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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

noch zu recht. Jeder Engländer ist eine Insel -- und weil er eine Insel ist,
ist er, ohne es zu wollen oder zu wissen, gegenüber dem Ausländer immer ein
Agent seiner Regierung.

Dem Engländer ist die Empfindung, die viele Deutsche gegenüber der Re¬
gierung haben, schwer verständlich. Es seit sich bei uns als Überbleibsel der Zeit,
wo Deutschland ein Konglomerat absolutistischer Kleinstaaten war, die Anschauung
erhalten, als existiere ein natürlicher und innerer Dualismus und Gegensah zwischen
Volk und Negierung, als repräsentiere das erste gleichsam das gute, das letzte das
böse Prinzip an sich. Diese Anschauung, die in der Zeit, als Emilia Gcilotti oder
Kabale und Liebe gedichtet und umjubelt wurden, entschuldbar war, ist zu Beginn
des zwanzigsten Jahrhunderts zur Zeit großer und geschlossener Juteresseukörper
und nationaler Staaten lächerlich geworden. Trotzdem übt diese Anschauung, auch
wenn sie nackt und in prinzipieller Schärfe nicht mehr verteidigt wird, noch mancherlei
Wirkung aus und bleibt noch in mancherlei Verkleidung lebendig. Man hört nicht
allzu selten gegenüber Zeitungen und Journalisten, die in irgendeiner Frage vor
dem Auslande eine bestimmte, der allgemeinen politischen Haltung des Landes an¬
gepaßte Stellung einnehmen, oder im Geburtstag eines Souveräns, in der Taufe
eines Thronfolgers eine Gelegenheit zu freundlichen Worten an das betreffende
Land oder die betreffende Dynastie sehen, den verächtlichen Vorwurf laut werden,
sie seien abhängig von der Negierung. Das ist dumm. Niemand wird dem Eng¬
länder in der Presse oder im Auslande, der alles verschweigt, was seine Heimat
diskreditieren, und sehr viel sagt, was ihr nützen kauu, vorwerfen, er sei abhängig
von der Regierung. Wer von der Presse fordert, sie solle dem Auslande gegen¬
über die Zweckmäßigkeit oder Unzweckmäßigkeit jedes Artikels bedenken, läßt die Un¬
abhängigkeit des Individuums vou der Regierung unangetastet und das Recht auf
Kritik uneingeschränkt. Die publizistische Kritik in England ist gewiß frei, aber sie
hat eine gewisse taktische Geschmeidigkeit, die durch die Wahl des Zeitpunktes und der
Tonart die Pflicht, dem Auslande gegenüber das Gesicht zu wahren, niemals verletzt
und niemals dem Gegner Waffen gegen das eigne Land in die Hand gibt.

Die Kunst einer solchen Geschmeidigkeit der Kritik ist nicht überall in Deutsch¬
land zu Hause. Der Deutsche hat ein gewisses Bedürfnis, gegenüber den kleinern
und weniger geordneten Staaten der iberischen Halbinsel, des Balkans oder Süd¬
amerikas einen überlegnen, hochmütig belehrenden, hie und da spöttischen Ton an¬
zuschlagen. Wenn die Zeitungen den Wunsch haben, ihre Leser über die Verhältnisse
in diesen Ländern, die Ursache geringer Prosperität oder großer Unordnung zu
unterrichten, so haben sie doch nicht nötig, statt ruhig sachlich zu sein, persönlich
verletzende oder ironische Wendungen zu gebrauche", oder wenn sie auch dies als
notwendige oder erlaubte Bewegungsfreiheit ansehen, so mögen sie sich zu solchen
Belehrungen wenigstens nicht die Geburth- oder Jubiläumsfeste der Herrscher usw.
heraussuchen. In dieser Beschränkung braucht nicht die geringste Heuchelei zu liegen-
Niemand mutet dem Deutschen zu, das gallische Vorbild nachzuahmen und bei einem
Jubiläum Venezuelas zu reden von dem xsuxls xstit mais lobis xarini tous nord
1o Avnis Ludliins als notrs xrotoncls aämira,lion. Das mag dein
Romanen ganz gut anstehen, kleidet den Deutschen aber schlecht.

Als Fürst Bülow vor kurzer Zeit im Reichstage seine nach Form. Inhalt und
Zweck ausgezeichnete Rede über die Abrüstung hielt, standen die Parteien in dem
Bewußtsein, daß sich in diesem Augenblick die Auge" der gesamten politischen Welt
auf die Haltung des Reichstags richteten, geschlossen hinter ihm. Der Eindruck im
Auslande zeigte den Erfolg. "Deutschland ist einig!" hieß es. Diese Haltung der
Parteien war der Resonanzboden, der die Wucht und die Tragweite der Kanzlerrede
erhöhte. Der Presse fiel bei diesem politischen Akt eine sehr wesentliche Aufgabe zu-
Die großen Blätter haben sich dieser Aufgabe mit Geschick und Verständnis für die


Maßgebliches und Unmaßgebliches

noch zu recht. Jeder Engländer ist eine Insel — und weil er eine Insel ist,
ist er, ohne es zu wollen oder zu wissen, gegenüber dem Ausländer immer ein
Agent seiner Regierung.

