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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Skizzen ans dem heutigen Volksleben

Gesellschaft für rationelle und künstlerische Körperkultur trug. Man sieht es diesem
Namen an, welche langdauernden Verhandlungen vorausgegangen waren, und wie
schwer es gewesen war, die auseinander gehenden Meinungen auf einen gemeinsamen
Namen zu vereinigen. Wieder hoffte Herr Kräutlein, daß sich der bessre Manu als
Leiter des Körperkultnrvereins finden werde, aber er fand sich nicht, und es blieb bei
der alten Regel, daß, wenn einer eine Sache anregt, sie auf ihm hängen bleibt.

Doch es wächst der Mensch mit seinem größern Zwecke. Herr Sigismund
Kriiutleiu wuchs sichtlich, als er sich den Vorsitzenden der Gesellschaft für rationelle
und künstlerische Körperkultur nennen durfte. Er war den ganzen Tag mit seinem
Vereine beschäftigt, er speiste die Presse, er agitierte, er warb neue Mitglieder, er
erweiterte und vertiefte seine Aufgabe. Er hielt pünktlich seine Vereinsversammlungen
ab, er wurde nicht müde, seinem Thema neue und interessante Seiten abzugewinnen.
Man hörte Vorträge über das "Schreiten in der deutschen Poesie im Unterschiede
von der romanischen", über "Hans Sachs (nicht den Dichter, sondern den Schuh¬
macher) als Erzieher", über "die Anziehungskraft der Erde und den Zehengaug", über
"die Völkerpsychologie, vom Fußpnnkte ans gesehen" und über viele andre schöne
Themata. Mau kau" nicht sagen, daß die Vereinsversammlungen besonders stark
besticht worden wären, aber der Verein breitete sich dennoch ans. Schon hatte er
Filialen in Rübenzig von drei Mitgliedern und in Plautzwitz von vier Mitgliedern.
Aber sanerteigartig durchdrang das Körperkulturelement und der Gedanke des
Zehengangs die Welt. Die Presse nahm gebührende Notiz, und Herr Kräutlein
hielt seinen Zehengcmgvortrag in verschleimen Städten, hier im Verein für Volks¬
wohl, dort im Kunstverein und dort tu der Literaria.

Bei Gelegenheit der Jahresversammlung ergriff der Herr Baurat das Wort
und sagte! Meine Damen und Herren. Wir sind dnrch das Sachverständnis und
die Güte unsers Herrn Vorsitzenden in die Frage des Zehenganges von allen Seiten
eingeführt worden. Aber wo bleiben die praktischen Folgen unsrer Bewegung, wo
bleiben -- eh -- die -- eh -- praktischen Errungenschaften und Betätigungen unsers
Vereins? Ja, meine Damen und Herren, wir müssen Gelder sammeln und In¬
stitutionen schaffen, wir müssen das Volk unterweisen, wir müssen eine Macht in der
Welt werden, wir müssen -- eh -- alles tun, was zu tun möglich ist. Lassen Sie
uns die Ausführung dieses Gedankens getrost unserm Vorsitzenden übertragen. --
Darauf ging man wohl getröstet nach Hause. Der Herr Vorsitzende aber verdoppelte
seinen Eifer und entwarf den Plan zu eiuer Deutschen Akademie für rationelle und
künstlerische Körperkultur, womit natürlich der Zehengang gemeint war. Die Kosten
berechnete er ans zweiundeinhalb Millionen. Und es gelang seinem wirtschaftlichen
Talente, nach Jahresfrist schon zweihundertfunfzig Mark zusammen zu haben. In der
städtischen Turnhalle wurden Kurse für den Zehengang eingerichtet, Dienstags theoretische
und Freitags praktische, wobei sich Herr Doktor Artur Löwe dnrch seine anatomischen
Vorführungen und Fräulein Amalie Frosch, eine der Kiebitze, durch ihre praktischen
Unterweisungen Verdienste erwarben. Der Herr Tanzmeister richtete auf Veranlassung
von Herrn Kräutlein bei seinen Tanzstunden einen Vorkursus für Zehengang und
feines Benehmen ein. Der Herr Barbier Schlauder wurde zu Unterweisungen über
Zehenpflege gewonnen, wobei er sein Hühneraugenpflaster abzusetzen Pflegte. Die
Presse wurde in Atem gehalten, ganz besonders aber wurde ein Feldzug gegen
den Stöckelschuh unternommen. Nicht gerade zahlreiche aber um so eifrigere Mit¬
glieder des Vereins taten sich zu Pantoffel- und Sandalensektionen zusammen, und
federknndige Mitglieder schrieben entrüstete Eingesandts über den Unfug des Stöckel¬
schuhs, durch den Fuß und Gang unsrer Frauen nicht weniger entstellt werde als
Fuß und Gang der Chinesin. Man appellierte an den Patriotismus der Bürger-


Grenzboten I 1907
Skizzen ans dem heutigen Volksleben

Gesellschaft für rationelle und künstlerische Körperkultur trug. Man sieht es diesem
Namen an, welche langdauernden Verhandlungen vorausgegangen waren, und wie
schwer es gewesen war, die auseinander gehenden Meinungen auf einen gemeinsamen
Namen zu vereinigen. Wieder hoffte Herr Kräutlein, daß sich der bessre Manu als
Leiter des Körperkultnrvereins finden werde, aber er fand sich nicht, und es blieb bei
der alten Regel, daß, wenn einer eine Sache anregt, sie auf ihm hängen bleibt.

