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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Aufforderung zum Kampf gegen die unechten Farben

sind, bei denen die Bedingungen, denen die Ware im Gebrauch ausgesetzt wird,
genau nachgeahmt werden.

Dasselbe gilt für die Schweißechtheit, auch hier ist die Probe am Leibe
die beste, aber da dies eine unangenehme Arbeit ist, empfehle ich, eine Probe
des Musters mit wenig kochendem Wasser zu übergießen und erkalten zu lassen.
Wenn sich das Wasser nicht oder nur ganz schwach färbt, kann man im all¬
gemeinen sicher sein, daß der Stoff echt ist.

Die Bügelechtheit wird geprüft, indem man ein feuchtes Baumwoll¬
läppchen auf den Stoff legt und dann einen Teil des Musters mit einem recht
heißen Bügeleisen behandelt, bis das Läppchen nicht mehr dampft. Man ver¬
gleicht den gebügelten Teil mit dem nicht gebügelten, nachdem das Muster
erkaltet ist, und kann sehen, ob Glanz verschwunden, Glanz entstanden ist, oder
ob die Farbe sich dauernd verändert hat.

Die Vergleichung des Farbtons bei natürlichem und künstlichem Licht ist
oft von Wichtigkeit. Gasglühlicht wird meist wenig Änderung hervorrufen,
aber gewöhnliches Gaslicht und elektrisches Glühlicht zeigen oft die Farben,
und besonders die Farbenzusammenstellungen, in Tönen, die ganz verschieden
von denen sind, die wir bei Tageslicht sehen.

Die Reibechtheit prüft man durch Reiben des Musters mit einem weißen
Tuch oder umgekehrt.

Die Echtheit gegen Straßenschmutz wird geprüft, indem man entweder
den Stoff mit verdünnter Ammoniakflüssigkeit betupft, trocknen läßt und
beobachtet, ob sich die Farbe ändert, oder noch besser, man nimmt etwas
feuchten Straßenschmutz, betupft den Stoff damit, läßt trocknen, bürstet den
trocknen Staub weg und beobachtet dann.

Die Baumwolle ist der Menge nach bei weitem die wichtigste Textilfaser,
sie ist auch die billigste und wird deshalb, wo nur immer möglich, als Ersatz
für die teurem eingeführt. Es gibt viele Stoffe, die beim ersten Anblick den
Eindruck von Seide machen; bei näherer Betrachtung, und besonders wenn
man Schuß von Kette trennt, findet man aber, daß nur ein sehr dünner Hauch
von Seide auf der guten Seite des Stücks sitzt, das im übrigen in der Haupt¬
sache aus Baumwolle besteht. Oder das Stück ist ganz aus Baumwolle, und
es ist ihm nur ein mechanischer Glanz gegeben worden, der gewöhnlich schon
mit kaltem Wasser zum größten Teil vergeht. Das Verbrennen eines Fädchens
zeigt uns hier gleich, mit was für einer Faser wir es zu tun haben.

Schwierig ist manchmal die Unterscheidung von reinem Leinen und Baum¬
wolle oder Halbleinen. Bei gewaschnen Stücken wird sich das kalte glatte
Anfühlen der Leinwand von dem rauhern wärmern der Baumwolle unter¬
scheiden lassen, bei neuen Stücken aber ist die die Leinwand nachahmen
sollende Baumwolle oft mit einem Appret versehen, der ihr ganz jenes kalte
glatte Anfühlen gibt. Da muß uns ein andres Merkmal helfen, das ist die
Natur des Fadens: der Baumwollfaden ist in seiner ganzen Länge gleich-


Aufforderung zum Kampf gegen die unechten Farben

sind, bei denen die Bedingungen, denen die Ware im Gebrauch ausgesetzt wird,
genau nachgeahmt werden.

Dasselbe gilt für die Schweißechtheit, auch hier ist die Probe am Leibe
die beste, aber da dies eine unangenehme Arbeit ist, empfehle ich, eine Probe
des Musters mit wenig kochendem Wasser zu übergießen und erkalten zu lassen.
Wenn sich das Wasser nicht oder nur ganz schwach färbt, kann man im all¬
gemeinen sicher sein, daß der Stoff echt ist.

Die Bügelechtheit wird geprüft, indem man ein feuchtes Baumwoll¬
läppchen auf den Stoff legt und dann einen Teil des Musters mit einem recht
heißen Bügeleisen behandelt, bis das Läppchen nicht mehr dampft. Man ver¬
gleicht den gebügelten Teil mit dem nicht gebügelten, nachdem das Muster
erkaltet ist, und kann sehen, ob Glanz verschwunden, Glanz entstanden ist, oder
ob die Farbe sich dauernd verändert hat.

Die Vergleichung des Farbtons bei natürlichem und künstlichem Licht ist
oft von Wichtigkeit. Gasglühlicht wird meist wenig Änderung hervorrufen,
aber gewöhnliches Gaslicht und elektrisches Glühlicht zeigen oft die Farben,
und besonders die Farbenzusammenstellungen, in Tönen, die ganz verschieden
von denen sind, die wir bei Tageslicht sehen.

Die Reibechtheit prüft man durch Reiben des Musters mit einem weißen
Tuch oder umgekehrt.