Dem Engländer ist die Empfindung, die viele Deutsche gegenüber der Re¬
gierung haben, schwer verständlich. Es seit sich bei uns als Überbleibsel der Zeit,
wo Deutschland ein Konglomerat absolutistischer Kleinstaaten war, die Anschauung
erhalten, als existiere ein natürlicher und innerer Dualismus und Gegensah zwischen
Volk und Negierung, als repräsentiere das erste gleichsam das gute, das letzte das
böse Prinzip an sich. Diese Anschauung, die in der Zeit, als Emilia Gcilotti oder
Kabale und Liebe gedichtet und umjubelt wurden, entschuldbar war, ist zu Beginn
des zwanzigsten Jahrhunderts zur Zeit großer und geschlossener Juteresseukörper
und nationaler Staaten lächerlich geworden. Trotzdem übt diese Anschauung, auch
wenn sie nackt und in prinzipieller Schärfe nicht mehr verteidigt wird, noch mancherlei
Wirkung aus und bleibt noch in mancherlei Verkleidung lebendig. Man hört nicht
allzu selten gegenüber Zeitungen und Journalisten, die in irgendeiner Frage vor
dem Auslande eine bestimmte, der allgemeinen politischen Haltung des Landes an¬
gepaßte Stellung einnehmen, oder im Geburtstag eines Souveräns, in der Taufe
eines Thronfolgers eine Gelegenheit zu freundlichen Worten an das betreffende
Land oder die betreffende Dynastie sehen, den verächtlichen Vorwurf laut werden,
sie seien abhängig von der Negierung. Das ist dumm. Niemand wird dem Eng¬
länder in der Presse oder im Auslande, der alles verschweigt, was seine Heimat
diskreditieren, und sehr viel sagt, was ihr nützen kauu, vorwerfen, er sei abhängig
von der Regierung. Wer von der Presse fordert, sie solle dem Auslande gegen¬
über die Zweckmäßigkeit oder Unzweckmäßigkeit jedes Artikels bedenken, läßt die Un¬
abhängigkeit des Individuums vou der Regierung unangetastet und das Recht auf
Kritik uneingeschränkt. Die publizistische Kritik in England ist gewiß frei, aber sie
hat eine gewisse taktische Geschmeidigkeit, die durch die Wahl des Zeitpunktes und der
Tonart die Pflicht, dem Auslande gegenüber das Gesicht zu wahren, niemals verletzt
und niemals dem Gegner Waffen gegen das eigne Land in die Hand gibt.

Die Kunst einer solchen Geschmeidigkeit der Kritik ist nicht überall in Deutsch¬
land zu Hause. Der Deutsche hat ein gewisses Bedürfnis, gegenüber den kleinern
und weniger geordneten Staaten der iberischen Halbinsel, des Balkans oder Süd¬
amerikas einen überlegnen, hochmütig belehrenden, hie und da spöttischen Ton an¬
zuschlagen. Wenn die Zeitungen den Wunsch haben, ihre Leser über die Verhältnisse
in diesen Ländern, die Ursache geringer Prosperität oder großer Unordnung zu
unterrichten, so haben sie doch nicht nötig, statt ruhig sachlich zu sein, persönlich
verletzende oder ironische Wendungen zu gebrauche», oder wenn sie auch dies als
notwendige oder erlaubte Bewegungsfreiheit ansehen, so mögen sie sich zu solchen
Belehrungen wenigstens nicht die Geburth- oder Jubiläumsfeste der Herrscher usw.
heraussuchen. In dieser Beschränkung braucht nicht die geringste Heuchelei zu liegen-
Niemand mutet dem Deutschen zu, das gallische Vorbild nachzuahmen und bei einem
Jubiläum Venezuelas zu reden von dem xsuxls xstit mais lobis xarini tous nord
1o Avnis Ludliins als notrs xrotoncls aämira,lion. Das mag dein
Romanen ganz gut anstehen, kleidet den Deutschen aber schlecht.

