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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

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Die Wedell-Usedomsche Beschwerde über den Minister Manteuffel

Welt zu schaffen. Statt dessen wurde der Fall noch geradezu verschärft, da
Friedrich Wilhelm der Vierte den Staatsminister Uhden mit einem Votum
über die in der Sache bisher gewechselten Schriftsätze betraute.

Hierauf bezieht sich das nachfolgende, allerdings nur im Auszug vor¬
liegende Handbillett des Königs an Usedom*) ä. Ä. 25. September 1855: "Mit
diesem guten Rath zum Ueberlegen verneine Ich jedoch in keiner Weise Ihnen
den Rath zu ertheilen, den betretenen Weg überhaupt zu verlassen und auf¬
zugeben. Haben Sie Alles, was Ich geschrieben habe, überlegt, abgewogen,
in die gehörige Verbindung gebracht, sich selbst den Gang im Ganzen und
Einzelnen erinnert und Sie glauben dann noch fest und bestimmt, daß Abdens
Insolvenz-Erklärung wirklich nicht zu besorgen ist, so thun Sie, was Sie
nicht lassen können, dann sind Sie meines Beyfalls gewiß."

Da Usedom und Wedell durch dieses Allerhöchste Schreiben in ihrem weitern
Vorgehen gegen Manteuffel bestärkt wurden, so arbeiteten sie eine nahezu
300 Seiten lange Replik aus, worin sie höchst einseitig ihre persönlichen Auf¬
fassungen und Handlungen in den Vordergrund stellten und alles verurteilten,
was sich damit nicht vereinigte. Damit brachen sich die Spezialgesandten im
Grunde genommen selbst den Hals; denn ihre Mission war nur das Mittel
zum Zweck. Sie sollten nicht ihre Ansichten, sondern die des Königs zur
Geltung bringen. Richtig ist, daß sich die Ansichten des Königs im Laufe
der Mission modifizierten. Sie mußten sich ändern, weil die Wünsche des
Königs bei den Westmächten nicht die entsprechende Aufnahme fanden. Nunmehr
traten aber die Spezialgesandten, statt ihre Haltung dem Willen des Königs
unterzuordnen, zu demselben förmlich in Opposition; sie suchten eben ihre An¬
sichten um jeden Preis zur Geltung zu bringen.

Bei dieser Sachlage war es dem Minister Manteuffel nicht schwer, in
einer 60 Seiten langen Duplik et. ä. 18. Februar 1856 die beiden Spezial¬
gesandten ack g,vsuräulli zu führen. "Im Vorstehenden ist gezeigt -- so schloß
Manteuffel seine Ausführungen --, daß die Mission der Herren v. Wedell und
v. Usedom gescheitert ist, weil die Westmüchte die Bedingungen Sr. Majestät
nicht acceptirten. Daß die Annahme dieser Bedingungen schwer durchzusetzen
sein würde, hat der König, der Minister-Präsident, haben die Spezial-Gesandten
selbst von Anfang an erkannt. Aber -- behaupten die letzteren -- diese Schwierig¬
keiten konnten beseitigt werden. Den Beweis hierfür sind sie schuldig geblieben.
Denn sie haben nicht erwiesen, daß die Westmüchte in irgend einem Stadium
der Mission die Bedingung wegen der vorherigen Jnvitation,^) wegen der
Nichtrevolutionirung Polens und der Unverletzlichkeit des Bundesgebietes
angenommen haben würden. Im Gegentheil lauteten alle Berichte auch nach
dem Abbruch der Unterhandlungen dahin, daß die Westmächte diese Bedingungen




Es wäre immerhin möglich, daß es an die Adresse Wedells erging. Es fehlt auch
der Ort seiner Abfassung.
"vit, Preußens zu den Wiener Konferenzen.
Die Wedell-Usedomsche Beschwerde über den Minister Manteuffel

Welt zu schaffen. Statt dessen wurde der Fall noch geradezu verschärft, da
Friedrich Wilhelm der Vierte den Staatsminister Uhden mit einem Votum
über die in der Sache bisher gewechselten Schriftsätze betraute.

Hierauf bezieht sich das nachfolgende, allerdings nur im Auszug vor¬
liegende Handbillett des Königs an Usedom*) ä. Ä. 25. September 1855: „Mit
diesem guten Rath zum Ueberlegen verneine Ich jedoch in keiner Weise Ihnen
den Rath zu ertheilen, den betretenen Weg überhaupt zu verlassen und auf¬
zugeben. Haben Sie Alles, was Ich geschrieben habe, überlegt, abgewogen,
in die gehörige Verbindung gebracht, sich selbst den Gang im Ganzen und
Einzelnen erinnert und Sie glauben dann noch fest und bestimmt, daß Abdens
Insolvenz-Erklärung wirklich nicht zu besorgen ist, so thun Sie, was Sie
nicht lassen können, dann sind Sie meines Beyfalls gewiß."

Da Usedom und Wedell durch dieses Allerhöchste Schreiben in ihrem weitern
Vorgehen gegen Manteuffel bestärkt wurden, so arbeiteten sie eine nahezu
300 Seiten lange Replik aus, worin sie höchst einseitig ihre persönlichen Auf¬
fassungen und Handlungen in den Vordergrund stellten und alles verurteilten,
was sich damit nicht vereinigte. Damit brachen sich die Spezialgesandten im
Grunde genommen selbst den Hals; denn ihre Mission war nur das Mittel
zum Zweck. Sie sollten nicht ihre Ansichten, sondern die des Königs zur
Geltung bringen. Richtig ist, daß sich die Ansichten des Königs im Laufe
der Mission modifizierten. Sie mußten sich ändern, weil die Wünsche des
Königs bei den Westmächten nicht die entsprechende Aufnahme fanden. Nunmehr
traten aber die Spezialgesandten, statt ihre Haltung dem Willen des Königs
unterzuordnen, zu demselben förmlich in Opposition; sie suchten eben ihre An¬
sichten um jeden Preis zur Geltung zu bringen.

Bei dieser Sachlage war es dem Minister Manteuffel nicht schwer, in
einer 60 Seiten langen Duplik et. ä. 18. Februar 1856 die beiden Spezial¬
gesandten ack g,vsuräulli zu führen. „Im Vorstehenden ist gezeigt — so schloß
Manteuffel seine Ausführungen —, daß die Mission der Herren v. Wedell und
v. Usedom gescheitert ist, weil die Westmüchte die Bedingungen Sr. Majestät
nicht acceptirten. Daß die Annahme dieser Bedingungen schwer durchzusetzen
sein würde, hat der König, der Minister-Präsident, haben die Spezial-Gesandten
selbst von Anfang an erkannt. Aber — behaupten die letzteren — diese Schwierig¬
keiten konnten beseitigt werden. Den Beweis hierfür sind sie schuldig geblieben.
Denn sie haben nicht erwiesen, daß die Westmüchte in irgend einem Stadium
der Mission die Bedingung wegen der vorherigen Jnvitation,^) wegen der
Nichtrevolutionirung Polens und der Unverletzlichkeit des Bundesgebietes
angenommen haben würden. Im Gegentheil lauteten alle Berichte auch nach
dem Abbruch der Unterhandlungen dahin, daß die Westmächte diese Bedingungen




Es wäre immerhin möglich, daß es an die Adresse Wedells erging. Es fehlt auch
der Ort seiner Abfassung.
«vit, Preußens zu den Wiener Konferenzen.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/128>, abgerufen am 06.02.2025.