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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

geschichtlicher Erfahrungen einschätzen mag, sie sind der Bruchteil einer wirklichen
Nation mit allen Merkmalen einer solchen -- bis auf eins: die politische Selb¬
ständigkeit. Diesen Zustand als dauernd und endgiltig anerkennen kann wohl ein
abgesprengter Teil einer sonst selbständigen Nation, nicht aber ein Volk, das nirgends
in der Welt einen Fleck Erde besitzt, wo es politisch selbständig ist. Daher wird
überall, wo es besteht, sein Dichten und Trachten dahin gehn, dieses Verlorne Gut
wiederzugewinnen, oder wo sich diesem Wunsche noch Hindernisse entgegentürmen,
die Wiedergewinnung vorzubereiten. Diese ganze Tätigkeit ist nur möglich auf
Kosten unsers Staats und unsers Nationalvermögens. Das ist der große, so oft
verkannte Unterschied in der Stellung der Polen gegenüber der Stellung andrer
nationaler Minderheiten. Die Wünsche der siebenbürgischen Sachsen richten sich
nicht gegen den ungarischen Staat. Die Ballen sind stets die besten Stützen des
russischen Kaiserthrons gewesen. Unsre Dänen in Nordschleswig und unsre französisch
redenden Lothringer opfern nichts von dem gemeinsamen Interesse ihrer Nationalität,
wenn sie ihren Frieden mit dem deutschen Staate machen. Einen polnischen Staat
aber gibt es nicht. Dafür gibt es eine polnische Nation. Der Pole ist also ge¬
zwungen, entweder auf das höchste Recht seiner Nation dauernd zu verzichten oder
gegen die Lebensinteressen des Staats zu agitieren, dem er angehört. Das ist eine
traurige, unbequeme Wahrheit, es widerspricht dem, was in unsern Schulbüchern
über die Teilungen Polens zu lesen steht, aber jeder, der die heutigen Polen, ihre
Eigenart, ihre Literatur wirklich kennt, weiß, daß es darum doch Wahrheit ist. Ein
großer Teil unsrer öffentlichen Meinung wehrt sich noch gegen diese Einsicht, die
einen milden und gerechten Sinn in ein unangenehmes Dilemma bringt und viele
prächtige Theorien, wie man die Polen versöhnen und gewinnen kann, scharf durch¬
kreuzt. Es ist nicht wahr, daß unsre Auffassung der Polenfrage dem Haß entspringt.
Als Menschen und Christen können wir volles Verständnis für die Lage der Polen
haben, als Staatsbürger müssen wir doch fragen: Darf ein deutscher Staat zugeben,
daß solche Bestrebungen vor seinen Augen ihren Weg gehn? Und dürfen wir
Staatsbürger uns dem Staate versagen, wenn er die Frage verneint?

Das ist die Grundlage, von der aus allein die rechte Stellung gewonnen
werden kann. Sie zeigt uns vor allem, daß die Frage nicht durch Vermeidung
aller Schwierigkeiten gelöst werden kann. Das muß man denen entgegenhalten, die
bei dem ersten Auftauchen von Schwierigkeiten die Lage als "Verfahren", die Politik
als "verfehlt" zu bezeichnen pflegen. Hier muß der Kampf aufgenommen und
durchgeführt werden, auch wenn er uns manche schmerzlichen Opfer kostet. Dann er¬
scheint auch die Frage der Unterrichtssprache in einem andern Lichte. Darauf werden
wir noch zurückkommen, wenn die Frage den Reichstag beschäftigt haben wird.

Dort haben jetzt die Kolonialdebatten einen breiten Raum eingenommen. Zum
erstenmale hatte der neue Kolonialdirektor Gelegenheit, sich mit der Volksvertretung
auseinanderzusetzen. Herr Dernburg kann sich seines ersten Erfolges freuen. Besser
konnte er nach Lage der Dinge nicht abschneiden, und jeder Freund der kolonialen
Betätigung des deutschen Volks darf darüber aufrichtige Genugtuung empfinden.
Es wird jedoch nötig sein, hervorzuheben, daß dieser angenehme Eindruck nicht
so sehr darin zu suchen ist, daß sich der neue Mann im Nedekampfe als ge¬
schickt und tüchtig bewährte, als vielmehr in der Überzeugung, daß wir nun auf
dem Wege sind, begangne Fehler gut zu machen. Herr Dernburg hatte noch keine
Viertelstunde vor dem Reichstage gesprochen, als man das Gesagte schon dahin
zusammenfassen konnte, daß er keine Versprechungen gemacht hatte, sondern nur
Mitteilungen über schon Geleistetes. Das gab ihm sofort eine sehr starke Stellung
und erweckte ein günstiges Vorurteil für seine weitere Tätigkeit. Man braucht
das nicht zu überschätzen, denn die Kolonialverwaltung hat noch ein weites Feld
vor sich. Wer vermöchte heute zu sagen, ob alles glücken wird! Aber es wirkte


