Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Die Haselnuß Er warf ihr das Kleidungsstück zu und stellte, während sie hineinschlüpfte, Bist du soweit, Auguste? fragte er. Dann wollen wir den Kerl gefangen Ach, liebster Immanuel! Daß wir das noch erleben müssen! Heut nicht, Weib! Pack zu! Hast du ihn? Er hat hohe Stiefel an und weiße Lederhosen. Ich glaub, es ist ein Franzose. Vorwärts, vorwärts, nicht lang gefackelt! Die gute Frau nahm ihre ganze Kraft zusammen und zog den unheimlichen Was will Er mit dem Messer? fragte der Fremde mit bewundernswürdiger Nichts für ungut, Herr General, erwiderte der Alte verblüfft, nichts für Wo ist der Kaiser? fragte der Fremde wieder. Ja, lieber Herre, das kann ich Sie wirklich nicht sagen. Ich vermute, auf Allerdings, guter Mann. Ich will Ihm alles sagen, aber laß Er mich Sie werden uns doch nicht etwa ermorden wollen, Herr General? fragte Ermorden? Wofür hält Er mich. Mann? Nun sehen Sie, ich Habs ja gleich gesagt, aber hier meine Frau, die ist so Er half dem Fremden auf die Füße und führte ihn zum Sofa. Nun nehmen Sie gütigst Platz. So! Sitzen Sie auch bequem? Also ein Ich bin Elsässer, guter Freund. Also der Kaiser ist nicht wieder zurück¬ Bis jetzt noch nicht. Und ich glaub auch nicht, daß er wiederkommt. Er ist Sie müssen aber mit schwarzem vorlieb nehmen, bemerkte die Frau, während Der Herr General wird es uns nicht übel nehmen, meinte der Alte, er weiß Über die Züge des Fremden glitt ein Lächeln. Weshalb nennt Er mich "General, guter Mann? Sieht Er denn nicht, Die Haselnuß Er warf ihr das Kleidungsstück zu und stellte, während sie hineinschlüpfte, Bist du soweit, Auguste? fragte er. Dann wollen wir den Kerl gefangen Ach, liebster Immanuel! Daß wir das noch erleben müssen! Heut nicht, Weib! Pack zu! Hast du ihn? Er hat hohe Stiefel an und weiße Lederhosen. Ich glaub, es ist ein Franzose. Vorwärts, vorwärts, nicht lang gefackelt! Die gute Frau nahm ihre ganze Kraft zusammen und zog den unheimlichen Was will Er mit dem Messer? fragte der Fremde mit bewundernswürdiger Nichts für ungut, Herr General, erwiderte der Alte verblüfft, nichts für Wo ist der Kaiser? fragte der Fremde wieder. Ja, lieber Herre, das kann ich Sie wirklich nicht sagen. Ich vermute, auf Allerdings, guter Mann. Ich will Ihm alles sagen, aber laß Er mich Sie werden uns doch nicht etwa ermorden wollen, Herr General? fragte Ermorden? Wofür hält Er mich. Mann? Nun sehen Sie, ich Habs ja gleich gesagt, aber hier meine Frau, die ist so Er half dem Fremden auf die Füße und führte ihn zum Sofa. Nun nehmen Sie gütigst Platz. So! Sitzen Sie auch bequem? Also ein Ich bin Elsässer, guter Freund. Also der Kaiser ist nicht wieder zurück¬ Bis jetzt noch nicht. Und ich glaub auch nicht, daß er wiederkommt. Er ist Sie müssen aber mit schwarzem vorlieb nehmen, bemerkte die Frau, während Der Herr General wird es uns nicht übel nehmen, meinte der Alte, er weiß Über die Züge des Fremden glitt ein Lächeln. Weshalb nennt Er mich „General, guter Mann? Sieht Er denn nicht, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0161" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302149"/> <fw type="header" place="top"> Die Haselnuß</fw><lb/> <p xml:id="ID_740"> Er warf ihr das Kleidungsstück zu und stellte, während sie hineinschlüpfte,<lb/> das Licht auf den Fußboden.</p><lb/> <p xml:id="ID_741"> Bist du soweit, Auguste? fragte er. Dann wollen wir den Kerl gefangen<lb/> nehmen. Du ziehst ihn an den Beinen hervor, und dann wecken wir ihn. Wenn<lb/> er sich mnckst. schneid ich ihm ohne viele Komplimente den Hals ab.</p><lb/> <p xml:id="ID_742"> Ach, liebster Immanuel! Daß wir das noch erleben müssen!</p><lb/> <p xml:id="ID_743"> Heut nicht, Weib! Pack zu! 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Die Haselnuß
Er warf ihr das Kleidungsstück zu und stellte, während sie hineinschlüpfte,
das Licht auf den Fußboden.
