Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
^ujsische ^^ists>eun!>Schaft in ^."niskaspien

Vegetation überdauert auf dem Uferland an der Bah" die Bruthitze des
Sommers; meist sind es nur dürftige Salzpflanzen, die dem Weiße Kristalle
absetzenden Baden entsprießen. Wenig Reste Schnee van dem ungewöhnlich
starken Fall des Jaiumrs haben sich an den Felsstürzen in Nissen und Spalten
gehalten und glitzern in der Sonne, die ganz wunderbare Lichter auf den
gelbrotem Grundton des Gesteins aufsetzt. Je tiefer das Tcigcsgestirn sinkt,
um so mehr leuchten die Berge. Wie wir uns dem eigentlichen Großen
Bcilchan gegen Abend näher", erhalte" aber nur noch die oberste" Ränder
des Gebirges das Sonnenlicht, während blaue Nebel allmählich die rauhe"
Bergwände umhüllen und schließlich alle Aussicht versperren. Als Wüsten¬
landschaft in abendlicher Beleuchtung charakterisiert sie unser Vielgereister. Der
Große Bakchen ist el" nicht unbedeutender Gebirgszug mit einer höchsten Er¬
hebung von fast 1700 Metern, der mit den vorher genannten Höhenzügen von
vielen als Fortsetzung des Kaukasus, von andern Kennern Transkaspiens wie
Mnschketoff als Ausläufer des Turkineno-Chorassangebirges migeseheu wird.
Die hereinbrechende Nacht hinderte nus leider, vou seinen Formen und seiner
ziemlich dichten Bewachsung irgend etwas zu erkennen, hinderte uns auch, den
Übergang über den Usboi, das alte Flußbett des Ann-darja, und von den für
Skobcljeffs Vorgehn gegen die Turkmenen wichtigen Etappenorten Balla-
Jshem, Kisyl-Arwat und Bann etwas zu bemerken. Da sich ein verwundeter
Offizier auf Zettel in nicht mißzuverstehender Weise jede Belästigung verbeten
hatte, ließ Se. seine russischen Redegcluste in einem Verhör der Schaffner
über die Erwerbung ihrer Georgskreuze und Medaillen aus. Wir andern
hielten für besser, Kräfte für die an den folgenden Tagen zu erwartende Gast¬
freundschaft in Aschabad zu sammeln, und hatte" eine vorzügliche Nachtruhe
zu verzeichnen.

Die Gastfreundschaft zeigte sich in glänzendem Lichte. Exzellenz U.
hatte seinen persönlichen Adjutanten zu unserm Empfang entsandt. Unter
seinem Geleit wurden wir vou Madame Gittard, einer alten Französin, sehr
liebenswürdig in den Prunkgemächern der "Franzusßtija Numera" -- so "ut
ähnlich heißen die meisten Gasthäuser in Tnrtesta" -- aufgenommen. U"d
kaum hatten nur einigermaßen Ordnung geschafft, als der General selber vor¬
fuhr, sich nach unsern Wünschen erkundigte und uns für die beiden nächste"
Abende zum Diner einlud. Als uns die Besichtigung vo" Truppen ver-
schiedner Waffe" freundlichst angeboten wurde, sagten wir natürlich nicht nein,
und wir hatten gerade noch Zeit gehabt, uns von dem Zustande der Bäder
und einiger Läden sowie der Post ein Bild zu machen, als der Adjutant der
sechsten Turkestan-Schützenbrigade uns abholte und zum vierten Bataillon
führte. Hier wurde uns die Ehre zuteil, daß uns der Vrigadekommandeur,
Oberst vou Hackewitz, ein ehemals preußischer Offizier mit dem Bande des
Eisernen Kreuzes im Knopfloch, selber vorführen ließ, was gezeigt werden
konnte. Die Rekruten einer Kompagnie wurde" i" de" verschiedne" Zweigen


^ujsische ^^ists>eun!>Schaft in ^.»niskaspien

Vegetation überdauert auf dem Uferland an der Bah» die Bruthitze des
Sommers; meist sind es nur dürftige Salzpflanzen, die dem Weiße Kristalle
