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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

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Die Schaffung des deutschen Seekabelnetzes

Gesellschaft ist heute die weitaus wichtigste unter den deutschen Kabelgesell¬
schaften: sie besitzt gegenwärtig nicht nur die beiden deutsch-atlantischen Kabel¬
linien, die seit 1900 und 1904, von Emden über die Azoren nach Newyork
verlaufend, eine unabhängige telegraphische Verbindung Deutschlands mit Nord¬
amerika gewährleisten, sondern auch das Emden-Vigo-Kabel, das sie am
1. Januar 1905 von der in Liquidation getretenen "Deutschen Seetelegraphen-
Gesellschaft" übernahm. Die zuletzt genannte Kabelstrecke, die sich ebenso wie
die atlantischen Kabel einer äußerst regen Benutzung erfreut, dürfte vermutlich
in naher Zukunft verdoppelt werden, damit sie dem steigenden Verkehrsbedürfnis
entspreche.

Auf die Einzelheiten des zwischen der deutschen Reichspost und der "Deutsch-
Atlantischen Telegraphengesellschaft" geschlossenen Vertrages soll hier nicht ein¬
gegangen werden. Es sei nur erwähnt, daß die Reichspost den Betrieb des
Kabels am deutschen Ende, also in Emden, übernahm, während auf den Azoren
und in Amerika die Gesellschaft für die Betriebseinrichtungen und den Unter¬
halt der Vetriebsstellen zu sorgen sich verpflichtete. In Newyork sind die
Anschlußleitungen des Kabels in die Hauptstation der kosta! lölöFrg-xb. Lioin-
xg,n^ eingeführt worden, in Horta auf der Azoreninsel Fayal dagegen in die
gemeinsame Station der dort wirkenden Telegraphengesellschaften. Die Bedienung
des Kabels erfolgt vertragsmäßig ausnahmslos durch Deutsche. Dieselbe Vor¬
schrift findet sich in allen übrigen Verträgen, die die deutsche Reichspost späterhin
mit deutschen privaten Unternehmergesellschaften über den Betrieb außereuro¬
päischer Kabellinien abgeschlossen hat.

Am 27. April 1899 gewährte Präsident Mac Kinley die Erlaubnis zur
Landung des deutsch-atlantischen Kabels auf amerikanischem Boden, wofür zwei
Tage später Kaiser Wilhelm dem Präsidenten in einem herzlichen Telegramm
dankte. Am 27. Mai wurde, in Voraussicht künftiger Ereignisse, die erste
deutsche Gesellschaft gegründet, die sich der Fabrikation von Seekabeln widmen
wollte, die "Norddeutschen Seekabelwerke" in Nordenham an der Weser, und
am 9. November desselben Jahres lief der erste deutsche Kabeldampfer dieser
Gesellschaft, der "v. Podbielski", auf der Werft von David I. Dunlop in
Newcastle vom Stapel, freilich nur ein kleines Schiff, das größern Verlegungs¬
arbeiten nicht gewachsen war. Im Sommer 1900 wurde das atlantische Kabel
von britischen Schiffen verlegt und am 1. September desselben Jahres dem
Verkehr übergeben. Im gleichen Jahre und im folgenden verlegte der "v. Pod¬
bielski" einige von den Norddeutschen Seekabelwerken schon fertiggestellte kürzere
Kabel, nämlich das fünfte deutsch-englische Kabel zwischen Borkum und Bacton
und zwei Kabel in China, Tsingtau-Tschifu sowie Tfingtau-Schanghai.

Das erste deutsch-atlantische Kabel brachte so vorzügliche pekuniäre Er¬
folge, daß schon sehr bald zur Bewältigung des großen Verkehrs an eine Ver¬
dopplung des Kabels gedacht werden mußte. Am 25. und 26. April 1902
wurde zwischen der "Deutsch-Atlantischen Kabelgesellschaft" und der deutschen


Die Schaffung des deutschen Seekabelnetzes

Gesellschaft ist heute die weitaus wichtigste unter den deutschen Kabelgesell¬
schaften: sie besitzt gegenwärtig nicht nur die beiden deutsch-atlantischen Kabel¬
linien, die seit 1900 und 1904, von Emden über die Azoren nach Newyork
verlaufend, eine unabhängige telegraphische Verbindung Deutschlands mit Nord¬
amerika gewährleisten, sondern auch das Emden-Vigo-Kabel, das sie am
1. Januar 1905 von der in Liquidation getretenen „Deutschen Seetelegraphen-
Gesellschaft" übernahm. Die zuletzt genannte Kabelstrecke, die sich ebenso wie
die atlantischen Kabel einer äußerst regen Benutzung erfreut, dürfte vermutlich
in naher Zukunft verdoppelt werden, damit sie dem steigenden Verkehrsbedürfnis
entspreche.

Auf die Einzelheiten des zwischen der deutschen Reichspost und der „Deutsch-
Atlantischen Telegraphengesellschaft" geschlossenen Vertrages soll hier nicht ein¬
gegangen werden. Es sei nur erwähnt, daß die Reichspost den Betrieb des
Kabels am deutschen Ende, also in Emden, übernahm, während auf den Azoren
und in Amerika die Gesellschaft für die Betriebseinrichtungen und den Unter¬
halt der Vetriebsstellen zu sorgen sich verpflichtete. In Newyork sind die
Anschlußleitungen des Kabels in die Hauptstation der kosta! lölöFrg-xb. Lioin-
xg,n^ eingeführt worden, in Horta auf der Azoreninsel Fayal dagegen in die
gemeinsame Station der dort wirkenden Telegraphengesellschaften. Die Bedienung
des Kabels erfolgt vertragsmäßig ausnahmslos durch Deutsche. Dieselbe Vor¬
schrift findet sich in allen übrigen Verträgen, die die deutsche Reichspost späterhin
mit deutschen privaten Unternehmergesellschaften über den Betrieb außereuro¬
päischer Kabellinien abgeschlossen hat.