Maßgebliches und Unmaßgebliches

geschichtlicher Erfahrungen einschätzen mag, sie sind der Bruchteil einer wirklichen
Nation mit allen Merkmalen einer solchen — bis auf eins: die politische Selb¬
ständigkeit. Diesen Zustand als dauernd und endgiltig anerkennen kann wohl ein
abgesprengter Teil einer sonst selbständigen Nation, nicht aber ein Volk, das nirgends
in der Welt einen Fleck Erde besitzt, wo es politisch selbständig ist. Daher wird
überall, wo es besteht, sein Dichten und Trachten dahin gehn, dieses Verlorne Gut
wiederzugewinnen, oder wo sich diesem Wunsche noch Hindernisse entgegentürmen,
die Wiedergewinnung vorzubereiten. Diese ganze Tätigkeit ist nur möglich auf
Kosten unsers Staats und unsers Nationalvermögens. Das ist der große, so oft
verkannte Unterschied in der Stellung der Polen gegenüber der Stellung andrer
nationaler Minderheiten. Die Wünsche der siebenbürgischen Sachsen richten sich
nicht gegen den ungarischen Staat. Die Ballen sind stets die besten Stützen des
russischen Kaiserthrons gewesen. Unsre Dänen in Nordschleswig und unsre französisch
redenden Lothringer opfern nichts von dem gemeinsamen Interesse ihrer Nationalität,
wenn sie ihren Frieden mit dem deutschen Staate machen. Einen polnischen Staat
aber gibt es nicht. Dafür gibt es eine polnische Nation. Der Pole ist also ge¬
zwungen, entweder auf das höchste Recht seiner Nation dauernd zu verzichten oder
gegen die Lebensinteressen des Staats zu agitieren, dem er angehört. Das ist eine
traurige, unbequeme Wahrheit, es widerspricht dem, was in unsern Schulbüchern
über die Teilungen Polens zu lesen steht, aber jeder, der die heutigen Polen, ihre
Eigenart, ihre Literatur wirklich kennt, weiß, daß es darum doch Wahrheit ist. Ein
großer Teil unsrer öffentlichen Meinung wehrt sich noch gegen diese Einsicht, die
einen milden und gerechten Sinn in ein unangenehmes Dilemma bringt und viele
prächtige Theorien, wie man die Polen versöhnen und gewinnen kann, scharf durch¬
kreuzt. Es ist nicht wahr, daß unsre Auffassung der Polenfrage dem Haß entspringt.
Als Menschen und Christen können wir volles Verständnis für die Lage der Polen
haben, als Staatsbürger müssen wir doch fragen: Darf ein deutscher Staat zugeben,
daß solche Bestrebungen vor seinen Augen ihren Weg gehn? Und dürfen wir
Staatsbürger uns dem Staate versagen, wenn er die Frage verneint?

Das ist die Grundlage, von der aus allein die rechte Stellung gewonnen
werden kann. Sie zeigt uns vor allem, daß die Frage nicht durch Vermeidung
aller Schwierigkeiten gelöst werden kann. Das muß man denen entgegenhalten, die
bei dem ersten Auftauchen von Schwierigkeiten die Lage als „Verfahren", die Politik
als „verfehlt" zu bezeichnen pflegen. Hier muß der Kampf aufgenommen und
durchgeführt werden, auch wenn er uns manche schmerzlichen Opfer kostet. Dann er¬
scheint auch die Frage der Unterrichtssprache in einem andern Lichte. Darauf werden
wir noch zurückkommen, wenn die Frage den Reichstag beschäftigt haben wird.

Dort haben jetzt die Kolonialdebatten einen breiten Raum eingenommen. Zum
erstenmale hatte der neue Kolonialdirektor Gelegenheit, sich mit der Volksvertretung
auseinanderzusetzen. Herr Dernburg kann sich seines ersten Erfolges freuen. Besser
konnte er nach Lage der Dinge nicht abschneiden, und jeder Freund der kolonialen
Betätigung des deutschen Volks darf darüber aufrichtige Genugtuung empfinden.
Es wird jedoch nötig sein, hervorzuheben, daß dieser angenehme Eindruck nicht
so sehr darin zu suchen ist, daß sich der neue Mann im Nedekampfe als ge¬
schickt und tüchtig bewährte, als vielmehr in der Überzeugung, daß wir nun auf
dem Wege sind, begangne Fehler gut zu machen. Herr Dernburg hatte noch keine
Viertelstunde vor dem Reichstage gesprochen, als man das Gesagte schon dahin
zusammenfassen konnte, daß er keine Versprechungen gemacht hatte, sondern nur
Mitteilungen über schon Geleistetes. Das gab ihm sofort eine sehr starke Stellung
und erweckte ein günstiges Vorurteil für seine weitere Tätigkeit. Man braucht
das nicht zu überschätzen, denn die Kolonialverwaltung hat noch ein weites Feld
vor sich. Wer vermöchte heute zu sagen, ob alles glücken wird! Aber es wirkte


