Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Bernard Shaw als Dramatiker

nach der Höhe der Prümienreserve, die sich für die einzelnen Versicherungen
am Schlüsse des Rechnungsjahres ergibt, verteilt wird.

Die allgemeine Einführung dieses Verteilungsverfahrens bietet keine be¬
sondern Schwierigkeiten. Die Versicherungsanstalten brauchen die Grundsatze,
nach denen sie bisher die Summe, die unter die Gesamtheit der Versicherten
als Dividende verteilt werden soll, festgestellt haben, nicht zu ändern. Die
einzige Neuerung besteht darin, daß bei Ermittlung der Dividende, die jedem
einzelnen Versicherten am Schlüsse eines jeden Rechnungsjahres zu gewähren
ist, in die Gleichungen statt der Jahresprämie die Prümienreserve eingestellt
wird. Allerdings wird sich eine Änderung der Satzungen notwendig machen,
wenn nicht, was allerdings wünschenswert ist, vom Kaiserlichen Aufsichtsamte
für Privatversicherung die Verteilung der Dividende nach der Hohe der Prümien¬
reserve für alle Lebensversicherungsanstalten vorgeschrieben oder eine dahingehende
Bestimmung in das Neichsversicherungsgesetz, dessen Entwurf dem Reichstage
zur Beratung vorliegt, aufgenommen wird.




Vernarb 5>saw als Dramatiker
Ernst Groth von

> ernard Shaw ist unstreitig einer der geistvollsten, witzigsten und
rücksichtslosesten Schriftsteller der Gegenwart. In Dublin 1856
geboren, ein Landsmann von Goldsmith und Sheridan, ist
Shaw der Typus des modernen gebildeten Jrlünders: unruhig,
! wechselnd, leidenschaftlich, leicht hingerissen und begeistert für
alle neuen Ideen und Bestrebungen, wenn sie nur das Alte, Überlieferte,
Überlebte rücksichtslos angreifen. Shaw schloß sich schon früh der sozialistischen
Agitation an, war ein eifriges Mitglied der ?g,bis,n Loelst^ und veröffent¬
lichte eine ganze Reihe von sozialistischen Abhandlungen, zum Beispiel
IIr80pig.1 Looig.Il3t (1880 bis 1883). Dann trat er für eine richtige Würdigung
der Jbsenschen Dramen ein und schrieb den philosophischen Essay Ids Huint-
ssssnos et Ibsönisrn (1891). Zugleich wurde er Musikkritiker und suchte das
englische Publikum über die Bedeutung Richard Wagners aufzuklären (Itnz
?"zris<ze M^Allentö 1898). Daß Wagners Einfluß sich auch noch bei andern
englischen Dichtern zeigt, habe ich in der zweiten Auflage von Wülkers Ge¬
schichte der Englischen Literatur (Leipzig, Bibliographisches Institut, 1907)
nachzuweisen versucht. Ein Aufenthalt in Florenz (1894) hatte Shaw das Ver¬
ständnis für die Prüraffaeliten und ihre Ideen eröffnet, und mit großer Be¬
geisterung suchte er ihre Bestrebungen, namentlich die von William Morris,
in weitere Volksschichten zu bringen. Schon 1892 hatte er mit seinem


Bernard Shaw als Dramatiker

nach der Höhe der Prümienreserve, die sich für die einzelnen Versicherungen
am Schlüsse des Rechnungsjahres ergibt, verteilt wird.

Die allgemeine Einführung dieses Verteilungsverfahrens bietet keine be¬
sondern Schwierigkeiten. Die Versicherungsanstalten brauchen die Grundsatze,
nach denen sie bisher die Summe, die unter die Gesamtheit der Versicherten
als Dividende verteilt werden soll, festgestellt haben, nicht zu ändern. Die
einzige Neuerung besteht darin, daß bei Ermittlung der Dividende, die jedem
einzelnen Versicherten am Schlüsse eines jeden Rechnungsjahres zu gewähren
ist, in die Gleichungen statt der Jahresprämie die Prümienreserve eingestellt
wird. Allerdings wird sich eine Änderung der Satzungen notwendig machen,
wenn nicht, was allerdings wünschenswert ist, vom Kaiserlichen Aufsichtsamte
für Privatversicherung die Verteilung der Dividende nach der Hohe der Prümien¬
reserve für alle Lebensversicherungsanstalten vorgeschrieben oder eine dahingehende
Bestimmung in das Neichsversicherungsgesetz, dessen Entwurf dem Reichstage
zur Beratung vorliegt, aufgenommen wird.