absetzenden Baden entsprießen. Wenig Reste Schnee van dem ungewöhnlich
starken Fall des Jaiumrs haben sich an den Felsstürzen in Nissen und Spalten
gehalten und glitzern in der Sonne, die ganz wunderbare Lichter auf den
gelbrotem Grundton des Gesteins aufsetzt. Je tiefer das Tcigcsgestirn sinkt,
um so mehr leuchten die Berge. Wie wir uns dem eigentlichen Großen
Bcilchan gegen Abend näher», erhalte» aber nur noch die oberste» Ränder
des Gebirges das Sonnenlicht, während blaue Nebel allmählich die rauhe»
Bergwände umhüllen und schließlich alle Aussicht versperren. Als Wüsten¬
landschaft in abendlicher Beleuchtung charakterisiert sie unser Vielgereister. Der
Große Bakchen ist el» nicht unbedeutender Gebirgszug mit einer höchsten Er¬
hebung von fast 1700 Metern, der mit den vorher genannten Höhenzügen von
vielen als Fortsetzung des Kaukasus, von andern Kennern Transkaspiens wie
Mnschketoff als Ausläufer des Turkineno-Chorassangebirges migeseheu wird.
Die hereinbrechende Nacht hinderte nus leider, vou seinen Formen und seiner
ziemlich dichten Bewachsung irgend etwas zu erkennen, hinderte uns auch, den
Übergang über den Usboi, das alte Flußbett des Ann-darja, und von den für
Skobcljeffs Vorgehn gegen die Turkmenen wichtigen Etappenorten Balla-
Jshem, Kisyl-Arwat und Bann etwas zu bemerken. Da sich ein verwundeter
Offizier auf Zettel in nicht mißzuverstehender Weise jede Belästigung verbeten
hatte, ließ Se. seine russischen Redegcluste in einem Verhör der Schaffner
über die Erwerbung ihrer Georgskreuze und Medaillen aus. Wir andern
hielten für besser, Kräfte für die an den folgenden Tagen zu erwartende Gast¬
freundschaft in Aschabad zu sammeln, und hatte» eine vorzügliche Nachtruhe
zu verzeichnen.

Die Gastfreundschaft zeigte sich in glänzendem Lichte. Exzellenz U.
hatte seinen persönlichen Adjutanten zu unserm Empfang entsandt. Unter
seinem Geleit wurden wir vou Madame Gittard, einer alten Französin, sehr
liebenswürdig in den Prunkgemächern der „Franzusßtija Numera" — so »ut
ähnlich heißen die meisten Gasthäuser in Tnrtesta» — aufgenommen. U»d
kaum hatten nur einigermaßen Ordnung geschafft, als der General selber vor¬
fuhr, sich nach unsern Wünschen erkundigte und uns für die beiden nächste»
Abende zum Diner einlud. Als uns die Besichtigung vo» Truppen ver-
schiedner Waffe» freundlichst angeboten wurde, sagten wir natürlich nicht nein,
und wir hatten gerade noch Zeit gehabt, uns von dem Zustande der Bäder
und einiger Läden sowie der Post ein Bild zu machen, als der Adjutant der
sechsten Turkestan-Schützenbrigade uns abholte und zum vierten Bataillon
führte. Hier wurde uns die Ehre zuteil, daß uns der Vrigadekommandeur,
Oberst vou Hackewitz, ein ehemals preußischer Offizier mit dem Bande des
Eisernen Kreuzes im Knopfloch, selber vorführen ließ, was gezeigt werden
konnte. Die Rekruten einer Kompagnie wurde» i» de» verschiedne» Zweigen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0428" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/300927"/>
          <fw type="header" place="top"> ^ujsische ^^ists&gt;eun!&gt;Schaft in ^.»niskaspien</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1737" prev="#ID_1736"> Vegetation überdauert auf dem Uferland an der Bah» die Bruthitze des<lb/>