Doch es wächst der Mensch mit seinem größern Zwecke. Herr Sigismund
Kriiutleiu wuchs sichtlich, als er sich den Vorsitzenden der Gesellschaft für rationelle
und künstlerische Körperkultur nennen durfte. Er war den ganzen Tag mit seinem
Vereine beschäftigt, er speiste die Presse, er agitierte, er warb neue Mitglieder, er
erweiterte und vertiefte seine Aufgabe. Er hielt pünktlich seine Vereinsversammlungen
ab, er wurde nicht müde, seinem Thema neue und interessante Seiten abzugewinnen.
Man hörte Vorträge über das „Schreiten in der deutschen Poesie im Unterschiede
von der romanischen", über „Hans Sachs (nicht den Dichter, sondern den Schuh¬
macher) als Erzieher", über „die Anziehungskraft der Erde und den Zehengaug", über
„die Völkerpsychologie, vom Fußpnnkte ans gesehen" und über viele andre schöne
Themata. Mau kau» nicht sagen, daß die Vereinsversammlungen besonders stark
besticht worden wären, aber der Verein breitete sich dennoch ans. Schon hatte er
Filialen in Rübenzig von drei Mitgliedern und in Plautzwitz von vier Mitgliedern.
Aber sanerteigartig durchdrang das Körperkulturelement und der Gedanke des
Zehengangs die Welt. Die Presse nahm gebührende Notiz, und Herr Kräutlein
hielt seinen Zehengcmgvortrag in verschleimen Städten, hier im Verein für Volks¬
wohl, dort im Kunstverein und dort tu der Literaria.

Bei Gelegenheit der Jahresversammlung ergriff der Herr Baurat das Wort
und sagte! Meine Damen und Herren. Wir sind dnrch das Sachverständnis und
die Güte unsers Herrn Vorsitzenden in die Frage des Zehenganges von allen Seiten
eingeführt worden. Aber wo bleiben die praktischen Folgen unsrer Bewegung, wo
bleiben — eh — die — eh — praktischen Errungenschaften und Betätigungen unsers
Vereins? Ja, meine Damen und Herren, wir müssen Gelder sammeln und In¬
stitutionen schaffen, wir müssen das Volk unterweisen, wir müssen eine Macht in der
Welt werden, wir müssen — eh — alles tun, was zu tun möglich ist. Lassen Sie
uns die Ausführung dieses Gedankens getrost unserm Vorsitzenden übertragen. —
Darauf ging man wohl getröstet nach Hause. Der Herr Vorsitzende aber verdoppelte
seinen Eifer und entwarf den Plan zu eiuer Deutschen Akademie für rationelle und
künstlerische Körperkultur, womit natürlich der Zehengang gemeint war. Die Kosten
berechnete er ans zweiundeinhalb Millionen. Und es gelang seinem wirtschaftlichen
Talente, nach Jahresfrist schon zweihundertfunfzig Mark zusammen zu haben. In der
städtischen Turnhalle wurden Kurse für den Zehengang eingerichtet, Dienstags theoretische
und Freitags praktische, wobei sich Herr Doktor Artur Löwe dnrch seine anatomischen
Vorführungen und Fräulein Amalie Frosch, eine der Kiebitze, durch ihre praktischen
Unterweisungen Verdienste erwarben. Der Herr Tanzmeister richtete auf Veranlassung
von Herrn Kräutlein bei seinen Tanzstunden einen Vorkursus für Zehengang und
feines Benehmen ein. Der Herr Barbier Schlauder wurde zu Unterweisungen über
Zehenpflege gewonnen, wobei er sein Hühneraugenpflaster abzusetzen Pflegte. Die
Presse wurde in Atem gehalten, ganz besonders aber wurde ein Feldzug gegen
den Stöckelschuh unternommen. Nicht gerade zahlreiche aber um so eifrigere Mit¬
glieder des Vereins taten sich zu Pantoffel- und Sandalensektionen zusammen, und
federknndige Mitglieder schrieben entrüstete Eingesandts über den Unfug des Stöckel¬
schuhs, durch den Fuß und Gang unsrer Frauen nicht weniger entstellt werde als
Fuß und Gang der Chinesin. Man appellierte an den Patriotismus der Bürger-