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[0567] Maßgebliches und Unmaßgebliches geschichtlicher Erfahrungen einschätzen mag, sie sind der Bruchteil einer wirklichen Nation mit allen Merkmalen einer solchen — bis auf eins: die politische Selb¬ ständigkeit. Diesen Zustand als dauernd und endgiltig anerkennen kann wohl ein abgesprengter Teil einer sonst selbständigen Nation, nicht aber ein Volk, das nirgends in der Welt einen Fleck Erde besitzt, wo es politisch selbständig ist. Daher wird überall, wo es besteht, sein Dichten und Trachten dahin gehn, dieses Verlorne Gut wiederzugewinnen, oder wo sich diesem Wunsche noch Hindernisse entgegentürmen, die Wiedergewinnung vorzubereiten. Diese ganze Tätigkeit ist nur möglich auf Kosten unsers Staats und unsers Nationalvermögens. Das ist der große, so oft verkannte Unterschied in der Stellung der Polen gegenüber der Stellung andrer nationaler Minderheiten. Die Wünsche der siebenbürgischen Sachsen richten sich nicht gegen den ungarischen Staat. Die Ballen sind stets die besten Stützen des russischen Kaiserthrons gewesen. Unsre Dänen in Nordschleswig und unsre französisch redenden Lothringer opfern nichts von dem gemeinsamen Interesse ihrer Nationalität, wenn sie ihren Frieden mit dem deutschen Staate machen. Einen polnischen Staat aber gibt es nicht. Dafür gibt es eine polnische Nation. Der Pole ist also ge¬ zwungen, entweder auf das höchste Recht seiner Nation dauernd zu verzichten oder gegen die Lebensinteressen des Staats zu agitieren, dem er angehört. Das ist eine traurige, unbequeme Wahrheit, es widerspricht dem, was in unsern Schulbüchern über die Teilungen Polens zu lesen steht, aber jeder, der die heutigen Polen, ihre Eigenart, ihre Literatur wirklich kennt, weiß, daß es darum doch Wahrheit ist. Ein großer Teil unsrer öffentlichen Meinung wehrt sich noch gegen diese Einsicht, die einen milden und gerechten Sinn in ein unangenehmes Dilemma bringt und viele prächtige Theorien, wie man die Polen versöhnen und gewinnen kann, scharf durch¬ kreuzt. Es ist nicht wahr, daß unsre Auffassung der Polenfrage dem Haß entspringt. Als Menschen und Christen können wir volles Verständnis für die Lage der Polen haben, als Staatsbürger müssen wir doch fragen: Darf ein deutscher Staat zugeben, daß solche Bestrebungen vor seinen Augen ihren Weg gehn? Und dürfen wir Staatsbürger uns dem Staate versagen, wenn er die Frage verneint? Das ist die Grundlage, von der aus allein die rechte Stellung gewonnen werden kann. Sie zeigt uns vor allem, daß die Frage nicht durch Vermeidung aller Schwierigkeiten gelöst werden kann. Das muß man denen entgegenhalten, die bei dem ersten Auftauchen von Schwierigkeiten die Lage als „Verfahren", die Politik als „verfehlt" zu bezeichnen pflegen. Hier muß der Kampf aufgenommen und durchgeführt werden, auch wenn er uns manche schmerzlichen Opfer kostet. Dann er¬ scheint auch die Frage der Unterrichtssprache in einem andern Lichte. Darauf werden wir noch zurückkommen, wenn die Frage den Reichstag beschäftigt haben wird. Dort haben jetzt die Kolonialdebatten einen breiten Raum eingenommen. Zum erstenmale hatte der neue Kolonialdirektor Gelegenheit, sich mit der Volksvertretung auseinanderzusetzen. Herr Dernburg kann sich seines ersten Erfolges freuen. Besser konnte er nach Lage der Dinge nicht abschneiden, und jeder Freund der kolonialen Betätigung des deutschen Volks darf darüber aufrichtige Genugtuung empfinden. Es wird jedoch nötig sein, hervorzuheben, daß dieser angenehme Eindruck nicht so sehr darin zu suchen ist, daß sich der neue Mann im Nedekampfe als ge¬ schickt und tüchtig bewährte, als vielmehr in der Überzeugung, daß wir nun auf dem Wege sind, begangne Fehler gut zu machen. Herr Dernburg hatte noch keine Viertelstunde vor dem Reichstage gesprochen, als man das Gesagte schon dahin zusammenfassen konnte, daß er keine Versprechungen gemacht hatte, sondern nur Mitteilungen über schon Geleistetes. Das gab ihm sofort eine sehr starke Stellung und erweckte ein günstiges Vorurteil für seine weitere Tätigkeit. Man braucht das nicht zu überschätzen, denn die Kolonialverwaltung hat noch ein weites Feld vor sich. Wer vermöchte heute zu sagen, ob alles glücken wird! Aber es wirkte

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_300500/567>, abgerufen am 23.07.2024.