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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebnches

den beispiellosen Terrorismus, den in einzelnen Gegenden die katholische Geistlich¬
keit durch Gewährung oder Verfügung der Gnadenmittel der Kirche und durch den
Mißbrauch von Kanzel und Beichtstuhl auf die Wählerschaft zugunsten des Zentrums
ausübt. Die Kontrolle, der der Arbeiter bei der Abgabe seines Stimmzettels durch
die Vertrauensmänner der sozialdemokratischen Parteiorganisation unterworfen wird,
ist ein reiner Hohn auf die Wahlfreiheit und das geheime Stimmrecht. Viele
Tausende von Arbeitern stimmen ja nur infolge dieses Zwanges für die Sozial¬
demokratie. Aber gezwungen oder nicht, diese sozialdemokratischen Stimmen sind
da, und es muß damit gerechnet werden, daß die Partei noch für lange Zeit in
der Lage sein wird, die Hauptmasse der Arbeiterstimmen für sich zu zählen. Und
da die Bevölkerung des Deutschen Reichs und mit ihr die Zahl der Wahlberechtigten
auch weiter noch steigen wird, während zugleich die immer reicher entfaltete Gewerbe-
tätigkeit ein immer größeres Heer von Arbeitern an sich zieht, so bedarf es kaum
besondrer Mühe, zu erkennen, daß eine absolute Zunahme von sozialdemokratischen
Stimmen durchaus nicht als irgendwie besonders merkwürdige Erscheinung anzusehen
ist. Man könnte sich bei dem schnellen Anwachsen der Bevölkerungszahl in Deutsch¬
land höchstens wundern, daß die Sozialdemokratie so, wie die Dinge nun einmal
liegen, in vier Jahren nur eine Viertelmtllion Stimmen gewonnen hat. Man wird
im Gegenteil schon daraus entnehmen dürfen, daß diesmal recht viele ehemalige
Mitläufer der Sozialdemokratie von ihr abgeschwenkt sind.

Der Schwerpunkt aber liegt nicht in der Beobachtung der absoluten Stimmen-
znnnhmc oder in den Mutmaßungen über die größere oder die geringere Zahl von
Mitläufern, sondern in den Erfahrungen über die Widerstandskraft der bürger¬
lichen Parteien. Sie haben sich bei den frühern Neichstagswahlen immer schwächer
und schwächer gezeigt. Darum konnte man wohl die Frage ängstlicher Gemüter
versteh": Wohin soll das führen? Dieselbe Wahlkreiseinteilung, die jetzt nach dem
Urteil der roten "Genossen" das Wahlergebnis Plötzlich zu einer "Fälschung des
Volkswillens" gestempelt haben soll, hat damals mit jeder neuen Wahl eine größere
Zahl von Sozialdemokraten in den Reichstag geführt. Vergebens wurde dem
deutschen Bürgertum von der nationalen Presse bei jeder nur möglichen Gelegen¬
heit vorgehalten, wie es vor allem darauf ankomme, daß die bürgerlichen Parteien
ihre natürliche Kraft und Überlegenheit nur einmal in ihrem wirklichen Umfange
zur Geltung bringen und ihre Gleichgiltigkeit und Verdrossenheit überwinden.
Darin, daß das endlich geschehn ist, beruht die Bedeutung der letzten Wahlen.
Der Zunahme der sozialdemokratischen Stimmen steht diesmal eine dem Prozentsatz
nach ungefähr entsprechende Wahlbeteiligung der bürgerlichen Parteien gegenüber,
und die Folge ist, daß die Sozialdemokratie sogleich ihre erste schwere Niederlage
erhalten hat und gegen das geschlossen vorgehende Bürgertum nicht aufgekommen
ist, obwohl die Verständigung zwischen den bürgerlichen Parteien durchaus uicht
überall den Gipfel des Ideals erreichte, und überdies das Zentrum tu vielen Wahl¬
kreisen ans leidenschaftlicher Verblendung und törichter Nachsucht für die Kämpfe
der Wahlzeit den bedrohten Sozialdemokraten bei den Stichwahlen zuHilfe eilte.

Diese Erhebung des Bürgertums vou seinem politischen Faulbett geschah, weil
el" Blitz zum erstenmal den Dunstvorhang zerrissen hatte, durch den man die
Sozialdemokratie bis dahin gern als die Partei einer allgemeinen, zwar heftigen,
"ber nicht ganz unberechtigten Unzufriedenheit ansah. Der politischen Bequemlichkeit
behagte bis zu einen- gewissen Grade ganz gut die mephistophelische Rolle einer
Partei, die, wie man meinte, stets das Böse will und stets das Gute schafft. Die
Abstimmung vom 13. Dezember und die entschlossene Tat der Regierung brachten
nun mit einem Schlage dem nationalen Bürgertum, so weit es uoch politisch zu


