Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Und mit ächzenden Laut fuhr seine Mordwaffe wieder ins Mark des Mauer¬ Gute Nacht, Alan! Gute Nacht, Uonsisur 1s Lsstsur. Noch eine Weile ertönten die Schläge des einsam Zurückgebliebnen, das krachende , Als. im Morgengrauen eine Frau zu der Höhe aufgestiegen kam und den Seit dieser Geschichte sind Jahre vergangen. Wer heute von Porz-Biban Und mit ächzenden Laut fuhr seine Mordwaffe wieder ins Mark des Mauer¬ Gute Nacht, Alan! Gute Nacht, Uonsisur 1s Lsstsur. Noch eine Weile ertönten die Schläge des einsam Zurückgebliebnen, das krachende , Als. im Morgengrauen eine Frau zu der Höhe aufgestiegen kam und den Seit dieser Geschichte sind Jahre vergangen. Wer heute von Porz-Biban <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0435" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302423"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1855"> Und mit ächzenden Laut fuhr seine Mordwaffe wieder ins Mark des Mauer¬<lb/> werks hinein. Er war noch nicht müde. Ivonnes abgemagertes weißes Gesicht<lb/> stand ihm unbeweglich vor Augen. Schmerz und Zorn und Reue und blinder<lb/> Haß wogten in chaotischen Durcheinander in seiner Brust.</p><lb/> <p xml:id="ID_1856"> Gute Nacht, Alan!</p><lb/> <p xml:id="ID_1857"> Gute Nacht, Uonsisur 1s Lsstsur.</p><lb/> <p xml:id="ID_1858"> Noch eine Weile ertönten die Schläge des einsam Zurückgebliebnen, das krachende<lb/> foltern des einstürzenden Mauerwerks. Dann wurde es plötzlich still, und die<lb/> ^ceeresstimme beherrschte wieder allein, wie sie das von jeher gewohnt gewesen<lb/> war, das nächtliche Schweigen dieses Küstenstrichs.</p><lb/> <p xml:id="ID_1859"> , Als. im Morgengrauen eine Frau zu der Höhe aufgestiegen kam und den<lb/> Trümmerhaufen an Stelle des alten Bethauses gewahr wurde, lief sie laut schreiend<lb/> of Dorf hinunter. Und nun machten sich alle Weiber eilig auf, die Zerstörung<lb/> ^ besichtigen. Da fanden sie die geflüchteten kleinen Heiligen, den Stamm des<lb/> ^ciubenschlags umkreisend, gleichwie die Seeleute am Gnadenfest den MaiSaum im<lb/> ^igen zu umschreiten pflegen. Aber den Herrn des eingestürzten Hauses, den großen<lb/> ^ante Ivon-ar-Wirionez entdeckten sie trotz eifrigen Umherspähens nicht. Da be¬<lb/> gannen sie in dem Trümmerhaufen herumzuwühlen und fanden darunter einen<lb/> Menschen begraben, dem ein einstürzender Mauerteil den Brustkasten eingedrückt<lb/> Mte. Der Tote hielt eine Hacke mit starrer Hand umklammert. Als sie hieraus<lb/> ^kannten, daß der Einsturz des Bethauses frevelnder Menschenhand zuzuschreiben<lb/> M. brachen sie in ein langes Wehegeheul aus. Einige Kluge unter ihnen aber<lb/> K i," ^ sum Taubenschlag hin, und eine jede nahm einen der ausgesetzten<lb/> Hoigen in den Arm, wickelte sorglich die Schürze um ihn und trug ihn eilig und<lb/> I/^gerd heim. Denn sie dachten: Er wird es uns in diesem und dem zu-<lb/> ^uftigen Leben vergelten, der arme Heimatlose, wenn wir ihn bei uns im Haus<lb/> 'snehmen, wo er auf blumengeschmückten Altar in Ehren und Würden stehen soll.</p><lb/> <p xml:id="ID_1860"> Seit dieser Geschichte sind Jahre vergangen. Wer heute von Porz-Biban<lb/> a ir Höhe aufsteigt, findet Wohl die alten, windzerzausten Ulmen noch und den ein-<lb/> Taubenschlag, der seinen langen, schmalen Schatten über die kahle Heide<lb/> "se, aber von dem einstigen Bethaus findet er nichts mehr als ein paar von<lb/> ^rombeerranken und Ginstergestrüpp umsponnene Steine. Kommt er jedoch zur<lb/> "Migen Stunde, so findet er wohl irgendein hilfloses, armes Weib, dem von<lb/> ^nein irdischen Richter bitteres Unrecht geschehen ist, auf der Stätte des einstigen<lb/> ^Migtums knien. Und sie hat weder der sinkenden Nacht noch des eintönig nieder-<lb/> lejelnden bretonischen Regens acht. Sie murmelt unausgesetzt altmodische und ge-<lb/> Mmnisvolle Gebetsworte vor sich hin. Denn leichter ist es in der Bretagne,<lb/> or-anne Mauern einzureißen, als alte Bräuche zu entwurzeln.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0435]
Und mit ächzenden Laut fuhr seine Mordwaffe wieder ins Mark des Mauer¬
werks hinein. Er war noch nicht müde. Ivonnes abgemagertes weißes Gesicht
stand ihm unbeweglich vor Augen. Schmerz und Zorn und Reue und blinder
Haß wogten in chaotischen Durcheinander in seiner Brust.