Vernarb 5>saw als Dramatiker
Ernst Groth von

> ernard Shaw ist unstreitig einer der geistvollsten, witzigsten und
rücksichtslosesten Schriftsteller der Gegenwart. In Dublin 1856
geboren, ein Landsmann von Goldsmith und Sheridan, ist
Shaw der Typus des modernen gebildeten Jrlünders: unruhig,
! wechselnd, leidenschaftlich, leicht hingerissen und begeistert für
alle neuen Ideen und Bestrebungen, wenn sie nur das Alte, Überlieferte,
Überlebte rücksichtslos angreifen. Shaw schloß sich schon früh der sozialistischen
Agitation an, war ein eifriges Mitglied der ?g,bis,n Loelst^ und veröffent¬
lichte eine ganze Reihe von sozialistischen Abhandlungen, zum Beispiel
IIr80pig.1 Looig.Il3t (1880 bis 1883). Dann trat er für eine richtige Würdigung
der Jbsenschen Dramen ein und schrieb den philosophischen Essay Ids Huint-
ssssnos et Ibsönisrn (1891). Zugleich wurde er Musikkritiker und suchte das
englische Publikum über die Bedeutung Richard Wagners aufzuklären (Itnz
?«zris<ze M^Allentö 1898). Daß Wagners Einfluß sich auch noch bei andern
englischen Dichtern zeigt, habe ich in der zweiten Auflage von Wülkers Ge¬
schichte der Englischen Literatur (Leipzig, Bibliographisches Institut, 1907)
nachzuweisen versucht. Ein Aufenthalt in Florenz (1894) hatte Shaw das Ver¬
ständnis für die Prüraffaeliten und ihre Ideen eröffnet, und mit großer Be¬
geisterung suchte er ihre Bestrebungen, namentlich die von William Morris,
in weitere Volksschichten zu bringen. Schon 1892 hatte er mit seinem


