Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.manche innere Schwierigkeiten, die es der jetzigen britischen Negierung nahe legen, Dazu gesellt sich nun eine taktische Erwägung. Ans das Programm der Konferenz Freilich wird diese ganze Lage nicht dazu beitragen, das Zutrauen zu den Dem englischen Vorschlag haben sich, wie schon erwähnt worden ist, auch die manche innere Schwierigkeiten, die es der jetzigen britischen Negierung nahe legen, Dazu gesellt sich nun eine taktische Erwägung. Ans das Programm der Konferenz Freilich wird diese ganze Lage nicht dazu beitragen, das Zutrauen zu den Dem englischen Vorschlag haben sich, wie schon erwähnt worden ist, auch die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0111" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302099"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_501" prev="#ID_500"> manche innere Schwierigkeiten, die es der jetzigen britischen Negierung nahe legen,<lb/> gewisse Richtungen und Strömungen, die uus utopistisch erscheinen, zu gewinnen<lb/> oder sie doch mindestens nicht vor den Kopf zu stoßen. Deshalb tut das Kabinett<lb/> sein Möglichstes, seinen Plan des Alss-riNÄineut vor das Forum der Haager<lb/> Konferenz zu bringen, dn es sicher weiß, daß das Scheitern des mit solchem Nach¬<lb/> druck betriebnen Vorschlags von dem englischen Volk nicht ans sein Konto geschrieben<lb/> werden wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_502"> Dazu gesellt sich nun eine taktische Erwägung. Ans das Programm der Konferenz<lb/> ist die Reform des Seekriegsrechts gesetzt. Das ist ein Verhnndlnugsobjekt, das für<lb/> England leicht unbequem werden kann. Bisher hat England durch seine Übermacht<lb/> zur See allen andern Völkern das Gesetz ans diesem Gebiet gegeben. Es hat sich<lb/> der internationalen Regelung aller der Fragen, die vielleicht der Willkür in der<lb/> Wahrnehmung des britischen Vorteils ein Ende hätten machen können, entschieden<lb/> widersetzt. Jetzt hat es sich der Zustimmung zu der Gestaltung des Haager Pro¬<lb/> gramms nicht gut entziehen können. Um so mehr aber bedarf es eines Gegengewichts,<lb/> wodurch auch andre Mächte vor die Frage gestellt werden, ob sie die Hand zu<lb/> einer ihren Interessen zuwider laufenden Beratung bieten sollen. Dazu war offenbar<lb/> der Abrüstungsantrag bestimmt. Mit seiner Hilfe ist England dahin gelangt, daß<lb/> es sich nun von Beratungen zurückziehen kann, die ihm nicht passen, ohne daß seine<lb/> Regierung als Störenfried erscheint oder sich in Widerspruch zu populären Wünschen<lb/> ihrer heimischen Anhängerschaft setzt.</p><lb/> <p xml:id="ID_503"> Freilich wird diese ganze Lage nicht dazu beitragen, das Zutrauen zu den<lb/> Erfolgen der Haager Konferenz zu erhöhen. Man darf aber nicht das Kind mit<lb/> dem Bade ausschütten. Eine so umfassende Aussprache von Vertretern fast aller<lb/> zivilisierten Staaten der Erde über konkrete Fragen des Völkerrechts kann manchen<lb/> annehmbaren Fortschritt bringen, und das ist auch der Grund, weshalb sich die<lb/> deutsche Regierung nicht nur xrc> toi-eng. oder aus Besorgnis vor Isolierung, sondern<lb/> mit der begründeten Hoffnung auf einen nützlichen weitern Ausbau des Völkerrechts<lb/> an der Konferenz beteiligt.</p><lb/> <p xml:id="ID_504" next="#ID_505"> Dem englischen Vorschlag haben sich, wie schon erwähnt worden ist, auch die<lb/> Vereinigten Staaten von Amerika und Spanien angeschlossen. Für die Haltung<lb/> Amerikas ist wohl lediglich die Verpflichtung maßgebend, die Präsident Roosevelt vor<lb/> seiner Wahl eingegangen ist. Auch er hat den „Pazifisten" seinerzeit ein Zugeständnis<lb/> machen müssen, das seiner eignen persönlichen Überzeugung wohl schwerlich entspricht,<lb/> tels er aber unbedenklich machen konnte, weil es ohne praktische Folgen bleiben wird,<lb/> ^das den Dritten im Bunde, Spanien, betrifft, so ist seine internationale Lage<lb/> gegenwärtig derart, daß es dnrch die Zustimmung zu Rüstungsbeschränkungen keine<lb/> Gefahr läuft. Daß es sich aber den beiden Mächten angeschlossen hat, die die<lb/> Initiative ergriffen haben, ist immerhin beachtenswert, denn es zeugt von einer nicht<lb/> geringen Steigerung des englischen Einflusses in Spanien. Dieser Einfluß geht<lb/> der N,/^ ^ sntontiz ooräig,1g der Westmächte und die Entwicklung der Dinge in<lb/> Verna ^ ^ auch wohl durch Persönliche höfische Verhältnisse eine<lb/> erfahren, seit eine Nichte des Königs von England Königin von Spanien<lb/> Muvwr" ^'"^ Eduard versteht es vielleicht von allen jetzt lebenden gekrönten<lb/> stellen "w"' seine persönlichen Beziehungen in den Dienst der Politik zu<lb/> willt^- ^ ^ dahin gehenden Beobachtungen freilich oft übertrieben; man<lb/> - ^""^ Eduard überall den sxiriws roowr aller Schachzüge und<lb/> Zungen der europäischen Politik, namentlich soweit sie deutschfeindliche Tendenzvalten. Dieses Urteil sieht die Lage doch wohl unter falschem Gesichtspunkt. Die<lb/> persönliche Bedeutung des Königs von England in der Politik beruht vor allem</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0111]
manche innere Schwierigkeiten, die es der jetzigen britischen Negierung nahe legen,
gewisse Richtungen und Strömungen, die uus utopistisch erscheinen, zu gewinnen
oder sie doch mindestens nicht vor den Kopf zu stoßen. Deshalb tut das Kabinett
sein Möglichstes, seinen Plan des Alss-riNÄineut vor das Forum der Haager
Konferenz zu bringen, dn es sicher weiß, daß das Scheitern des mit solchem Nach¬
druck betriebnen Vorschlags von dem englischen Volk nicht ans sein Konto geschrieben
werden wird.
