Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Ssamarkand dauer unsrer Fahrkarten auseinandersetzte, es wäre selbstverständlich, daß mau Bei unsern ersten Wegen und einigen Besorgungen lernten wir das russische Auf der Höhe von Affrossicib im Osten, gegenüber dem Mausoleum Chnsret- Ssamarkand dauer unsrer Fahrkarten auseinandersetzte, es wäre selbstverständlich, daß mau Bei unsern ersten Wegen und einigen Besorgungen lernten wir das russische Auf der Höhe von Affrossicib im Osten, gegenüber dem Mausoleum Chnsret- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0424" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302412"/> <fw type="header" place="top"> Ssamarkand</fw><lb/> <p xml:id="ID_1773" prev="#ID_1772"> dauer unsrer Fahrkarten auseinandersetzte, es wäre selbstverständlich, daß mau<lb/> mit Gästen anständig umginge: er werde das Nötige verfügen. Und wirklich,<lb/> man forderte unsre Fahrkarten ein, nud der Pvlizeimeister kam zu unsrer Weiter¬<lb/> fahrt persönlich auf den Bahnhof, um die Angelegenheit zu regelin Ohne der¬<lb/> artiges persönliches Eintreten wären allerdings die Formen des russischen<lb/> Bureaukratismus, soweit sie den Verkehr hemmen, geradezu unerträglich.</p><lb/> <p xml:id="ID_1774"> Bei unsern ersten Wegen und einigen Besorgungen lernten wir das russische<lb/> Ssamarkand schnell kennen. Es ist erstaunlich, was hier in der kurzen Zeit<lb/> der Rnssenherrschaft seit 1871 geleistet worden ist. Als Gebietshauptstadt und<lb/> Handelsplatz inmitten der nicht schlecht situierten Bevölkerung eines fruchtbaren<lb/> Landstrichs ist die alte Stadt durch eine ausgedehnte Niederlassung erweitert<lb/> worden. Obgleich Ssamarkand ein beträchtlich kontinentaleres Klima als Ascha-<lb/> bad hat, scheinen doch auch hier alle Bedingungen für gutes Fortkommen der<lb/> Pflanzenwelt gegeben; durch seine Gärten war Ssamarkand, die Perle der Städte,<lb/> von jeher berühmt. Alles gedeiht besser vielleicht als dort, da das nahe Gebirge,<lb/> das durch die breiten Straßen als Hintergrund auftaucht, in einem guten Aryk-<lb/> system mit starkem Gefälle reichlicheres Wasser dem fruchtbaren Boden liefert.<lb/> Ssamarkands städtische Finanzwirtschaft scheint nicht schlecht zu sei». Die<lb/> Sauberkeit ist verhältnismäßig groß. Trottoirs sind überall, nicht bloß vor<lb/> den recht anständigen Läden vorhanden. Nur die nicht ausreichend befestigte<lb/> Fahrbahn auf den Straßen war wie überall tief schlammig, sodaß die Über¬<lb/> gänge für den Fußgänger zu dem üblichen schwierigen Kunststück wurden. Aber<lb/> auch daran wird bessernde Hand gelegt. Der Umbau der Chaussee unmittelbar<lb/> nördlich der Stadt mit Dammaufschüttung durch die Niederung eines Hcmpt-<lb/> aryks berechtigte zu den besten Hoffnungen. Darin liegt jedenfalls ein Haupt-<lb/> reiz von Ssamarkand, daß die neue russische Kultur gerade in einer Stadt solche<lb/> Fortschritte gemacht hat, in deren altem Teil das Leben der ansässigen Ein-<lb/> gebornen in unbeeintrüchtigter Urwüchsigkeit pulsiert, wo eine mehrtausend¬<lb/> jährige Geschichte»ihre Denkmäler hinterlassen, eine ostasiatische Dynastie ein<lb/> Weltreich beherrscht hat, wo noch vor wenig Jahrzehnten der religiöse und<lb/> nationale Fanatismus Greuelszencn zeitigte, die dem Pinsel eines Weresch-<lb/> tschagins die dankbarsten Vorwürfe boten. Wahrhaftig, Occident und Orient<lb/> berühren sich in diesem russisch-asiatischen Gemeinwesen ganz besonders innig.</p><lb/> <p xml:id="ID_1775" next="#ID_1776"> Auf der Höhe von Affrossicib im Osten, gegenüber dem Mausoleum Chnsret-<lb/> Chaiser, hat man ein übersichtliches Gesamtbild vor sich. Wohin man blickt,<lb/> überall Säulen, blaue Moscheekuppeln, senkrechte Wände; die Kolossalruinen<lb/> der Bibi-Champa-Moschee ragen wie Mammuth unter Echsen zwischen den die<lb/> Zwischenräume füllenden niedrigen, flachgedachten, viereckigen Häusern und Hütten<lb/> der heutigen Eingebornenstadt empor; hier und dort verteilte Gartenanlagen und<lb/> Baumgruppen, dann der mächtig aufstrebende Baumschmuck der Nussenstadt be¬<lb/> leben das Bild, dessen Hintergrund die damals schneebedeckten Ausläufer der<lb/> Altaikette bilden. Als wir gegen Abend dort Stande», brach die Sonne mit gold-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0424]
Ssamarkand
dauer unsrer Fahrkarten auseinandersetzte, es wäre selbstverständlich, daß mau
mit Gästen anständig umginge: er werde das Nötige verfügen. Und wirklich,
man forderte unsre Fahrkarten ein, nud der Pvlizeimeister kam zu unsrer Weiter¬
fahrt persönlich auf den Bahnhof, um die Angelegenheit zu regelin Ohne der¬
artiges persönliches Eintreten wären allerdings die Formen des russischen
Bureaukratismus, soweit sie den Verkehr hemmen, geradezu unerträglich.