Grenzboten I 1907
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[0121] Skizzen ans dem heutigen Volksleben Gesellschaft für rationelle und künstlerische Körperkultur trug. Man sieht es diesem Namen an, welche langdauernden Verhandlungen vorausgegangen waren, und wie schwer es gewesen war, die auseinander gehenden Meinungen auf einen gemeinsamen Namen zu vereinigen. Wieder hoffte Herr Kräutlein, daß sich der bessre Manu als Leiter des Körperkultnrvereins finden werde, aber er fand sich nicht, und es blieb bei der alten Regel, daß, wenn einer eine Sache anregt, sie auf ihm hängen bleibt. Doch es wächst der Mensch mit seinem größern Zwecke. Herr Sigismund Kriiutleiu wuchs sichtlich, als er sich den Vorsitzenden der Gesellschaft für rationelle und künstlerische Körperkultur nennen durfte. Er war den ganzen Tag mit seinem Vereine beschäftigt, er speiste die Presse, er agitierte, er warb neue Mitglieder, er erweiterte und vertiefte seine Aufgabe. Er hielt pünktlich seine Vereinsversammlungen ab, er wurde nicht müde, seinem Thema neue und interessante Seiten abzugewinnen. Man hörte Vorträge über das „Schreiten in der deutschen Poesie im Unterschiede von der romanischen", über „Hans Sachs (nicht den Dichter, sondern den Schuh¬ macher) als Erzieher", über „die Anziehungskraft der Erde und den Zehengaug", über „die Völkerpsychologie, vom Fußpnnkte ans gesehen" und über viele andre schöne Themata. Mau kau» nicht sagen, daß die Vereinsversammlungen besonders stark besticht worden wären, aber der Verein breitete sich dennoch ans. Schon hatte er Filialen in Rübenzig von drei Mitgliedern und in Plautzwitz von vier Mitgliedern. Aber sanerteigartig durchdrang das Körperkulturelement und der Gedanke des Zehengangs die Welt. Die Presse nahm gebührende Notiz, und Herr Kräutlein hielt seinen Zehengcmgvortrag in verschleimen Städten, hier im Verein für Volks¬ wohl, dort im Kunstverein und dort tu der Literaria. Bei Gelegenheit der Jahresversammlung ergriff der Herr Baurat das Wort und sagte! Meine Damen und Herren. Wir sind dnrch das Sachverständnis und die Güte unsers Herrn Vorsitzenden in die Frage des Zehenganges von allen Seiten eingeführt worden. Aber wo bleiben die praktischen Folgen unsrer Bewegung, wo bleiben — eh — die — eh — praktischen Errungenschaften und Betätigungen unsers Vereins? Ja, meine Damen und Herren, wir müssen Gelder sammeln und In¬ stitutionen schaffen, wir müssen das Volk unterweisen, wir müssen eine Macht in der Welt werden, wir müssen — eh — alles tun, was zu tun möglich ist. Lassen Sie uns die Ausführung dieses Gedankens getrost unserm Vorsitzenden übertragen. — Darauf ging man wohl getröstet nach Hause. Der Herr Vorsitzende aber verdoppelte seinen Eifer und entwarf den Plan zu eiuer Deutschen Akademie für rationelle und künstlerische Körperkultur, womit natürlich der Zehengang gemeint war. Die Kosten berechnete er ans zweiundeinhalb Millionen. Und es gelang seinem wirtschaftlichen Talente, nach Jahresfrist schon zweihundertfunfzig Mark zusammen zu haben. In der städtischen Turnhalle wurden Kurse für den Zehengang eingerichtet, Dienstags theoretische und Freitags praktische, wobei sich Herr Doktor Artur Löwe dnrch seine anatomischen Vorführungen und Fräulein Amalie Frosch, eine der Kiebitze, durch ihre praktischen Unterweisungen Verdienste erwarben. Der Herr Tanzmeister richtete auf Veranlassung von Herrn Kräutlein bei seinen Tanzstunden einen Vorkursus für Zehengang und feines Benehmen ein. Der Herr Barbier Schlauder wurde zu Unterweisungen über Zehenpflege gewonnen, wobei er sein Hühneraugenpflaster abzusetzen Pflegte. Die Presse wurde in Atem gehalten, ganz besonders aber wurde ein Feldzug gegen den Stöckelschuh unternommen. Nicht gerade zahlreiche aber um so eifrigere Mit¬ glieder des Vereins taten sich zu Pantoffel- und Sandalensektionen zusammen, und federknndige Mitglieder schrieben entrüstete Eingesandts über den Unfug des Stöckel¬ schuhs, durch den Fuß und Gang unsrer Frauen nicht weniger entstellt werde als Fuß und Gang der Chinesin. Man appellierte an den Patriotismus der Bürger- Grenzboten I 1907

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/121>, abgerufen am 25.07.2024.