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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Elbe, gelang es, den Ozcanrekord zu brechen und das "blaue Band des
Weltmeers", das bisher ausschließlich in den Händen der Engländer gewesen
war, für die deutsche Schiffahrt zu gewinnen, die es seither -- abgesehen von
einer kurzen Unterbrechung -- auch behauptet hat. Auf die Elbe folgte eine
stattliche Zahl von Lloydschnelldampfern, deren neuster, nach den Anregungen
des jetzigen Generaldirektors des Lloyd, Dr. Wiegand, konstruierter Typ durch
die Dampfer Kaiser Wilhelm der Große, Kronprinz Wilhelm, Kaiser Wilhelm II.
und Kronprinzessin Cecilie, sämtlich auf der Werft des Vulkan in Stettin erbaut,
repräsentiert wird. Zur Illustration der gewaltigen Fortschritte, die die Schiffs-
bautechnik in dem letzten halben Jahrhundert gemacht hat, seien die Maße des
ersten und des neusten Amerikadampfers des Lloyd hier erwähnt: der erste
Lloyddampfer Bremen hatte eine Maschine von 700 Pferdekräften und konnte
1000 Tons Güter und 850 Tons Kohlen fassen, während der neuste Dampfer
Kronprinzessin Cecilie Maschinen von 45000 Pferdekräften, die dem Schiffe eine
Durchschnittsgeschwindigkeit von Seemeilen in der Stunde verleihen, und
20000 Registertvns hat.

Wenn seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts die wirtschaftlichen Be¬
ziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Nordamerika
immer zahlreicher und enger geworden sind, und wenn Hand in Hand damit der
deutsche Handel und die deutsche Industrie einen immer glänzendem Aufschwung
genommen hat, so muß den nordamerikanischen Dampferlinien des Lloyd, speziell
seiner Newyorker Linie, die zur Steigerung des Güter- und Warenaustausches
zwischen beiden Ländern wie auch des Personenverkehrs wesentlich beigetragen
haben, ein nicht geringer Anteil daran zugeschrieben werden. Schon allein der
Umstand, daß alljährlich Tausende von Amerikanern auf deutschen Schiffen zur
Erledigung von Geschäften oder zu Besuch nach Deutschland und dem übrigen
Europa kommen -- etwa zwei Drittel der Kajütspassagiere sind Amerikaner --, trägt
viel dazu bei, die beiden Nationen einander näherzubringen. Und wenn unsre
deutschen Volksgenossen in Amerika zu einem guten Teil ihr Deutschtum noch
nicht verloren haben, so hat die deutsche Schiffahrt, die die Beziehungen zwischen
der alten und der neuen Heimat aufrecht erhält und das deutsche Ansehen in
Amerika an der ersten Stelle vertritt, ein großes Verdienst daran.

Nachdem die Newyorker Linie des Lloyd neun Jahre lang seine einzige
transozeanische gewesen war, kam Ende der sechziger und in den siebziger Jahren
^ne ganze Reihe weiterer Linien nach Nord-, Mittel- und Südamerika hinzu,
nämlich 1867 Bremen-Baltimore, 1869 Bremen-New Orleans (1384 ist an
Stelle von New Orleans Galveston als Endhafen gewählt worden), 1870/71
Bremen-Westindien und Mittelamerika und 1876 Bremen-Brasilien und
Bremen-La Pinta.

Das Jahr 1885 ist ein besonders bedeutungsvolles in der Geschichte des
Lloyd. Es ist das Gründungsjahr der ostasiatischen und der australischen
Neichspostdampferlinien. War schon bisher die Einwirkung der Schiffahrts-


Elbe, gelang es, den Ozcanrekord zu brechen und das „blaue Band des
Weltmeers", das bisher ausschließlich in den Händen der Engländer gewesen
war, für die deutsche Schiffahrt zu gewinnen, die es seither — abgesehen von
einer kurzen Unterbrechung — auch behauptet hat. Auf die Elbe folgte eine
stattliche Zahl von Lloydschnelldampfern, deren neuster, nach den Anregungen
des jetzigen Generaldirektors des Lloyd, Dr. Wiegand, konstruierter Typ durch
die Dampfer Kaiser Wilhelm der Große, Kronprinz Wilhelm, Kaiser Wilhelm II.
und Kronprinzessin Cecilie, sämtlich auf der Werft des Vulkan in Stettin erbaut,
repräsentiert wird. Zur Illustration der gewaltigen Fortschritte, die die Schiffs-
bautechnik in dem letzten halben Jahrhundert gemacht hat, seien die Maße des
ersten und des neusten Amerikadampfers des Lloyd hier erwähnt: der erste
Lloyddampfer Bremen hatte eine Maschine von 700 Pferdekräften und konnte
1000 Tons Güter und 850 Tons Kohlen fassen, während der neuste Dampfer
Kronprinzessin Cecilie Maschinen von 45000 Pferdekräften, die dem Schiffe eine
Durchschnittsgeschwindigkeit von Seemeilen in der Stunde verleihen, und
20000 Registertvns hat.