Bist du soweit, Auguste? fragte er. Dann wollen wir den Kerl gefangen
nehmen. Du ziehst ihn an den Beinen hervor, und dann wecken wir ihn. Wenn
er sich mnckst. schneid ich ihm ohne viele Komplimente den Hals ab.
Ach, liebster Immanuel! Daß wir das noch erleben müssen!
Heut nicht, Weib! Pack zu! Hast du ihn?
Er hat hohe Stiefel an und weiße Lederhosen. Ich glaub, es ist ein Franzose.
Vorwärts, vorwärts, nicht lang gefackelt!
Die gute Frau nahm ihre ganze Kraft zusammen und zog den unheimlichen
Gast aus seinem Versteck hervor. Der Schläfer erwachte und versuchte sich aufzu¬
richten. Aber Meister Gerlach drückte ihn nieder, setzte ihm ein Knie auf die
Brust und fuchtelte mit dem blanken Messer vor seinem Gesicht herum.
Was will Er mit dem Messer? fragte der Fremde mit bewundernswürdiger
Ruhe.
Nichts für ungut, Herr General, erwiderte der Alte verblüfft, nichts für
ungut! Ich wollte Sie nur den Bart abnehmen. Sie fehen aus, als hätten Sie
sich eine volle Woche nicht rasieren lassen.
Wo ist der Kaiser? fragte der Fremde wieder.
Ja, lieber Herre, das kann ich Sie wirklich nicht sagen. Ich vermute, auf
der Reise nach Frankreich. Aber nehmen sich mir nicht übel, wie kommen Sie
hier unter das Bett, Herr General? Sie sind doch ein Franzose, nicht wahr?
Allerdings, guter Mann. Ich will Ihm alles sagen, aber laß Er mich
wenigstens erst aufstehn. Seine Dielen sind nicht gepolstert, und da wird Er be¬
greifen, daß mir alle Knochen wehtun.
Sie werden uns doch nicht etwa ermorden wollen, Herr General? fragte
Immanuel treuherzig.
Ermorden? Wofür hält Er mich. Mann?
Nun sehen Sie, ich Habs ja gleich gesagt, aber hier meine Frau, die ist so
ein Angsthase. Entschuldigen Sie nur!
Er half dem Fremden auf die Füße und führte ihn zum Sofa.
Nun nehmen Sie gütigst Platz. So! Sitzen Sie auch bequem? Also ein
Franzose! Hören Sie, für einen Franzosen sprechen Sie aber sehr gut deutsch.
Ich bin Elsässer, guter Freund. Also der Kaiser ist nicht wieder zurück¬
gekehrt?
Bis jetzt noch nicht. Und ich glaub auch nicht, daß er wiederkommt. Er ist
eben geschlagen. Leider Gottes! setzte er hinzu, als er sah, wie sich die Mienen
des Fremden verfinsterten. Und zu seiner Gattin gewandt, sagte er: Auguste, mach
Kaffee. Der Herr General wird sicher Durst haben.
Sie müssen aber mit schwarzem vorlieb nehmen, bemerkte die Frau, während
sie ihre Toilette vervollständigte, Sahne haben wir nicht und Zucker auch nicht.
Der Herr General wird es uns nicht übel nehmen, meinte der Alte, er weiß
5" selbst, wies in Kriegszeiten zugeht. Da muß man eben auf manches verzichten,
^iber, daß Sie sich die vier Treppen heraufbemüht und uns mit Ihrem Besuch
beehrt haben, das ist wirklich zu freundlich von Ihnen. Zu viel Ehre für so ein¬
fache Leute, wie wir sind!
Über die Züge des Fremden glitt ein Lächeln.
"
Weshalb nennt Er mich „General, guter Mann? Sieht Er denn nicht,
daß ich eine Korporalsuniform trage? Er knöpfte den blauen Rock mit den roten
Epauletts auf und strich die weiße Weste glatt, die sich in Falten gelegt hatte.
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