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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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König Friedrich der Große und der Baron Warkotsch

Brief*) des grundlos Verdächtigten um seine Gattin (Barbarn, geborne von Roth-
kirch) möge hier einen Platz finden:


Mein Härtz.

Die Faber lässet nor Tränen, den Tünde flüssen, dier meinen Jammer
zu ^viMim-kli, wie ich durch diesen Jnfammen Menschen nebst meinen Kindern
in die Nisorg-bklstön Umstände versützet worden bin. Allein dem Ungeachtet
wiel ich meine gerechteste Sache dem Himmel anhaimställen, der alle Mahl ein
Richter der sachen seyn wirdt; Mir bleibt also nichts übrich, als Dich in¬
ständigst zu hielten, wan ich Dich womit beleidiget, aler zu verzaihen und
als einer getreuen Mutter meiner Armen Kinder sich Ihrer Anzunühmen,
indem Mein Arrest noch lange dauern toute, hieß die Inanisition mit Baron
^Vsrlcut^ nebst dem ?lo vorbey sein wurde, Eher ich des Arrest nicht entlüdiget
würde, waß wegen der Wierthschafft anbelanget, so verlaße mich auf Deine
Vorsicht und rien den Hans Frantze mit zu Rathe, in spsois aber wegen
des sammen und futters, wo du Allemahl selbsten da seyn wierst und
Niemanden den Schiedtbodenschlüßel anvürtrauen mußt, heit zu Tage heißt
Trau schau Wem. Doch aber verlaße ich mich auf meine gerechteste Sache
und fürchte mich garnicht vor dem ^rrs8t, welchen ich mit Lonoer leide und
der Weide darthun würde, daß ich durch mein redlich Gemüth, welches ich
gegen den ?nu gehabt, in Ungelick kommen bien. In Uebrigens bien ich alle
Zeit Dein getreuer Mahn hieß in Todt Dein


Leonhard von Nimptsch.

Brieg, den 4. Decbr. 1761.

Auch dem Rittmeister von Rabenau gelang es nicht, den Baron einzu¬
bringen. Er verhaftete Warkotsch, der gerade bei Tische saß. Warkotsch
zeigte große Unbefangenheit und erklärte leichthin, die ganze Sache beruhe
auf Streitigkeiten, in die er infolge eines Mißverständnisses bei Fourage-
lieferungen mit dem Minister von Schlabrendorf geraten sei. Rabenau, dem
die Schwere des Falles wohl nicht bekannt war, ließ sich durch die Ruhe
und Sicherheit des Barons täuschen. Er behandelte Warkotsch darum als
Kavalier und folgte dessen Einladung, mit ihm zu speisen. Während des
Nachtisches bemerkte Warkotsch die Dragoner, die das Haus umstellt hatten,
und bat den Offizier, zu erlauben, daß die Leute auf seine, des Barons,
Kosten im Dorfwirtshause einen Trunk nebst Imbiß zu sich nähmen; er könne
ja doch nicht entrinnen. Rabenau, der seinen Auftrag als erledigt ansah,
nahm die Einladung für seine Dragoner an, und diese rückten ab bis auf
einen Mann, der gemäß dem Befehle zum Rapport über die Sache nach
Woiselwitz abritt. Warkotsch hatte schon vorher, als das Anspannen des



") Geschrieben am Tage seiner Abführung nach Breslau. Original Se.-A. Breslau
Il. III 7 p. Abdruck in der Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Altertum Schlesiens,
Band 25, Seite 343.
König Friedrich der Große und der Baron Warkotsch

Brief*) des grundlos Verdächtigten um seine Gattin (Barbarn, geborne von Roth-
kirch) möge hier einen Platz finden:


Mein Härtz.

Die Faber lässet nor Tränen, den Tünde flüssen, dier meinen Jammer
zu ^viMim-kli, wie ich durch diesen Jnfammen Menschen nebst meinen Kindern
in die Nisorg-bklstön Umstände versützet worden bin. Allein dem Ungeachtet
wiel ich meine gerechteste Sache dem Himmel anhaimställen, der alle Mahl ein
Richter der sachen seyn wirdt; Mir bleibt also nichts übrich, als Dich in¬
ständigst zu hielten, wan ich Dich womit beleidiget, aler zu verzaihen und
als einer getreuen Mutter meiner Armen Kinder sich Ihrer Anzunühmen,
indem Mein Arrest noch lange dauern toute, hieß die Inanisition mit Baron
^Vsrlcut^ nebst dem ?lo vorbey sein wurde, Eher ich des Arrest nicht entlüdiget
würde, waß wegen der Wierthschafft anbelanget, so verlaße mich auf Deine
Vorsicht und rien den Hans Frantze mit zu Rathe, in spsois aber wegen
des sammen und futters, wo du Allemahl selbsten da seyn wierst und
Niemanden den Schiedtbodenschlüßel anvürtrauen mußt, heit zu Tage heißt
Trau schau Wem. Doch aber verlaße ich mich auf meine gerechteste Sache
und fürchte mich garnicht vor dem ^rrs8t, welchen ich mit Lonoer leide und
der Weide darthun würde, daß ich durch mein redlich Gemüth, welches ich
gegen den ?nu gehabt, in Ungelick kommen bien. In Uebrigens bien ich alle
Zeit Dein getreuer Mahn hieß in Todt Dein


Leonhard von Nimptsch.

Brieg, den 4. Decbr. 1761.

Auch dem Rittmeister von Rabenau gelang es nicht, den Baron einzu¬
bringen. Er verhaftete Warkotsch, der gerade bei Tische saß. Warkotsch
zeigte große Unbefangenheit und erklärte leichthin, die ganze Sache beruhe
auf Streitigkeiten, in die er infolge eines Mißverständnisses bei Fourage-
lieferungen mit dem Minister von Schlabrendorf geraten sei. Rabenau, dem
die Schwere des Falles wohl nicht bekannt war, ließ sich durch die Ruhe
und Sicherheit des Barons täuschen. Er behandelte Warkotsch darum als
Kavalier und folgte dessen Einladung, mit ihm zu speisen. Während des
Nachtisches bemerkte Warkotsch die Dragoner, die das Haus umstellt hatten,
und bat den Offizier, zu erlauben, daß die Leute auf seine, des Barons,
Kosten im Dorfwirtshause einen Trunk nebst Imbiß zu sich nähmen; er könne
ja doch nicht entrinnen. Rabenau, der seinen Auftrag als erledigt ansah,
nahm die Einladung für seine Dragoner an, und diese rückten ab bis auf
einen Mann, der gemäß dem Befehle zum Rapport über die Sache nach
Woiselwitz abritt. Warkotsch hatte schon vorher, als das Anspannen des



") Geschrieben am Tage seiner Abführung nach Breslau. Original Se.-A. Breslau
Il. III 7 p. Abdruck in der Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Altertum Schlesiens,
Band 25, Seite 343.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/195>, abgerufen am 24.07.2024.