Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Sie Haselnuß Das war dann immer ein Triumph, wenn der Dresdner, nachdem er gekostet hatte, Aber Rauch Talent war keineswegs so einseitig, wie man anfaugs geglaubt Eines Tages nun -- es mochten wohl zwanzig Jahre seit dem Besuche des Der Wirt, der es im allgemeinen für unter seiner Würde hielt, mit jünger" Nein, sagte er, es ist keins von den Eiern, die der Kranich gelegt hat, sondern Aber wie hängt dieser Wandel mit dem Ding dort an Ihrer Uhrkette zu¬ Das werden Sie gleich hören. Sehen Sie, vor Jahr und Tag, als im Quietschkh? -- Quietschkh? Amadeus Quietschkh? fragte der Advokat. Ach, Kann stimmen! pflichtete der Wirt bei, die Herrlichkeit nahm ein Ende mit Ein sonderbarer Zahlungsmodus! sagte Schrödter, konnten Sie ihn denn nicht Das wäre nicht der Mühe wert gewesen, den" die Zeche betrug, wenn ich Immerhin! Ich hätte den Kerl an Ihrer Stelle nicht so ohne weiteres laufen Hören Sie nur weiter! Er gab mir die Nuß und erklärte, sie sei mehr als Sie Haselnuß Das war dann immer ein Triumph, wenn der Dresdner, nachdem er gekostet hatte, Aber Rauch Talent war keineswegs so einseitig, wie man anfaugs geglaubt Eines Tages nun — es mochten wohl zwanzig Jahre seit dem Besuche des Der Wirt, der es im allgemeinen für unter seiner Würde hielt, mit jünger» Nein, sagte er, es ist keins von den Eiern, die der Kranich gelegt hat, sondern Aber wie hängt dieser Wandel mit dem Ding dort an Ihrer Uhrkette zu¬ Das werden Sie gleich hören. Sehen Sie, vor Jahr und Tag, als im Quietschkh? — Quietschkh? Amadeus Quietschkh? fragte der Advokat. Ach, Kann stimmen! pflichtete der Wirt bei, die Herrlichkeit nahm ein Ende mit Ein sonderbarer Zahlungsmodus! sagte Schrödter, konnten Sie ihn denn nicht Das wäre nicht der Mühe wert gewesen, den» die Zeche betrug, wenn ich Immerhin! Ich hätte den Kerl an Ihrer Stelle nicht so ohne weiteres laufen Hören Sie nur weiter! Er gab mir die Nuß und erklärte, sie sei mehr als <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0269" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302257"/> <fw type="header" place="top"> Sie Haselnuß</fw><lb/> <p xml:id="ID_1179" prev="#ID_1178"> Das war dann immer ein Triumph, wenn der Dresdner, nachdem er gekostet hatte,<lb/> bekennen mußte: Nein, so etwas gibt es bei uns nicht!</p><lb/> <p xml:id="ID_1180"> Aber Rauch Talent war keineswegs so einseitig, wie man anfaugs geglaubt<lb/> hatte. Er entpuppte sich jetzt, wo ihm gleichsam die Schwingen gewachsen waren,<lb/> als einen Meister der feinen Kochkunst, und seinem Mittagstische zuliebe stiegen<lb/> nun auch vornehme Fremde bei ihm ab, die unter andern Umständen die Logier-<lb/> zimmer im Goldenen Kranich gar zu bescheiden gefunden hätten. Und weil der<lb/> Wirt wußte, was sich schickt, und was er seinen Gästen schuldig war, ließ er sich<lb/> nicht mehr in Schürze und Hemdärmel« sehen, soudern erschien, wenn die Herr¬<lb/> schaften bei der Tafel saßen, in einem langen schwarzen Rock, dessen Knopfloch eine<lb/> Weiße Rose schmückte. Auf der tadellos saubern Nankingweste aber, die das<lb/> imposante Gewölbe seines Bauches umspannte, prangte eine massiv goldne Uhr-<lb/> kette, und an dieser hing als Berlocke eine goldne Kapsel von der Größe eines<lb/> Taubeneis.