Dazu gesellt sich nun eine taktische Erwägung. Ans das Programm der Konferenz
ist die Reform des Seekriegsrechts gesetzt. Das ist ein Verhnndlnugsobjekt, das für
England leicht unbequem werden kann. Bisher hat England durch seine Übermacht
zur See allen andern Völkern das Gesetz ans diesem Gebiet gegeben. Es hat sich
der internationalen Regelung aller der Fragen, die vielleicht der Willkür in der
Wahrnehmung des britischen Vorteils ein Ende hätten machen können, entschieden
widersetzt. Jetzt hat es sich der Zustimmung zu der Gestaltung des Haager Pro¬
gramms nicht gut entziehen können. Um so mehr aber bedarf es eines Gegengewichts,
wodurch auch andre Mächte vor die Frage gestellt werden, ob sie die Hand zu
einer ihren Interessen zuwider laufenden Beratung bieten sollen. Dazu war offenbar
der Abrüstungsantrag bestimmt. Mit seiner Hilfe ist England dahin gelangt, daß
es sich nun von Beratungen zurückziehen kann, die ihm nicht passen, ohne daß seine
Regierung als Störenfried erscheint oder sich in Widerspruch zu populären Wünschen
ihrer heimischen Anhängerschaft setzt.
Freilich wird diese ganze Lage nicht dazu beitragen, das Zutrauen zu den
Erfolgen der Haager Konferenz zu erhöhen. Man darf aber nicht das Kind mit
dem Bade ausschütten. Eine so umfassende Aussprache von Vertretern fast aller
zivilisierten Staaten der Erde über konkrete Fragen des Völkerrechts kann manchen
annehmbaren Fortschritt bringen, und das ist auch der Grund, weshalb sich die
deutsche Regierung nicht nur xrc> toi-eng. oder aus Besorgnis vor Isolierung, sondern
mit der begründeten Hoffnung auf einen nützlichen weitern Ausbau des Völkerrechts
an der Konferenz beteiligt.
Dem englischen Vorschlag haben sich, wie schon erwähnt worden ist, auch die
Vereinigten Staaten von Amerika und Spanien angeschlossen. Für die Haltung
Amerikas ist wohl lediglich die Verpflichtung maßgebend, die Präsident Roosevelt vor
seiner Wahl eingegangen ist. Auch er hat den „Pazifisten" seinerzeit ein Zugeständnis
machen müssen, das seiner eignen persönlichen Überzeugung wohl schwerlich entspricht,
tels er aber unbedenklich machen konnte, weil es ohne praktische Folgen bleiben wird,
^das den Dritten im Bunde, Spanien, betrifft, so ist seine internationale Lage
gegenwärtig derart, daß es dnrch die Zustimmung zu Rüstungsbeschränkungen keine
Gefahr läuft. Daß es sich aber den beiden Mächten angeschlossen hat, die die
Initiative ergriffen haben, ist immerhin beachtenswert, denn es zeugt von einer nicht
geringen Steigerung des englischen Einflusses in Spanien. Dieser Einfluß geht
der N,/^ ^ sntontiz ooräig,1g der Westmächte und die Entwicklung der Dinge in
Verna ^ ^ auch wohl durch Persönliche höfische Verhältnisse eine
erfahren, seit eine Nichte des Königs von England Königin von Spanien
Muvwr" ^'"^ Eduard versteht es vielleicht von allen jetzt lebenden gekrönten
stellen "w"' seine persönlichen Beziehungen in den Dienst der Politik zu
willt^- ^ ^ dahin gehenden Beobachtungen freilich oft übertrieben; man
- ^""^ Eduard überall den sxiriws roowr aller Schachzüge und
Zungen der europäischen Politik, namentlich soweit sie deutschfeindliche Tendenzvalten. Dieses Urteil sieht die Lage doch wohl unter falschem Gesichtspunkt. Die
persönliche Bedeutung des Königs von England in der Politik beruht vor allem
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