ratschläge für das Erlernen des Esperanto
und schließlich ein Wörterbuch "Esperanto-Französisch" beigegeben. Der Ver¬
fasser hat die Absicht, sein Buch auch in den verschiednen andern Hauptsprachen
herauszugeben.

Die verschiednen Abteilungen des Noten Kreuzes sollten nun ihrem Pro¬
gramm das Studium der Esperantosprache nach der Methode von Bayot
hinzufügen, eine internationale Zeitschrift darüber begründen und einen Schrift¬
wechsel unter den Lazarettpflegern und Pflegerinnen der verschiednen Länder
einführen. Dieses Programm ist in Belgien nicht ganz neu; schon vor drei
Jahren hat die Antwerpner Abteilung des Roten Kreuzes Lehrkurse in
Esperanto mit großem Erfolg abgehalten. Auch für alle belgischen Garni¬
sonen wünschen die beiden Verfasser dieses Aufsatzes, daß Offiziere, geeignete
Unteroffiziere, Professoren derartige Lehrkurse einrichteten, die durch die Be¬
hörden obligatorisch gemacht werden müßten. Man könnte da den Soldaten
schon hinreichende Kenntnisse der Weltsprache einprägen, die durch mündliche
Unterhaltungen, Briefwechsel, Bibliotheken usw. festzuhalten wären. In zahl¬
reichen französischen Garnisonen bestehn schon derartige Lehrkurse. Sogar den
Analphabeten in der Armee ließen sich durch Auswendiglernen die gewöhnlichsten
Ausdrücke beibringen, die unter Umstünden ihnen große Dienste zu leisten
imstande wären: man tut das übrigens nach Angabe der beiden Verfasser
dieses Aufsatzes schon mit der französischen Sprache in der deutschen Armee
und mit der deutschen Sprache in der französischen Armee, und nicht ohne
Erfolg. Von dieser Angabe der Verfasser ist mir aber bis jetzt nichts bekannt
geworden.

Jeder Soldat sollte als notwendige Ergänzung zu seinem Verbandpäckchen
ein leichtes Buch der Weltsprache mitführen, das im Falle von Krankheit oder
Verwundung auf dem Schlachtfelde seine Leiden außerordentlich mildern könnte.
Es kommt indessen auch darauf an, daß sich die Militärbehörden dieser Be¬
wegung nach einer Weltsprache annehmen und die Anstrengungen, die von
verschiednen Seite" in dieser Richtung gemacht werden, anerkennen und unter¬
stützen. Dann wird sich dieses Werk der Menschlichkeit gewiß verwirklichen.


Esperanto und Rotes Kreuz

Das erste Kapitel behandelt die Notwendigkeit einer internationalen, einer
Weltsprache in den schon obenerwähnten verschiednen Punkten sowie die
Lösung, die das Esperantosystem bietet. Dann kommt ein „Schlüssel des
Esperanto", worin sich die ganze Grammatik der Sprache mit einigen Bei¬
spielen in Gestalt von Briefen und Zwiegesprächen auf wenig Seiten zusammen¬
gedrängt findet. Ein drittes Kapitel bietet eine vollständige Sammlung aller
im Kriege üblichen Ausdrücke. Man findet da die genaue Benennung von
allem, was sich auf den menschlichen Körper, ans dessen Ernährung und Be¬
kleidung, auf den ärztlichen und auf den Verwaltungsdienst, auf Verwundungen
und Krankheiten bezieht, sowie eine Reihe von Unterredungen und endlich
sämtliche militärischen Ausdrücke. Als Anhang ist der Text der Genfer Kon¬
vention, eine Reihe vortrefflicher Ratschläge für das Erlernen des Esperanto
und schließlich ein Wörterbuch „Esperanto-Französisch" beigegeben. Der Ver¬
fasser hat die Absicht, sein Buch auch in den verschiednen andern Hauptsprachen
herauszugeben.

Die verschiednen Abteilungen des Noten Kreuzes sollten nun ihrem Pro¬
gramm das Studium der Esperantosprache nach der Methode von Bayot
hinzufügen, eine internationale Zeitschrift darüber begründen und einen Schrift¬
wechsel unter den Lazarettpflegern und Pflegerinnen der verschiednen Länder
einführen. Dieses Programm ist in Belgien nicht ganz neu; schon vor drei
Jahren hat die Antwerpner Abteilung des Roten Kreuzes Lehrkurse in
Esperanto mit großem Erfolg abgehalten. Auch für alle belgischen Garni¬
sonen wünschen die beiden Verfasser dieses Aufsatzes, daß Offiziere, geeignete
Unteroffiziere, Professoren derartige Lehrkurse einrichteten, die durch die Be¬
hörden obligatorisch gemacht werden müßten. Man könnte da den Soldaten
schon hinreichende Kenntnisse der Weltsprache einprägen, die durch mündliche
Unterhaltungen, Briefwechsel, Bibliotheken usw. festzuhalten wären. In zahl¬
reichen französischen Garnisonen bestehn schon derartige Lehrkurse. Sogar den
Analphabeten in der Armee ließen sich durch Auswendiglernen die gewöhnlichsten
Ausdrücke beibringen, die unter Umstünden ihnen große Dienste zu leisten
imstande wären: man tut das übrigens nach Angabe der beiden Verfasser
dieses Aufsatzes schon mit der französischen Sprache in der deutschen Armee
und mit der deutschen Sprache in der französischen Armee, und nicht ohne
Erfolg. Von dieser Angabe der Verfasser ist mir aber bis jetzt nichts bekannt
geworden.