Am 27. April 1899 gewährte Präsident Mac Kinley die Erlaubnis zur
Landung des deutsch-atlantischen Kabels auf amerikanischem Boden, wofür zwei
Tage später Kaiser Wilhelm dem Präsidenten in einem herzlichen Telegramm
dankte. Am 27. Mai wurde, in Voraussicht künftiger Ereignisse, die erste
deutsche Gesellschaft gegründet, die sich der Fabrikation von Seekabeln widmen
wollte, die „Norddeutschen Seekabelwerke" in Nordenham an der Weser, und
am 9. November desselben Jahres lief der erste deutsche Kabeldampfer dieser
Gesellschaft, der „v. Podbielski", auf der Werft von David I. Dunlop in
Newcastle vom Stapel, freilich nur ein kleines Schiff, das größern Verlegungs¬
arbeiten nicht gewachsen war. Im Sommer 1900 wurde das atlantische Kabel
von britischen Schiffen verlegt und am 1. September desselben Jahres dem
Verkehr übergeben. Im gleichen Jahre und im folgenden verlegte der „v. Pod¬
bielski" einige von den Norddeutschen Seekabelwerken schon fertiggestellte kürzere
Kabel, nämlich das fünfte deutsch-englische Kabel zwischen Borkum und Bacton
und zwei Kabel in China, Tsingtau-Tschifu sowie Tfingtau-Schanghai.

Das erste deutsch-atlantische Kabel brachte so vorzügliche pekuniäre Er¬
folge, daß schon sehr bald zur Bewältigung des großen Verkehrs an eine Ver¬
dopplung des Kabels gedacht werden mußte. Am 25. und 26. April 1902
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[0022] Die Schaffung des deutschen Seekabelnetzes Gesellschaft ist heute die weitaus wichtigste unter den deutschen Kabelgesell¬ schaften: sie besitzt gegenwärtig nicht nur die beiden deutsch-atlantischen Kabel¬ linien, die seit 1900 und 1904, von Emden über die Azoren nach Newyork verlaufend, eine unabhängige telegraphische Verbindung Deutschlands mit Nord¬ amerika gewährleisten, sondern auch das Emden-Vigo-Kabel, das sie am 1. Januar 1905 von der in Liquidation getretenen „Deutschen Seetelegraphen- Gesellschaft" übernahm. Die zuletzt genannte Kabelstrecke, die sich ebenso wie die atlantischen Kabel einer äußerst regen Benutzung erfreut, dürfte vermutlich in naher Zukunft verdoppelt werden, damit sie dem steigenden Verkehrsbedürfnis entspreche. Auf die Einzelheiten des zwischen der deutschen Reichspost und der „Deutsch- Atlantischen Telegraphengesellschaft" geschlossenen Vertrages soll hier nicht ein¬ gegangen werden. Es sei nur erwähnt, daß die Reichspost den Betrieb des Kabels am deutschen Ende, also in Emden, übernahm, während auf den Azoren und in Amerika die Gesellschaft für die Betriebseinrichtungen und den Unter¬ halt der Vetriebsstellen zu sorgen sich verpflichtete. In Newyork sind die Anschlußleitungen des Kabels in die Hauptstation der kosta! lölöFrg-xb. Lioin- xg,n^ eingeführt worden, in Horta auf der Azoreninsel Fayal dagegen in die gemeinsame Station der dort wirkenden Telegraphengesellschaften. Die Bedienung des Kabels erfolgt vertragsmäßig ausnahmslos durch Deutsche. Dieselbe Vor¬ schrift findet sich in allen übrigen Verträgen, die die deutsche Reichspost späterhin mit deutschen privaten Unternehmergesellschaften über den Betrieb außereuro¬ päischer Kabellinien abgeschlossen hat. Am 27. April 1899 gewährte Präsident Mac Kinley die Erlaubnis zur Landung des deutsch-atlantischen Kabels auf amerikanischem Boden, wofür zwei Tage später Kaiser Wilhelm dem Präsidenten in einem herzlichen Telegramm dankte. Am 27. Mai wurde, in Voraussicht künftiger Ereignisse, die erste deutsche Gesellschaft gegründet, die sich der Fabrikation von Seekabeln widmen wollte, die „Norddeutschen Seekabelwerke" in Nordenham an der Weser, und am 9. November desselben Jahres lief der erste deutsche Kabeldampfer dieser Gesellschaft, der „v. Podbielski", auf der Werft von David I. Dunlop in Newcastle vom Stapel, freilich nur ein kleines Schiff, das größern Verlegungs¬ arbeiten nicht gewachsen war. Im Sommer 1900 wurde das atlantische Kabel von britischen Schiffen verlegt und am 1. September desselben Jahres dem Verkehr übergeben. Im gleichen Jahre und im folgenden verlegte der „v. Pod¬ bielski" einige von den Norddeutschen Seekabelwerken schon fertiggestellte kürzere Kabel, nämlich das fünfte deutsch-englische Kabel zwischen Borkum und Bacton und zwei Kabel in China, Tsingtau-Tschifu sowie Tfingtau-Schanghai. Das erste deutsch-atlantische Kabel brachte so vorzügliche pekuniäre Er¬ folge, daß schon sehr bald zur Bewältigung des großen Verkehrs an eine Ver¬ dopplung des Kabels gedacht werden mußte. Am 25. und 26. April 1902 wurde zwischen der „Deutsch-Atlantischen Kabelgesellschaft" und der deutschen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/22>, abgerufen am 06.02.2025.