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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.

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Das Lüde des Deutschen Bundestags

Unter dem Vorsitze des Freiherrn von Schrenck auf Notzing hat der
deutsche Rumpfbundestag, dem nur noch die Vertreter von sieben seiner ehe¬
maligen Mitglieder angehörten, in Augsburg noch drei Sitzungen abgehalten,
am 2,, 4. und 24. August 1866.

In der Sitzung vom 2. August brachten die Gesandten von Sachsen und
Nassau den Beitritt ihrer Regierungen zur Genfer Konvention von 1864 zur
Kenntnis. Baden zeigte unter dem üblichen Protest der Bundesversammlung
seinen Austritt aus dem Bunde an. Außerdem wurden Festuugs- und Ver-
waltnngsangelegenheiten beraten. In der Sitzung vom 4. August wurde die
Mitteilung des Prinzen Karl von Bayern entgegengenommen, daß er die ihm
durch Bundesbeschluß vom 27. Juni 1866 übertragne Stelle eines Oberbefehls¬
habers der Bundestruppen insbesondre im Hinblick auf den am 2. August
zwischen Bayern und Preußen abgeschlossenen Waffenstillstand und die hieran
sich knüpfenden Folgen niederlege. Braunschweig erklärte unter dem üblichen
Protest der Versammlung seinen Austritt aus dem Bunde. Ferner beschloß
man, dem Rückmärsche der norddeutschen Bundestruppen aus den Bundes¬
festungen in ihre Heimat "in Anbetracht der notorischen tatsächlichen Verhältnisse
keine Hindernisse in den Weg zu legen".

Am interessantesten ist die letzte Sitzung des Augsburger Rumpfbundes¬
tags, da sie bestätigt, daß man es nicht für nötig erachtet hatte, der Bundes¬
versammlung von der schon erfolgten Auflösung des bisherigen Deutschen Bundes
offiziell Kenntnis zu geben. Über diese Sitzung berichtet die damals in Augs¬
burg erscheinende Allgemeine Zeitung vom 25. August 1866: "Augsburg,
24. August. In der heutigen Sitzung des Bundestages traf die Bundesver¬
sammlung noch einige Verfügungen in Verwaltungsangelegenheiten und beschloß
sodann, nachdem infolge der Kriegsereignisse und der Friedensverhandlungen
der Deutsche Bund als aufgelöst betrachtet werden muß, ihre Tätigkeit mit der
heutigen Sitzung zu beendigen, auch hiervon die bei ihr beglaubigten Vertreter
auswärtiger Regierungen zu benachrichtigen. Zugleich traf sie interimistische
Fürsorge für das Bundeseigentum, bis in dieser Beziehung die weitern ge¬
eigneten Maßnahmen von den früher im Bunde vereinten Regierungen ergriffen
sein würden, und empfahl letztern die Beamten und Diener des Bundes sowie
diejenigen Individuen, denen vom Bunde Pensionen und Unterstützungen ver¬
willigt worden sind, hinsichtlich ihrer Gehalts- und Pensionsansprüche, be¬
ziehungsweise Unterstützungen, indem die Ausbezahlung bis auf weiteres ange¬
ordnet wurde."

An dieser letzten Sitzung des Deutschen Bundestags nahmen die Gesandten
von Bayern, Sachsen, Württemberg, Hannover, Kurhessen, Großherzogtum
Hessen und Nassau teil. "Als einziger fremder Gesandter beim frühern Bundes¬
tage" weilte nach der Allgemeinen Zeitung nur noch der russische in Augs¬
burg; die andern waren schon am 4. August abgereist. Der Beschluß wegen
des Bnndcseigentums sowie über die Gehalte und die Pensionen der Beamten


Das Lüde des Deutschen Bundestags

Unter dem Vorsitze des Freiherrn von Schrenck auf Notzing hat der
deutsche Rumpfbundestag, dem nur noch die Vertreter von sieben seiner ehe¬
maligen Mitglieder angehörten, in Augsburg noch drei Sitzungen abgehalten,
am 2,, 4. und 24. August 1866.

In der Sitzung vom 2. August brachten die Gesandten von Sachsen und
Nassau den Beitritt ihrer Regierungen zur Genfer Konvention von 1864 zur
Kenntnis. Baden zeigte unter dem üblichen Protest der Bundesversammlung
seinen Austritt aus dem Bunde an. Außerdem wurden Festuugs- und Ver-
waltnngsangelegenheiten beraten. In der Sitzung vom 4. August wurde die
Mitteilung des Prinzen Karl von Bayern entgegengenommen, daß er die ihm
durch Bundesbeschluß vom 27. Juni 1866 übertragne Stelle eines Oberbefehls¬
habers der Bundestruppen insbesondre im Hinblick auf den am 2. August
zwischen Bayern und Preußen abgeschlossenen Waffenstillstand und die hieran
sich knüpfenden Folgen niederlege. Braunschweig erklärte unter dem üblichen
Protest der Versammlung seinen Austritt aus dem Bunde. Ferner beschloß
man, dem Rückmärsche der norddeutschen Bundestruppen aus den Bundes¬
festungen in ihre Heimat „in Anbetracht der notorischen tatsächlichen Verhältnisse
keine Hindernisse in den Weg zu legen".

