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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Die Dividenden bei den Tebensversicherungsanstalten

gezählten Jahresprämie, Diese Verteilungsweise, bei der die seit längerer Zeit
Versicherten denselben Dividendensatz erhalten wie die erst kürzlich Eingetretnen,
entspricht nicht dem Zwecke der Versicherung, wonach viele einen kleinen Schaden
erleiden, um wenigen einen großen Schaden zu ersparen.

Ich habe mich 1866 in meinem fünfunddreißigsten Lebensjahre bei einer
Lebensversicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit mit einer bei meinem Ableben
oder bei der Erreichung des neunzigsten Lebensjahres zahlbaren Summe von
30000 Mark mit Anspruch auf Gewinnbeteiligung versichert. In den ersten
fünf Jahren habe ich 823 Mark 32 Pfennige, in den einunddreißig Jahren von
1871 bis 1901 546 Mark 69 Pfennige und in den folgenden fünf Jahren
538 Mark 31 Pfennige als jährliche Prämie und mithin in einundvierzig Vcr-
sicherungsjcchren 22 780 Mark 54 Pfennige gezahlt. Die Dividende betrug in
den einunddreißig Jahren von 1871 bis 1901 34 Prozent und nachher 36 Pro¬
zent der festgesetzten Jahresprämie von 828 Mark 32 Pfennigen. Werden zu
den gezählten Jahresprümien die vierprozentigen Zinsen und Zinseszinsen in
jedem Halbjahr hinzugerechnet, so verfügt die Gesellschaft nach einundvierzig
Jahren über eine Summe von 63 956 Mark, die sich, wenn ich das achtzigste
und neunzigste Lebensjahr erreichen sollte, auf 73 774 Mark und 116 332 Mark
erhöhen würde. Von diesen Summen kürzen sich jedoch die Dividenden, die in
den letzten fünf Jahren auf meine Lebensversicherung entfallen, und die schwerlich
den Betrag von 1600 Mark übersteigen dürsten.

Immerhin ist der Vermögensverlust, den ich erleide, sehr groß, da die
Gesellschaft nur 30 000 Mark zu zahlen hat.

Bei der Allgemeinen Rentenanstalt in Stuttgart und beim Preußischen
Beamtenvercin in Hannover wird der Jahresüberschuß nicht nach der Höhe der
Jahresprämie, sondern nach der Höhe der Prämienreserve, die sich für die ein¬
zelnen Versicherungen am Schlüsse des Rechnungsjahres ergibt, verteilt. Diese
Verteilungsweise entspricht den Forderungen der Gerechtigkeit. In dem Maße,
wie die einzelne Versicherung zum Jahresüberschusse beigetragen hat, muß sie
auch am Gewinn teilhaben.

Die Versicherten, die vieljährige Prämienzahlungen geleistet und somit eine
größere Summe zur Prümienreserve beigetragen haben, sind berechtigt, eine viel
höhere Dividende zu erhalten als die, die sich erst seit kurzem versichert haben.

Hütte ich mich beim Preußischen Beamtenverein, der seine Tätigkeit erst
im Jahre 1876 eröffnet hat, versichern können, so hätte ich nach dem alten
vierprozentigen Tarif an jährlichen Prämien in einundvierzig Vcrsicherungs-
jahren 12 094 Mark 18 Pfennige und mithin (22 780 Mark 54 Pfennige
-- 12 094 Mark 18 Pfennige) 10 686 Mark 36 Pfennige weniger als an
meine Gesellschaft zu zahlen gehabt und würde auch einen entsprechend geringern
Verlust an Zinsen und Zinseszinsen erleiden. Allerdings ist die Dividende in
den ersten zehn Jahren der Versicherung beim Preußischen Vemntenverein nicht
so hoch wie bei meiner Gesellschaft, und mithin infolgedessen bei dieser die


Die Dividenden bei den Tebensversicherungsanstalten

gezählten Jahresprämie, Diese Verteilungsweise, bei der die seit längerer Zeit
Versicherten denselben Dividendensatz erhalten wie die erst kürzlich Eingetretnen,
entspricht nicht dem Zwecke der Versicherung, wonach viele einen kleinen Schaden
erleiden, um wenigen einen großen Schaden zu ersparen.

Ich habe mich 1866 in meinem fünfunddreißigsten Lebensjahre bei einer
Lebensversicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit mit einer bei meinem Ableben
oder bei der Erreichung des neunzigsten Lebensjahres zahlbaren Summe von
30000 Mark mit Anspruch auf Gewinnbeteiligung versichert. In den ersten
fünf Jahren habe ich 823 Mark 32 Pfennige, in den einunddreißig Jahren von
1871 bis 1901 546 Mark 69 Pfennige und in den folgenden fünf Jahren
538 Mark 31 Pfennige als jährliche Prämie und mithin in einundvierzig Vcr-
sicherungsjcchren 22 780 Mark 54 Pfennige gezahlt. Die Dividende betrug in
den einunddreißig Jahren von 1871 bis 1901 34 Prozent und nachher 36 Pro¬
zent der festgesetzten Jahresprämie von 828 Mark 32 Pfennigen. Werden zu
den gezählten Jahresprümien die vierprozentigen Zinsen und Zinseszinsen in
jedem Halbjahr hinzugerechnet, so verfügt die Gesellschaft nach einundvierzig
Jahren über eine Summe von 63 956 Mark, die sich, wenn ich das achtzigste
und neunzigste Lebensjahr erreichen sollte, auf 73 774 Mark und 116 332 Mark
erhöhen würde. Von diesen Summen kürzen sich jedoch die Dividenden, die in
den letzten fünf Jahren auf meine Lebensversicherung entfallen, und die schwerlich
den Betrag von 1600 Mark übersteigen dürsten.