Sommers; meist sind es nur dürftige Salzpflanzen, die dem Weiße Kristalle<lb/>
absetzenden Baden entsprießen. Wenig Reste Schnee van dem ungewöhnlich<lb/>
starken Fall des Jaiumrs haben sich an den Felsstürzen in Nissen und Spalten<lb/>
gehalten und glitzern in der Sonne, die ganz wunderbare Lichter auf den<lb/>
gelbrotem Grundton des Gesteins aufsetzt. Je tiefer das Tcigcsgestirn sinkt,<lb/>
um so mehr leuchten die Berge. Wie wir uns dem eigentlichen Großen<lb/>
Bcilchan gegen Abend näher», erhalte» aber nur noch die oberste» Ränder<lb/>
des Gebirges das Sonnenlicht, während blaue Nebel allmählich die rauhe»<lb/>
Bergwände umhüllen und schließlich alle Aussicht versperren. Als Wüsten¬<lb/>
landschaft in abendlicher Beleuchtung charakterisiert sie unser Vielgereister. Der<lb/>
Große Bakchen ist el» nicht unbedeutender Gebirgszug mit einer höchsten Er¬<lb/>
hebung von fast 1700 Metern, der mit den vorher genannten Höhenzügen von<lb/>
vielen als Fortsetzung des Kaukasus, von andern Kennern Transkaspiens wie<lb/>
Mnschketoff als Ausläufer des Turkineno-Chorassangebirges migeseheu wird.<lb/>
Die hereinbrechende Nacht hinderte nus leider, vou seinen Formen und seiner<lb/>
ziemlich dichten Bewachsung irgend etwas zu erkennen, hinderte uns auch, den<lb/>
Übergang über den Usboi, das alte Flußbett des Ann-darja, und von den für<lb/>
Skobcljeffs Vorgehn gegen die Turkmenen wichtigen Etappenorten Balla-<lb/>
Jshem, Kisyl-Arwat und Bann etwas zu bemerken. Da sich ein verwundeter<lb/>
Offizier auf Zettel in nicht mißzuverstehender Weise jede Belästigung verbeten<lb/>
hatte, ließ Se. seine russischen Redegcluste in einem Verhör der Schaffner<lb/>
über die Erwerbung ihrer Georgskreuze und Medaillen aus. Wir andern<lb/>
hielten für besser, Kräfte für die an den folgenden Tagen zu erwartende Gast¬<lb/>
freundschaft in Aschabad zu sammeln, und hatte» eine vorzügliche Nachtruhe<lb/>
zu verzeichnen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1738" next="#ID_1739"> Die Gastfreundschaft zeigte sich in glänzendem Lichte. Exzellenz U.<lb/>
hatte seinen persönlichen Adjutanten zu unserm Empfang entsandt. Unter<lb/>
seinem Geleit wurden wir vou Madame Gittard, einer alten Französin, sehr<lb/>
liebenswürdig in den Prunkgemächern der &#x201E;Franzusßtija Numera" &#x2014; so »ut<lb/>
ähnlich heißen die meisten Gasthäuser in Tnrtesta» &#x2014; aufgenommen. U»d<lb/>
kaum hatten nur einigermaßen Ordnung geschafft, als der General selber vor¬<lb/>
fuhr, sich nach unsern Wünschen erkundigte und uns für die beiden nächste»<lb/>
Abende zum Diner einlud. Als uns die Besichtigung vo» Truppen ver-<lb/>
schiedner Waffe» freundlichst angeboten wurde, sagten wir natürlich nicht nein,<lb/>
und wir hatten gerade noch Zeit gehabt, uns von dem Zustande der Bäder<lb/>
und einiger Läden sowie der Post ein Bild zu machen, als der Adjutant der<lb/>
sechsten Turkestan-Schützenbrigade uns abholte und zum vierten Bataillon<lb/>
führte. Hier wurde uns die Ehre zuteil, daß uns der Vrigadekommandeur,<lb/>
Oberst vou Hackewitz, ein ehemals preußischer Offizier mit dem Bande des<lb/>
Eisernen Kreuzes im Knopfloch, selber vorführen ließ, was gezeigt werden<lb/>
