Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.rotem Schein durch die Wolken und brachte mit fast horizontal einfallendem Bei solchem Anblick von historischer Stätte denkt man zurück an die Ge¬ Es sind eben Sarten, die den Hauptteil der Bevölkerungausmachen, 40 000 Sarten. 10 000 Russe", S000 Juden und im ganzen etwa 3000 Angehörige
verschiedner Völker. rotem Schein durch die Wolken und brachte mit fast horizontal einfallendem Bei solchem Anblick von historischer Stätte denkt man zurück an die Ge¬ Es sind eben Sarten, die den Hauptteil der Bevölkerungausmachen, 40 000 Sarten. 10 000 Russe», S000 Juden und im ganzen etwa 3000 Angehörige
verschiedner Völker. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0425" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302413"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1776" prev="#ID_1775"> rotem Schein durch die Wolken und brachte mit fast horizontal einfallendem<lb/> Licht die Bergspitzen zum Glühen. Er hat es immer unterwegs gut mit uns<lb/> gemeint, der Phöbus Apollo, bevor er seinen Sonnenwagen zur Nacht<lb/> unterstellte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1777"> Bei solchem Anblick von historischer Stätte denkt man zurück an die Ge¬<lb/> schlechter, die hier Geschichte gemacht haben. Das alte Marcikanda, das<lb/> Alexander ans der Verfolgung des Vessos besetzte, gilt als eine der ältesten<lb/> Städte des Orients. Ihre Gründung schreibt die alte Überlieferung einem<lb/> 3 bis 4000 Jahre vor Christus lebenden König Affrossiab zu. Ju der Ge¬<lb/> schichte erscheint sie im vierten Jahrhundert. Als Alexander sie im Jahre 329<lb/> eroberte, maß die Mauerumgürtung der Stadt 70 Stadien (16 Kilometer) im<lb/> Umfang. Nach der Zeit der Nestorianer, die ein Bistum gegründet hatten,<lb/> herrschten bis zum nennten Jahrhundert die Araber. Im elften Jahrhundert<lb/> war Ssamarkcmd in den Händen der Seldschnkken, bis es im Jahre 1221 eine<lb/> Beute der Mongolei, uuter Temudschin wurde. Von 1369 bis 1405 war es<lb/> Residenz des große» Menschenschlächters Timur, der aber die Stadt mit den<lb/> herrlichen, zum Teil erhaltenen Bauten und Parks schmückte; das war Ssa-<lb/> markands Blütezeit. Im Jahre 1499 kamen die Usbeken, deren Herrscher jedoch<lb/> i" Buchara residierten. Während der Kämpfe vor der Eroberung dnrch die<lb/> Russen hatte der letzte Khan von Khokand seinen Negiernngssitz in Ssamar-<lb/> kand, bis die verbündeten Völker dem General von Kauffmann vor der Stadt<lb/> am 13. Mai 1868 unterlagen. Die Belagerung der Zitadelle und ihre helden¬<lb/> mütige Verteidigung gegen 40 000 fanatisierte Asiaten, während General von<lb/> Kauffmann weiter vorging, ist das letzte denkwürdige Ereignis der Geschichte.<lb/> Aber es ist fraglich, ob die Bevölkerung so befriedet ist. daß sie als gut russisch<lb/> allewege augesehen werden kauu. Ein Prikas der Gebietsvcrwaltung vom<lb/> Sommer 1905 wies darauf hin. daß bei entstehenden kriegerischen Verwick¬<lb/> lungen die russischen Städte und Stadtteile unter Umständen gefährdet erscheinen,<lb/> sobald die Truppen ausrücke» müssen. Zum eignen Schutz wäre es daher ge¬<lb/> boten, sich im Gebrauch der Waffen zu üben, die von den Artilleriedcpots zur<lb/> Verfügung gestellt würden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1778" next="#ID_1779"> Es sind eben Sarten, die den Hauptteil der Bevölkerungausmachen,<lb/> das heißt ein wie jedes andre Mischvolk nicht ganz zuverlässiges Produkt der<lb/> Vermischung türkischer und iranischer Stämme, über dessen Zusammensetzung<lb/> sich schon mancher Gelehrter den Kopf zerbrochen und Bücher geschrieben hat.<lb/> Wir haben sie bereits in Buchara als nicht unbeträchtlichen Teil der Be¬<lb/> völkerung kennen gelernt und begegnen ihnen auch weiterhin bis beinahe zum<lb/> Aralsee. Mittelgroß, mit unzweifelhaften, wenngleich nicht so reinen türkischen<lb/> Stammes- und Spracheigentü.nlichkciten. wie sie die Usbeken. Talare» und</p><lb/> <note xml:id="FID_43" place="foot"> 40 000 Sarten. 10 000 Russe», S000 Juden und im ganzen etwa 3000 Angehörige<lb/> verschiedner Völker.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0425]
rotem Schein durch die Wolken und brachte mit fast horizontal einfallendem
Licht die Bergspitzen zum Glühen. Er hat es immer unterwegs gut mit uns
gemeint, der Phöbus Apollo, bevor er seinen Sonnenwagen zur Nacht
unterstellte.
