Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Erschrocken wandte sie sich ab und trat ins Freie hinaus, Sie mußte nun heim Die Luft verfinsterte sich allmählich, ein schwerer Regen prasselte auf die graue, Gegen Mittag kam Mann Gorvel herein, sah sich suchend in dem leeren " Da überkam alle, die zu Yvonne gegen Alan gehalten hatten, e ne große , Die Barkeubesitzer. die Alan bisher einen Platz an Bord verweigert hatten (Schluß folgt) Erschrocken wandte sie sich ab und trat ins Freie hinaus, Sie mußte nun heim Die Luft verfinsterte sich allmählich, ein schwerer Regen prasselte auf die graue, Gegen Mittag kam Mann Gorvel herein, sah sich suchend in dem leeren « Da überkam alle, die zu Yvonne gegen Alan gehalten hatten, e ne große , Die Barkeubesitzer. die Alan bisher einen Platz an Bord verweigert hatten (Schluß folgt) <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0383" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302371"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1659" prev="#ID_1658"> Erschrocken wandte sie sich ab und trat ins Freie hinaus, Sie mußte nun heim<lb/> gehen, und der Weg war endlos lang. Langsam nur kam sie vorwärts. In der<lb/> Morgenfrühe war sie diesen selben Weg leichtfüßig hergekommen und hatte nicht<lb/> gewußt, daß das böse Schicksal ihr in Gestalt einer alten Frau, der von Alan ent¬<lb/> sandten Pilgerin, auf dem Fuße folgte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1660"> Die Luft verfinsterte sich allmählich, ein schwerer Regen prasselte auf die graue,<lb/> endlose Heide hernieder. Bald klebten ihr die Kleider durchnäßt um die Glieder,<lb/> und das Gehen fiel ihr immer beschwerlicher. Die schwere Traurigkeit, die sich<lb/> beim Hinschwinden des Tageslichts auf die bretonische Landschaft niederläßt, drang<lb/> ihr langsam ins Gemüt und raubte ihr den letzten Rest ihrer Kraft. Schon war<lb/> die Dunkelheit völlig hereingebrochen, und eine Meile Wegs trennte sie noch von ihrem<lb/> Dorf. Der Regen hatte sich in einen feinen Nebel verwandelt, die Luft war mild.<lb/> Sie vermochte sich nicht länger aufrecht zu halten. Sie mußte sich am Wegrain<lb/> "uf den nassen Boden niedersetzen. Es war dunkel und still um sie her. Da<lb/> schlief sie ein und erwachte erst, als der Tag schon graute. Nun raffte sie sich auf,<lb/> und obwohl die Glieder sie heftig schmerzten, und in ihren Ohren ein Summen<lb/> und Klingen war wie von fernem, vielstimmigen Glockengeläut, vermochte sie steh<lb/> °hre Hilfe nach Hause zu schleppen. Dort legte sie sich zu Bett.</p><lb/> <p xml:id="ID_1661"> Gegen Mittag kam Mann Gorvel herein, sah sich suchend in dem leeren<lb/> Raume um und hörte dann eine heisere, fremde Stimme hinter den Bettturen<lb/> sprechen. Wie sie aber vorsichtig zu dem Herzausschnitt in den Bettschrank herein¬<lb/> lauerte, war es Yvonne, die da lag und sprach. Ihr Gesicht glühte im Fieber,<lb/> ihre Augen hatten einen starren, irren Ausdruck. Mann Gorvel holte eilig noch<lb/> eine Nachbarin herbei. Die beiden Frauen kochten einen Trank und legten der<lb/> Kranken nasse Tücher auf die heiße Stirne. Aber Yvonne hatte auf nichts acht<lb/> und redete unaufhörlich vor sich hin. Als die Frauen merkten, daß einiger Sinn<lb/> i» ihren Fieberphantasien lag, kamen sie neugierig herangeschlichen und horchten<lb/> "ut wechselten bald erschrockne Blicke miteinander. Es war noch nicht Abend ge¬<lb/> worden, da wußte es das ganze Dorf: Se. Yvon-ar-Wirionez ist der Witwe Ker-<lb/> bastiou erschienen und hat ihr den Tod verkündigt, weil sie Alan fälschlich des<lb/> Mordes angeklagt hat. ' .... -</p><lb/> <p xml:id="ID_1662"> « Da überkam alle, die zu Yvonne gegen Alan gehalten hatten, e ne große<lb/> Angst, denn sie hatten einen mächtigen Respekt vor ihres heiligen Urwalds Straf¬<lb/> gerichten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1663"> , Die Barkeubesitzer. die Alan bisher einen Platz an Bord verweigert hatten<lb/> b°ten ihm jetzt, jeder einzelne im geheimen, einen erhöhten Lohn, wenn er ihr Boot<lb/> bevorzugen wolle! Und Alan lächelte kalt und verdingte sich bei dem Meistbietenden.<lb/> Sein erstes Geld trug er der Rail ins Haus zur Bezahlung ihres erfolgreichen<lb/> Pilgerganges. Sie nahm es ohne Zieren entgegen, denn sie war steh bewußt,<lb/> ihre Arbeit gründlich getan zu haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1664"> (Schluß folgt)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0383]
Erschrocken wandte sie sich ab und trat ins Freie hinaus, Sie mußte nun heim
gehen, und der Weg war endlos lang. Langsam nur kam sie vorwärts. In der
Morgenfrühe war sie diesen selben Weg leichtfüßig hergekommen und hatte nicht
gewußt, daß das böse Schicksal ihr in Gestalt einer alten Frau, der von Alan ent¬
sandten Pilgerin, auf dem Fuße folgte.
