Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Lin Kompendium der Rechtswissenschaft für Laien Wiederholt dargestellt worden.*) Wie auch, heißt es in der zusammenfassenden In der Abhandlung Wilhelm Kahls über das Kirchenrecht interessiert *) Eines der Werke, die zur Erörterung dieser Fragen in den Grenzboten Anlaß gegeben
haben, Das Verbrechen und seine Bekämpfung von Prof. or, G, Aschaffenburg, ist vorigen Sommer bei Carl Winter in Heidelberg in zweiter, verbesserter Auflage erschienen, Lin Kompendium der Rechtswissenschaft für Laien Wiederholt dargestellt worden.*) Wie auch, heißt es in der zusammenfassenden In der Abhandlung Wilhelm Kahls über das Kirchenrecht interessiert *) Eines der Werke, die zur Erörterung dieser Fragen in den Grenzboten Anlaß gegeben
haben, Das Verbrechen und seine Bekämpfung von Prof. or, G, Aschaffenburg, ist vorigen Sommer bei Carl Winter in Heidelberg in zweiter, verbesserter Auflage erschienen, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0305" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302293"/> <fw type="header" place="top"> Lin Kompendium der Rechtswissenschaft für Laien</fw><lb/> <p xml:id="ID_1298" prev="#ID_1297"> Wiederholt dargestellt worden.*) Wie auch, heißt es in der zusammenfassenden<lb/> Kritik beider Richtungen, „das Ergebnis künftiger wissenschaftlicher Forschung<lb/> auf dem anthropologischen oder soziologischen Gebiet ausfallen möge — an<lb/> dem Satze wird sie nicht rütteln können, der das Kennwort der sogenannten<lb/> jungdeutschen Kriminalistenschule bildet: »Das Verbrechen ist das Produkt aus<lb/> der Eigenart des Verbrechers und den ihn umgebenden gesellschaftlichen Ver¬<lb/> hältnissen«. Mit dieser Auffassung ist die dogmatisch-juristische Konstruktion<lb/> des Verbrechens als des eigenartigen rechtlichen Tatbestandes, an der die<lb/> Rechtsfolge der Strafe durch den Gesetzgeber geknüpft wird, in keiner Weise<lb/> berührt. Aber dem heutigen Kriminalisten ist diese Konstruktion nicht mehr die<lb/> einzige und lange nicht mehr die höchste Leistung der Strafrechtswissenschaft.<lb/> Ungleich hoher als die Weiterbildung der Begriffsjurisprudenz steht ihm die<lb/> Erforschung der Ursachen" des Verbrechens und die „Kriminalpolitik", die auf<lb/> Zweckmäßigkeit der Strafe und des Strafvollzugs hinzielt. Am schärfsten unter¬<lb/> scheidet sich die neuere Kriminalpolitik von der ältern „durch die Betonung<lb/> der Besseruugs- und Sicherungsmaßregeln, die neben oder an Stelle der<lb/> eigentlichen Strafe vorgeschlagen werden. Die Fürsorgeerziehuug ist, dem<lb/> Entwurf eiues Bürgerlichen Gesetzbuches zum Trotz, von den bereits dem Ver¬<lb/> brechen anheimgefallnen Kindern und Jugendlichen auf die Fülle der sittlichen<lb/> Verwahrlosung ausgedehnt und damit eine unsrer dringendsten Forderungen<lb/> erfüllt worden. Daß die Gesellschaft gegen geisteskranke und vermindert zu¬<lb/> rechnungsfähige Verbrecher, die als gemeingefährlich erscheinen, durch dauernde<lb/> Verwahrung dieser Personen geschützt werden muß, wird seit den letzten Monaten<lb/> fast allgemein zugegeben. Um weitere Forderungen, die von den Vertretern<lb/> der neuen Richtung erhoben werden, dauert der Kampf noch fort; aber auch<lb/> hier wird die Weiterentwicklung der neuen Gedanken die Entscheidung zugunsten<lb/> dieser Forderungen in nicht zu ferner Zukunft bringen. Dabei steht die dauernde<lb/> Verwahrung der unverbesserlichen gewerbs- oder gewohnheitsmüßigen Ver¬<lb/> brecher ^die Deportation lehnt Liszt abj, dann aber auch die zweckentsprechende<lb/> Bekämpfung von Bettelei und Landstreichern im Vordergrunde des Interesses."