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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

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Der Seeweg nach Köln

Abgeordnetenhaus" verfilzen sie nicht mehr über nahezu die Hälfte der Mandate
wie im alten, sondern nur noch über 177 von 516 Stimmen, also mir über
ein knappes Drittel aller Mandate. Trotzdem liegt es noch in ihrer Hand, jeden
Angriff auf das Deutschtum abzuwehren, wenn sie einig sind.




Der Seeweg nach Köln
Gustav Stein von in

'^üAi^or wenigen Wochen verkündeten die Zeitungen, daß das Mini¬
sterium der öffentlichen Arbeiten mit den Vorarbeiten für eine
Vertiefung des Rheins bis Köln beschäftigt sei, die größern See¬
dampfern die Fahrt nach Köln ermöglichen solle. Auch ein See¬
hafen werde dort erbaut werden. So würde also dem Traume
des Kölner Handelsstandes und seiner Vertreterin, der Kölner Handelskammer,
in absehbarer Zeit die Verwirklichung in Aussicht stehn, daß der Kölner
Seehafen auch dem großen Seeverkehr eröffnet werde.

Am überraschendsten ist die Nachricht jedenfalls den Kölnern selbst ge¬
kommen. Wenigstens ist nicht bekannt geworden, daß Köln in der letzten Zeit
seine frühern, auf dieses Ziel hinstrebenden Anträge wieder aufgenommen und
mit besonderm Nachdruck vertreten hätte. Da liegt denn die Vermutung nahe,
daß die Initiative diesmal nicht von Köln ausgegangen, sondern daß der Ur¬
heber des Gedankens im Ministerium der öffentlichen Arbeiten selbst zu suchen
sei. Weiß man doch, daß sich dort ein "Wafferstraßenfrennd" lebhaft für die
Hebung der deutschen Flußschiffahrt interessiert. Dann aber tritt auch die wirk¬
liche und leitende Absicht jener Zeitungsnachricht für jedermann offen zutage:
der Rheinschiffahrt soll an diesem ersten Beispiele vor Augen geführt werden,
welche Aussichten sich der Verbesserung des Rheinstroms eröffnen, wenn Binnen¬
schiffahrtsabgaben zur Einführung gelangen, und daß es nicht im Interesse der
Rheinschiffahrt liege, den Widerstand gegen die Schiffahrtsabgaben fortzusetzen-

Man hat das Mittel unzweifelhaft gut gewählt, um den Schiffahrtsabgaben
einige Freunde zu gewinnen. Die Schaffung eines Seeweges nach Köln hat in
Köln zahlreiche Anhänger, und dem Gedanken wohnt eine gewisse, die Phantasie
anregende Kraft inne, die imstande ist, die Kritik von den Schiffahrtsabgaben ab¬
zulenken, sie als erträglich, wenn nicht gar als nebensächlich erscheinen zu lassen-
Kommen dann noch einige dunkle Andeutungen hinzu, daß der Güterumschlag
von den ausländischen Seehäfen nach deutschen Seehäfen herübergezogen werde,
so ist die öffentliche Meinung schon mehr den Schiffahrtsabgaben geneigt.

Es möge nun einmal die Frage der Rheinvertiefung für große Seeschiffe
ganz unabhängig von den Schiffahrtsabgaben nach ihrer technischen und wirt¬
schaftlichen Seite hin in einigen kurzen Zügen besprochen werden.


Der Seeweg nach Köln

Abgeordnetenhaus« verfilzen sie nicht mehr über nahezu die Hälfte der Mandate
wie im alten, sondern nur noch über 177 von 516 Stimmen, also mir über
ein knappes Drittel aller Mandate. Trotzdem liegt es noch in ihrer Hand, jeden
Angriff auf das Deutschtum abzuwehren, wenn sie einig sind.




Der Seeweg nach Köln
Gustav Stein von in

'^üAi^or wenigen Wochen verkündeten die Zeitungen, daß das Mini¬
sterium der öffentlichen Arbeiten mit den Vorarbeiten für eine
Vertiefung des Rheins bis Köln beschäftigt sei, die größern See¬
dampfern die Fahrt nach Köln ermöglichen solle. Auch ein See¬
hafen werde dort erbaut werden. So würde also dem Traume
des Kölner Handelsstandes und seiner Vertreterin, der Kölner Handelskammer,
in absehbarer Zeit die Verwirklichung in Aussicht stehn, daß der Kölner
Seehafen auch dem großen Seeverkehr eröffnet werde.

