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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Der geflügelte Sieger

oder der andern Seite hin glänzende Wahl, so werde das, was ihm jetzt ein so
gewaltiges Ereignis scheine, als nebensächlicher Zwischenfall bald ganz vergessen sein.

Sie war mit dieser doppelten Sisyphusarbeit gerade zustande gekommen, als
Fritz mit der Meldung erschien, die gnädige Frau von drüben (Tante Malwine)
wünsche die gnädige Frau zu sprechen: er habe sie in den kleinen Salon geführt.
Tante Minna hatte diesen Besuch vorausgesehen: wo etwas schief ging, war Tante
Malwine sofort da, wie die Raben, wenn einer gehenkt wird. Aber in welchem
Irrtum sich diese rin ihren vom Waschhausfenster aus gemachten Wahrnehmungen
befand, konnte Tante Minna freilich nicht wissen. Sie hatte in richtiger Voraussicht
eines solchen Besuchs ihr liebes Männchen ernstlich beschworen, er möge, bis die
beiden von ihrem Besuche bei Herzberg zurück seien, und bis man mit Rosa habe
sprechen können, der Leudecker "Heimoberin" gegenüber unter keinen Umständen
auch nur entfernt auf das brenzlige Thema eingehen, denn die harmloseste Bemerkung
genüge ihr, daran die haarsträubendsten, dem guten Rufe ihrer Mitmenschen schäd¬
lichsten Vermutungen und Kombinationen anzuknüpfen. Ihre beiden mit ihren Gatten
in Lunzenau anwesenden Töchter und die Schwiegersöhne selbst wollte sie von dem
Geschehenen erst unterrichten, wenn, wie sie sich ausdrückte, alles in dem Töpfchen sei,
wo es kochen solle. Bis dahin sollte in Luuzenau alles seinen gewohnten Gang weiter
gehen. Übereiltes Abreisen der auf Wohnbesuch Anwesenden mußte wegen des Geredes,
das dadurch veranlaßt worden wäre, möglichst vermieden werden. Wenn die Leute
sähen, meinte sie, mit welchem Gleichmut und mit welcher Seelenruhe man die Sache
behandle, werde davon anch in weitern Kreisen nicht so viel Aufhebens gemacht werden,
als wenn man selbst unsicher und bestürzt erscheine. Ernst, von dem man nur zu
sagen brauche, daß er im Begriff sei, nach Berlin zu fahren, konnte, um jede spätere
Glosse über seine ernste oder heitere Haltung zu vermeiden, auf seinein Zimmer
essen und die so gewonnene Zeit zum Einpacken verwenden. Um zum Eilzuge
zurecht zu kommen, mußte er vor vier auf der Station sein. Der alte Herr sollte
mit ihm dahin fahren: sie wollte Tante Malwine, die unbeaufsichtigt in Leudeck wie
in Lunzenau das größte Unglück anrichten konnte, bis nach Tisch dabehalten und
sie streng überwachen, daß von ihr nichts zu befürchten wäre. Franz und Hans
konnten, wenn sie nicht in die Hände der jüngern Kameraden Herzbergs gefallen
waren, zwischen ein und zwei Uhr wieder zurück sein: nach deren Rückkunft wollte
sie mit Tante Malwine nach Leudeck hinüberfahren und die Angelegenheit mit ihrer
Cousine und deren Tochter endgiltig besprechen.

Als sie in den Salon trat, kam ihr Taute Malwine entgegen, wahrhaft ver¬
jüngt durch die Schadenfreude, die sie empfand, und im freudigen Vorgefühl aller
der Nadelstiche, die sie diesmal ungestraft und mit bestem Erfolge nach allen Seiten
hin anstellen zu können hoffte. Die verwandtschaftliche Teilnahme heuchelnde Maske,
die sie vorzunehmen für gut befunden hatte, war durchsichtig wie der feinste Tüll.
Wären Tante Minnas Vorkehrungen in der Form ebenso fix und fertig gewesen,
wie sie es as tÄ"to waren, so würde sie, die von Natur großmütig war wie der
einen kläffenden Bologneser im Käfig duldende Löwe, einfach gesagt haben: Liebe
Malwine, rege dich nicht auf: es ist alles zum besten geordnet: du kannst dein
falsches Trnbsalsspritzeugesicht getrost wieder in die Tasche stecken und dir lieber zu
deinem Vergnügen eine neue Marter für deinen Trampel ausdenken. Da es aber -- so
wichtig ist in unserm geselligen Leben die Form -- nach beiden Seiten hin an einem
wirklichen Abschluß fehlte, so war ein Aufdecken der Karten erst möglich, wenn dieser
zuvor erreicht war. Wenn man Kleines mit Großem vergleichen darf, befand sich Tante
Minna, bis die neue Verlobung perfekt war, in der Lage des Herzogs Alba, ehe
ihm, in Goethes Egmont, sein Sohn die Nachricht bringt, daß seine Befehle aus-


Der geflügelte Sieger

oder der andern Seite hin glänzende Wahl, so werde das, was ihm jetzt ein so
gewaltiges Ereignis scheine, als nebensächlicher Zwischenfall bald ganz vergessen sein.