Als Fürst Bülow vor kurzer Zeit im Reichstage seine nach Form. Inhalt und
Zweck ausgezeichnete Rede über die Abrüstung hielt, standen die Parteien in dem
Bewußtsein, daß sich in diesem Augenblick die Auge» der gesamten politischen Welt
auf die Haltung des Reichstags richteten, geschlossen hinter ihm. Der Eindruck im
Auslande zeigte den Erfolg. „Deutschland ist einig!" hieß es. Diese Haltung der
Parteien war der Resonanzboden, der die Wucht und die Tragweite der Kanzlerrede
erhöhte. Der Presse fiel bei diesem politischen Akt eine sehr wesentliche Aufgabe zu-
Die großen Blätter haben sich dieser Aufgabe mit Geschick und Verständnis für die


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[0442] Maßgebliches und Unmaßgebliches noch zu recht. Jeder Engländer ist eine Insel — und weil er eine Insel ist, ist er, ohne es zu wollen oder zu wissen, gegenüber dem Ausländer immer ein Agent seiner Regierung. Dem Engländer ist die Empfindung, die viele Deutsche gegenüber der Re¬ gierung haben, schwer verständlich. Es seit sich bei uns als Überbleibsel der Zeit, wo Deutschland ein Konglomerat absolutistischer Kleinstaaten war, die Anschauung erhalten, als existiere ein natürlicher und innerer Dualismus und Gegensah zwischen Volk und Negierung, als repräsentiere das erste gleichsam das gute, das letzte das böse Prinzip an sich. Diese Anschauung, die in der Zeit, als Emilia Gcilotti oder Kabale und Liebe gedichtet und umjubelt wurden, entschuldbar war, ist zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts zur Zeit großer und geschlossener Juteresseukörper und nationaler Staaten lächerlich geworden. Trotzdem übt diese Anschauung, auch wenn sie nackt und in prinzipieller Schärfe nicht mehr verteidigt wird, noch mancherlei Wirkung aus und bleibt noch in mancherlei Verkleidung lebendig. Man hört nicht allzu selten gegenüber Zeitungen und Journalisten, die in irgendeiner Frage vor dem Auslande eine bestimmte, der allgemeinen politischen Haltung des Landes an¬ gepaßte Stellung einnehmen, oder im Geburtstag eines Souveräns, in der Taufe eines Thronfolgers eine Gelegenheit zu freundlichen Worten an das betreffende Land oder die betreffende Dynastie sehen, den verächtlichen Vorwurf laut werden, sie seien abhängig von der Negierung. Das ist dumm. Niemand wird dem Eng¬ länder in der Presse oder im Auslande, der alles verschweigt, was seine Heimat diskreditieren, und sehr viel sagt, was ihr nützen kauu, vorwerfen, er sei abhängig von der Regierung. Wer von der Presse fordert, sie solle dem Auslande gegen¬ über die Zweckmäßigkeit oder Unzweckmäßigkeit jedes Artikels bedenken, läßt die Un¬ abhängigkeit des Individuums vou der Regierung unangetastet und das Recht auf Kritik uneingeschränkt. Die publizistische Kritik in England ist gewiß frei, aber sie hat eine gewisse taktische Geschmeidigkeit, die durch die Wahl des Zeitpunktes und der Tonart die Pflicht, dem Auslande gegenüber das Gesicht zu wahren, niemals verletzt und niemals dem Gegner Waffen gegen das eigne Land in die Hand gibt. Die Kunst einer solchen Geschmeidigkeit der Kritik ist nicht überall in Deutsch¬ land zu Hause. Der Deutsche hat ein gewisses Bedürfnis, gegenüber den kleinern und weniger geordneten Staaten der iberischen Halbinsel, des Balkans oder Süd¬ amerikas einen überlegnen, hochmütig belehrenden, hie und da spöttischen Ton an¬ zuschlagen. Wenn die Zeitungen den Wunsch haben, ihre Leser über die Verhältnisse in diesen Ländern, die Ursache geringer Prosperität oder großer Unordnung zu unterrichten, so haben sie doch nicht nötig, statt ruhig sachlich zu sein, persönlich verletzende oder ironische Wendungen zu gebrauche», oder wenn sie auch dies als notwendige oder erlaubte Bewegungsfreiheit ansehen, so mögen sie sich zu solchen Belehrungen wenigstens nicht die Geburth- oder Jubiläumsfeste der Herrscher usw. heraussuchen. In dieser Beschränkung braucht nicht die geringste Heuchelei zu liegen- Niemand mutet dem Deutschen zu, das gallische Vorbild nachzuahmen und bei einem Jubiläum Venezuelas zu reden von dem xsuxls xstit mais lobis xarini tous nord 1o Avnis Ludliins als notrs xrotoncls aämira,lion. Das mag dein Romanen ganz gut anstehen, kleidet den Deutschen aber schlecht. Als Fürst Bülow vor kurzer Zeit im Reichstage seine nach Form. Inhalt und Zweck ausgezeichnete Rede über die Abrüstung hielt, standen die Parteien in dem Bewußtsein, daß sich in diesem Augenblick die Auge» der gesamten politischen Welt auf die Haltung des Reichstags richteten, geschlossen hinter ihm. Der Eindruck im Auslande zeigte den Erfolg. „Deutschland ist einig!" hieß es. Diese Haltung der Parteien war der Resonanzboden, der die Wucht und die Tragweite der Kanzlerrede erhöhte. Der Presse fiel bei diesem politischen Akt eine sehr wesentliche Aufgabe zu- Die großen Blätter haben sich dieser Aufgabe mit Geschick und Verständnis für die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/442>, abgerufen am 06.02.2025.