Jeder Soldat sollte als notwendige Ergänzung zu seinem Verbandpäckchen
ein leichtes Buch der Weltsprache mitführen, das im Falle von Krankheit oder
Verwundung auf dem Schlachtfelde seine Leiden außerordentlich mildern könnte.
Es kommt indessen auch darauf an, daß sich die Militärbehörden dieser Be¬
wegung nach einer Weltsprache annehmen und die Anstrengungen, die von
verschiednen Seite» in dieser Richtung gemacht werden, anerkennen und unter¬
stützen. Dann wird sich dieses Werk der Menschlichkeit gewiß verwirklichen.


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[0524] Esperanto und Rotes Kreuz Das erste Kapitel behandelt die Notwendigkeit einer internationalen, einer Weltsprache in den schon obenerwähnten verschiednen Punkten sowie die Lösung, die das Esperantosystem bietet. Dann kommt ein „Schlüssel des Esperanto", worin sich die ganze Grammatik der Sprache mit einigen Bei¬ spielen in Gestalt von Briefen und Zwiegesprächen auf wenig Seiten zusammen¬ gedrängt findet. Ein drittes Kapitel bietet eine vollständige Sammlung aller im Kriege üblichen Ausdrücke. Man findet da die genaue Benennung von allem, was sich auf den menschlichen Körper, ans dessen Ernährung und Be¬ kleidung, auf den ärztlichen und auf den Verwaltungsdienst, auf Verwundungen und Krankheiten bezieht, sowie eine Reihe von Unterredungen und endlich sämtliche militärischen Ausdrücke. Als Anhang ist der Text der Genfer Kon¬ vention, eine Reihe vortrefflicher Ratschläge für das Erlernen des Esperanto und schließlich ein Wörterbuch „Esperanto-Französisch" beigegeben. Der Ver¬ fasser hat die Absicht, sein Buch auch in den verschiednen andern Hauptsprachen herauszugeben. Die verschiednen Abteilungen des Noten Kreuzes sollten nun ihrem Pro¬ gramm das Studium der Esperantosprache nach der Methode von Bayot hinzufügen, eine internationale Zeitschrift darüber begründen und einen Schrift¬ wechsel unter den Lazarettpflegern und Pflegerinnen der verschiednen Länder einführen. Dieses Programm ist in Belgien nicht ganz neu; schon vor drei Jahren hat die Antwerpner Abteilung des Roten Kreuzes Lehrkurse in Esperanto mit großem Erfolg abgehalten. Auch für alle belgischen Garni¬ sonen wünschen die beiden Verfasser dieses Aufsatzes, daß Offiziere, geeignete Unteroffiziere, Professoren derartige Lehrkurse einrichteten, die durch die Be¬ hörden obligatorisch gemacht werden müßten. Man könnte da den Soldaten schon hinreichende Kenntnisse der Weltsprache einprägen, die durch mündliche Unterhaltungen, Briefwechsel, Bibliotheken usw. festzuhalten wären. In zahl¬ reichen französischen Garnisonen bestehn schon derartige Lehrkurse. Sogar den Analphabeten in der Armee ließen sich durch Auswendiglernen die gewöhnlichsten Ausdrücke beibringen, die unter Umstünden ihnen große Dienste zu leisten imstande wären: man tut das übrigens nach Angabe der beiden Verfasser dieses Aufsatzes schon mit der französischen Sprache in der deutschen Armee und mit der deutschen Sprache in der französischen Armee, und nicht ohne Erfolg. Von dieser Angabe der Verfasser ist mir aber bis jetzt nichts bekannt geworden. Jeder Soldat sollte als notwendige Ergänzung zu seinem Verbandpäckchen ein leichtes Buch der Weltsprache mitführen, das im Falle von Krankheit oder Verwundung auf dem Schlachtfelde seine Leiden außerordentlich mildern könnte. Es kommt indessen auch darauf an, daß sich die Militärbehörden dieser Be¬ wegung nach einer Weltsprache annehmen und die Anstrengungen, die von verschiednen Seite» in dieser Richtung gemacht werden, anerkennen und unter¬ stützen. Dann wird sich dieses Werk der Menschlichkeit gewiß verwirklichen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/524>, abgerufen am 06.02.2025.