Bei solchem Anblick von historischer Stätte denkt man zurück an die Ge¬
schlechter, die hier Geschichte gemacht haben. Das alte Marcikanda, das
Alexander ans der Verfolgung des Vessos besetzte, gilt als eine der ältesten
Städte des Orients. Ihre Gründung schreibt die alte Überlieferung einem
3 bis 4000 Jahre vor Christus lebenden König Affrossiab zu. Ju der Ge¬
schichte erscheint sie im vierten Jahrhundert. Als Alexander sie im Jahre 329
eroberte, maß die Mauerumgürtung der Stadt 70 Stadien (16 Kilometer) im
Umfang. Nach der Zeit der Nestorianer, die ein Bistum gegründet hatten,
herrschten bis zum nennten Jahrhundert die Araber. Im elften Jahrhundert
war Ssamarkcmd in den Händen der Seldschnkken, bis es im Jahre 1221 eine
Beute der Mongolei, uuter Temudschin wurde. Von 1369 bis 1405 war es
Residenz des große» Menschenschlächters Timur, der aber die Stadt mit den
herrlichen, zum Teil erhaltenen Bauten und Parks schmückte; das war Ssa-
markands Blütezeit. Im Jahre 1499 kamen die Usbeken, deren Herrscher jedoch
i" Buchara residierten. Während der Kämpfe vor der Eroberung dnrch die
Russen hatte der letzte Khan von Khokand seinen Negiernngssitz in Ssamar-
kand, bis die verbündeten Völker dem General von Kauffmann vor der Stadt
am 13. Mai 1868 unterlagen. Die Belagerung der Zitadelle und ihre helden¬
mütige Verteidigung gegen 40 000 fanatisierte Asiaten, während General von
Kauffmann weiter vorging, ist das letzte denkwürdige Ereignis der Geschichte.
Aber es ist fraglich, ob die Bevölkerung so befriedet ist. daß sie als gut russisch
allewege augesehen werden kauu. Ein Prikas der Gebietsvcrwaltung vom
Sommer 1905 wies darauf hin. daß bei entstehenden kriegerischen Verwick¬
lungen die russischen Städte und Stadtteile unter Umständen gefährdet erscheinen,
sobald die Truppen ausrücke» müssen. Zum eignen Schutz wäre es daher ge¬
boten, sich im Gebrauch der Waffen zu üben, die von den Artilleriedcpots zur
Verfügung gestellt würden.
Es sind eben Sarten, die den Hauptteil der Bevölkerungausmachen,
das heißt ein wie jedes andre Mischvolk nicht ganz zuverlässiges Produkt der
Vermischung türkischer und iranischer Stämme, über dessen Zusammensetzung
sich schon mancher Gelehrter den Kopf zerbrochen und Bücher geschrieben hat.
Wir haben sie bereits in Buchara als nicht unbeträchtlichen Teil der Be¬
völkerung kennen gelernt und begegnen ihnen auch weiterhin bis beinahe zum
Aralsee. Mittelgroß, mit unzweifelhaften, wenngleich nicht so reinen türkischen
Stammes- und Spracheigentü.nlichkciten. wie sie die Usbeken. Talare» und
40 000 Sarten. 10 000 Russe», S000 Juden und im ganzen etwa 3000 Angehörige
verschiedner Völker.
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