</p><lb/> <p xml:id="ID_1181"> Eines Tages nun — es mochten wohl zwanzig Jahre seit dem Besuche des<lb/> Fürsten Pückler verflossen sein — nahm sich ein junger Advokat, Herr Schrödter,<lb/> der wöchentlich ein- oder zweimal im Kranich zu Mittag speiste, die Freiheit,<lb/> Herrn Raue zu fragen, was es mit dem bewußten goldnen El für eine Bewandtnis<lb/> habe, und ob es vielleicht eins von den Eiern sei, die der Goldene Kranich<lb/> seinem glücklichen Besitzer zu legen pflege.</p><lb/> <p xml:id="ID_1182"> Der Wirt, der es im allgemeinen für unter seiner Würde hielt, mit jünger»<lb/> Gästen vertrauliche Gespräche zu führen oder gar auf ihre Scherze einzugehen,<lb/> mochte gerade guter Laune sein oder sich durch die Erwähnung der goldnen Eier<lb/> geschmeichelt fühlen, jedenfalls ließ er sich am Tische des Advokaten nieder und<lb/> stand ihm bereitwillig auf seine Frage Antwort.</p><lb/> <p xml:id="ID_1183"> Nein, sagte er, es ist keins von den Eiern, die der Kranich gelegt hat, sondern<lb/> eher das El, aus dem der Kranich hervorgegangen ist, wenigstens der Kranich in<lb/> seiner jetzigen Gestalt und Bedeutung. Denn dieses Haus hat auch einmal andre<lb/> Zeiten gesehen, es war nicht immer der vornehme Gasthof, als den Sie und Ihre<lb/> Altersgenossen es kennen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1184"> Aber wie hängt dieser Wandel mit dem Ding dort an Ihrer Uhrkette zu¬<lb/> sammen?</p><lb/> <p xml:id="ID_1185"> Das werden Sie gleich hören. Sehen Sie, vor Jahr und Tag, als im<lb/> Kranich »och lauter kleine Leute verkehrten — es war, unter uns gesagt, eigentlich<lb/> nur eine Fuhrmannskneipe —, gehörte ein Musikant zu meinen Gästen, der gleichsam<lb/> über Nacht berühmt geworden war und allen Leuten den Kopf verdrehte. Der<lb/> "N"um hieß Quietschkh —</p><lb/> <p xml:id="ID_1186"> Quietschkh? — Quietschkh? Amadeus Quietschkh? fragte der Advokat. Ach,<lb/> "uf den kann ich mich noch so ganz dunkel besinnen. Meine Mutter hatte sei»<lb/> Bild in der guten Stube hängen, aber eines Tages trug sich in die Bodenkammer,<lb/> und im Hause durfte nicht mehr davon gesprochen werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1187"> Kann stimmen! pflichtete der Wirt bei, die Herrlichkeit nahm ein Ende mit<lb/> Schrecken. Aber sehen Sie, dieser Mann bezahlte die letzte Zeche, die er hier machte,<lb/> "ut einer Haselnuß.</p><lb/> <p xml:id="ID_1188"> Ein sonderbarer Zahlungsmodus! sagte Schrödter, konnten Sie ihn denn nicht<lb/> pfänden lassen?</p><lb/> <p xml:id="ID_1189"> Das wäre nicht der Mühe wert gewesen, den» die Zeche betrug, wenn ich<lb/> '"ehe irre, nur sechzehn Neugroschen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1190"> Immerhin! Ich hätte den Kerl an Ihrer Stelle nicht so ohne weiteres laufen<lb/> lassen. Schon des Prinzips wegen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1191"> Hören Sie nur weiter! Er gab mir die Nuß und erklärte, sie sei mehr als<lb/> hunderttausend Taler wert und werde mich zum reichste» Manne Leipzigs machen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0269]
Sie Haselnuß
Das war dann immer ein Triumph, wenn der Dresdner, nachdem er gekostet hatte,
bekennen mußte: Nein, so etwas gibt es bei uns nicht!