Bei unsern ersten Wegen und einigen Besorgungen lernten wir das russische
Ssamarkand schnell kennen. Es ist erstaunlich, was hier in der kurzen Zeit
der Rnssenherrschaft seit 1871 geleistet worden ist. Als Gebietshauptstadt und
Handelsplatz inmitten der nicht schlecht situierten Bevölkerung eines fruchtbaren
Landstrichs ist die alte Stadt durch eine ausgedehnte Niederlassung erweitert
worden. Obgleich Ssamarkand ein beträchtlich kontinentaleres Klima als Ascha-
bad hat, scheinen doch auch hier alle Bedingungen für gutes Fortkommen der
Pflanzenwelt gegeben; durch seine Gärten war Ssamarkand, die Perle der Städte,
von jeher berühmt. Alles gedeiht besser vielleicht als dort, da das nahe Gebirge,
das durch die breiten Straßen als Hintergrund auftaucht, in einem guten Aryk-
system mit starkem Gefälle reichlicheres Wasser dem fruchtbaren Boden liefert.
Ssamarkands städtische Finanzwirtschaft scheint nicht schlecht zu sei». Die
Sauberkeit ist verhältnismäßig groß. Trottoirs sind überall, nicht bloß vor
den recht anständigen Läden vorhanden. Nur die nicht ausreichend befestigte
Fahrbahn auf den Straßen war wie überall tief schlammig, sodaß die Über¬
gänge für den Fußgänger zu dem üblichen schwierigen Kunststück wurden. Aber
auch daran wird bessernde Hand gelegt. Der Umbau der Chaussee unmittelbar
nördlich der Stadt mit Dammaufschüttung durch die Niederung eines Hcmpt-
aryks berechtigte zu den besten Hoffnungen. Darin liegt jedenfalls ein Haupt-
reiz von Ssamarkand, daß die neue russische Kultur gerade in einer Stadt solche
Fortschritte gemacht hat, in deren altem Teil das Leben der ansässigen Ein-
gebornen in unbeeintrüchtigter Urwüchsigkeit pulsiert, wo eine mehrtausend¬
jährige Geschichte»ihre Denkmäler hinterlassen, eine ostasiatische Dynastie ein
Weltreich beherrscht hat, wo noch vor wenig Jahrzehnten der religiöse und
nationale Fanatismus Greuelszencn zeitigte, die dem Pinsel eines Weresch-
tschagins die dankbarsten Vorwürfe boten. Wahrhaftig, Occident und Orient
berühren sich in diesem russisch-asiatischen Gemeinwesen ganz besonders innig.
Auf der Höhe von Affrossicib im Osten, gegenüber dem Mausoleum Chnsret-
Chaiser, hat man ein übersichtliches Gesamtbild vor sich. Wohin man blickt,
überall Säulen, blaue Moscheekuppeln, senkrechte Wände; die Kolossalruinen
der Bibi-Champa-Moschee ragen wie Mammuth unter Echsen zwischen den die
Zwischenräume füllenden niedrigen, flachgedachten, viereckigen Häusern und Hütten
der heutigen Eingebornenstadt empor; hier und dort verteilte Gartenanlagen und
Baumgruppen, dann der mächtig aufstrebende Baumschmuck der Nussenstadt be¬
leben das Bild, dessen Hintergrund die damals schneebedeckten Ausläufer der
Altaikette bilden. Als wir gegen Abend dort Stande», brach die Sonne mit gold-
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