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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Am Fuciner See

Verhältnisse durch die geringere Höhe verursacht worden sind, an die der Meister
durch den vorhandnen gotischen Saalbau gebunden war. Die Fensterbildung,
von der Hofmann behauptet, sie stehe den andern Werken Francescos weit näher
als die Urbiner von der Hand Lauranas, findet sich ganz ähnlich an der nord¬
östlichen Ecke des Urbiner Schlosses (an der Piazza Duca Federigo) und am
Palazzo Prefettizio in Pesaro. Wäre Francesco ti Giorgio wirklich der Meister
des Palasthofes in Gubbio gewesen, so hätte er im ganzen wie in den Einzel¬
heiten den Lcmrana in der weitestgehenden Weise kopiert. Wie aber vertrüge
sich dies mit folgenden Sätzen Hofmanns: "Eines aber wollen wir Francesco
hoch anrechnen, daß er sich gelegentlich in seinem Schriftwerke über Plcigiare
(Nachahmen) in der Baukunst beklagt. Das ist ein goldnes Wort, ganz in
jenem Geiste der Hochrenaissance gesprochen, der allein zur Meisterschaft in der
Blüte geführt hat!"?

Nach der Schilderung der baulichen Bestände werden in den Kapiteln
"Tektonik" und "Formenwertung" die Eigentümlichkeiten aufgezeigt, nach denen
sich die Erstwerke der Hochrenaissance von den Werken der Frührenaissance
unterscheiden. Zur Beobachtung gewisser Feinheiten in der Formgebung sind
zweckmüßigerweise einige Einzelheiten von wichtigen Bauten der Florentiner
Quattrocentisten in guten Lichtbildern zum Vergleich geboten. Ein eigner, von
Professor Dr. Breitfeld bearbeiteter Abschnitt gibt Aufschluß über die Stein¬
materialien. In den Schlußkapiteln "Zeitgenossen und Hilfskräfte" und "Nach¬
folger und Schulen" wird dann der Einfluß Lauranas auf die Blütezeit er¬
örtert, knapp, klar und treffend. Lag auch das Übergewicht, das die urbinatische
Bauschule durch Bramante und Naffciel in Rom zunächst über die florentinische
Richtung gewann, in den Persönlichkeiten, so ist doch deren Wachsen und Heran¬
reifen -- mit dieser glaubhaften These entläßt uns der Verfasser -- in ent¬
scheidender Weise vorbereitet worden durch Jugendeindrücke, Anregungen und
Lehren, die sie dem Meister des Schloßbaues in Urbino, Luciano da Laurana,
^' breiter zu verdanken hatten. "^-""^".""-M




Am juciner See
Alexander Rumpelt von 2

zuerst galt es die römischen Wasserbauten vom Seebecken zu
trennen. Dies geschah durch einen langen Damm. Nach acht¬
zehn Monaten begann die Durchbohrung des Monte Salviano,
des Bergrückens zwischen dem See und dem Liristal. Der Fürst
I wollte den ganzen See trocken haben. Deshalb begnügte er
sich nicht wie Claudius mit einer Weite von Quadratmetern, sondern
legte den Kanal 20 Quadratmeter haltend und zugleich in einer größern
Tiefe an. So wurde er mit 6300 Metern auch 700 Meter länger als dasMIM
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Am Fuciner See

Verhältnisse durch die geringere Höhe verursacht worden sind, an die der Meister
durch den vorhandnen gotischen Saalbau gebunden war. Die Fensterbildung,
von der Hofmann behauptet, sie stehe den andern Werken Francescos weit näher
als die Urbiner von der Hand Lauranas, findet sich ganz ähnlich an der nord¬
östlichen Ecke des Urbiner Schlosses (an der Piazza Duca Federigo) und am
Palazzo Prefettizio in Pesaro. Wäre Francesco ti Giorgio wirklich der Meister
des Palasthofes in Gubbio gewesen, so hätte er im ganzen wie in den Einzel¬
heiten den Lcmrana in der weitestgehenden Weise kopiert. Wie aber vertrüge
sich dies mit folgenden Sätzen Hofmanns: „Eines aber wollen wir Francesco
hoch anrechnen, daß er sich gelegentlich in seinem Schriftwerke über Plcigiare
(Nachahmen) in der Baukunst beklagt. Das ist ein goldnes Wort, ganz in
jenem Geiste der Hochrenaissance gesprochen, der allein zur Meisterschaft in der
Blüte geführt hat!"?