<lb/> In dem Abschnitt über das Strafprozeßrecht wird behauptet: da sich die Zu¬<lb/> ziehung von Laien zur Rechtsprechung nicht mehr rückgängig machen lasse,<lb/> die Gerichtskörper aber nach einheitlichen Grundsätzen zusammengesetzt werden<lb/> müßten, so sei damit den Strafkammern das Todesurteil gesprochen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1299" next="#ID_1300"> In der Abhandlung Wilhelm Kahls über das Kirchenrecht interessiert<lb/> natürlich am meisten die Auffassung der heute brennenden Fragen. Über die<lb/> Preußische Maigesetzgebung wird geurteilt: „Kerngesund in ihrem Grundge¬<lb/> danken, an Stelle eines unklaren Freiheitsprinzips (Artikel 15 der Verfassung)<lb/> eine spezialrechtliche Regelung zwischen Staat und Kirchen treten zu lassen,</p><lb/> <note xml:id="FID_34" place="foot"> *) Eines der Werke, die zur Erörterung dieser Fragen in den Grenzboten Anlaß gegeben<lb/> haben, Das Verbrechen und seine Bekämpfung von Prof. or, G, Aschaffenburg, ist<lb/> vorigen Sommer bei Carl Winter in Heidelberg in zweiter, verbesserter Auflage erschienen,</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0305]
Lin Kompendium der Rechtswissenschaft für Laien
Wiederholt dargestellt worden.*) Wie auch, heißt es in der zusammenfassenden
Kritik beider Richtungen, „das Ergebnis künftiger wissenschaftlicher Forschung
auf dem anthropologischen oder soziologischen Gebiet ausfallen möge — an
dem Satze wird sie nicht rütteln können, der das Kennwort der sogenannten
jungdeutschen Kriminalistenschule bildet: »Das Verbrechen ist das Produkt aus
der Eigenart des Verbrechers und den ihn umgebenden gesellschaftlichen Ver¬
hältnissen«. Mit dieser Auffassung ist die dogmatisch-juristische Konstruktion
des Verbrechens als des eigenartigen rechtlichen Tatbestandes, an der die
Rechtsfolge der Strafe durch den Gesetzgeber geknüpft wird, in keiner Weise
berührt. Aber dem heutigen Kriminalisten ist diese Konstruktion nicht mehr die
einzige und lange nicht mehr die höchste Leistung der Strafrechtswissenschaft.
Ungleich hoher als die Weiterbildung der Begriffsjurisprudenz steht ihm die
Erforschung der Ursachen" des Verbrechens und die „Kriminalpolitik", die auf
Zweckmäßigkeit der Strafe und des Strafvollzugs hinzielt. Am schärfsten unter¬
scheidet sich die neuere Kriminalpolitik von der ältern „durch die Betonung
der Besseruugs- und Sicherungsmaßregeln, die neben oder an Stelle der
eigentlichen Strafe vorgeschlagen werden. Die Fürsorgeerziehuug ist, dem
Entwurf eiues Bürgerlichen Gesetzbuches zum Trotz, von den bereits dem Ver¬
brechen anheimgefallnen Kindern und Jugendlichen auf die Fülle der sittlichen
Verwahrlosung ausgedehnt und damit eine unsrer dringendsten Forderungen
erfüllt worden. Daß die Gesellschaft gegen geisteskranke und vermindert zu¬
rechnungsfähige Verbrecher, die als gemeingefährlich erscheinen, durch dauernde
Verwahrung dieser Personen geschützt werden muß, wird seit den letzten Monaten
fast allgemein zugegeben. Um weitere Forderungen, die von den Vertretern
der neuen Richtung erhoben werden, dauert der Kampf noch fort; aber auch
hier wird die Weiterentwicklung der neuen Gedanken die Entscheidung zugunsten
dieser Forderungen in nicht zu ferner Zukunft bringen. Dabei steht die dauernde
Verwahrung der unverbesserlichen gewerbs- oder gewohnheitsmüßigen Ver¬
brecher ^die Deportation lehnt Liszt abj, dann aber auch die zweckentsprechende
Bekämpfung von Bettelei und Landstreichern im Vordergrunde des Interesses."
In dem Abschnitt über das Strafprozeßrecht wird behauptet: da sich die Zu¬
ziehung von Laien zur Rechtsprechung nicht mehr rückgängig machen lasse,
die Gerichtskörper aber nach einheitlichen Grundsätzen zusammengesetzt werden
müßten, so sei damit den Strafkammern das Todesurteil gesprochen.
In der Abhandlung Wilhelm Kahls über das Kirchenrecht interessiert
natürlich am meisten die Auffassung der heute brennenden Fragen. Über die
Preußische Maigesetzgebung wird geurteilt: „Kerngesund in ihrem Grundge¬
danken, an Stelle eines unklaren Freiheitsprinzips (Artikel 15 der Verfassung)
eine spezialrechtliche Regelung zwischen Staat und Kirchen treten zu lassen,
*) Eines der Werke, die zur Erörterung dieser Fragen in den Grenzboten Anlaß gegeben
haben, Das Verbrechen und seine Bekämpfung von Prof. or, G, Aschaffenburg, ist
vorigen Sommer bei Carl Winter in Heidelberg in zweiter, verbesserter Auflage erschienen,
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