Am überraschendsten ist die Nachricht jedenfalls den Kölnern selbst ge¬
kommen. Wenigstens ist nicht bekannt geworden, daß Köln in der letzten Zeit
seine frühern, auf dieses Ziel hinstrebenden Anträge wieder aufgenommen und
mit besonderm Nachdruck vertreten hätte. Da liegt denn die Vermutung nahe,
daß die Initiative diesmal nicht von Köln ausgegangen, sondern daß der Ur¬
heber des Gedankens im Ministerium der öffentlichen Arbeiten selbst zu suchen
sei. Weiß man doch, daß sich dort ein „Wafferstraßenfrennd" lebhaft für die
Hebung der deutschen Flußschiffahrt interessiert. Dann aber tritt auch die wirk¬
liche und leitende Absicht jener Zeitungsnachricht für jedermann offen zutage:
der Rheinschiffahrt soll an diesem ersten Beispiele vor Augen geführt werden,
welche Aussichten sich der Verbesserung des Rheinstroms eröffnen, wenn Binnen¬
schiffahrtsabgaben zur Einführung gelangen, und daß es nicht im Interesse der
Rheinschiffahrt liege, den Widerstand gegen die Schiffahrtsabgaben fortzusetzen-

Man hat das Mittel unzweifelhaft gut gewählt, um den Schiffahrtsabgaben
einige Freunde zu gewinnen. Die Schaffung eines Seeweges nach Köln hat in
Köln zahlreiche Anhänger, und dem Gedanken wohnt eine gewisse, die Phantasie
anregende Kraft inne, die imstande ist, die Kritik von den Schiffahrtsabgaben ab¬
zulenken, sie als erträglich, wenn nicht gar als nebensächlich erscheinen zu lassen-
Kommen dann noch einige dunkle Andeutungen hinzu, daß der Güterumschlag
von den ausländischen Seehäfen nach deutschen Seehäfen herübergezogen werde,
so ist die öffentliche Meinung schon mehr den Schiffahrtsabgaben geneigt.

Es möge nun einmal die Frage der Rheinvertiefung für große Seeschiffe
ganz unabhängig von den Schiffahrtsabgaben nach ihrer technischen und wirt¬
schaftlichen Seite hin in einigen kurzen Zügen besprochen werden.


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[0450] Der Seeweg nach Köln Abgeordnetenhaus« verfilzen sie nicht mehr über nahezu die Hälfte der Mandate wie im alten, sondern nur noch über 177 von 516 Stimmen, also mir über ein knappes Drittel aller Mandate. Trotzdem liegt es noch in ihrer Hand, jeden Angriff auf das Deutschtum abzuwehren, wenn sie einig sind. Der Seeweg nach Köln Gustav Stein von in '^üAi^or wenigen Wochen verkündeten die Zeitungen, daß das Mini¬ sterium der öffentlichen Arbeiten mit den Vorarbeiten für eine Vertiefung des Rheins bis Köln beschäftigt sei, die größern See¬ dampfern die Fahrt nach Köln ermöglichen solle. Auch ein See¬ hafen werde dort erbaut werden. So würde also dem Traume des Kölner Handelsstandes und seiner Vertreterin, der Kölner Handelskammer, in absehbarer Zeit die Verwirklichung in Aussicht stehn, daß der Kölner Seehafen auch dem großen Seeverkehr eröffnet werde. Am überraschendsten ist die Nachricht jedenfalls den Kölnern selbst ge¬ kommen. Wenigstens ist nicht bekannt geworden, daß Köln in der letzten Zeit seine frühern, auf dieses Ziel hinstrebenden Anträge wieder aufgenommen und mit besonderm Nachdruck vertreten hätte. Da liegt denn die Vermutung nahe, daß die Initiative diesmal nicht von Köln ausgegangen, sondern daß der Ur¬ heber des Gedankens im Ministerium der öffentlichen Arbeiten selbst zu suchen sei. Weiß man doch, daß sich dort ein „Wafferstraßenfrennd" lebhaft für die Hebung der deutschen Flußschiffahrt interessiert. Dann aber tritt auch die wirk¬ liche und leitende Absicht jener Zeitungsnachricht für jedermann offen zutage: der Rheinschiffahrt soll an diesem ersten Beispiele vor Augen geführt werden, welche Aussichten sich der Verbesserung des Rheinstroms eröffnen, wenn Binnen¬ schiffahrtsabgaben zur Einführung gelangen, und daß es nicht im Interesse der Rheinschiffahrt liege, den Widerstand gegen die Schiffahrtsabgaben fortzusetzen- Man hat das Mittel unzweifelhaft gut gewählt, um den Schiffahrtsabgaben einige Freunde zu gewinnen. Die Schaffung eines Seeweges nach Köln hat in Köln zahlreiche Anhänger, und dem Gedanken wohnt eine gewisse, die Phantasie anregende Kraft inne, die imstande ist, die Kritik von den Schiffahrtsabgaben ab¬ zulenken, sie als erträglich, wenn nicht gar als nebensächlich erscheinen zu lassen- Kommen dann noch einige dunkle Andeutungen hinzu, daß der Güterumschlag von den ausländischen Seehäfen nach deutschen Seehäfen herübergezogen werde, so ist die öffentliche Meinung schon mehr den Schiffahrtsabgaben geneigt. Es möge nun einmal die Frage der Rheinvertiefung für große Seeschiffe ganz unabhängig von den Schiffahrtsabgaben nach ihrer technischen und wirt¬ schaftlichen Seite hin in einigen kurzen Zügen besprochen werden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/450>, abgerufen am 05.02.2025.