Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Die Beziehungen der ägyptischen Naiionalparte! zu Frankreich seine Spalten einem ungeheuer langen und temperamentvollen Artikel von Die Beziehungen der ägyptischen Naiionalparte! zu Frankreich seine Spalten einem ungeheuer langen und temperamentvollen Artikel von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0228" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302216"/> <fw type="header" place="top"> Die Beziehungen der ägyptischen Naiionalparte! zu Frankreich</fw><lb/> <p xml:id="ID_1027" prev="#ID_1026" next="#ID_1028"> seine Spalten einem ungeheuer langen und temperamentvollen Artikel von<lb/> Kamel Pascha, worin dieser das „wahre Gesicht des Pcmislamismus und des<lb/> Fanatismus" der Ägypter zeigt und gegen die ungünstige Beurteilung der<lb/> Politik der Nationalpartei protestiert und zugleich der deutschen Politik den<lb/> Vorwurf macht, daß sie Ägypten, diese Seele des Islamismus, stets vernach¬<lb/> lässigt und hier stets England gestützt habe. Vorläufig knüpft der ^fax»<lb/> hieran noch keine eignen Kommentare. Aber die werden bald kommen. Im<lb/> Journal ass vsdats lesen wir dann etwas später eine ungemein sympathisch<lb/> gehaltene Darlegung der Geschichte der ägyptischen Nationalpartei, die sich im<lb/> Anfang ihres Kampfes gegen England auf Frankreich stützte, nach Faschoda<lb/> und der mehres LoräiÄlö aber von Frankreich und Europa lassen mußte und<lb/> dann ihre Mittel änderte, indem sie zuerst die muselmanische Idee als Kampf¬<lb/> mittel benutzte, ohne vorerst über Ägyptens Grenzen hinüberzuschauen und von<lb/> Pcmislamismus zu träumen. Schließlich aber entwickelte die Nationalpartei<lb/> folgerichtig ihr Programm in rein religiösem Sinne und sah auf Konstantinopel.<lb/> Kaum war diese Korrespondenz des ^cmrng.1 ass vsbats, die damals Aufsehen<lb/> erregte, erschienen — es war im Anfang Oktober vorigen Jahres —, so ergriff<lb/> vierzehn Tage später auch der Ikinxs wieder selbst das Wort und erklärte<lb/> in einem Leitartikel an der Spitze des Blattes, daß nichts die Anschuldigung<lb/> gegen die Nationalpartei rechtfertige, daß sie Ägypten unter türkische Herrschaft<lb/> bringen wolle. Mustapha Kamel und seine Parteigänger müßten Esel sein,<lb/> wenn sie verkennen wollten, daß für diesen Fall ganz Europa mit England<lb/> ginge. Es sei also ausgeschlossen, daß sie türkische Agenten seien. Aber französische<lb/> „Champions" seien sie auch nicht. Sie seien der Erziehung nach Franzosen,<lb/> aber als Patrioten ägyptische Egoisten. Und gewunden wie immer erklärt nun<lb/> der 1fax8, daß die Ziele dieser ägyptischen Patrioten zweierlei Art wären:<lb/> erstens das Ende der englischen Okkupierung. Und da könne Frankreich nicht<lb/> mithelfen, sagt der Isnixs. Zweitens aber die Kulturentwicklung Ägyptens,<lb/> das die Seele des Islams ist. Und hier können, sagt der Ivinps wörtlich,<lb/> die Ägypter an dein, was sie schon Frankreich verdanken, ermessen, was sie<lb/> von ihm in Zukunft zu erwarten hätten. Denn die «zntento eorclig-is zwinge<lb/> Frankreich keineswegs, auf seine materielle Stellung und seinen intellektuellen<lb/> Einfluß in Ägypten zu verzichten. Französischer Handel, französische Sprache,<lb/> französische Ideen hätten einen breiten Platz im Pharaonenlande, und diesen<lb/> Platz müßten sie behalten. Der Tribut, den Frankreich durch seine Schulen<lb/> zur geistigen Entwicklung Ägyptens beigesteuert habe, dürfe in Zukunft sein,<lb/> was er in der Vergangenheit war. Die Nationalpartei solle also von Frankreich<lb/> nicht mehr verlangen, als es bieten könne, und seinerseits Frankreich seine Rolle<lb/> als muselmanische Macht nicht unnütz erschweren durch Revolte oder Mißtrauen<lb/> gegen Frankreich. Was dieser Artikel will, ist ganz klar. Er will bei der<lb/> Nationalpartei eine gewisse Hoffnung nähren, auf die Zukunft vertrösten und<lb/> das lebendige Interesse Frankreichs an Ägyptens moralischem Wohlergehn be-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0228]