Die Echtheit gegen Straßenschmutz wird geprüft, indem man entweder
den Stoff mit verdünnter Ammoniakflüssigkeit betupft, trocknen läßt und
beobachtet, ob sich die Farbe ändert, oder noch besser, man nimmt etwas
feuchten Straßenschmutz, betupft den Stoff damit, läßt trocknen, bürstet den
trocknen Staub weg und beobachtet dann.

Die Baumwolle ist der Menge nach bei weitem die wichtigste Textilfaser,
sie ist auch die billigste und wird deshalb, wo nur immer möglich, als Ersatz
für die teurem eingeführt. Es gibt viele Stoffe, die beim ersten Anblick den
Eindruck von Seide machen; bei näherer Betrachtung, und besonders wenn
man Schuß von Kette trennt, findet man aber, daß nur ein sehr dünner Hauch
von Seide auf der guten Seite des Stücks sitzt, das im übrigen in der Haupt¬
sache aus Baumwolle besteht. Oder das Stück ist ganz aus Baumwolle, und
es ist ihm nur ein mechanischer Glanz gegeben worden, der gewöhnlich schon
mit kaltem Wasser zum größten Teil vergeht. Das Verbrennen eines Fädchens
zeigt uns hier gleich, mit was für einer Faser wir es zu tun haben.

Schwierig ist manchmal die Unterscheidung von reinem Leinen und Baum¬
wolle oder Halbleinen. Bei gewaschnen Stücken wird sich das kalte glatte
Anfühlen der Leinwand von dem rauhern wärmern der Baumwolle unter¬
scheiden lassen, bei neuen Stücken aber ist die die Leinwand nachahmen
sollende Baumwolle oft mit einem Appret versehen, der ihr ganz jenes kalte
glatte Anfühlen gibt. Da muß uns ein andres Merkmal helfen, das ist die
Natur des Fadens: der Baumwollfaden ist in seiner ganzen Länge gleich-


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[0578] Aufforderung zum Kampf gegen die unechten Farben sind, bei denen die Bedingungen, denen die Ware im Gebrauch ausgesetzt wird, genau nachgeahmt werden. Dasselbe gilt für die Schweißechtheit, auch hier ist die Probe am Leibe die beste, aber da dies eine unangenehme Arbeit ist, empfehle ich, eine Probe des Musters mit wenig kochendem Wasser zu übergießen und erkalten zu lassen. Wenn sich das Wasser nicht oder nur ganz schwach färbt, kann man im all¬ gemeinen sicher sein, daß der Stoff echt ist. Die Bügelechtheit wird geprüft, indem man ein feuchtes Baumwoll¬ läppchen auf den Stoff legt und dann einen Teil des Musters mit einem recht heißen Bügeleisen behandelt, bis das Läppchen nicht mehr dampft. Man ver¬ gleicht den gebügelten Teil mit dem nicht gebügelten, nachdem das Muster erkaltet ist, und kann sehen, ob Glanz verschwunden, Glanz entstanden ist, oder ob die Farbe sich dauernd verändert hat. Die Vergleichung des Farbtons bei natürlichem und künstlichem Licht ist oft von Wichtigkeit. Gasglühlicht wird meist wenig Änderung hervorrufen, aber gewöhnliches Gaslicht und elektrisches Glühlicht zeigen oft die Farben, und besonders die Farbenzusammenstellungen, in Tönen, die ganz verschieden von denen sind, die wir bei Tageslicht sehen. Die Reibechtheit prüft man durch Reiben des Musters mit einem weißen Tuch oder umgekehrt. Die Echtheit gegen Straßenschmutz wird geprüft, indem man entweder den Stoff mit verdünnter Ammoniakflüssigkeit betupft, trocknen läßt und beobachtet, ob sich die Farbe ändert, oder noch besser, man nimmt etwas feuchten Straßenschmutz, betupft den Stoff damit, läßt trocknen, bürstet den trocknen Staub weg und beobachtet dann. Die Baumwolle ist der Menge nach bei weitem die wichtigste Textilfaser, sie ist auch die billigste und wird deshalb, wo nur immer möglich, als Ersatz für die teurem eingeführt. Es gibt viele Stoffe, die beim ersten Anblick den Eindruck von Seide machen; bei näherer Betrachtung, und besonders wenn man Schuß von Kette trennt, findet man aber, daß nur ein sehr dünner Hauch von Seide auf der guten Seite des Stücks sitzt, das im übrigen in der Haupt¬ sache aus Baumwolle besteht. Oder das Stück ist ganz aus Baumwolle, und es ist ihm nur ein mechanischer Glanz gegeben worden, der gewöhnlich schon mit kaltem Wasser zum größten Teil vergeht. Das Verbrennen eines Fädchens zeigt uns hier gleich, mit was für einer Faser wir es zu tun haben. Schwierig ist manchmal die Unterscheidung von reinem Leinen und Baum¬ wolle oder Halbleinen. Bei gewaschnen Stücken wird sich das kalte glatte Anfühlen der Leinwand von dem rauhern wärmern der Baumwolle unter¬ scheiden lassen, bei neuen Stücken aber ist die die Leinwand nachahmen sollende Baumwolle oft mit einem Appret versehen, der ihr ganz jenes kalte glatte Anfühlen gibt. Da muß uns ein andres Merkmal helfen, das ist die Natur des Fadens: der Baumwollfaden ist in seiner ganzen Länge gleich-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/578>, abgerufen am 24.07.2024.