Nach der Schilderung der baulichen Bestände werden in den Kapiteln
„Tektonik" und „Formenwertung" die Eigentümlichkeiten aufgezeigt, nach denen
sich die Erstwerke der Hochrenaissance von den Werken der Frührenaissance
unterscheiden. Zur Beobachtung gewisser Feinheiten in der Formgebung sind
zweckmüßigerweise einige Einzelheiten von wichtigen Bauten der Florentiner
Quattrocentisten in guten Lichtbildern zum Vergleich geboten. Ein eigner, von
Professor Dr. Breitfeld bearbeiteter Abschnitt gibt Aufschluß über die Stein¬
materialien. In den Schlußkapiteln „Zeitgenossen und Hilfskräfte" und „Nach¬
folger und Schulen" wird dann der Einfluß Lauranas auf die Blütezeit er¬
örtert, knapp, klar und treffend. Lag auch das Übergewicht, das die urbinatische
Bauschule durch Bramante und Naffciel in Rom zunächst über die florentinische
Richtung gewann, in den Persönlichkeiten, so ist doch deren Wachsen und Heran¬
reifen — mit dieser glaubhaften These entläßt uns der Verfasser — in ent¬
scheidender Weise vorbereitet worden durch Jugendeindrücke, Anregungen und
Lehren, die sie dem Meister des Schloßbaues in Urbino, Luciano da Laurana,
^' breiter zu verdanken hatten. »^-««^«.«»-M




Am juciner See
Alexander Rumpelt von 2

zuerst galt es die römischen Wasserbauten vom Seebecken zu
trennen. Dies geschah durch einen langen Damm. Nach acht¬
zehn Monaten begann die Durchbohrung des Monte Salviano,
des Bergrückens zwischen dem See und dem Liristal. Der Fürst
I wollte den ganzen See trocken haben. Deshalb begnügte er
sich nicht wie Claudius mit einer Weite von Quadratmetern, sondern
legte den Kanal 20 Quadratmeter haltend und zugleich in einer größern
Tiefe an. So wurde er mit 6300 Metern auch 700 Meter länger als dasMIM
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[0207] Am Fuciner See Verhältnisse durch die geringere Höhe verursacht worden sind, an die der Meister durch den vorhandnen gotischen Saalbau gebunden war. Die Fensterbildung, von der Hofmann behauptet, sie stehe den andern Werken Francescos weit näher als die Urbiner von der Hand Lauranas, findet sich ganz ähnlich an der nord¬ östlichen Ecke des Urbiner Schlosses (an der Piazza Duca Federigo) und am Palazzo Prefettizio in Pesaro. Wäre Francesco ti Giorgio wirklich der Meister des Palasthofes in Gubbio gewesen, so hätte er im ganzen wie in den Einzel¬ heiten den Lcmrana in der weitestgehenden Weise kopiert. Wie aber vertrüge sich dies mit folgenden Sätzen Hofmanns: „Eines aber wollen wir Francesco hoch anrechnen, daß er sich gelegentlich in seinem Schriftwerke über Plcigiare (Nachahmen) in der Baukunst beklagt. Das ist ein goldnes Wort, ganz in jenem Geiste der Hochrenaissance gesprochen, der allein zur Meisterschaft in der Blüte geführt hat!"? Nach der Schilderung der baulichen Bestände werden in den Kapiteln „Tektonik" und „Formenwertung" die Eigentümlichkeiten aufgezeigt, nach denen sich die Erstwerke der Hochrenaissance von den Werken der Frührenaissance unterscheiden. Zur Beobachtung gewisser Feinheiten in der Formgebung sind zweckmüßigerweise einige Einzelheiten von wichtigen Bauten der Florentiner Quattrocentisten in guten Lichtbildern zum Vergleich geboten. Ein eigner, von Professor Dr. Breitfeld bearbeiteter Abschnitt gibt Aufschluß über die Stein¬ materialien. In den Schlußkapiteln „Zeitgenossen und Hilfskräfte" und „Nach¬ folger und Schulen" wird dann der Einfluß Lauranas auf die Blütezeit er¬ örtert, knapp, klar und treffend. Lag auch das Übergewicht, das die urbinatische Bauschule durch Bramante und Naffciel in Rom zunächst über die florentinische Richtung gewann, in den Persönlichkeiten, so ist doch deren Wachsen und Heran¬ reifen — mit dieser glaubhaften These entläßt uns der Verfasser — in ent¬ scheidender Weise vorbereitet worden durch Jugendeindrücke, Anregungen und Lehren, die sie dem Meister des Schloßbaues in Urbino, Luciano da Laurana, ^' breiter zu verdanken hatten. »^-««^«.«»-M Am juciner See Alexander Rumpelt von 2 zuerst galt es die römischen Wasserbauten vom Seebecken zu trennen. Dies geschah durch einen langen Damm. Nach acht¬ zehn Monaten begann die Durchbohrung des Monte Salviano, des Bergrückens zwischen dem See und dem Liristal. Der Fürst I wollte den ganzen See trocken haben. Deshalb begnügte er sich nicht wie Claudius mit einer Weite von Quadratmetern, sondern legte den Kanal 20 Quadratmeter haltend und zugleich in einer größern Tiefe an. So wurde er mit 6300 Metern auch 700 Meter länger als dasMIM M-ssW

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/207>, abgerufen am 24.07.2024.