Immerhin ist der Vermögensverlust, den ich erleide, sehr groß, da die
Gesellschaft nur 30 000 Mark zu zahlen hat.

Bei der Allgemeinen Rentenanstalt in Stuttgart und beim Preußischen
Beamtenvercin in Hannover wird der Jahresüberschuß nicht nach der Höhe der
Jahresprämie, sondern nach der Höhe der Prämienreserve, die sich für die ein¬
zelnen Versicherungen am Schlüsse des Rechnungsjahres ergibt, verteilt. Diese
Verteilungsweise entspricht den Forderungen der Gerechtigkeit. In dem Maße,
wie die einzelne Versicherung zum Jahresüberschusse beigetragen hat, muß sie
auch am Gewinn teilhaben.

Die Versicherten, die vieljährige Prämienzahlungen geleistet und somit eine
größere Summe zur Prümienreserve beigetragen haben, sind berechtigt, eine viel
höhere Dividende zu erhalten als die, die sich erst seit kurzem versichert haben.

Hütte ich mich beim Preußischen Beamtenverein, der seine Tätigkeit erst
im Jahre 1876 eröffnet hat, versichern können, so hätte ich nach dem alten
vierprozentigen Tarif an jährlichen Prämien in einundvierzig Vcrsicherungs-
jahren 12 094 Mark 18 Pfennige und mithin (22 780 Mark 54 Pfennige
— 12 094 Mark 18 Pfennige) 10 686 Mark 36 Pfennige weniger als an
meine Gesellschaft zu zahlen gehabt und würde auch einen entsprechend geringern
Verlust an Zinsen und Zinseszinsen erleiden. Allerdings ist die Dividende in
den ersten zehn Jahren der Versicherung beim Preußischen Vemntenverein nicht
so hoch wie bei meiner Gesellschaft, und mithin infolgedessen bei dieser die


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[0562] Die Dividenden bei den Tebensversicherungsanstalten gezählten Jahresprämie, Diese Verteilungsweise, bei der die seit längerer Zeit Versicherten denselben Dividendensatz erhalten wie die erst kürzlich Eingetretnen, entspricht nicht dem Zwecke der Versicherung, wonach viele einen kleinen Schaden erleiden, um wenigen einen großen Schaden zu ersparen. Ich habe mich 1866 in meinem fünfunddreißigsten Lebensjahre bei einer Lebensversicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit mit einer bei meinem Ableben oder bei der Erreichung des neunzigsten Lebensjahres zahlbaren Summe von 30000 Mark mit Anspruch auf Gewinnbeteiligung versichert. In den ersten fünf Jahren habe ich 823 Mark 32 Pfennige, in den einunddreißig Jahren von 1871 bis 1901 546 Mark 69 Pfennige und in den folgenden fünf Jahren 538 Mark 31 Pfennige als jährliche Prämie und mithin in einundvierzig Vcr- sicherungsjcchren 22 780 Mark 54 Pfennige gezahlt. Die Dividende betrug in den einunddreißig Jahren von 1871 bis 1901 34 Prozent und nachher 36 Pro¬ zent der festgesetzten Jahresprämie von 828 Mark 32 Pfennigen. Werden zu den gezählten Jahresprümien die vierprozentigen Zinsen und Zinseszinsen in jedem Halbjahr hinzugerechnet, so verfügt die Gesellschaft nach einundvierzig Jahren über eine Summe von 63 956 Mark, die sich, wenn ich das achtzigste und neunzigste Lebensjahr erreichen sollte, auf 73 774 Mark und 116 332 Mark erhöhen würde. Von diesen Summen kürzen sich jedoch die Dividenden, die in den letzten fünf Jahren auf meine Lebensversicherung entfallen, und die schwerlich den Betrag von 1600 Mark übersteigen dürsten. Immerhin ist der Vermögensverlust, den ich erleide, sehr groß, da die Gesellschaft nur 30 000 Mark zu zahlen hat. Bei der Allgemeinen Rentenanstalt in Stuttgart und beim Preußischen Beamtenvercin in Hannover wird der Jahresüberschuß nicht nach der Höhe der Jahresprämie, sondern nach der Höhe der Prämienreserve, die sich für die ein¬ zelnen Versicherungen am Schlüsse des Rechnungsjahres ergibt, verteilt. Diese Verteilungsweise entspricht den Forderungen der Gerechtigkeit. In dem Maße, wie die einzelne Versicherung zum Jahresüberschusse beigetragen hat, muß sie auch am Gewinn teilhaben. Die Versicherten, die vieljährige Prämienzahlungen geleistet und somit eine größere Summe zur Prümienreserve beigetragen haben, sind berechtigt, eine viel höhere Dividende zu erhalten als die, die sich erst seit kurzem versichert haben. Hütte ich mich beim Preußischen Beamtenverein, der seine Tätigkeit erst im Jahre 1876 eröffnet hat, versichern können, so hätte ich nach dem alten vierprozentigen Tarif an jährlichen Prämien in einundvierzig Vcrsicherungs- jahren 12 094 Mark 18 Pfennige und mithin (22 780 Mark 54 Pfennige — 12 094 Mark 18 Pfennige) 10 686 Mark 36 Pfennige weniger als an meine Gesellschaft zu zahlen gehabt und würde auch einen entsprechend geringern Verlust an Zinsen und Zinseszinsen erleiden. Allerdings ist die Dividende in den ersten zehn Jahren der Versicherung beim Preußischen Vemntenverein nicht so hoch wie bei meiner Gesellschaft, und mithin infolgedessen bei dieser die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/562>, abgerufen am 24.07.2024.