Gute Nacht, Alan!
Gute Nacht, Uonsisur 1s Lsstsur.
Noch eine Weile ertönten die Schläge des einsam Zurückgebliebnen, das krachende
foltern des einstürzenden Mauerwerks. Dann wurde es plötzlich still, und die
^ceeresstimme beherrschte wieder allein, wie sie das von jeher gewohnt gewesen
war, das nächtliche Schweigen dieses Küstenstrichs.
, Als. im Morgengrauen eine Frau zu der Höhe aufgestiegen kam und den
Trümmerhaufen an Stelle des alten Bethauses gewahr wurde, lief sie laut schreiend
of Dorf hinunter. Und nun machten sich alle Weiber eilig auf, die Zerstörung
^ besichtigen. Da fanden sie die geflüchteten kleinen Heiligen, den Stamm des
^ciubenschlags umkreisend, gleichwie die Seeleute am Gnadenfest den MaiSaum im
^igen zu umschreiten pflegen. Aber den Herrn des eingestürzten Hauses, den großen
^ante Ivon-ar-Wirionez entdeckten sie trotz eifrigen Umherspähens nicht. Da be¬
gannen sie in dem Trümmerhaufen herumzuwühlen und fanden darunter einen
Menschen begraben, dem ein einstürzender Mauerteil den Brustkasten eingedrückt
Mte. Der Tote hielt eine Hacke mit starrer Hand umklammert. Als sie hieraus
^kannten, daß der Einsturz des Bethauses frevelnder Menschenhand zuzuschreiben
M. brachen sie in ein langes Wehegeheul aus. Einige Kluge unter ihnen aber
K i," ^ sum Taubenschlag hin, und eine jede nahm einen der ausgesetzten
Hoigen in den Arm, wickelte sorglich die Schürze um ihn und trug ihn eilig und
I/^gerd heim. Denn sie dachten: Er wird es uns in diesem und dem zu-
^uftigen Leben vergelten, der arme Heimatlose, wenn wir ihn bei uns im Haus
'snehmen, wo er auf blumengeschmückten Altar in Ehren und Würden stehen soll.
Seit dieser Geschichte sind Jahre vergangen. Wer heute von Porz-Biban
a ir Höhe aufsteigt, findet Wohl die alten, windzerzausten Ulmen noch und den ein-
Taubenschlag, der seinen langen, schmalen Schatten über die kahle Heide
"se, aber von dem einstigen Bethaus findet er nichts mehr als ein paar von
^rombeerranken und Ginstergestrüpp umsponnene Steine. Kommt er jedoch zur
"Migen Stunde, so findet er wohl irgendein hilfloses, armes Weib, dem von
^nein irdischen Richter bitteres Unrecht geschehen ist, auf der Stätte des einstigen
^Migtums knien. Und sie hat weder der sinkenden Nacht noch des eintönig nieder-
lejelnden bretonischen Regens acht. Sie murmelt unausgesetzt altmodische und ge-
Mmnisvolle Gebetsworte vor sich hin. Denn leichter ist es in der Bretagne,
or-anne Mauern einzureißen, als alte Bräuche zu entwurzeln.
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