Wenn seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts die wirtschaftlichen Be¬
ziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Nordamerika
immer zahlreicher und enger geworden sind, und wenn Hand in Hand damit der
deutsche Handel und die deutsche Industrie einen immer glänzendem Aufschwung
genommen hat, so muß den nordamerikanischen Dampferlinien des Lloyd, speziell
seiner Newyorker Linie, die zur Steigerung des Güter- und Warenaustausches
zwischen beiden Ländern wie auch des Personenverkehrs wesentlich beigetragen
haben, ein nicht geringer Anteil daran zugeschrieben werden. Schon allein der
Umstand, daß alljährlich Tausende von Amerikanern auf deutschen Schiffen zur
Erledigung von Geschäften oder zu Besuch nach Deutschland und dem übrigen
Europa kommen — etwa zwei Drittel der Kajütspassagiere sind Amerikaner —, trägt
viel dazu bei, die beiden Nationen einander näherzubringen. Und wenn unsre
deutschen Volksgenossen in Amerika zu einem guten Teil ihr Deutschtum noch
nicht verloren haben, so hat die deutsche Schiffahrt, die die Beziehungen zwischen
der alten und der neuen Heimat aufrecht erhält und das deutsche Ansehen in
Amerika an der ersten Stelle vertritt, ein großes Verdienst daran.

Nachdem die Newyorker Linie des Lloyd neun Jahre lang seine einzige
transozeanische gewesen war, kam Ende der sechziger und in den siebziger Jahren
^ne ganze Reihe weiterer Linien nach Nord-, Mittel- und Südamerika hinzu,
nämlich 1867 Bremen-Baltimore, 1869 Bremen-New Orleans (1384 ist an
Stelle von New Orleans Galveston als Endhafen gewählt worden), 1870/71
Bremen-Westindien und Mittelamerika und 1876 Bremen-Brasilien und
Bremen-La Pinta.

Das Jahr 1885 ist ein besonders bedeutungsvolles in der Geschichte des
Lloyd. Es ist das Gründungsjahr der ostasiatischen und der australischen
Neichspostdampferlinien. War schon bisher die Einwirkung der Schiffahrts-


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[0405] Elbe, gelang es, den Ozcanrekord zu brechen und das „blaue Band des Weltmeers", das bisher ausschließlich in den Händen der Engländer gewesen war, für die deutsche Schiffahrt zu gewinnen, die es seither — abgesehen von einer kurzen Unterbrechung — auch behauptet hat. Auf die Elbe folgte eine stattliche Zahl von Lloydschnelldampfern, deren neuster, nach den Anregungen des jetzigen Generaldirektors des Lloyd, Dr. Wiegand, konstruierter Typ durch die Dampfer Kaiser Wilhelm der Große, Kronprinz Wilhelm, Kaiser Wilhelm II. und Kronprinzessin Cecilie, sämtlich auf der Werft des Vulkan in Stettin erbaut, repräsentiert wird. Zur Illustration der gewaltigen Fortschritte, die die Schiffs- bautechnik in dem letzten halben Jahrhundert gemacht hat, seien die Maße des ersten und des neusten Amerikadampfers des Lloyd hier erwähnt: der erste Lloyddampfer Bremen hatte eine Maschine von 700 Pferdekräften und konnte 1000 Tons Güter und 850 Tons Kohlen fassen, während der neuste Dampfer Kronprinzessin Cecilie Maschinen von 45000 Pferdekräften, die dem Schiffe eine Durchschnittsgeschwindigkeit von Seemeilen in der Stunde verleihen, und 20000 Registertvns hat. Wenn seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts die wirtschaftlichen Be¬ ziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Nordamerika immer zahlreicher und enger geworden sind, und wenn Hand in Hand damit der deutsche Handel und die deutsche Industrie einen immer glänzendem Aufschwung genommen hat, so muß den nordamerikanischen Dampferlinien des Lloyd, speziell seiner Newyorker Linie, die zur Steigerung des Güter- und Warenaustausches zwischen beiden Ländern wie auch des Personenverkehrs wesentlich beigetragen haben, ein nicht geringer Anteil daran zugeschrieben werden. Schon allein der Umstand, daß alljährlich Tausende von Amerikanern auf deutschen Schiffen zur Erledigung von Geschäften oder zu Besuch nach Deutschland und dem übrigen Europa kommen — etwa zwei Drittel der Kajütspassagiere sind Amerikaner —, trägt viel dazu bei, die beiden Nationen einander näherzubringen. Und wenn unsre deutschen Volksgenossen in Amerika zu einem guten Teil ihr Deutschtum noch nicht verloren haben, so hat die deutsche Schiffahrt, die die Beziehungen zwischen der alten und der neuen Heimat aufrecht erhält und das deutsche Ansehen in Amerika an der ersten Stelle vertritt, ein großes Verdienst daran. Nachdem die Newyorker Linie des Lloyd neun Jahre lang seine einzige transozeanische gewesen war, kam Ende der sechziger und in den siebziger Jahren ^ne ganze Reihe weiterer Linien nach Nord-, Mittel- und Südamerika hinzu, nämlich 1867 Bremen-Baltimore, 1869 Bremen-New Orleans (1384 ist an Stelle von New Orleans Galveston als Endhafen gewählt worden), 1870/71 Bremen-Westindien und Mittelamerika und 1876 Bremen-Brasilien und Bremen-La Pinta. Das Jahr 1885 ist ein besonders bedeutungsvolles in der Geschichte des Lloyd. Es ist das Gründungsjahr der ostasiatischen und der australischen Neichspostdampferlinien. War schon bisher die Einwirkung der Schiffahrts-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/405>, abgerufen am 04.07.2024.