Sie war mit dieser doppelten Sisyphusarbeit gerade zustande gekommen, als
Fritz mit der Meldung erschien, die gnädige Frau von drüben (Tante Malwine)
wünsche die gnädige Frau zu sprechen: er habe sie in den kleinen Salon geführt.
Tante Minna hatte diesen Besuch vorausgesehen: wo etwas schief ging, war Tante
Malwine sofort da, wie die Raben, wenn einer gehenkt wird. Aber in welchem
Irrtum sich diese rin ihren vom Waschhausfenster aus gemachten Wahrnehmungen
befand, konnte Tante Minna freilich nicht wissen. Sie hatte in richtiger Voraussicht
eines solchen Besuchs ihr liebes Männchen ernstlich beschworen, er möge, bis die
beiden von ihrem Besuche bei Herzberg zurück seien, und bis man mit Rosa habe
sprechen können, der Leudecker „Heimoberin" gegenüber unter keinen Umständen
auch nur entfernt auf das brenzlige Thema eingehen, denn die harmloseste Bemerkung
genüge ihr, daran die haarsträubendsten, dem guten Rufe ihrer Mitmenschen schäd¬
lichsten Vermutungen und Kombinationen anzuknüpfen. Ihre beiden mit ihren Gatten
in Lunzenau anwesenden Töchter und die Schwiegersöhne selbst wollte sie von dem
Geschehenen erst unterrichten, wenn, wie sie sich ausdrückte, alles in dem Töpfchen sei,
wo es kochen solle. Bis dahin sollte in Luuzenau alles seinen gewohnten Gang weiter
gehen. Übereiltes Abreisen der auf Wohnbesuch Anwesenden mußte wegen des Geredes,
das dadurch veranlaßt worden wäre, möglichst vermieden werden. Wenn die Leute
sähen, meinte sie, mit welchem Gleichmut und mit welcher Seelenruhe man die Sache
behandle, werde davon anch in weitern Kreisen nicht so viel Aufhebens gemacht werden,
als wenn man selbst unsicher und bestürzt erscheine. Ernst, von dem man nur zu
sagen brauche, daß er im Begriff sei, nach Berlin zu fahren, konnte, um jede spätere
Glosse über seine ernste oder heitere Haltung zu vermeiden, auf seinein Zimmer
essen und die so gewonnene Zeit zum Einpacken verwenden. Um zum Eilzuge
zurecht zu kommen, mußte er vor vier auf der Station sein. Der alte Herr sollte
mit ihm dahin fahren: sie wollte Tante Malwine, die unbeaufsichtigt in Leudeck wie
in Lunzenau das größte Unglück anrichten konnte, bis nach Tisch dabehalten und
sie streng überwachen, daß von ihr nichts zu befürchten wäre. Franz und Hans
konnten, wenn sie nicht in die Hände der jüngern Kameraden Herzbergs gefallen
waren, zwischen ein und zwei Uhr wieder zurück sein: nach deren Rückkunft wollte
sie mit Tante Malwine nach Leudeck hinüberfahren und die Angelegenheit mit ihrer
Cousine und deren Tochter endgiltig besprechen.

Als sie in den Salon trat, kam ihr Taute Malwine entgegen, wahrhaft ver¬
jüngt durch die Schadenfreude, die sie empfand, und im freudigen Vorgefühl aller
der Nadelstiche, die sie diesmal ungestraft und mit bestem Erfolge nach allen Seiten
hin anstellen zu können hoffte. Die verwandtschaftliche Teilnahme heuchelnde Maske,
die sie vorzunehmen für gut befunden hatte, war durchsichtig wie der feinste Tüll.
Wären Tante Minnas Vorkehrungen in der Form ebenso fix und fertig gewesen,
wie sie es as tÄ«to waren, so würde sie, die von Natur großmütig war wie der
einen kläffenden Bologneser im Käfig duldende Löwe, einfach gesagt haben: Liebe
Malwine, rege dich nicht auf: es ist alles zum besten geordnet: du kannst dein
falsches Trnbsalsspritzeugesicht getrost wieder in die Tasche stecken und dir lieber zu
deinem Vergnügen eine neue Marter für deinen Trampel ausdenken. Da es aber — so
wichtig ist in unserm geselligen Leben die Form — nach beiden Seiten hin an einem
wirklichen Abschluß fehlte, so war ein Aufdecken der Karten erst möglich, wenn dieser
zuvor erreicht war. Wenn man Kleines mit Großem vergleichen darf, befand sich Tante
Minna, bis die neue Verlobung perfekt war, in der Lage des Herzogs Alba, ehe
ihm, in Goethes Egmont, sein Sohn die Nachricht bringt, daß seine Befehle aus-