Maßgebliches und Unmaßgebnches

den beispiellosen Terrorismus, den in einzelnen Gegenden die katholische Geistlich¬
keit durch Gewährung oder Verfügung der Gnadenmittel der Kirche und durch den
Mißbrauch von Kanzel und Beichtstuhl auf die Wählerschaft zugunsten des Zentrums
ausübt. Die Kontrolle, der der Arbeiter bei der Abgabe seines Stimmzettels durch
die Vertrauensmänner der sozialdemokratischen Parteiorganisation unterworfen wird,
ist ein reiner Hohn auf die Wahlfreiheit und das geheime Stimmrecht. Viele
Tausende von Arbeitern stimmen ja nur infolge dieses Zwanges für die Sozial¬
demokratie. Aber gezwungen oder nicht, diese sozialdemokratischen Stimmen sind
da, und es muß damit gerechnet werden, daß die Partei noch für lange Zeit in
der Lage sein wird, die Hauptmasse der Arbeiterstimmen für sich zu zählen. Und
da die Bevölkerung des Deutschen Reichs und mit ihr die Zahl der Wahlberechtigten
auch weiter noch steigen wird, während zugleich die immer reicher entfaltete Gewerbe-
tätigkeit ein immer größeres Heer von Arbeitern an sich zieht, so bedarf es kaum
besondrer Mühe, zu erkennen, daß eine absolute Zunahme von sozialdemokratischen
Stimmen durchaus nicht als irgendwie besonders merkwürdige Erscheinung anzusehen
ist. Man könnte sich bei dem schnellen Anwachsen der Bevölkerungszahl in Deutsch¬
land höchstens wundern, daß die Sozialdemokratie so, wie die Dinge nun einmal
liegen, in vier Jahren nur eine Viertelmtllion Stimmen gewonnen hat. Man wird
im Gegenteil schon daraus entnehmen dürfen, daß diesmal recht viele ehemalige
Mitläufer der Sozialdemokratie von ihr abgeschwenkt sind.

Der Schwerpunkt aber liegt nicht in der Beobachtung der absoluten Stimmen-
znnnhmc oder in den Mutmaßungen über die größere oder die geringere Zahl von
Mitläufern, sondern in den Erfahrungen über die Widerstandskraft der bürger¬
lichen Parteien. Sie haben sich bei den frühern Neichstagswahlen immer schwächer
und schwächer gezeigt. Darum konnte man wohl die Frage ängstlicher Gemüter
versteh»: Wohin soll das führen? Dieselbe Wahlkreiseinteilung, die jetzt nach dem
Urteil der roten „Genossen" das Wahlergebnis Plötzlich zu einer „Fälschung des
Volkswillens" gestempelt haben soll, hat damals mit jeder neuen Wahl eine größere
Zahl von Sozialdemokraten in den Reichstag geführt. Vergebens wurde dem
deutschen Bürgertum von der nationalen Presse bei jeder nur möglichen Gelegen¬
heit vorgehalten, wie es vor allem darauf ankomme, daß die bürgerlichen Parteien
ihre natürliche Kraft und Überlegenheit nur einmal in ihrem wirklichen Umfange
zur Geltung bringen und ihre Gleichgiltigkeit und Verdrossenheit überwinden.
Darin, daß das endlich geschehn ist, beruht die Bedeutung der letzten Wahlen.
Der Zunahme der sozialdemokratischen Stimmen steht diesmal eine dem Prozentsatz
nach ungefähr entsprechende Wahlbeteiligung der bürgerlichen Parteien gegenüber,
und die Folge ist, daß die Sozialdemokratie sogleich ihre erste schwere Niederlage
erhalten hat und gegen das geschlossen vorgehende Bürgertum nicht aufgekommen
ist, obwohl die Verständigung zwischen den bürgerlichen Parteien durchaus uicht
überall den Gipfel des Ideals erreichte, und überdies das Zentrum tu vielen Wahl¬
kreisen ans leidenschaftlicher Verblendung und törichter Nachsucht für die Kämpfe
der Wahlzeit den bedrohten Sozialdemokraten bei den Stichwahlen zuHilfe eilte.

