Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Der Säkulare Kampf gegen das Riesenkapital in Nordamerika nur die Republikaner verurteilten sie, sondern auch die meisten Demokraten. An Präsident Roosevelt hat bis jetzt noch keine Stellung dazu genommen. Sein Der Säkulare Kampf gegen das Riesenkapital in Nordamerika nur die Republikaner verurteilten sie, sondern auch die meisten Demokraten. An Präsident Roosevelt hat bis jetzt noch keine Stellung dazu genommen. Sein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0175" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302163"/> <fw type="header" place="top"> Der Säkulare Kampf gegen das Riesenkapital in Nordamerika</fw><lb/> <p xml:id="ID_817" prev="#ID_816"> nur die Republikaner verurteilten sie, sondern auch die meisten Demokraten. An<lb/> der Spitze der ihn verdammenden Demokraten stand Mr. Hearst, ein Mann,<lb/> der selber nach der Präsidentschaftskandidatur strebt. Der Grund der Unpopu-<lb/> larität ist der, daß es den Amerikanern so schwer wird, an eine ehrliche, un¬<lb/> parteiische Staatseisenbahnverwaltung zu glauben. Man ist überzeugt, daß nicht<lb/> nur viel gestohlen und veruntreut wird, sondern daß alle Ämter nach Partei¬<lb/> rücksichten und auf Grund von Bestechungen besetzt werden. Man fürchtete<lb/> also dadurch vom Regen in die Traufe zu kommen. Es ist jedoch fraglich, ob<lb/> diese Stimmung immer vorhalten wird. Es mehren sich doch auch die Vor¬<lb/> kämpfer einer Verstaatlichung. Sie sagen: schlimmer, als es jetzt ist, kann es<lb/> auch im Staatsbahnbetriebe nicht werden, wohl aber viel besser. Es ist doch<lb/> Wohl eine Verwaltungsorganisation denkbar, die auf Ehrlichkeit und Unpartei¬<lb/> lichkeit beruht und dem Parteiwesen entzogen bleibt.</p><lb/> <p xml:id="ID_818" next="#ID_819"> Präsident Roosevelt hat bis jetzt noch keine Stellung dazu genommen. Sein<lb/> Zusammenstoß mit den Eisenbahnmagnaten Harriman und Genossen ist sehr<lb/> heftig gewesen, aber wie sich die Sache weiter entwickeln wird, weiß man noch<lb/> nicht. Roosevelt hat bisher erklärt, er werde für die Präsidentenwahl im<lb/> November 1908 nicht wieder kandidieren. Es gilt nämlich, obgleich die Bundes¬<lb/> verfassung nichts darüber bestimmt, als ein geheiligtes Herkommen, daß niemand<lb/> öfter als zweimal zum Präsidenten gewühlt werden dürfe. Washington hat das<lb/> abgelehnt, und niemand hat auch nur zum drittenmal kandidiert. Man sieht darin<lb/> eine Bürgschaft gegen das Aufkommen einer Monarchie oder einer Diktatur,<lb/> wie sie zum Beispiel in Mexiko besteht. Nun hat aber Roosevelt auch noch nicht<lb/> zum zweitenmal kandidiert. Nur durch den plötzlichen Tod Mac Kinleys ist er<lb/> vom Vizepräsidenten zum Präsidenten ausgerückt. Es wird nun also stürmisch<lb/> von seinen Anhängern verlangt, er solle sich 1908 wieder als Kandidat aufstellen<lb/> lassen, also zum zweitenmal. Seine Popularität sei so groß, daß er sicher gewählt<lb/> werde. So unbedingt feststehend wäre das doch wohl nur in dem Falle, daß er<lb/> wieder wie 1904 als der Gegner der Trusts kandidierte und .doch von diesen<lb/> unterstützt würde. Denn da die relative Stimmenmehrheit entscheidet, so würde<lb/> eine Spaltung der Republikaner den Sieg der Demokraten bedeuten, falls diese<lb/> sich nicht etwa ebenfalls spalteten. Eben darum ist der jetzige Zusammenstoß<lb/> zwischen Roosevelt und den Trusts so bedeutungsvoll. Diese scheinen noch zu<lb/> hoffen, daß sie einen Trnstfreund durchbringen, wenn nur Roosevelt an seiner<lb/> Erklärung, eine abermalige Kandidatur abzulehnen, festhält. Sie sind längst darauf<lb/> aus, einen ernstfreundlichen Kandidaten in den Vordergrund zu schieben. Früher<lb/> wurde der Schatzsekretär Shaw genannt, der vor kurzem dieses Amt ausgegeben<lb/> hat; er war einer der hitzigsten Trustfreunde, ist aber dadurch, daß er selbst das<lb/> Präsidium in einer Newyorker Trustgesellschaft übernommen hat, unmöglich<lb/> geworden. Statt dessen ist der Sprecher des Repräsentantenhauses, Ccmnon, in<lb/> den Vordergrund getreten. Der jetzige Schatzsekretür Cortelyou und die Staats¬<lb/> sekretäre Nove und Taft sind befreundet mit Roosevelt. Sie kämen als dessen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0175]