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[0278] Der geflügelte Sieger oder der andern Seite hin glänzende Wahl, so werde das, was ihm jetzt ein so gewaltiges Ereignis scheine, als nebensächlicher Zwischenfall bald ganz vergessen sein. Sie war mit dieser doppelten Sisyphusarbeit gerade zustande gekommen, als Fritz mit der Meldung erschien, die gnädige Frau von drüben (Tante Malwine) wünsche die gnädige Frau zu sprechen: er habe sie in den kleinen Salon geführt. Tante Minna hatte diesen Besuch vorausgesehen: wo etwas schief ging, war Tante Malwine sofort da, wie die Raben, wenn einer gehenkt wird. Aber in welchem Irrtum sich diese rin ihren vom Waschhausfenster aus gemachten Wahrnehmungen befand, konnte Tante Minna freilich nicht wissen. Sie hatte in richtiger Voraussicht eines solchen Besuchs ihr liebes Männchen ernstlich beschworen, er möge, bis die beiden von ihrem Besuche bei Herzberg zurück seien, und bis man mit Rosa habe sprechen können, der Leudecker „Heimoberin" gegenüber unter keinen Umständen auch nur entfernt auf das brenzlige Thema eingehen, denn die harmloseste Bemerkung genüge ihr, daran die haarsträubendsten, dem guten Rufe ihrer Mitmenschen schäd¬ lichsten Vermutungen und Kombinationen anzuknüpfen. Ihre beiden mit ihren Gatten in Lunzenau anwesenden Töchter und die Schwiegersöhne selbst wollte sie von dem Geschehenen erst unterrichten, wenn, wie sie sich ausdrückte, alles in dem Töpfchen sei, wo es kochen solle. Bis dahin sollte in Luuzenau alles seinen gewohnten Gang weiter gehen. Übereiltes Abreisen der auf Wohnbesuch Anwesenden mußte wegen des Geredes, das dadurch veranlaßt worden wäre, möglichst vermieden werden. Wenn die Leute sähen, meinte sie, mit welchem Gleichmut und mit welcher Seelenruhe man die Sache behandle, werde davon anch in weitern Kreisen nicht so viel Aufhebens gemacht werden, als wenn man selbst unsicher und bestürzt erscheine. Ernst, von dem man nur zu sagen brauche, daß er im Begriff sei, nach Berlin zu fahren, konnte, um jede spätere Glosse über seine ernste oder heitere Haltung zu vermeiden, auf seinein Zimmer essen und die so gewonnene Zeit zum Einpacken verwenden. Um zum Eilzuge zurecht zu kommen, mußte er vor vier auf der Station sein. Der alte Herr sollte mit ihm dahin fahren: sie wollte Tante Malwine, die unbeaufsichtigt in Leudeck wie in Lunzenau das größte Unglück anrichten konnte, bis nach Tisch dabehalten und sie streng überwachen, daß von ihr nichts zu befürchten wäre. Franz und Hans konnten, wenn sie nicht in die Hände der jüngern Kameraden Herzbergs gefallen waren, zwischen ein und zwei Uhr wieder zurück sein: nach deren Rückkunft wollte sie mit Tante Malwine nach Leudeck hinüberfahren und die Angelegenheit mit ihrer Cousine und deren Tochter endgiltig besprechen. Als sie in den Salon trat, kam ihr Taute Malwine entgegen, wahrhaft ver¬ jüngt durch die Schadenfreude, die sie empfand, und im freudigen Vorgefühl aller der Nadelstiche, die sie diesmal ungestraft und mit bestem Erfolge nach allen Seiten hin anstellen zu können hoffte. Die verwandtschaftliche Teilnahme heuchelnde Maske, die sie vorzunehmen für gut befunden hatte, war durchsichtig wie der feinste Tüll. Wären Tante Minnas Vorkehrungen in der Form ebenso fix und fertig gewesen, wie sie es as tÄ«to waren, so würde sie, die von Natur großmütig war wie der einen kläffenden Bologneser im Käfig duldende Löwe, einfach gesagt haben: Liebe Malwine, rege dich nicht auf: es ist alles zum besten geordnet: du kannst dein falsches Trnbsalsspritzeugesicht getrost wieder in die Tasche stecken und dir lieber zu deinem Vergnügen eine neue Marter für deinen Trampel ausdenken. Da es aber — so wichtig ist in unserm geselligen Leben die Form — nach beiden Seiten hin an einem wirklichen Abschluß fehlte, so war ein Aufdecken der Karten erst möglich, wenn dieser zuvor erreicht war. Wenn man Kleines mit Großem vergleichen darf, befand sich Tante Minna, bis die neue Verlobung perfekt war, in der Lage des Herzogs Alba, ehe ihm, in Goethes Egmont, sein Sohn die Nachricht bringt, daß seine Befehle aus-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/278>, abgerufen am 24.07.2024.