Die Beziehungen der ägyptischen Naiionalparte! zu Frankreich
seine Spalten einem ungeheuer langen und temperamentvollen Artikel von
Kamel Pascha, worin dieser das „wahre Gesicht des Pcmislamismus und des
Fanatismus" der Ägypter zeigt und gegen die ungünstige Beurteilung der
Politik der Nationalpartei protestiert und zugleich der deutschen Politik den
Vorwurf macht, daß sie Ägypten, diese Seele des Islamismus, stets vernach¬
lässigt und hier stets England gestützt habe. Vorläufig knüpft der ^fax»
hieran noch keine eignen Kommentare. Aber die werden bald kommen. Im
Journal ass vsdats lesen wir dann etwas später eine ungemein sympathisch
gehaltene Darlegung der Geschichte der ägyptischen Nationalpartei, die sich im
Anfang ihres Kampfes gegen England auf Frankreich stützte, nach Faschoda
und der mehres LoräiÄlö aber von Frankreich und Europa lassen mußte und
dann ihre Mittel änderte, indem sie zuerst die muselmanische Idee als Kampf¬
mittel benutzte, ohne vorerst über Ägyptens Grenzen hinüberzuschauen und von
Pcmislamismus zu träumen. Schließlich aber entwickelte die Nationalpartei
folgerichtig ihr Programm in rein religiösem Sinne und sah auf Konstantinopel.
Kaum war diese Korrespondenz des ^cmrng.1 ass vsbats, die damals Aufsehen
erregte, erschienen — es war im Anfang Oktober vorigen Jahres —, so ergriff
vierzehn Tage später auch der Ikinxs wieder selbst das Wort und erklärte
in einem Leitartikel an der Spitze des Blattes, daß nichts die Anschuldigung
gegen die Nationalpartei rechtfertige, daß sie Ägypten unter türkische Herrschaft
bringen wolle. Mustapha Kamel und seine Parteigänger müßten Esel sein,
wenn sie verkennen wollten, daß für diesen Fall ganz Europa mit England
ginge. Es sei also ausgeschlossen, daß sie türkische Agenten seien. Aber französische
„Champions" seien sie auch nicht. Sie seien der Erziehung nach Franzosen,
aber als Patrioten ägyptische Egoisten. Und gewunden wie immer erklärt nun
der 1fax8, daß die Ziele dieser ägyptischen Patrioten zweierlei Art wären:
erstens das Ende der englischen Okkupierung. Und da könne Frankreich nicht
mithelfen, sagt der Isnixs. Zweitens aber die Kulturentwicklung Ägyptens,
das die Seele des Islams ist. Und hier können, sagt der Ivinps wörtlich,
die Ägypter an dein, was sie schon Frankreich verdanken, ermessen, was sie
von ihm in Zukunft zu erwarten hätten. Denn die «zntento eorclig-is zwinge
Frankreich keineswegs, auf seine materielle Stellung und seinen intellektuellen
Einfluß in Ägypten zu verzichten. Französischer Handel, französische Sprache,
französische Ideen hätten einen breiten Platz im Pharaonenlande, und diesen
Platz müßten sie behalten. Der Tribut, den Frankreich durch seine Schulen
zur geistigen Entwicklung Ägyptens beigesteuert habe, dürfe in Zukunft sein,
was er in der Vergangenheit war. Die Nationalpartei solle also von Frankreich
nicht mehr verlangen, als es bieten könne, und seinerseits Frankreich seine Rolle
als muselmanische Macht nicht unnütz erschweren durch Revolte oder Mißtrauen
gegen Frankreich. Was dieser Artikel will, ist ganz klar. Er will bei der
Nationalpartei eine gewisse Hoffnung nähren, auf die Zukunft vertrösten und
das lebendige Interesse Frankreichs an Ägyptens moralischem Wohlergehn be-
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