Der Säkulare Kampf gegen das Riesenkapital in Nordamerika
nur die Republikaner verurteilten sie, sondern auch die meisten Demokraten. An
der Spitze der ihn verdammenden Demokraten stand Mr. Hearst, ein Mann,
der selber nach der Präsidentschaftskandidatur strebt. Der Grund der Unpopu-
larität ist der, daß es den Amerikanern so schwer wird, an eine ehrliche, un¬
parteiische Staatseisenbahnverwaltung zu glauben. Man ist überzeugt, daß nicht
nur viel gestohlen und veruntreut wird, sondern daß alle Ämter nach Partei¬
rücksichten und auf Grund von Bestechungen besetzt werden. Man fürchtete
also dadurch vom Regen in die Traufe zu kommen. Es ist jedoch fraglich, ob
diese Stimmung immer vorhalten wird. Es mehren sich doch auch die Vor¬
kämpfer einer Verstaatlichung. Sie sagen: schlimmer, als es jetzt ist, kann es
auch im Staatsbahnbetriebe nicht werden, wohl aber viel besser. Es ist doch
Wohl eine Verwaltungsorganisation denkbar, die auf Ehrlichkeit und Unpartei¬
lichkeit beruht und dem Parteiwesen entzogen bleibt.
Präsident Roosevelt hat bis jetzt noch keine Stellung dazu genommen. Sein
Zusammenstoß mit den Eisenbahnmagnaten Harriman und Genossen ist sehr
heftig gewesen, aber wie sich die Sache weiter entwickeln wird, weiß man noch
nicht. Roosevelt hat bisher erklärt, er werde für die Präsidentenwahl im
November 1908 nicht wieder kandidieren. Es gilt nämlich, obgleich die Bundes¬
verfassung nichts darüber bestimmt, als ein geheiligtes Herkommen, daß niemand
öfter als zweimal zum Präsidenten gewühlt werden dürfe. Washington hat das
abgelehnt, und niemand hat auch nur zum drittenmal kandidiert. Man sieht darin
eine Bürgschaft gegen das Aufkommen einer Monarchie oder einer Diktatur,
wie sie zum Beispiel in Mexiko besteht. Nun hat aber Roosevelt auch noch nicht
zum zweitenmal kandidiert. Nur durch den plötzlichen Tod Mac Kinleys ist er
vom Vizepräsidenten zum Präsidenten ausgerückt. Es wird nun also stürmisch
von seinen Anhängern verlangt, er solle sich 1908 wieder als Kandidat aufstellen
lassen, also zum zweitenmal. Seine Popularität sei so groß, daß er sicher gewählt
werde. So unbedingt feststehend wäre das doch wohl nur in dem Falle, daß er
wieder wie 1904 als der Gegner der Trusts kandidierte und .doch von diesen
unterstützt würde. Denn da die relative Stimmenmehrheit entscheidet, so würde
eine Spaltung der Republikaner den Sieg der Demokraten bedeuten, falls diese
sich nicht etwa ebenfalls spalteten. Eben darum ist der jetzige Zusammenstoß
zwischen Roosevelt und den Trusts so bedeutungsvoll. Diese scheinen noch zu
hoffen, daß sie einen Trnstfreund durchbringen, wenn nur Roosevelt an seiner
Erklärung, eine abermalige Kandidatur abzulehnen, festhält. Sie sind längst darauf
aus, einen ernstfreundlichen Kandidaten in den Vordergrund zu schieben. Früher
wurde der Schatzsekretär Shaw genannt, der vor kurzem dieses Amt ausgegeben
hat; er war einer der hitzigsten Trustfreunde, ist aber dadurch, daß er selbst das
Präsidium in einer Newyorker Trustgesellschaft übernommen hat, unmöglich
geworden. Statt dessen ist der Sprecher des Repräsentantenhauses, Ccmnon, in
den Vordergrund getreten. Der jetzige Schatzsekretür Cortelyou und die Staats¬
sekretäre Nove und Taft sind befreundet mit Roosevelt. Sie kämen als dessen
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