konnte.  Die Rekruten einer Kompagnie wurde» i» de» verschiedne» Zweigen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0428] ^ujsische ^^ists>eun!>Schaft in ^.»niskaspien Vegetation überdauert auf dem Uferland an der Bah» die Bruthitze des Sommers; meist sind es nur dürftige Salzpflanzen, die dem Weiße Kristalle absetzenden Baden entsprießen. Wenig Reste Schnee van dem ungewöhnlich starken Fall des Jaiumrs haben sich an den Felsstürzen in Nissen und Spalten gehalten und glitzern in der Sonne, die ganz wunderbare Lichter auf den gelbrotem Grundton des Gesteins aufsetzt. Je tiefer das Tcigcsgestirn sinkt, um so mehr leuchten die Berge. Wie wir uns dem eigentlichen Großen Bcilchan gegen Abend näher», erhalte» aber nur noch die oberste» Ränder des Gebirges das Sonnenlicht, während blaue Nebel allmählich die rauhe» Bergwände umhüllen und schließlich alle Aussicht versperren. Als Wüsten¬ landschaft in abendlicher Beleuchtung charakterisiert sie unser Vielgereister. Der Große Bakchen ist el» nicht unbedeutender Gebirgszug mit einer höchsten Er¬ hebung von fast 1700 Metern, der mit den vorher genannten Höhenzügen von vielen als Fortsetzung des Kaukasus, von andern Kennern Transkaspiens wie Mnschketoff als Ausläufer des Turkineno-Chorassangebirges migeseheu wird. Die hereinbrechende Nacht hinderte nus leider, vou seinen Formen und seiner ziemlich dichten Bewachsung irgend etwas zu erkennen, hinderte uns auch, den Übergang über den Usboi, das alte Flußbett des Ann-darja, und von den für Skobcljeffs Vorgehn gegen die Turkmenen wichtigen Etappenorten Balla- Jshem, Kisyl-Arwat und Bann etwas zu bemerken. Da sich ein verwundeter Offizier auf Zettel in nicht mißzuverstehender Weise jede Belästigung verbeten hatte, ließ Se. seine russischen Redegcluste in einem Verhör der Schaffner über die Erwerbung ihrer Georgskreuze und Medaillen aus. Wir andern hielten für besser, Kräfte für die an den folgenden Tagen zu erwartende Gast¬ freundschaft in Aschabad zu sammeln, und hatte» eine vorzügliche Nachtruhe zu verzeichnen. Die Gastfreundschaft zeigte sich in glänzendem Lichte. Exzellenz U. hatte seinen persönlichen Adjutanten zu unserm Empfang entsandt. Unter seinem Geleit wurden wir vou Madame Gittard, einer alten Französin, sehr liebenswürdig in den Prunkgemächern der „Franzusßtija Numera" — so »ut ähnlich heißen die meisten Gasthäuser in Tnrtesta» — aufgenommen. U»d kaum hatten nur einigermaßen Ordnung geschafft, als der General selber vor¬ fuhr, sich nach unsern Wünschen erkundigte und uns für die beiden nächste» Abende zum Diner einlud. Als uns die Besichtigung vo» Truppen ver- schiedner Waffe» freundlichst angeboten wurde, sagten wir natürlich nicht nein, und wir hatten gerade noch Zeit gehabt, uns von dem Zustande der Bäder und einiger Läden sowie der Post ein Bild zu machen, als der Adjutant der sechsten Turkestan-Schützenbrigade uns abholte und zum vierten Bataillon führte. Hier wurde uns die Ehre zuteil, daß uns der Vrigadekommandeur, Oberst vou Hackewitz, ein ehemals preußischer Offizier mit dem Bande des Eisernen Kreuzes im Knopfloch, selber vorführen ließ, was gezeigt werden konnte. Die Rekruten einer Kompagnie wurde» i» de» verschiedne» Zweigen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_300500
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_300500/428
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_300500/428>, abgerufen am 23.07.2024.