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0564" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/301818"/>
          <fw type="header" place="top"> Bernard Shaw als Dramatiker</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2087" prev="#ID_2086"> nach der Höhe der Prümienreserve, die sich für die einzelnen Versicherungen<lb/>
am Schlüsse des Rechnungsjahres ergibt, verteilt wird.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2088"> Die allgemeine Einführung dieses Verteilungsverfahrens bietet keine be¬<lb/>
sondern Schwierigkeiten. Die Versicherungsanstalten brauchen die Grundsatze,<lb/>
nach denen sie bisher die Summe, die unter die Gesamtheit der Versicherten<lb/>
als Dividende verteilt werden soll, festgestellt haben, nicht zu ändern. Die<lb/>
einzige Neuerung besteht darin, daß bei Ermittlung der Dividende, die jedem<lb/>
einzelnen Versicherten am Schlüsse eines jeden Rechnungsjahres zu gewähren<lb/>
ist, in die Gleichungen statt der Jahresprämie die Prümienreserve eingestellt<lb/>
wird. Allerdings wird sich eine Änderung der Satzungen notwendig machen,<lb/>
wenn nicht, was allerdings wünschenswert ist, vom Kaiserlichen Aufsichtsamte<lb/>
für Privatversicherung die Verteilung der Dividende nach der Hohe der Prümien¬<lb/>
reserve für alle Lebensversicherungsanstalten vorgeschrieben oder eine dahingehende<lb/>
Bestimmung in das Neichsversicherungsgesetz, dessen Entwurf dem Reichstage<lb/>
zur Beratung vorliegt, aufgenommen wird.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Vernarb 5&gt;saw als Dramatiker<lb/><note type="byline"> Ernst Groth</note> von</head><lb/>
          <p xml:id="ID_2089" next="#ID_2090"> &gt; ernard Shaw ist unstreitig einer der geistvollsten, witzigsten und<lb/>
rücksichtslosesten Schriftsteller der Gegenwart. In Dublin 1856<lb/>
geboren, ein Landsmann von Goldsmith und Sheridan, ist<lb/>
Shaw der Typus des modernen gebildeten Jrlünders: unruhig,<lb/>
! wechselnd, leidenschaftlich, leicht hingerissen und begeistert für<lb/>
alle neuen Ideen und Bestrebungen, wenn sie nur das Alte, Überlieferte,<lb/>
Überlebte rücksichtslos angreifen. Shaw schloß sich schon früh der sozialistischen<lb/>
Agitation an, war ein eifriges Mitglied der ?g,bis,n Loelst^ und veröffent¬<lb/>
lichte eine ganze Reihe von sozialistischen Abhandlungen, zum Beispiel<lb/>
IIr80pig.1 Looig.Il3t (1880 bis 1883). Dann trat er für eine richtige Würdigung<lb/>
der Jbsenschen Dramen ein und schrieb den philosophischen Essay Ids Huint-<lb/>
ssssnos et Ibsönisrn (1891). Zugleich wurde er Musikkritiker und suchte das<lb/>
englische Publikum über die Bedeutung Richard Wagners aufzuklären (Itnz<lb/>
?«zris&lt;ze M^Allentö 1898). Daß Wagners Einfluß sich auch noch bei andern<lb/>
englischen Dichtern zeigt, habe ich in der zweiten Auflage von Wülkers Ge¬<lb/>
schichte der Englischen Literatur (Leipzig, Bibliographisches Institut, 1907)<lb/>
nachzuweisen versucht. Ein Aufenthalt in Florenz (1894) hatte Shaw das Ver¬<lb/>
ständnis für die Prüraffaeliten und ihre Ideen eröffnet, und mit großer Be¬<lb/>
geisterung suchte er ihre Bestrebungen, namentlich die von William Morris,<lb/>
in weitere Volksschichten zu bringen.  Schon 1892 hatte er mit seinem</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0564] Bernard Shaw als Dramatiker nach der Höhe der Prümienreserve, die sich für die einzelnen Versicherungen am Schlüsse des Rechnungsjahres ergibt, verteilt wird. Die allgemeine Einführung dieses Verteilungsverfahrens bietet keine be¬ sondern Schwierigkeiten. Die Versicherungsanstalten brauchen die Grundsatze, nach denen sie bisher die Summe, die unter die Gesamtheit der Versicherten als Dividende verteilt werden soll, festgestellt haben, nicht zu ändern. Die einzige Neuerung besteht darin, daß bei Ermittlung der Dividende, die jedem einzelnen Versicherten am Schlüsse eines jeden Rechnungsjahres zu gewähren ist, in die Gleichungen statt der Jahresprämie die Prümienreserve eingestellt wird. Allerdings wird sich eine Änderung der Satzungen notwendig machen, wenn nicht, was allerdings wünschenswert ist, vom Kaiserlichen Aufsichtsamte für Privatversicherung die Verteilung der Dividende nach der Hohe der Prümien¬ reserve für alle Lebensversicherungsanstalten vorgeschrieben oder eine dahingehende Bestimmung in das Neichsversicherungsgesetz, dessen Entwurf dem Reichstage zur Beratung vorliegt, aufgenommen wird. Vernarb 5>saw als Dramatiker Ernst Groth von > ernard Shaw ist unstreitig einer der geistvollsten, witzigsten und rücksichtslosesten Schriftsteller der Gegenwart. In Dublin 1856 geboren, ein Landsmann von Goldsmith und Sheridan, ist Shaw der Typus des modernen gebildeten Jrlünders: unruhig, ! wechselnd, leidenschaftlich, leicht hingerissen und begeistert für alle neuen Ideen und Bestrebungen, wenn sie nur das Alte, Überlieferte, Überlebte rücksichtslos angreifen. Shaw schloß sich schon früh der sozialistischen Agitation an, war ein eifriges Mitglied der ?g,bis,n Loelst^ und veröffent¬ lichte eine ganze Reihe von sozialistischen Abhandlungen, zum Beispiel IIr80pig.1 Looig.Il3t (1880 bis 1883). Dann trat er für eine richtige Würdigung der Jbsenschen Dramen ein und schrieb den philosophischen Essay Ids Huint- ssssnos et Ibsönisrn (1891). Zugleich wurde er Musikkritiker und suchte das englische Publikum über die Bedeutung Richard Wagners aufzuklären (Itnz ?«zris<ze M^Allentö 1898). Daß Wagners Einfluß sich auch noch bei andern englischen Dichtern zeigt, habe ich in der zweiten Auflage von Wülkers Ge¬ schichte der Englischen Literatur (Leipzig, Bibliographisches Institut, 1907) nachzuweisen versucht. Ein Aufenthalt in Florenz (1894) hatte Shaw das Ver¬ ständnis für die Prüraffaeliten und ihre Ideen eröffnet, und mit großer Be¬ geisterung suchte er ihre Bestrebungen, namentlich die von William Morris, in weitere Volksschichten zu bringen. Schon 1892 hatte er mit seinem

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/564
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/564>, abgerufen am 24.07.2024.