Diese Erhebung des Bürgertums vou seinem politischen Faulbett geschah, weil
el» Blitz zum erstenmal den Dunstvorhang zerrissen hatte, durch den man die
Sozialdemokratie bis dahin gern als die Partei einer allgemeinen, zwar heftigen,
"ber nicht ganz unberechtigten Unzufriedenheit ansah. Der politischen Bequemlichkeit
behagte bis zu einen- gewissen Grade ganz gut die mephistophelische Rolle einer
Partei, die, wie man meinte, stets das Böse will und stets das Gute schafft. Die
Abstimmung vom 13. Dezember und die entschlossene Tat der Regierung brachten
nun mit einem Schlage dem nationalen Bürgertum, so weit es uoch politisch zu


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[0385] Maßgebliches und Unmaßgebnches den beispiellosen Terrorismus, den in einzelnen Gegenden die katholische Geistlich¬ keit durch Gewährung oder Verfügung der Gnadenmittel der Kirche und durch den Mißbrauch von Kanzel und Beichtstuhl auf die Wählerschaft zugunsten des Zentrums ausübt. Die Kontrolle, der der Arbeiter bei der Abgabe seines Stimmzettels durch die Vertrauensmänner der sozialdemokratischen Parteiorganisation unterworfen wird, ist ein reiner Hohn auf die Wahlfreiheit und das geheime Stimmrecht. Viele Tausende von Arbeitern stimmen ja nur infolge dieses Zwanges für die Sozial¬ demokratie. Aber gezwungen oder nicht, diese sozialdemokratischen Stimmen sind da, und es muß damit gerechnet werden, daß die Partei noch für lange Zeit in der Lage sein wird, die Hauptmasse der Arbeiterstimmen für sich zu zählen. Und da die Bevölkerung des Deutschen Reichs und mit ihr die Zahl der Wahlberechtigten auch weiter noch steigen wird, während zugleich die immer reicher entfaltete Gewerbe- tätigkeit ein immer größeres Heer von Arbeitern an sich zieht, so bedarf es kaum besondrer Mühe, zu erkennen, daß eine absolute Zunahme von sozialdemokratischen Stimmen durchaus nicht als irgendwie besonders merkwürdige Erscheinung anzusehen ist. Man könnte sich bei dem schnellen Anwachsen der Bevölkerungszahl in Deutsch¬ land höchstens wundern, daß die Sozialdemokratie so, wie die Dinge nun einmal liegen, in vier Jahren nur eine Viertelmtllion Stimmen gewonnen hat. Man wird im Gegenteil schon daraus entnehmen dürfen, daß diesmal recht viele ehemalige Mitläufer der Sozialdemokratie von ihr abgeschwenkt sind. Der Schwerpunkt aber liegt nicht in der Beobachtung der absoluten Stimmen- znnnhmc oder in den Mutmaßungen über die größere oder die geringere Zahl von Mitläufern, sondern in den Erfahrungen über die Widerstandskraft der bürger¬ lichen Parteien. Sie haben sich bei den frühern Neichstagswahlen immer schwächer und schwächer gezeigt. Darum konnte man wohl die Frage ängstlicher Gemüter versteh»: Wohin soll das führen? Dieselbe Wahlkreiseinteilung, die jetzt nach dem Urteil der roten „Genossen" das Wahlergebnis Plötzlich zu einer „Fälschung des Volkswillens" gestempelt haben soll, hat damals mit jeder neuen Wahl eine größere Zahl von Sozialdemokraten in den Reichstag geführt. Vergebens wurde dem deutschen Bürgertum von der nationalen Presse bei jeder nur möglichen Gelegen¬ heit vorgehalten, wie es vor allem darauf ankomme, daß die bürgerlichen Parteien ihre natürliche Kraft und Überlegenheit nur einmal in ihrem wirklichen Umfange zur Geltung bringen und ihre Gleichgiltigkeit und Verdrossenheit überwinden. Darin, daß das endlich geschehn ist, beruht die Bedeutung der letzten Wahlen. Der Zunahme der sozialdemokratischen Stimmen steht diesmal eine dem Prozentsatz nach ungefähr entsprechende Wahlbeteiligung der bürgerlichen Parteien gegenüber, und die Folge ist, daß die Sozialdemokratie sogleich ihre erste schwere Niederlage erhalten hat und gegen das geschlossen vorgehende Bürgertum nicht aufgekommen ist, obwohl die Verständigung zwischen den bürgerlichen Parteien durchaus uicht überall den Gipfel des Ideals erreichte, und überdies das Zentrum tu vielen Wahl¬ kreisen ans leidenschaftlicher Verblendung und törichter Nachsucht für die Kämpfe der Wahlzeit den bedrohten Sozialdemokraten bei den Stichwahlen zuHilfe eilte. Diese Erhebung des Bürgertums vou seinem politischen Faulbett geschah, weil el» Blitz zum erstenmal den Dunstvorhang zerrissen hatte, durch den man die Sozialdemokratie bis dahin gern als die Partei einer allgemeinen, zwar heftigen, "ber nicht ganz unberechtigten Unzufriedenheit ansah. Der politischen Bequemlichkeit behagte bis zu einen- gewissen Grade ganz gut die mephistophelische Rolle einer Partei, die, wie man meinte, stets das Böse will und stets das Gute schafft. Die Abstimmung vom 13. Dezember und die entschlossene Tat der Regierung brachten nun mit einem Schlage dem nationalen Bürgertum, so weit es uoch politisch zu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/385>, abgerufen am 04.07.2024.