Aber Rauch Talent war keineswegs so einseitig, wie man anfaugs geglaubt
hatte. Er entpuppte sich jetzt, wo ihm gleichsam die Schwingen gewachsen waren,
als einen Meister der feinen Kochkunst, und seinem Mittagstische zuliebe stiegen
nun auch vornehme Fremde bei ihm ab, die unter andern Umständen die Logier-
zimmer im Goldenen Kranich gar zu bescheiden gefunden hätten. Und weil der
Wirt wußte, was sich schickt, und was er seinen Gästen schuldig war, ließ er sich
nicht mehr in Schürze und Hemdärmel« sehen, soudern erschien, wenn die Herr¬
schaften bei der Tafel saßen, in einem langen schwarzen Rock, dessen Knopfloch eine
Weiße Rose schmückte. Auf der tadellos saubern Nankingweste aber, die das
imposante Gewölbe seines Bauches umspannte, prangte eine massiv goldne Uhr-
kette, und an dieser hing als Berlocke eine goldne Kapsel von der Größe eines
Taubeneis.
Eines Tages nun — es mochten wohl zwanzig Jahre seit dem Besuche des
Fürsten Pückler verflossen sein — nahm sich ein junger Advokat, Herr Schrödter,
der wöchentlich ein- oder zweimal im Kranich zu Mittag speiste, die Freiheit,
Herrn Raue zu fragen, was es mit dem bewußten goldnen El für eine Bewandtnis
habe, und ob es vielleicht eins von den Eiern sei, die der Goldene Kranich
seinem glücklichen Besitzer zu legen pflege.
Der Wirt, der es im allgemeinen für unter seiner Würde hielt, mit jünger»
Gästen vertrauliche Gespräche zu führen oder gar auf ihre Scherze einzugehen,
mochte gerade guter Laune sein oder sich durch die Erwähnung der goldnen Eier
geschmeichelt fühlen, jedenfalls ließ er sich am Tische des Advokaten nieder und
stand ihm bereitwillig auf seine Frage Antwort.
Nein, sagte er, es ist keins von den Eiern, die der Kranich gelegt hat, sondern
eher das El, aus dem der Kranich hervorgegangen ist, wenigstens der Kranich in
seiner jetzigen Gestalt und Bedeutung. Denn dieses Haus hat auch einmal andre
Zeiten gesehen, es war nicht immer der vornehme Gasthof, als den Sie und Ihre
Altersgenossen es kennen.
Aber wie hängt dieser Wandel mit dem Ding dort an Ihrer Uhrkette zu¬
sammen?
Das werden Sie gleich hören. Sehen Sie, vor Jahr und Tag, als im
Kranich »och lauter kleine Leute verkehrten — es war, unter uns gesagt, eigentlich
nur eine Fuhrmannskneipe —, gehörte ein Musikant zu meinen Gästen, der gleichsam
über Nacht berühmt geworden war und allen Leuten den Kopf verdrehte. Der
"N"um hieß Quietschkh —
Quietschkh? — Quietschkh? Amadeus Quietschkh? fragte der Advokat. Ach,
"uf den kann ich mich noch so ganz dunkel besinnen. Meine Mutter hatte sei»
Bild in der guten Stube hängen, aber eines Tages trug sich in die Bodenkammer,
und im Hause durfte nicht mehr davon gesprochen werden.
Kann stimmen! pflichtete der Wirt bei, die Herrlichkeit nahm ein Ende mit
Schrecken. Aber sehen Sie, dieser Mann bezahlte die letzte Zeche, die er hier machte,
"ut einer Haselnuß.
Ein sonderbarer Zahlungsmodus! sagte Schrödter, konnten Sie ihn denn nicht
pfänden lassen?
Das wäre nicht der Mühe wert gewesen, den» die Zeche betrug, wenn ich
'"ehe irre, nur sechzehn Neugroschen.
Immerhin! Ich hätte den Kerl an Ihrer Stelle nicht so ohne weiteres laufen
lassen. Schon des Prinzips wegen.
Hören Sie nur weiter! Er gab mir die Nuß und erklärte, sie sei mehr als
hunderttausend Taler wert und werde mich zum reichste» Manne Leipzigs machen.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |