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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

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Die Schaffung des deutschen Seekabelnetzes

ist nicht staatlich, sondern liegt in den Händen großer privater Unternehmer¬
gesellschaften, und die Interessen dieser Gesellschaften sind eng mit denen der
Privaten Seekabelgesellschaften verknüpft, die die Kabelverbindungen über den
Atlantischen Ozean beherrschen. Die Neichspost stand nach dem Scheitern der
ersten Projekte zur Schaffung eines eignen deutschen Kabels über den Ozean
mit der großen englischen ^nAlo-^mörieim ?öl6Arapn vompsi^ in Verbindung,
auf deren atlantischen Kabeln sich vertragsmüßig der gesamte Depeschenverkehr
zwischen Deutschland und Nordamerika bis 1899 abwickelte. Man hoffte zu¬
nächst durch deren Vermittlung mit den amerikanischen Telephongesellschaften
Beziehungen anknüpfen zu können, aber die ^nKlo-^inörioim, die das geplante
deutsche Konkurrenzkabel mit unverhohlner Feindschaft begrüßte, war in keiner
Weise zu einer Einwirkung auf die ihr nahestehenden amerikanischen Telephon¬
gesellschaften oder zu irgendeiner sonstigen Unterstützung der deutschen Be¬
strebungen zu bewegen. So wandte sich denn die deutsche Reichspost an die
große amerikanische OommörotÄ Lable Oonixav^, die einzige einflußreiche
Nebenbuhlerin der ^,"Alo-^ni6ri<zg.ri und der ihr Verbündeten Gesellschaften
im Kabelverkehr des Atlantischen Ozeans. Durch deren Hilfe gelang es, mit
der ihr eng liierten?ostal lölöZraM <ü<ziiixg,r^ in Verbindung zu treten, die
über ein ansehnliches Netz von Telegraphenlandlinien in Amerika verfügt. Die
?o8ta1 Islössraxn OoinpÄnzs verpflichtete sich nun zur Weiterbeförderung aller
ihr auf dem neuen deutschen Kabel zugehenden Depeschen und zur Zuführung
von amerikanischen Telegrammen an das Kabel, sodaß damit eine Haupt¬
schwierigkeit glücklich beseitigt war.

Weitere sehr bedeutende Schwierigkeiten bot die Erwerbung des Kabel¬
landungsrechtes auf den Azoren. Man war gezwungen, hier einen Stützpunkt
für das geplante Kabel zu suchen, weil die direkte Entfernung von Emden bis
Newyork zu groß war, als daß man an eine Verlegung des Kabels in einer
Länge Hütte denken können, und weil man ein Anlaufen britischen Territoriums
auf alle Fälle vermeiden wollte. Nun befand sich aber das Recht, Kabel auf
den Azoren zu landen, schon im ausschließlichen Besitz der ?6löAiÄpn von-
struotion ana Naintsuanos Ooinxav^, die es von der portugiesischen Negierung
gekauft hatte. Von dieser Gesellschaft mußte man das Kabellandungsrecht erst
erwerben; es gelang dies auch -- freilich bestand der Preis der Konzession
darin, daß die Lieferung und Verlegung des neuen deutschen Kabels der eng¬
lischen Kabelgesellschast übertragen werden mußte!

So waren denn die größten, zum Teil anfangs unüberwindlich scheinenden
Schwierigkeiten beseitigt, die sich der Verwirklichung des Plans eines deutsch-
atlantischen Kabels entgegenstellten. Man konnte nunmehr die nötigen Schritte
tun, das Unternehmen lebensfähig zu gestalten.

-Im 21. Februar 1899 wurde zunächst, auf Anregung des Reichspostamts,
die "Deutsch-Atlantische Telegraphengesellschaft" mit einem Grundkapital von
21 Millionen Mark gegründet, das seither auf 43 Millionen gestiegen ist. Diese


Die Schaffung des deutschen Seekabelnetzes

ist nicht staatlich, sondern liegt in den Händen großer privater Unternehmer¬
gesellschaften, und die Interessen dieser Gesellschaften sind eng mit denen der
Privaten Seekabelgesellschaften verknüpft, die die Kabelverbindungen über den
Atlantischen Ozean beherrschen. Die Neichspost stand nach dem Scheitern der
ersten Projekte zur Schaffung eines eignen deutschen Kabels über den Ozean
mit der großen englischen ^nAlo-^mörieim ?öl6Arapn vompsi^ in Verbindung,
auf deren atlantischen Kabeln sich vertragsmüßig der gesamte Depeschenverkehr
zwischen Deutschland und Nordamerika bis 1899 abwickelte. Man hoffte zu¬
nächst durch deren Vermittlung mit den amerikanischen Telephongesellschaften
Beziehungen anknüpfen zu können, aber die ^nKlo-^inörioim, die das geplante
deutsche Konkurrenzkabel mit unverhohlner Feindschaft begrüßte, war in keiner
Weise zu einer Einwirkung auf die ihr nahestehenden amerikanischen Telephon¬
gesellschaften oder zu irgendeiner sonstigen Unterstützung der deutschen Be¬
strebungen zu bewegen. So wandte sich denn die deutsche Reichspost an die
große amerikanische OommörotÄ Lable Oonixav^, die einzige einflußreiche
Nebenbuhlerin der ^,»Alo-^ni6ri<zg.ri und der ihr Verbündeten Gesellschaften
im Kabelverkehr des Atlantischen Ozeans. Durch deren Hilfe gelang es, mit
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über ein ansehnliches Netz von Telegraphenlandlinien in Amerika verfügt. Die
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ihr auf dem neuen deutschen Kabel zugehenden Depeschen und zur Zuführung
von amerikanischen Telegrammen an das Kabel, sodaß damit eine Haupt¬
schwierigkeit glücklich beseitigt war.

Weitere sehr bedeutende Schwierigkeiten bot die Erwerbung des Kabel¬
landungsrechtes auf den Azoren. Man war gezwungen, hier einen Stützpunkt
für das geplante Kabel zu suchen, weil die direkte Entfernung von Emden bis
Newyork zu groß war, als daß man an eine Verlegung des Kabels in einer
Länge Hütte denken können, und weil man ein Anlaufen britischen Territoriums
auf alle Fälle vermeiden wollte. Nun befand sich aber das Recht, Kabel auf
den Azoren zu landen, schon im ausschließlichen Besitz der ?6löAiÄpn von-
struotion ana Naintsuanos Ooinxav^, die es von der portugiesischen Negierung
gekauft hatte. Von dieser Gesellschaft mußte man das Kabellandungsrecht erst
erwerben; es gelang dies auch — freilich bestand der Preis der Konzession
darin, daß die Lieferung und Verlegung des neuen deutschen Kabels der eng¬
lischen Kabelgesellschast übertragen werden mußte!

So waren denn die größten, zum Teil anfangs unüberwindlich scheinenden
Schwierigkeiten beseitigt, die sich der Verwirklichung des Plans eines deutsch-
atlantischen Kabels entgegenstellten. Man konnte nunmehr die nötigen Schritte
tun, das Unternehmen lebensfähig zu gestalten.

-Im 21. Februar 1899 wurde zunächst, auf Anregung des Reichspostamts,
die „Deutsch-Atlantische Telegraphengesellschaft" mit einem Grundkapital von
21 Millionen Mark gegründet, das seither auf 43 Millionen gestiegen ist. Diese


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/21>, abgerufen am 06.02.2025.