Die Luft verfinsterte sich allmählich, ein schwerer Regen prasselte auf die graue,
endlose Heide hernieder. Bald klebten ihr die Kleider durchnäßt um die Glieder,
und das Gehen fiel ihr immer beschwerlicher. Die schwere Traurigkeit, die sich
beim Hinschwinden des Tageslichts auf die bretonische Landschaft niederläßt, drang
ihr langsam ins Gemüt und raubte ihr den letzten Rest ihrer Kraft. Schon war
die Dunkelheit völlig hereingebrochen, und eine Meile Wegs trennte sie noch von ihrem
Dorf. Der Regen hatte sich in einen feinen Nebel verwandelt, die Luft war mild.
Sie vermochte sich nicht länger aufrecht zu halten. Sie mußte sich am Wegrain
"uf den nassen Boden niedersetzen. Es war dunkel und still um sie her. Da
schlief sie ein und erwachte erst, als der Tag schon graute. Nun raffte sie sich auf,
und obwohl die Glieder sie heftig schmerzten, und in ihren Ohren ein Summen
und Klingen war wie von fernem, vielstimmigen Glockengeläut, vermochte sie steh
°hre Hilfe nach Hause zu schleppen. Dort legte sie sich zu Bett.
Gegen Mittag kam Mann Gorvel herein, sah sich suchend in dem leeren
Raume um und hörte dann eine heisere, fremde Stimme hinter den Bettturen
sprechen. Wie sie aber vorsichtig zu dem Herzausschnitt in den Bettschrank herein¬
lauerte, war es Yvonne, die da lag und sprach. Ihr Gesicht glühte im Fieber,
ihre Augen hatten einen starren, irren Ausdruck. Mann Gorvel holte eilig noch
eine Nachbarin herbei. Die beiden Frauen kochten einen Trank und legten der
Kranken nasse Tücher auf die heiße Stirne. Aber Yvonne hatte auf nichts acht
und redete unaufhörlich vor sich hin. Als die Frauen merkten, daß einiger Sinn
i» ihren Fieberphantasien lag, kamen sie neugierig herangeschlichen und horchten
"ut wechselten bald erschrockne Blicke miteinander. Es war noch nicht Abend ge¬
worden, da wußte es das ganze Dorf: Se. Yvon-ar-Wirionez ist der Witwe Ker-
bastiou erschienen und hat ihr den Tod verkündigt, weil sie Alan fälschlich des
Mordes angeklagt hat. ' .... -
« Da überkam alle, die zu Yvonne gegen Alan gehalten hatten, e ne große
Angst, denn sie hatten einen mächtigen Respekt vor ihres heiligen Urwalds Straf¬
gerichten.
, Die Barkeubesitzer. die Alan bisher einen Platz an Bord verweigert hatten
b°ten ihm jetzt, jeder einzelne im geheimen, einen erhöhten Lohn, wenn er ihr Boot
bevorzugen wolle! Und Alan lächelte kalt und verdingte sich bei dem Meistbietenden.
Sein erstes Geld trug er der Rail ins Haus zur Bezahlung ihres erfolgreichen
Pilgerganges. Sie nahm es ohne Zieren entgegen, denn sie war steh bewußt,
ihre Arbeit gründlich getan zu haben.
(Schluß folgt)
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