Am interessantesten ist die letzte Sitzung des Augsburger Rumpfbundes¬
tags, da sie bestätigt, daß man es nicht für nötig erachtet hatte, der Bundes¬
versammlung von der schon erfolgten Auflösung des bisherigen Deutschen Bundes
offiziell Kenntnis zu geben. Über diese Sitzung berichtet die damals in Augs¬
burg erscheinende Allgemeine Zeitung vom 25. August 1866: „Augsburg,
24. August. In der heutigen Sitzung des Bundestages traf die Bundesver¬
sammlung noch einige Verfügungen in Verwaltungsangelegenheiten und beschloß
sodann, nachdem infolge der Kriegsereignisse und der Friedensverhandlungen
der Deutsche Bund als aufgelöst betrachtet werden muß, ihre Tätigkeit mit der
heutigen Sitzung zu beendigen, auch hiervon die bei ihr beglaubigten Vertreter
auswärtiger Regierungen zu benachrichtigen. Zugleich traf sie interimistische
Fürsorge für das Bundeseigentum, bis in dieser Beziehung die weitern ge¬
eigneten Maßnahmen von den früher im Bunde vereinten Regierungen ergriffen
sein würden, und empfahl letztern die Beamten und Diener des Bundes sowie
diejenigen Individuen, denen vom Bunde Pensionen und Unterstützungen ver¬
willigt worden sind, hinsichtlich ihrer Gehalts- und Pensionsansprüche, be¬
ziehungsweise Unterstützungen, indem die Ausbezahlung bis auf weiteres ange¬
ordnet wurde."

An dieser letzten Sitzung des Deutschen Bundestags nahmen die Gesandten
von Bayern, Sachsen, Württemberg, Hannover, Kurhessen, Großherzogtum
Hessen und Nassau teil. „Als einziger fremder Gesandter beim frühern Bundes¬
tage" weilte nach der Allgemeinen Zeitung nur noch der russische in Augs¬
burg; die andern waren schon am 4. August abgereist. Der Beschluß wegen
des Bnndcseigentums sowie über die Gehalte und die Pensionen der Beamten


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[0645] Das Lüde des Deutschen Bundestags Unter dem Vorsitze des Freiherrn von Schrenck auf Notzing hat der deutsche Rumpfbundestag, dem nur noch die Vertreter von sieben seiner ehe¬ maligen Mitglieder angehörten, in Augsburg noch drei Sitzungen abgehalten, am 2,, 4. und 24. August 1866. In der Sitzung vom 2. August brachten die Gesandten von Sachsen und Nassau den Beitritt ihrer Regierungen zur Genfer Konvention von 1864 zur Kenntnis. Baden zeigte unter dem üblichen Protest der Bundesversammlung seinen Austritt aus dem Bunde an. Außerdem wurden Festuugs- und Ver- waltnngsangelegenheiten beraten. In der Sitzung vom 4. August wurde die Mitteilung des Prinzen Karl von Bayern entgegengenommen, daß er die ihm durch Bundesbeschluß vom 27. Juni 1866 übertragne Stelle eines Oberbefehls¬ habers der Bundestruppen insbesondre im Hinblick auf den am 2. August zwischen Bayern und Preußen abgeschlossenen Waffenstillstand und die hieran sich knüpfenden Folgen niederlege. Braunschweig erklärte unter dem üblichen Protest der Versammlung seinen Austritt aus dem Bunde. Ferner beschloß man, dem Rückmärsche der norddeutschen Bundestruppen aus den Bundes¬ festungen in ihre Heimat „in Anbetracht der notorischen tatsächlichen Verhältnisse keine Hindernisse in den Weg zu legen". Am interessantesten ist die letzte Sitzung des Augsburger Rumpfbundes¬ tags, da sie bestätigt, daß man es nicht für nötig erachtet hatte, der Bundes¬ versammlung von der schon erfolgten Auflösung des bisherigen Deutschen Bundes offiziell Kenntnis zu geben. Über diese Sitzung berichtet die damals in Augs¬ burg erscheinende Allgemeine Zeitung vom 25. August 1866: „Augsburg, 24. August. In der heutigen Sitzung des Bundestages traf die Bundesver¬ sammlung noch einige Verfügungen in Verwaltungsangelegenheiten und beschloß sodann, nachdem infolge der Kriegsereignisse und der Friedensverhandlungen der Deutsche Bund als aufgelöst betrachtet werden muß, ihre Tätigkeit mit der heutigen Sitzung zu beendigen, auch hiervon die bei ihr beglaubigten Vertreter auswärtiger Regierungen zu benachrichtigen. Zugleich traf sie interimistische Fürsorge für das Bundeseigentum, bis in dieser Beziehung die weitern ge¬ eigneten Maßnahmen von den früher im Bunde vereinten Regierungen ergriffen sein würden, und empfahl letztern die Beamten und Diener des Bundes sowie diejenigen Individuen, denen vom Bunde Pensionen und Unterstützungen ver¬ willigt worden sind, hinsichtlich ihrer Gehalts- und Pensionsansprüche, be¬ ziehungsweise Unterstützungen, indem die Ausbezahlung bis auf weiteres ange¬ ordnet wurde." An dieser letzten Sitzung des Deutschen Bundestags nahmen die Gesandten von Bayern, Sachsen, Württemberg, Hannover, Kurhessen, Großherzogtum Hessen und Nassau teil. „Als einziger fremder Gesandter beim frühern Bundes¬ tage" weilte nach der Allgemeinen Zeitung nur noch der russische in Augs¬ burg; die andern waren schon am 4. August abgereist. Der Beschluß wegen des Bnndcseigentums sowie über die Gehalte und die Pensionen der Beamten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_300500/645>, abgerufen am 23.07.2024.